OGH 1Ob117/97f

OGH1Ob117/97f27.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, vertreten durch Mag.Dr.Gernot Müller, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Ernst F*****, vertreten durch Zamponi, Weixelbaum und Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 200.000,- -) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9.Dezember 1996, GZ 6 R 167/96p-12, womit aus Anlaß der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 17.Mai 1996, GZ 5 Cg 382/95m-8, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.900,-- (darin S 1.650,-- USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Eine periodisch erscheinende Lokalzeitschrift veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 25.3.1993 unter dem Titel „Wende im P*****-Prozeß in Sicht?“ folgendes vom Kläger verfaßte Schreiben:

„Am 7. und 10.3. stellten Gläubiger der Firmengruppe P***** Konkursantrag gegen Konkursrichter Mag.Werner H***** beim Landesgericht (früher Kreisgericht) W*****. Begründet werden die Konkursanträge damit, daß Mag.H***** als Konkursrichter an den Malversationen des verstorbenen Masseverwalters Dkfm.Dr.S***** teilgenommen hat und der begründete Verdacht besteht, daß er sich persönlich bereichert hat.

Aktenkundig ist, daß Mag.Werner H***** in S***** wohnt. Aktenkundig ist, daß Mag.Werner H***** ein enger Schulfreund und Clubgenosse des Dkfm.Rudolf S*****, Direktor der Volksbank S*****, ist und nach wie vor eng mit ihm befreundet ist. Aktenkundig ist, daß Mag.H***** Protokollbeglaubiger bei der Generalversammlung der Volksbank S***** war. Aktenkundig ist, daß Mag.H***** Genossenschafter dort ist.

Aktenkundig ist, daß Mag.H***** und seine Familie seit langem enge Freunde der Familie Dkfm.Dr.Walter und Ingrid S***** sind. Aktenkundig ist, daß Ingrid S***** Firmpatin der Tochter Katrin-Theres des Konkursrichters Mag.H***** ist.

Aktenkundig ist, daß Konkursrichter Mag.Werner H***** und Masseverwalter Dkfm.Dr.Walter S***** am 28.11.1985 S 10,000.000,-- Konkursgelder der Firma P***** auf das Schwarzgeldkonto bei der Volksbank S***** mit der Kontonummer ***** einlegten (bar im Aktenkoffer überbracht, wie Bela Rabelbauer).

Aktenkundig ist, daß am 2.1.1986 S 388.747,50 aus Konkursgeldern auf das Schwarzgeldkonto bei der Volksbank S***** mit der Kontonummer ***** gutgeschrieben wurden.

Aktenkundig ist, daß am 9.1.1986 S 10.702,-- aus Konkursgeldern auf das Schwarzgeldkonto ***** der Volksbank S***** überwiesen wurden.

Aktenkundig ist, daß am 30.11.1992 eine Test-Einzahlung auf das Schwarzgeldkonto ***** bei der Filiale A***** der Volksbank S***** entgegengenommen und verbucht wurde.

Aktenkundig ist, daß die Testeinzahlung am 30.11.1992 erst am 14.12.1992 vom Schwarzgeldkonto ***** durch die Volksbank S***** wieder abgebucht wurde, um die Existenz des Kontos zu verschleiern.

Aktenkundig ist, daß am 18.3.1993 weitere drei Test-Einzahlungen auf die Schwarzgeldkonten ***** und *****, sowie auf das offizielle Masseverwaltungskonto, von mit dem Namen „Mag.Werner H*****“ als Kontoninhaber bezeichnet waren. Einzahlungen am 18.3.1993 um 11.30 Uhr.

Aktenkundig ist, daß Volksbankdirektor S***** am 18.3.1993 nach der Einzahlung auf die Schwarzgeldkonten sofort binnen einer halben Stunde den Einzahler Dr.W.P***** ausforschte und zur Rede stellte. Dkfm.S***** hat bei Schwarzgeldkonten Buchungscodes eingebaut, sodaß nicht direkt darauf gebucht werden kann - wie bei allen anderen Konten der Volksbank S***** - sondern nur nach vorheriger Verständigung von ihm persönlich.

Der Filialbeamte der Filiale A***** mußte daher - bevor er die Einzahlungen buchen konnte - zuerst mit Telefax die Belege an Direktor Dkfm.S***** senden, der die Durchführung der Buchung dann unterband, damit keine weiteren Beträge zum Nachweis der auf den Schwarzgeldkonten befindlichen Konkurs-Gelder der Firmengruppe P***** aufscheinen.

Die Vorgangsweise des Volksbankdirektors Dkfm.S***** beweist, daß er an der Weißwaschung der von Masseverwalter Dr.S***** und dessen Freund Mag.H***** eingezahlten Schwarzgelder aus den Konkursgeldern beteiligt ist und seine Volksbank dafür einsetzt.

Insgesamt fehlen - laut Rekurs ON 1888, S 45, 46/85 LGWels vom 8.2.1993 S 46,160.373,24 aus der Kassa des Masseverwalters Dr.S*****. Konkursrichter Mag.H***** weigert sich seit Jahren, die Malversationen des Dr.S***** aufzudecken“.

In der Ausgabe der periodisch erscheinenden Lokalzeitung vom 1.4.1993 erschien unter dem Titel „Dolchstoßlegende im Konkursfall P*****“ folgende vom Beklagten verfaßte Stellungnahme:

„In Ihrer Ausgabe vom 25.März berichten Sie, daß sich eine Wende in der öffentlichen Meinung anzubahnen scheint und man den Millionenkonkurs des G***** Bauunternehmens plötzlich in einem anderen Licht sieht.

Sie veröffentlichen im weiteren Verlauf eine Presseaussendung des Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, worin sie dessen Angriffe, die sich vor allem gegen den Konkursrichter Mag.H***** richten, ungeprüft wiedergeben.

Es liegt nun nicht in meiner Absicht, Ihre Sicht der Dinge zu kritisieren oder die laufenden Konkursverfahren gegen Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** und seine Firmengruppe zu kommentieren.

Zur objektiven Information Ihrer Leser muß jedoch festgehalten werden, daß Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** in diesem Schreiben wiederum in seiner sattsam bekannten Art versucht, einen mißliebigen Richter zu diffamieren.

Mit der Formulierung „aktenkundig“ erweckt er den Anschein, als ob irgendeine seiner Behauptungen erwiesen wäre. Er vermengt dabei geschickt Tatsachen, wie etwa, daß Mag.H***** in S***** wohnt, und andere, mit haltlosen Beschuldigungen, so etwa, daß Mag.H***** Konkursgelder auf Schwarzgeldkonten eingezahlt hätte, oder daß solche Gelder mit seinem Wissen auf Schwarzgeldkonten gutgeschrieben oder überwiesen worden seien.

Der tatsächlich bei der Volksbank S***** für die Konkursmasse fruchtbringend angelegte Betrag von S 10 Mio. wurde vielmehr ordnungsgemäß verbucht.

Seine Versuche, durch Testeinzahlungen einen Nachweis für die Existenz von Schwarzgeldkonten zu erbringen, mußten daher naturgemäß scheitern.

Wenn Dipl.Ing.Dr.P***** weiter schreibt, daß - laut (seinem eigenen) Rekurs ON 1888 - aus der Kasse des Masseverwalters Dr.S***** S 46,160.373,24 fehlen, so gibt er dabei wiederum eine seiner Anschuldigungen wieder und nicht etwa eine erwiesene Tatsache.

Es ist nun nicht zu verhindern, daß Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** - wie Sie etwa auch in Ihrer Ausgabe vom 11.4.1991 berichtet haben - die Medien mit unzähligen Presseaussendungen überflutet und manche seine Version einer Dolchstoßlegende wiedergeben.

Es erscheint uns aber wichtig, daß eine seriöse Lokalzeitung gerade in unserem Gerichtssprengel ihre Leser auf den Unterschied zwischen Behauptungen, die Dipl.Ing.Dr.P***** aufstellt, und erwiesenen Tatsachen genau hinweist und auf diese Weise verhindert, daß das Ansehen der Justiz in der Bevölkerung ungerechtfertigt herabgesetzt wird.

Dr.Ernst F*****

Präsident des Landesgerichtes W*****.“

Die Veröffentlichung gibt auch das auf dem Schreiben des Beklagten enthaltene Staatswappen wieder.

In der Ausgabe vom 8.4.1993 veröffentlichte die periodische Lokalzeitung folgende Entgegnung des Klägers:

„Präsident Dr.Ernst F***** vom Landesgericht W***** behauptet in der Wochenrundschau vom 1.4., daß er zur objektiven Information beitragen will. Weder Präs.Dr.F***** noch Direktor Dkfm.Rudolf S***** von der Volksbank S***** konnten auch nur einen einzigen Punkt des Artikels „Wende im P*****-Prozeß in Sicht“ widerlegen. Das Zitieren von Gutachten ist kein Gegenbeweis für aktenkundige Vorgänge.

Wenn Präs.Dr.F***** die aktenkundigen Feststellungen als Versuch bezeichnet, „einen mißliebigen Richter zu diffamieren“, so stellt sich die Frage, ob er seiner gesetzlichen Prüfungspflicht als Präsident des Landesgerichtes W***** nachgekommen ist?

Herr Präsident, haben Sie geprüft, daß Ihr Freund Konkursrichter Mag.Werner H***** und der Masseverwalter Dr.S***** am 28.11.1985 mit mehr als zehn Millionen Schilling im Aktenkoffer (wie Bela Rabelbauer) quer durch Oberösterreich zur Heimatbank von Konkursrichter Mag.H***** gefahren sind?

Haben Sie geprüft, daß der Konkursrichter bei dieser Volksbank seine privaten Konten hat, Dir.Dkfm.S***** sein bester Freund ist und Mag.H***** von Dir.Dkfm.S***** die Kontoauszüge aller Masseverwalterkonten als „HAUSPOST“ persönlich erhält, bevor sie dem Masseverwalter zugehen?

Haben Sie geprüft, daß der Betrag von mehr als zehn Millionen Schilling auf ein angeblich „nicht existentes“ Konto eingezahlt wurde? Haben Sie geprüft, daß der vorhandene Beleg vom 29.11.1985 nachträglich angefertigt wurde und der erste Einzahlungsbeleg vom 28.11.1985 fehlt?

Haben Sie den Rekurs ON 1888 vom 8.2.93 der Wiener Rechtsanwälte Dr.Puschner/Dr.Poigner geprüft, in dem festgestellt wurde, daß in der Kassa des Masseverwalters Dkfm.Dr.S***** S 46,160.373,24 (sechsundvierzig Millionen!) fehlen?

Haben Sie geprüft, daß von 1.650 Belegen der Kasse Dr.S***** 1.050 Belege fingiert sind? Haben Sie bei den Meldeämtern der Gemeinden Bad G*****, Bad I*****, S*****, E*****, usw. nachgefragt, ob es die Geldempfänger unter den verbuchten Adressen überhaupt gab?

Haben Sie geprüft, daß Masseverwalter Dr.S***** für die Maschinen, Geräte und 100 Autos der Firma P***** keine Inventarliste angelegt hat und daß der Verkauf der Hälfte aller Maschinen und Geräte mit dem Erlös von S 27,964.549,56 in der Kassa des Masseverwalters fehlt?

Haben Sie geprüft, daß Mag.H***** S 720.000,-- mit Beschluß als Mehrwertsteuervergütung auszahlen, von Dr.S***** jedoch nie eine Mehrwertsteuerrechnung legen ließ und daher das Geld bis heute fehlt?

Haben Sie geprüft, daß Mag.H***** sich 6 Jahre weigerte, die Rechnungslegung für Masseverwalter Dr.S***** anzuordnen, obwohl er spätestens nach dessen Tod am 30.9.88 gemäß Konkursordnung § 121 dazu verpflichtet war?

Haben Sie geprüft, daß Mag.H***** sich bei den Konkursen der Firma P*****, H***** und D***** nach 7 1/2 Jahren noch immer weigert, eine Rechnungslegung anzuordnen und damit gegen das Gesetz verstößt?

Haben Sie geprüft, daß Mag.H***** und seine Familie mit der Familie des verstorbenen, vorbestraften Masseverwalters Dr.S***** engstens befreundet und Frau Ingrid S***** Firmpatin der Tochter Katrin-Theres des Konkursrichters Mag.H***** ist?

Haben Sie geprüft, daß Mag.H***** die Firmpatin Ingrid S***** mit der Rechnungslegung für ihren verstorbenen Mann beauftragte, obwohl dazu von Gesetz wegen der Masseverwalterstellvertreter Günther H***** gemäß Konkursordnung § 121 verpflichtet ist?

Warum weigert sich Konkursrichter Mag.H*****, dem Gesetz zu entsprechen? Welche Malversationen haben Mag.H***** und die Firmpatin Ingrid S***** noch zu verbergen?

Haben Sie geprüft, daß Firmpatin Ingrid S***** S 405.927,30 für Wertpapierkaufkosten doppelt verrechnet hat? Haben Sie geprüft, daß sie S 433.915,85 Mieterträge vergessen hat?

Haben Sie geprüft, daß Masseverwalter Dr.D***** in der Schlußrechnung S 16,787.468,10 vergessen hat?

Haben Sie geprüft, daß Konkursrichter Mag.Werner H***** und Masseverwalter Dr.Erich D***** den Gläubigern der P***** Internationale S 8,553.709,08 vorenthalten hat?

Haben Sie geprüft, daß dem Gläubigerausschuß vom Masseverwalter fingierte Unterlagen vorgelegt und damit die Bestätigungen der Kassenberichte des Masseverwalters erschlichen wurden?

Herr Präsident, wenn Sie diese Beweisurkunden geprüft haben, wie können Sie dann die Stellungnahme vom 1.4.93 an die ... Wochenrundschau senden? Herr ...(Beklagter)..., warum kommen Sie Ihrer Amtspflicht gemäß Strafprozeßordnung § 84 nicht nach, wonach jeder Beamte schuldig ist, Strafanzeige zu erstatten, wenn ihm ein strafbarer Tatbestand zur Kenntnis gelangt? Oder sind Sie der Ansicht, daß Unterschlagungen von Masseverwaltern und die Genehmigung dieser Unterschlagungen durch Konkursrichter keine strafbaren Tatbestände sind?

Herr Präsident, Sie haben die Unterschlagungen einer Adelheid S***** noch als „Darlehen“ von S 150.000,-- bezeichnet, als in den Zeitungen schon von S 5,000.000,-- geschrieben wurde. Sie haben die Unterschlagungen von S 350.000,-- des Postboten S***** des Kreisgerichtes W***** während Ihrer Präsidentschaft und die Führung von Privattelefongesprächen für S 300.000,-- zugelassen.

Herr ...(Beklagter)..., Sie haben Jahre hindurch erklärt, daß unsere ARGE-Rechtsstaat-Austria den besoffenen Richter Dr.W***** diffamiert, obwohl er dann wegen „Alkoholkrankheit im Dienst“ 35-jährig zwangspensioniert wurde. Sie äußerten Journalisten gegenüber, daß ein Richter auch mit einem Promille Alkohol noch urteilen könne!

Herr ...(Beklagter)..., Sie sind in Kenntnis, daß gegen die Republik Österreich insgeamt 21 Amtshaftungsprozesse mit einer Schadenssumme von mehr als zwei Milliarden Schilling wegen der Gesetzesverstöße von Mag.H***** anhängig sind. Einer dieser Amtshaftungsprozesse wurde sogar vom Konkursgericht W***** dem Masseverwalter im Konkurs der W***** AG (*****) gegen das Konkursgericht W***** genehmigt.

Herr ...(Beklagter)..., glauben Sie, daß das Handelsgericht W***** den Konkursrichter Mag.Werner H***** diffamieren will? Glauben Sie, daß Sie durch Unterlassung Ihrer Amtspflicht gemäß StPO § 84 und durch Unterlassung Ihrer Aufsichtspflicht Ihrem Freung Mag.Werner H***** gegenüber das Ansehen der Justiz wahren können?

...(Kläger)...

....“

Der Beklagte reagierte in der Lokalzeitung mit folgender Stellungnahme vom 22.4.1993:

„Betrifft: Stellungnahme zu den ...-Leserbriefen

In Ihrer Ausgabe vom 8.April 1993 haben Sie neuerlich Leserbriefe des ...(Klägers)... und seines Gesinnungsgenossen Ludwig R***** veröffentlicht, worin diese ihre Anschuldigungen gegen einen Richterkollegen und mich in allen Varianten wiedergeben konnten. Es ist nun sicherlich ein Ausfluß unserer demokratischen Gesellschaft, daß es möglich ist, Amtsorgane in solcher Weise anzugreifen und zu verhöhnen. Aber auch Richter haben Anspruch auf Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte. Aus diesem Grund werde ich die Aufforderung des Dipl.Ing.P***** wörtlich nehmen und gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft die Anzeige nach § 84 StPO wegen Verleumdung erheben.

Viele Leute aus dem inneren Salzkammergut haben die Insolvenz der ....-Firmen, die nicht von heute auf morgen erfolgt ist, miterlebt und können sich selbst ein Bild davon machen.

Wenn mich nun ...(Kläger)... in seinem Leserbrief fragt, ob ich weiß, daß gegen die Republik Österreich Amtshaftungsprozesse mit einer Schadenssumme von mehr als S 2 Mrd. wegen der von ihm behaupteten Gesetzesverstöße des Konkursrichters des Landesgerichtes W***** anhängig sind, so kann ich diese Frage zwar nicht beantworten.

Sehr wohl weiß ich aber, daß ...(Kläger)... selbst Klagen wegen eines angeblichen Schadens von ca. S 1,4 Mrd. gegen die Republik Österreich im Rahmen der Verfahrenshilfe eingebracht hat. Er verlangt also von der Republik Österreich und somit von jedem Steuerzahler einen Betrag, der die Milliarde, die die Bundesregierung zur Belebung der gesamten österreichischen Wirtschaft in der derzeit schwierigen Konjunkturphase zu leisten bereit und in der Lage ist, bei weitem übersteigt. Dies sollte ...(Kläger)... seinen Mitbürgern der Vollständigkeit halber wohl ebenfalls erklären.

...(Beklagter)...

(Präsident des Landesgerichtes W*****).“

Mit seiner am 22.9.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage brachte der Kläger vor, er werde durch die Behauptungen, er diffamiere und verhöhne Richter, eines unehrenhaften bzw gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens bezichtigt, das geeignet sei, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Dem Kläger liege jede abfällige Äußerung über Justizorgane oder Behörden fern. Er schöpfe nur alle rechtlich gebotenen Möglichkeiten zur Aufklärung und Unterstützung seiner Argumentation in den Konkursverfahren aus. Der Beklagte sei daher schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, Behauptungen aufzustellen, wodurch der Eindruck erweckt werde, der Kläger würde einen mißliebigen Richter diffamieren und Amtsorgane verhöhnen, in eventu diese Behauptungen gegenüber der periodisch erscheinenden Zeitschrift oder deren Redaktion aufzustellen.

Der Beklagte wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein, weil er die beanstandeten Äußerungen nicht als Privatperson, sondern in seiner Eigenschaft als Präsident jenes Gerichtshofs, dem der vom Kläger angegriffene Konkursrichter angehöre und für den der Beklagte auch eine gesetzliche Fürsorgepflicht wahrzunehmen habe, gemacht habe. Die Klagsführung sei zudem mangels konkursgerichtlicher Genehmigung unzulässig. Im übrigen bestritt der Beklagte das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung mit der Begründung, die inkriminierten Äußerungen würden die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschreiten. Auch sei Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Der Beklagte habe als Gerichtshofpräsident immer nur auf vom Kläger veranlaßte Veröffentlichungen im Interesse der Justiz und ihrer Angehörigen reagiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß die Geltendmachung eines Anspruchs aus einer Ehrverletzung oder Rufschädigung nicht zur Konkursmasse gehöre, weshalb die konkursgerichtliche Genehmigung der Klagsführung nicht erforderlich sei. Der auf alle erdenklichen Rechtsgründe gestützte Anspruch könne lediglich nach § 1330 ABGB erhoben werden. Die Äußerungen des Beklagten, der Kläger diffamiere einen mißliebigen Richter bzw verhöhne Amtsorgane, seien in Anbetracht des Inhalts der Leserbriefe des Klägers zutreffend. Die Äußerungen des Beklagten seien zwar ehrenrührig, aber nicht rechtswidrig, zumal nicht die Rede davon sein könne, daß ein bei weitem überwiegendes Informationsbedürfnis der Allgemeinheit vorliege. Der Anspruch gemäß § 1330 Abs 1 ABGB sei zudem verjährt, weil die letzte beanstandete Stellungnahme des Beklagten am 20.4.1993 erschienen, die Klage jedoch erst am 20.9.1995 eingebracht worden sei. Ein Fall des § 1330 Abs 2 Z 1 ABGB liege nicht vor, da danach nur derjenige tatbestandsmäßig handle, der unwahre Tatsachen verbreite. Auch mangle es soweit an der Wiederholungsgefahr.

Aus Anlaß der Berufung des Klägers hob das Gericht zweiter Instanz das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Gemäß § 31 Abs 1 GOG leite der Präsident eines Gerichtshofs erster Instanz denselben, übe die Dienstaufsicht über das gesamte Personal des Gerichtshofs aus und führe die anderen Justizverwaltungsgeschäfte für den Gerichtshof, soweit diese nicht aufgrund des Gesetzes durch Senate zu erledigen seien. Die beiden inkriminierten Schreiben des Beklagten stünden in dem von der Rechtsprechung geforderten äußeren und inneren Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Aufgaben hoheitlicher Zielsetzung. Die Schreiben seien als Organtätigkeit in Vollziehung der Gesetze zu qualifizieren, zumal sich der Beklagte in unverkennbarer Weise auf seine Amtsstellung berufe. Handelte der Beklagte aber hoheitlich, sei nicht nur dessen Schadenersatzhaftung gemäß § 1 Abs 1 AHG zu verneinen, sondern es sei gemäß § 9 Abs 5 AHG für Klagen gegen das Organ der Rechtsweg unzulässig. Diese Nichtigkeit sei von der Rechtsmittelinstanz aus Anlaß eines zulässigen Rechtsmittels auch von Amts wegen wahrzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 1 GOG leitet der Präsident den Gerichtshof, übt die Dienstaufsicht über das gesamte Personal des Gerichtshofes aus und führt die anderen Justizverwaltungsgeschäfte für den Gerichtshof, soweit diese nicht aufgrund des Gesetzes durch Senate zu erledigen sind. Als Organ der Justizverwaltung hat der Präsident des Gerichtshofs gemäß § 73 Abs 1 Z 3 GOG in seinem Zuständigkeitsbereich unter anderem die Richter zur Besorgung ihrer Aufgaben anzuhalten und erforderlichenfalls Hilfe anzubieten. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle hat er ebenso wie alle anderen Organe der Justizverwaltung darauf zu achten, daß kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit erfolgt.

Die Tätigkeit der Gerichte ist stets hoheitlich (SZ 50/125). Nach ständiger Rechtsprechung ist der gesamte Tätigkeitsbereich, der die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zum Gegenstand hat, einheitlich als hoheitlich zu beurteilen. Dies ist auch dann der Fall, wenn durch das Handeln die Ausübung hoheitlicher Gewalt bloß vorbereitet wird (SZ 63/25; JBl 1992, 532; SZ 64/85; ecolex 1996, 597; 1 Ob 2093/96t uva). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß auch die Tätigkeit der Organe der Justizverwaltung, soweit sie über die Sachmittelverwaltung im Sinne des § 73 Abs 1 Z 1 GOG hinausgeht (vgl hiezu Schragel AHG2 Rz 113) und nicht ohnedies die Erledigung durch Bescheid zu erfolgen hat wie etwa nach dem gerichtlichen Einbringungsgesetz (vgl Schragel aaO Rz 96 und 274), als die hoheitliche Tätigkeit der Gerichte vorbereitend und unterstützend selbst hoheitlich ist. Das gilt selbst dann, wenn das an sich ordnungsgemäß bestellte Organ Handlungen vornimmt, zu welchen es nicht berufen ist, das Organ also seine Kompetenzen überschreitet (ecolex 1996, 597; 1 Ob 6/96; Schragel aaO Rz 118).

Bei der Beurteilung des Handelns des Beklagten kommt es daher auf den von vom Rekurswerber genannten Ministerialerlaß vom 14.3.1984, JMZ 4514/1-Pr 2/84, über die Einrichtung von Justizpressestellen nicht entscheidend an. Abgesehen davon könnte der Erlaß den gesetzlich definierten Aufgabenbereich des Präsidenten des Gerichtshofes nicht beschränken, was schon in Z 1 des Erlasses durch die Einschränkung zum Ausdruck gebracht wird, die Betrauung eines erfahrenen Richters mit der Leitung der Pressestelle habe unbeschadet der dem Dienststellenleiter obliegenden Dienstaufsicht zu erfolgen.

Die beiden inkriminierten Schreiben des Beklagten nahmen zu den vom Kläger gegen einen Richter des vom Beklagten im Bereich der Justizverwaltung geleiteten Gerichtshofes wegen dort anhängig gewesener Konkursverfahren erhobenen Vorwürfen Stellung. Sowohl vom Inhalt als auch vom äußeren Erscheinungsbild her wurden diese Schreiben vom Beklagten nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Justizverwaltungsorgan verfaßt. Im Rahmen der ihm zustehenden Dienstaufsicht und zur Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit gegenüber medialem Druck nahm der Beklagte zu den erhobenen Vorwürfen Stellung. Damit ist aber ein derart enger innerer und äußerer Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit des Gerichtes gegeben, daß das Handeln des Beklagten - auch nach außen hin klar erkennbar - nur als solches hoheitlicher Natur als Organ des Rechtsträgers gewertet werden kann. In diesem Sinne ist der hier zu beurteilende Sachverhalt jenem, der der Entscheidung SZ 63/25 zugrundeliegt, durchaus vergleichbar, nach dem ein Bürgermeister im Zusammenhang mit einem anhängigen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren aufgrund von Beschwerden verschiedene Schreiben verfaßte. Der Oberste Gerichtshof sprach aus, daß der auf § 1330 ABGB gestützten Klage des Betriebsinhabers die Bestimmung des § 1 AHG entgegenstehe.

Sowohl die soeben zitierte Belegstelle als auch zahlreiche Folgeentscheidungen (SZ 65/112; JBl 1996, 601; SZ 68/220; ecolex 1996, 597) sprachen in Übereinstimmung mit der älteren Rechtsprechung (SZ 47/120; SZ 49/89 ua) aus, daß auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts gestützte Ansprüche eines Geschädigten gegen eine im Sinn des § 1 AHG als Organ handelnde Person ausgeschlossen seien. Schäden gemäß § 1 Abs 1 AHG könnten zulässigerweise nur im Rahmen der Amtshaftung gegen den Rechtsträger verfolgt werden. Die - subsidiäre - Geltendmachung eines Anspruchs gegen ein Organ nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts komme wegen der durch das Amtshaftungsgesetz statuierten Beschränkungen nicht in Betracht. Handle der Beklagte hoheitlich, sei nicht nur dessen Schadenersatzhaftung gemäß § 1 Abs 1 AHG zu verneinen, sondern einem Ersatzbegehren gemäß § 9 Abs 5 AHG gegen ihn selbst als Organ auch der Rechtsweg verwehrt. Die Konsequenz dieser Rechtswegunzulässigkeit lasse sich auch nicht dadurch vermeiden, daß der Kläger einen auf dem allgemeinen bürgerlichen Recht beruhenden Anspruchsgrund vorzuschieben versuche; die rechtliche Beurteilung des Streitgegenstands obliege allein dem Gericht. Von dieser gesicherten Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlaß.

Nach nunmehr neuerer, durch die Entscheidung SZ 68/220 eingeleiteter Rechtsprechung liegt in einem derartigen Fall - selbst wenn sich aus der Klagserzählung noch nicht ergibt, daß dem gegenüber einem Organ im Sinn des § 1 Abs 2 AHG geltend gemachten Streitgegenstand in Wahrheit ein Amtshaftungsanspruch zugrundeliegt - stets Unzulässigkeit des Rechtswegs vor, die als Mangel einer absoluten Prozeßvoraussetzung gemäß § 240 Abs 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist. Das Klagebegehren ist in einem derartigen Fall nicht ab-, sondern die Klage - nach Ausspruch der Nichtigkeit einer allenfalls ergangenen meritorischen Entscheidung und des vorangegangenen Verfahrens - zurückzuweisen (SZ 68/220; 1 Ob 6/96; ecolex 1996, 597; 1 Ob 2093/96t).

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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