European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00029.16W.0628.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichts Linz verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet. Mit seiner gegen das Verfallserkenntnis gerichteten Berufung wird der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Albert K***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 148 erster Fall StGB (idF vor BGBl I 2015/112) schuldig erkannt.
Danach hat er von Dezember 2006/Jänner 2007 bis 6. Oktober 2013 in L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im angefochtenen Urteil namentlich genannte, im U***** beschäftigte Unfallchirurgen in zahlreichen Fällen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die im U***** beschäftigten Ärzte entsprechend der mündlichen Vereinbarung vom 28. März 2006 über die Verteilung ihm von der Krankenhausverwaltung für die Behandlung von Privatpatienten gezahlter „Sonderklassegebühren“ an diesen zu beteiligen, sowie durch Übermittlung inhaltlich unrichtiger Abrechnungen, in welchen die Honorare dieser Ärzte zu gering ausgewiesen wurden, zu Unterlassungen, nämlich zur Abstandnahme von der Geltendmachung berechtigter Nachforderungen, verleitet, wodurch die getäuschten Ärzte im 50.000 Euro übersteigenden Ausmaß von zumindest 450.000 Euro am Vermögen geschädigt wurden.
Rechtliche Beurteilung
Die aus den Gründen der Z 1, 4, 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.
Der Besetzungsrüge (Z 1) macht Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Vorsitzenden geltend. Dieser habe sich in der Hauptverhandlung, nachdem sich der Beschwerdeführer für den Termin vom 1. Dezember 2015 krankheitsbedingt habe entschuldigen lassen (ON 123), gegenüber dem Verteidiger dahingehend geäußert, dass er selbst „auch schon mit einem grippalen Infekt verhandelt hat und ein 'gestandener Mediziner' einen grippalen Infekt eventuell aushalten würde“. Dies und (unter anderem) die vom Vorsitzenden ursprünglich ins Auge gefasste (vgl ON 124 S 3 f) Durchführung der (weiteren) Hauptverhandlung am 24. Dezember (die tatsächlich am 23. Dezember stattfand), seien Ausdruck einer „schon vorgefassten ablehnenden und negativen Haltung zum Angeklagten“.
Ausgeschlossenheit im Sinn des hier angesprochenen § 43 Abs 1 Z 3 StPO liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn unsachliche Motive eine unparteiische Entscheidungsfindung hemmen, etwa wenn ein Richter nicht gewillt ist, von einer vorgefassten Meinung auch angesichts gegenteiliger Verfahrensergebnisse abzugehen (RIS‑Justiz RS0096733; Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 9 ff). Zwar haben Richter den Verkehr mit Parteien und deren Vertretern streng sachlich zu führen, insbesondere Werturteile und spöttische Bemerkungen zu unterlassen (§ 52 Abs 2 Geo). Die vom Beschwerdeführer kritisierte Äußerung des Vorsitzenden vermag jedoch – nach dem anzulegenden Maßstab eines verständig würdigenden objektiven Beurteilers – keine Zweifel im oben dargestellten Sinn zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0096970 [zu verbalen Überreaktionen], RS0096992 [zu spontanen Körperreaktionen], RS0096746 [zu grob ungehörigen Äußerungen gegenüber dem Verteidiger]). Gleiches gilt für die spekulativen Erwägungen der Rüge zum Verhandlungstermin noch vor Inkrafttreten des StrafrechtsänderungsG 2015 (das fallbezogen übrigens keinen Einfluss auf den anzuwendenden Strafrahmen gehabt hätte), die relevierte kritische Befragung eines (für den Standpunkt des Beschwerdeführers günstig aussagenden) Zeugen (ON 127 S 4 und 8) und die – mängelfrei begründete – Würdigung der Angaben dieses Zeugen (US 19). Weshalb der bei der Vernehmung eines anderen Zeugen getätigte (vgl § 252 Abs 1 Z 2 StPO [vgl dazu Kirchbacher , WK-StPO § 252 Rz 68 f]) aktenkonforme (ON 20 S 3) Vorhalt dessen früherer (teils) abweichender Aussagen durch den Vorsitzenden Ausdruck dessen Befangenheit sei, macht das weitere Vorbringen nicht deutlich.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung mehrerer namentlich genannter Privatbeteiligter (durchwegs Ärzte des U*****) sowie darauf, „der Personalstelle des U***** aufzutragen, bekannt zu geben, welche sonstigen Ärzte in der Zeit von 2006 bis 2013 im U***** tätig waren, die sich nicht als Privatbeteiligte angeschlossen haben“, zu Recht abgewiesen. Beweisthema beider Anträge war der Nachweis, dass diese Ärzte „weder über Tatsachen getäuscht und insbesondere nicht unter Verwendung falscher Beweismittel zu Handlungen oder Unterlassungen“ verleitet worden seien und „keine selbstschädigenden Vermögensverfügungen getroffen“ hätten. Dies im Hinblick darauf, dass sie erst nach dem 28. März 2006 im genannten Krankenhaus zu arbeiten begonnen und daher nicht auf das Bestehen einer verbindlichen Vereinbarung vertraut hätten (ON 126 iVm ON 127 S 14 ff). Mit Erfolg kann die Abweisung eines Beweisantrags nur dann bekämpft werden, wenn dessen Thema erheblich ist, also der Klärung für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidender Tatsachen dient (RIS-Justiz RS0116503). Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn die genannten Zeugen sollten gerade nicht darüber Aufschluss geben, ob am 28. März 2006 eine verbindliche Vereinbarung getroffen wurde und der Beschwerdeführer (auch subjektiv) davon ausgehend Täuschungshandlungen setzte, sondern darüber, ob diese Täuschungen bei ihnen erfolgreich waren. Dies ist jedoch bloß für die – nicht subsumtionsrelevante (RIS‑Justiz RS0122138) – Abgrenzung von Versuch und Vollendung von Bedeutung (zum Versuchsstadium beim Betrug 11 Os 100/15p; RIS-Justiz RS0108611; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 123). Dass diese Täuschungshandlungen (bei der gebotenen Ex‑ante‑Betrachtung [RIS‑Justiz RS0115363) untauglich im Sinn des § 15 Abs 3 StGB gewesen seien, wurde nicht behauptet. In der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragene Argumente zur (rechtlichen) Relevanz der Anträge unterliegen dem Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0099618). Dass die am 28. März 2006 geschlossene – „den übrigen Ärzten“ durch Aushang kundgemachte (US 19) – Vereinbarung ausdrücklich auch für „neu eintretende Ärzte“ gelten sollte, haben die Tatrichter übrigens festgestellt. Weshalb davon abgesehen die konstatierte Übermittlung von Abrechnungen während des gesamten Tatzeitraums anhand der von Dr. Wolfgang H***** monatlich zur Verfügung gestellten Excel-Tabellen, „in der die Ärzte mit dem jeweiligen Schlüssel angeführt waren“ (US 6, 17 und 24 f), nicht zumindest die Annahme eines konkludenten (rechtswirksamen) Vertragsschlusses zwischen dem Beschwerdeführer und den nachträglich hinzugekommenen Ärzten trage (vgl 9 ObA 26/15m; 9 ObA 89/05m; 9 ObA 69/97f), erklärt die weitere Rüge nicht.
Soweit er disloziert im Rahmen der Mängelrüge die Nichteinholung „des beantragten Sachverständigengutachtens“ – ohne gebotene Angabe der Fundstelle im umfangreichen Aktenmaterial (RIS-Justiz RS0124172) – beklagt, scheitert der Beschwerdeführer abermals an der Erheblichkeit des Beweisthemas. Nach den – für diese Prüfung maßgeblichen ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 341 f) – Entscheidungsgründen habe sich der Beschwerdeführer (nach dem konstatierten Vertragsinhalt) verpflichtet, einen (hier gegenständlichen, zumindest) 20%igen Anteil (sogenannten „Pool-Anteil“) der ihm von der Krankenhausverwaltung für die Behandlung von Privatpatienten gezahlten Beträge an die nachgeordneten Ärzte, aufgeteilt nach ihm monatlich übermittelten Excel-Tabellen („Punkteschlüssel“), unabhängig vom Nachweis einer Leistungserbringung im Einzelfall (also pauschal, aber der Ansicht der Generalprokuratur zuwider entgeltlich) weiterzuleiten (US 6, 7, 22 und 29). Die durch das Gutachten zu klärende Frage, ob die Leistungen der nachgeordneten Ärzte während oder außerhalb ihrer Dienstzeit erbracht und im ersteren Fall ohnehin durch ihr Gehalt und den von der Krankenhausverwaltung (jeweils vor Überweisung an den Beschwerdeführer) einbehaltenen „Hausanteil“ (US 8) abgegolten seien, war demnach ohne Entscheidungsrelevanz.
Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert, das Erstgericht habe die Feststellung, der Beschwerdeführer habe am 28. März 2006 eine verbindliche Vereinbarung mit den Vertretern der nachgeordneten Ärzte geschlossen, zu Unrecht auf die Angaben mehrerer Zeugen gestützt, denn diese hätten – der zitierten Begründungspassage zuwider – nicht ein „entsprechendes Pouvoir“ (vgl US 20), sondern lediglich eine Vollmacht der Ärzteschaft zur Verhandlungsführung bestätigt. Damit angesprochene Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt aber nur bei – hier nicht gegebener – unrichtiger Wiedergabe des Inhalts von Beweismitteln vor (RIS‑Justiz RS0099431). Indem der Beschwerdeführer andere Schlussfolgerungen aus isoliert herausgegriffenen Passagen dieser Zeugenaussagen zieht als das Erstgericht, bekämpft er bloß dessen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Weshalb der vom Verteidiger durch Vorlage eines in der Hauptverhandlung verlesenen Schreibens (ON 127 S 17 ff) ins Treffen geführte Umstand, dass dem Beschwerdeführer „die Abfertigung ausbezahlt wurde“, der Feststellung einer verbindlichen Vereinbarung mit den nachgeordneten Ärzten erörterungsbedürftig entgegenstehe (RIS‑Justiz RS0098646), legt die Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) reklamierende Rüge nicht dar.
Ob mit dem von der Krankenhausverwaltung einbehaltenen „Hausanteil“ auch Leistungen von nachgeordneten Ärzten bei der Behandlung von Privatpatienten während der Dienstzeit abgegolten sein sollten, ist nach dem Vorgesagten (über die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die vom „Pool-Anteil“ erfassten Leistungen pauschal zu entlohnen) nicht entscheidend. Im Übrigen hat das Erstgericht seine – dies verneinende – Ansicht entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen nicht (nur) auf Wertungen und Schlussfolgerungen des Zeugen Dr. Bernhard A***** zum Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Krankenhausverwaltung, sondern primär auf den Text deren Schreibens an die Ärztekammer gestützt (US 24). Soweit die Rüge gegen diese Interpretation ihrerseits die – nicht erörterungsbedürftige (RIS‑Justiz RS0097545 [T1], RS0097540) – Auslegung des Vertragsinhalts durch den Zeugen Dr. Helmut Kö***** im arbeitsgerichtlichen Verfahren ins Treffen führt, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung.
Die Höhe des durch das angelastete Verhalten insgesamt verursachten Schadens hat das Erstgericht unmissverständlich festgestellt (US 14: „für den Zeitraum Jänner 2007 bis Dezember 2012 insgesamt rund EUR 407.149,-“ und [vom Beschwerdeführer unbestritten] „für den Zeitraum Jänner bis März von rund EUR 47.313,-“). Begründend hat es sich auf die von Dr. Bernhard A***** durchgeführte Berechnung der Differenz zwischen den tatsächlich vom Beschwerdeführer anhand der (auch nach dessen eigener Verantwortung verwendeten [vgl US 24 iVm ON 120 S 7 f]) Excel-Tabellen an die nachgeordneten Ärzte bezahlten Beträgen und dem sich aus den von der Krankenhausverwaltung für die Behandlung der Privatpatienten dem Beschwerdeführer überwiesenen Arzthonoraren ergebenden 20%igen „Pool-Anteil“ gestützt. Das – nach monatlichen Abrechnungszeiträumen aufgeschlüsselte – Ergebnis dieser Berechnung ist im Urteil in Form einer Tabelle dargestellt (US 12 f). Behauptete Mängel (nominell Z 5 erster, zweiter und dritter Fall) dieser Darstellung, weil die Differenz in keinem der Abrechnungszeiträume mit den Prämissen (Überweisungen der Krankenhausverwaltung an den Beschwerdeführer und daraus sich ergebender 20%iger „Pool-Anteil“) übereinstimme, lassen sich bei genauerer Analyse der Tabelle klarstellend dahingehend auflösen (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 419 und 440), dass die (in den Spalten 1 und 3 der Tabelle angeführten) Prämissen durchgehend um einen Monat versetzt (etwa „Jänner“ statt richtig „Februar“), die tatsächlich an die nachgeordneten Ärzte überwiesenen Beträge und die berechnete Differenz (Spalten 4 und 5) hingegen in den richtigen Monaten erfasst wurden. Davon ausgehend ist die tabellarische Übersicht rechnerisch richtig und stellt – im Verein mit den Erläuterungen und dem Verweis auf die (als glaubwürdig beurteilte) Aussage des Zeugen Dr. Bernhard A***** (US 14 und 24 f) – eine mängelfreie Begründung der Feststellungen zur Schadenshöhe dar. Angesichts deren Höhe betrifft der Einwand unterlassener Berücksichtigung (inhaltlich Z 5 zweiter Fall) eines 20%igen Abzugs „für die Anästhesie“ keine (für die Subsumtionsfrage) entscheidende Tatsache und bedarf daher keiner Erwiderung.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt mit ihrer Argumentation, aus Bestimmungen (insbesondere § 8 Abs 4) der Dienstordnung für Ärzte und Dentisten (kurz: DO.B) über die Erbringung von Dienstleistungen während der Dienstzeit und deren Abgeltung ergebe sich die Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung vom 28. März 2006, weshalb die nachgeordneten Ärzte durch das inkriminierte Verhalten nicht an der Geltendmachung (aus dieser abgeleiteter) berechtigter Ansprüche gehindert worden seien, die gebotene (RIS‑Justiz RS0099810) Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts. Nach diesem hatte der Beschwerdeführer – wie bereits oben dargelegt – den 20%igen „Pool-Anteil“ an die nachgeordneten Ärzte unabhängig vom konkreten Nachweis einer Leistungserbringung (innerhalb oder außerhalb der Dienstzeit) zu zahlen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Zur Entscheidung über die Berufungen waren die Akten vorerst dem hiefür zuständigen Oberlandesgericht zu übermitteln (§ 285i StPO).
Im Recht ist hingegen die gegen den Verfallsausspruch gerichtete Sanktionsrüge (Z 11).
Zunächst unterliegen auch vermögensrechtliche Anordnungen dem Günstigkeitsvergleich (§ 61 StGB). Dieser ist bei Realkonkurrenz (auch bei Subsumtionseinheiten nach § 29 StGB) für jede Tat – vorliegend für nach Tatzeiträumen pauschal zusammengefasste gleichartige Verbrechensmengen – gesondert vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0119545 [insbesondere T7]; 12 Os 107/13x). Das Erstgericht hat 450.000 Euro „gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB“ für verfallen erklärt. Verfall in der Fassung des strafrechtlichen Kompetenzpakets (kurz: sKp [BGBl I 2010/108) gibt es erst seit dem 1. Jänner 2011. Für den Zeitraum davor sah das Gesetz als vergleichbare vermögensrechtliche Maßnahme die Abschöpfung der – nach dem Nettoprinzip zu ermittelnden – (unrechtmäßigen) Bereicherung vor, die zudem nach § 20a Abs 2 Z 3 StGB (idF BGBl I 2004/136) zu unterbleiben hatte, wenn sie das Fortkommen des Bereicherten unverhältnismäßig erschwert oder ihn unbillig hart getroffen hätte, und daher für den Angeklagten insgesamt günstiger war. Da das Erstgericht den (ungünstigeren) Verfall für Vermögenswerte aus während des gesamten Tatzeitraums begangenen, mit Strafe bedrohten Handlungen anordnete, ist dieser Ausspruch schon aus diesem Grund nichtig (Z 11 erster Fall [vgl 17 Os 43/14y, EvBl 2015/78, 521]).
Dem steht nicht entgegen, dass der Verfall – wie der Beschwerdeführer in anderem Zusammenhang einwendet – primär gegenstandsbezogen ist. Ist auch die Anordnung hinsichtlich des Objekts des staatlichen Eingriffs im Grundtyp (§ 20 Abs 1 StGB), der sich nach Abs 2 „auch auf Nutzungen und Ersatzwerte“ erstreckt, gegenstandsbezogen, gilt dies nicht unbedingt für den Anknüpfungstatbestand der Maßnahme, nämlich „Vermögenswerte“. Schon dieser Begriff legt nahe, dass nicht bloß Gegenstände (vgl demgegenüber die auffällig anders formulierten § 19a Abs 1 und § 26 Abs 1 StGB), sondern „alle wirtschaftlichen Vorteile, die in Zahlen ausgedrückt werden können“ (so ausdrücklich schon 13 Os 143/14z; EBRV 918 BlgNR 24. GP , 7; Hinterhofer , Verfall statt Abschöpfung der Bereicherung im österreichischen Recht, in ecolex 2011, 317; Fabrizy , StGB 12 § 20 Rz 2; aA Fuchs/Tipold in WK 2 Vor §§ 19a–20c Rz 16 und § 20 Rz 9, 17, 37, die jedoch ihrerseits in der Kommentierung zur Abschöpfung der Bereicherung den von § 20 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2010/108 verwendeten [auch ihrer Ansicht nach nicht gegenstandsbezogenen] Begriff „Vermögensvorteil“ synonym mit „Vermögenswert“ verwenden [in WK 2 StGB, 49. Lfg {2007}, § 20 Rz 9 f]). Durch mit Strafe bedrohte Handlungen erlangte geldwerte Dienstleistungen sind vom Begriff „Vermögenswerte“ daher ebenso erfasst wie ersparte Aufwendungen oder Nutzungen von Gebrauchsvorteilen (vgl hingegen zum in § 165 Abs 1 StGB verwendeten Begriff „Vermögensbestandteile“ Kirchbacher in WK 2 StGB § 165 Rz 6). Anordnung des – insoweit nicht gegenstandsbezogenen (vgl 15 Os 55/15z, EvBl‑LS 2015/156, 957; 14 Os 147/14w, EvBl 2015/85, 582) – Verfalls kann in diesem Anwendungsbereich nur auf § 20 Abs 3 StGB gestützt werden, dessen Bezugnahme auf Abs 1 sich nach diesem Begriffsverständnis auch mit Blick auf das strafrechtliche Analogieverbot (§ 1 StGB) als unproblematisch erweist (vgl hingegen Fuchs/Tipold in WK 2 StGB § 20 Rz 17). Auf den Grund (im Urteilszeitpunkt) fehlender Sicherstellung oder Beschlagnahme der Vermögenswerte (ob dies also nach deren Beschaffenheit generell nicht in Betracht kommt [vgl EBRV 918 BlgNR 24. GP , 8] oder aus anderen Gründen unterblieben ist) stellt der Wortlaut des Abs 3 übrigens nicht ab. Diese Interpretation entspricht auch dem Gebot zu unionsrechtskonformer Auslegung (vgl Höpfel in WK 2 StGB § 1 Rz 29; RIS-Justiz RS0125352, RS0075866), denn die im Strafgesetzbuch vorgesehenen vermögensrechtlichen Anordnungen dienen nicht zuletzt der Umsetzung internationaler und unionsrechtlicher Vorgaben (EBRV 918 BlgNR 24. GP , 6), etwa des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI des Rates über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen von Straftaten (ABl 2005 L 68), dessen Art 1 unter dem Begriff „Ertrag“ (denkbar weit) jeden wirtschaftlichen Vorteil, der durch Straftaten erlangt wird, versteht. Eine andere vermögensrechtliche Anordnung als der Verfall kommt (nach dem StGB) für die Umsetzung dieser Vorgabe nicht in Betracht. „Vermögenswerte“ sind daher als Überbegriff von „Erträgen“ und „Vermögensgegenständen“ im Sinn dieses Rahmenbeschlusses zu verstehen.
Im Recht ist der weitere Einwand, das Erstgericht habe bei der Verfallsentscheidung entgegen § 20a Abs 2 Z 2 StGB die festgestellte (US 10) Zahlung von 47.313,79 Euro als Gutmachung des aus inkriminierten Handlungen im Zeitraum Jänner bis März 2013 entstandenen Schadens unberücksichtigt gelassen. Nach Abzug dieses Betrags bleibt nach den Urteilsfeststellungen nur ein aus mit Strafe bedrohten Handlungen erlangter Vermögenswert von 407.149 Euro (US 14). Das Erstgericht ist daher bei Anordnung der vermögensrechtlichen Maßnahme von einer falschen Befugnisgrenze ausgegangen (Z 11 erster Fall).
Bleibt anzumerken, dass der auf einem Treuhandkonto des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers durch Drittverbot beschlagnahmte Betrag von 207.361,50 Euro nach den Urteilsannahmen aus Überweisungen der Krankenhausverwaltung in den Monaten September bis Dezember 2013 stammt, demnach vom Tatzeitraum (vgl US 1 und 11) her – den erstgerichtlichen Ausführungen zuwider – (zumindest teilweise) nicht „durch den vom Angeklagten begangenen schweren Betrug erlangt“ wurde (US 30) und daher nicht (zur Gänze) einem Verfall nach § 20 Abs 1 StGB unterliegt, sondern bloß der Sicherung – neben privatrechtlichen Ansprüchen – eines Verfalls nach § 20 Abs 1 und 3 StGB oder einer Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 StGB idF BGBl I 2002/134 dient (vgl § 115 Abs 1 Z 2 und 3 StPO [vgl dazu Tipold/Zerbes , WK‑StPO § 115 Rz 8]).
Das Verfallserkenntnis war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichts Linz zu verweisen (§ 445 Abs 2 StPO; zur Delegierungsbefugnis an den Einzelrichter vgl RIS-Justiz RS0100271 [insbesondere T13]). Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst hatte schon deshalb noch nicht einzutreten (§ 285e StPO), weil das Erstgericht mit Blick auf eine (teilweise) in Betracht kommende Abschöpfung der Bereicherung keine Feststellungen zu – vom Beschwerdeführer zumindest in Form einer Versteuerung an ihn von der Krankenhausverwaltung überwiesener Beträge behaupteten (vgl Fuchs/Tipold in WK 2 , 49. Lfg [2007], § 20 Rz 54 ff) – Aufwendungen getroffen hat.
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Schöffensenats vom 7. April 2016 (ON 142), mit dem der Antrag auf Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung abgewiesen wurde, bezieht sich auf Vorgänge oder Umstände (angeblich unvollständige Wiedergabe einer Zeugenaussage), die nicht im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde als Urteilsanfechtungsgründe geltend gemacht werden. Sie ist damit – ohne einer inhaltlichen Erwiderung zu bedürfen – erledigt (RIS-Justiz RS0126057 [T1 und T2]).
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