Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Als Beurteilungsgrundlage dient unter Verweisung auf die nicht veröffentlichte Vorentscheidung 1 Ob 38/94 folgender Sachverhalt:
Der Kläger betreibt eine Schlächterei und schloß Einlagerungsverträge mit der jetzt nicht mehr bestehenden - an ihre Stelle trat infolge einer Änderung des Marktordnungsrechts die "Agrarmarkt Austria" - Vieh- und Fleischkommission beim BMLF (im folgenden auch kurz Kommission) ab, wonach ua von dazu berechtigten Unternehmen inländisches Tiefkühlfleisch zur Marktentlastung entsprechend den §§ 2 und 12 ViehwirtschaftsG in sogenannten Sperrlagern gegen vom Bund zu leistende Lagervergütungen und Einlagerungszuschüsse eingelagert wurden. Nach Punkt 8. eines solchen Einlagerungsvertrags konnte die subventionierte Einlagerung der Vertragsware nur in den durch die Kommission anerkannten Kühlhäusern erfolgen. Einlagerungen in "Privatkühlhäusern" waren ua von folgenden Voraussetzungen abhängig:
"... 8.3.1. Es ist eine Bestätigung des zuständigen Amtstierarztes über die Eignung der Tiefkühlräume für die Lagerung von Fleisch bei mindestens -18o Celsius vorzulegen.
8.3.2. Der Rauminhalt aller Tiefkühlräume muß mindestens 100 m3 betragen. Die Größe der Tiefkühlräume ist vom Amtstierarzt zu bestätigen. ..."
Der Kläger nahm derartige Einlagerungen von Tiefkühlfleisch bei Dritten vor, errichtete dann aber auf seiner Liegenschaft einen Tiefkühlraum und gab iSd Punkts 8. des Einlagerungsvertrags einen näher bezeichneten praktischen Tierarzt an, der am 30.Dezember 1990 die Eignung des vom Kläger errichteten Tiefkühlraums in Ansehung von Größe und technischer Kühleinrichtung bestätigte. Die Kommission erachtete diese Bestätigung als nicht ausreichend, weil sie vom Amtstierarzt zu erbringen sei, und diese in weiterer Folge nicht beigebracht werden konnte. Das Ansuchen des Klägers um Erteilung der Bestätigungen iSd Punkts 8. des Einlagerungsvertrags wurde dem Beklagten als damals zuständigem Amtstierarzt der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft, der erst einige Monate später zum Lebensmittelaufsichtsorgan nach § 35 Abs 2 LMG ernannt wurde, vom Sekretariat (der Bezirkshauptmannschaft) im Herbst 1991 in Form eines Amtsvermerks vorgelegt. Der Kläger ersuchte auch telefonisch bei der Bezirkshauptmannschaft um die Bestätigungen und übersandte auch entsprechende Unterlagen. Der Beklagte verweigerte die Ausstellung der in Punkt 8. des Einlagerungsvertrags erforderlichen Bestätigungen.
Der Kläger erachtete diese Verweigerung als grundlos und begehrte vom Beklagten die Bezahlung von 901.457,71 S sA aus dem Titel des Schadenersatzes, weil er seinen ordnungsgemäß errichteten Tiefkühlraum bisher nicht als Sperrlager habe nützen können und von September 1990 bis April 1993 bei Dritten Sperrlager-Mieten in Höhe des Klagsbetrags habe zahlen müssen. Die Tätigkeit des Beklagten als Amtstierarzt basiere auf den Einlagerungsverträgen der Kommission; der Beklagte habe eine Funktion als Amtstierarzt für die Kommission zu erfüllen gehabt, welche mit Marktentlastungs- und Subventionsagenden zu tun habe und sei daher für die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes tätig gewesen.
Die Vorinstanzen wiesen im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren wegen hoheitlichen Handelns des Beklagten ab. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob die Verweigerung einer amtstierärztlichen Bestätigung über die Einhaltung lebensmittel- und veterinärpolizeilicher Vorschriften in privaten Tiefkühlräumen (aufgrund eines Vertrags des subventionierten Einlagerers mit der Kommission) in Vollziehung der Gesetze erfolge.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt dann vor, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Die angeschnittene Rechtsfrage muß also präjudiziell sein (1 Ob 39/94, 1 Ob 42/95 ua; Kodek in Rechberger, § 508a ZPO Rz 1). Diese Voraussetzung ist hier zu verneinen, kommt es doch auf die Richtigkeit der inhaltlich unterschiedlichen vorinstanzlichen Ausführungen dazu (erste Instanz: § 21 ViehwirtschaftsG 1983, § 2 Abs 2 TierärzteG; zweite Instanz: veterinär- und lebensmittelpolizeiliche Vorschriften, insbesondere § 16, § 38 Abs 5 Z 3 FleischUG, § 6 Abs 1, § 11 Abs 4 FleischHygV 1983, § 20 LMG und die aufgrund des § 21 Abs 1 LMG erlassenen Verordnungen, Amtstierärzte-DienstverhältnisG und Amtstierärzte-Dienstin- struktion); ob die dem Beklagten zum Vorwurf gemachte Unterlassung Ausfluß seiner hoheitlichen Tätigkeit war, aus folgenden Erwägungen nicht an:
Vorweg ist festzuhalten, daß nach nunmehriger Rspr des erkennenden Senats (1 Ob 49, 54/95 = SZ 68/220; 1 Ob 50/95; 1 Ob 1/96 = EvBl 1997/35 ua) entgegen früherer Rspr gegen das Organ aus dessen hoheitlichem Handeln abgeleitete Klagen in jedem Fall zurück- und in keinem Fall abzuweisen sind. Nach nunmehriger Auffassung ist bei der gemäß § 9 Abs 5 AHG erforderlichen Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs gegen ein Organ jeweils zu untersuchen, ob die klagende Partei die beklagte Partei inhaltlich aus einem Hoheitsakt in Anspruch nimmt, wobei es für die prozessualen Konsequenzen der Bejahung eines solchen absoluten Prozeßhindernisses ebensowenig darauf ankommt, ob sich dieses bereits aus der Klageerzählung ergibt oder erst im Lauf des Verfahrens offenkundig wird, ob das Klagebegehren ausdrücklich auf Amtshaftung gestützt oder gerade nicht gestützt wird und ob der Anspruch in merito zu Recht besteht. Ungeachtet dessen ist im vorliegenden Fall zufolge der Bindung des erkennenden Senats an seine Rechtsauffassung in der Vorentscheidung AZ 1 Ob 38/94 nach § 511 Abs 1 ZPO (Kodek aaO § 511 ZPO Rz 1) die Klage abzuweisen, wenn das Klagebegehren inhaltlich auf einem hoheitlichen Handeln des Beklagten als Organ des Rechtsträgers beruht. Angesichts der Bindung an diese Rechtsansicht kann aber das Klagebegehren auch aus einem anderen Grund in merito abgewiesen werden, während nach der nunmehrigen Rechtsansicht des erkennenden Senats bei hoheitlichem Handeln die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen wäre und nur bei einer Sachentscheidung das Klagebegehren abgewiesen werden könnte. Damit erweist sich aber die vom Erstgericht nach Zustellung der Vorentscheidung AZ 1 Ob 38/94 verfügte Einschränkung des Verfahrens auf den "Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs" im vorliegenden Fall als bedeutungslos.
a) War die vom Kläger dem Beklagten als Amtstierarzt iSd § 2 Abs 2 TierärzteG vorgeworfene Weigerung zur Ausstellung von Bestätigungen über die Eignung seines privaten Tielkühlhauses bei subventionierten Marktregelungsmaßnahmen nach dem ViehwirtschaftsG, die dem Kläger durch den Bund (Kommission) als seinen Vertragspartner des jeweils konkreten Einlagerungsvertrags vorgeschrieben wurde, Ausfluß eines Hoheitsakts (etwa Vollziehung von veterinär- und lebensmittelpolizeilichen Vorschriften im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung), ist das Klagebegehren abzuweisen und die Entscheidung der Vorinstanzen zutreffend.
b) Resultierte die Unterlassung aus einem - hier zum Besten des Klägers unterstellten - privatwirtschaftlichen Handeln des Bundes, wie die Revision unter Wiederholung ihres Prozeßvorbringen ins Treffen führt, fehlten dennoch die für einen Schadenersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen. Denn die behauptete schadenstiftende Unterlassung könnte sich dann nur aus einem Nichttätigwerden des Beklagten als Erfüllungsgehilfen des Bundes (vormalige Vieh- und Fleischkommission beim BMLF) als des Vertragspartners des Klägers ergeben. Insoweit besteht jedenfalls eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Bund (vgl dazu EvBl 1979/226, 1 Ob 8/91 mwN), deren Rechtsnatur hier nicht untersucht werden muß. Eine Haftung des Erfüllungsgehilfen iSd § 1313a ABGB gegenüber dem Gläubiger des Geschäftsherrn wegen Verletzung von Pflichten aus dem Schuldverhältnis kommt aber nicht in Betracht. Der Beklagte stand als Erfüllungsgehilfe des Bundes als des Vertragspartners des Klägers zu diesem in keinem Schuldverhältnis; seine persönliche Haftung wegen Verletzung von (Neben)-Pflichten aus dem Schuldverhältnis kommt deshalb nicht in Betracht. Auch der Vertrag zwischen dem Geschäftsherrn und seinem Erfüllungsgehilfen ist regelmäßig keine Vereinbarung mit Schutzwirkungen zugunsten des Gläubigers des Geschäftsherrn (SZ 65/52 mwN). Der Erfüllungsgehilfe haftet vielmehr nur dann persönlich, wenn sein Verhalten unabhängig von der Existenz des Schuldverhältnisses rechtswidrig ist, wenn er also deliktisch handelte (SZ 51/97; SZ 60/73, SZ 65/52, je mwN uva, zuletzt 3 Ob 71/97f; RIS-Justiz RS0022481, RS0022801; Reischauer in Rummel2 § 1313a ABGB Rz 14 mwN; Harrer in Schwimann2 § 1313a ABGB Rz 26 mwN; Koziol/Welser, Grundriß10 I 488 f mwN in FN 287 f). Zum Delikt wird ein Verhalten, auch das eines Gehilfen, dann, wenn unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung geltende allgemeine oder in konkreten Schutzgesetzen enthaltene Verhaltensnormen verletzt werden. Einen allgemeinen deliktischen Haftungsgrund hat der Kläger nicht zur Darstellung gebracht; es bestehen auch keine entsprechenden allgemeinen oder in konkreten Schutzgesetzen enthaltenen Verhaltensnormen, die einem Tierarzt außerhalb seines aufgrund seiner Funktion als Amtstierarzt bestehenden Pflichtenkreises vorschreiben würde, einem Vertragspartner der vormaligen Vieh- und Fleischkommission beim BMLF gegenüber gewisse Bestätigungen über die Eignung eines Tiefkühlraums auszustellen. Die Beeinträchtigung absoluter Rechte kann die Rechtswidrigkeit indizieren (SZ 65/52 mwN; JBl 1992, 323), doch macht im vorliegenden Fall der Kläger einen bloßen Vermögensschaden geltend. Nach ständiger, von der Lehre gebilligter Rechtsprechung macht die Verursachung eines Vermögensschadens aber nur dann ersatzpflichtig, wenn eine vorwerfbare Verletzung eines absoluten Rechts, die Übertretung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers vorliegt (SZ 65/94 mwN ua). Solche Fälle sind hier nicht zu beurteilen. Die aufgrund des Einlagerungsvertrags bestehende privatrechtliche Obliegenheit des Klägers, seinem Vertragspartner, dem Bund (vormalige Vieh- und Fleischkommission beim BMLF), entsprechende Bestätigungen über die Eignung seines Kühlhauses vorzulegen, schufen jedenfalls außerhalb dieses Schuldverhältnisses keine eigene Verpflichtung des jeweils örtlich zuständigen Amtstierarztes, bei deren Verletzung er selbst haftbar gemacht werden könnte.
c) Bei - hier bloß unterstelltem - gutachtlichen, somit werkvertraglichen Handeln des Beklagten - ein tierärztlicher Behandlungsvertrag scheidet aus - käme ein Schadenersatzanspruch gegen ihn selbst nicht nur dann in Frage, wenn er mit dem Kläger einen Vertrag über die Begutachtung dessen Tiefkühlraums geschlossen und sich aus nicht gerechtfertigten Gründen geweigert hätte, die geforderten Bestätigungen über ihre Eignung iSd Einlagerungsvertrags auszustellen, obwohl die - hier vom Beklagten mit der fehlenden gewerberechtlichen Genehmigung massiv bestrittenen, jedoch nicht geprüften - Voraussetzungen dazu erfüllt gewesen wären. Ein solcher Vertrag wurde nicht einmal behauptet; der Kläger stützte sich vielmehr in seinem Vorbringen ausschließlich darauf, der Beklagte wäre - hätte er sich nicht geweigert - für die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes tätig geworden. Im übrigen steht fest, daß sich der Kläger wegen der gewünschten Bestätigungen an die zuständige Bezirkshauptmannschaft und nicht an den Beklagten persönlich wendete.
Die angeblich schadensstiftende Unterlassung des beklagten (Amts-)Tierarztes resultierte somit entweder aus hoheitlichem Handeln des Rechtsträgers, was zufolge Bindung an die Vorentscheidung AZ 1 Ob 38/94 zur Klagsabweisung führen müßte, oder aus privatwirtschaftlichem Handeln des Bundes, in welchem Fall dem Käger mangels deliktischen Verhaltens des Beklagten als Erfüllungsgehilfen des Bundes kein Direktanspruch gegen diesen zustünde, sodaß das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit gleichfalls abzuweisen wäre. Die von der zweiten Instanz als erheblich erachtete Rechtsfrage ist damit nicht präjudiziell. Die deshalb unzulässige Revision ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der beklagten Partei waren keine Kosten für ihre Revisionsbeantwortung zuzuerkennen, weil sie keinen Antrag auf Zurückweisung der Revision stellte. Ihre Revisionsbeantwortung diente somit keiner zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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