Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und die Privatbeteiligten Rudolf M***** und Johann W***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus N***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt (1 und 2).
Danach hat er gewerbsmäßig
(1) „im Zeitraum Jänner 2006 bis September 2009 in D***** und anderen Orten in Vorarlberg als Geschäftsführer der R***** GmbH in bewusstem und gewolltem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem aus dem Grund des § 11 StGB außer Verfolgung gesetzten Dieter D***** teilweise unter Verwendung ihres Vermittlernetzes mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die in den Listen Beilage ./A und Ergänzung zur Beilage ./A der Anklageschrift, welche einen integrierenden Bestandteil des Urteils bilden, angeführten Kapitalanleger durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorgabe, sie würden die entsprechenden 'Darlehensbeträge‘ einer - nicht bereits im Jahre 2006 überschuldeten - Gesellschaft, nämlich der R***** GmbH zur gewinnbringenden Veranlagung unter anderem in Devisengeschäfte überlassen, deren Buchführung nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erfolgt und bei der das überlassene Fremdkapital ordnungsgemäß verbucht und dessen Verwendung anhand von Rechnungen und Belegen lückenlos nachvollzogen werden kann, sowie unter Vortäuschung der erwirtschafteten monatlichen Gewinne, welche über eine eigens dafür eingerichtete Website tagesaktuell im Internet abgefragt werden können, zu Handlungen verleitet, nämlich zur Unterfertigung von Darlehensverträgen, zur Einzahlung, Aufstockung und dem Stehenlassen der Darlehensbeträge, die diese oder einen anderen am Vermögen schädigten, wobei er durch die Tat einen EUR 50.000,-- übersteigenden Schaden herbeiführte, nämlich einen Schaden in Höhe von Euro 3.127.805,37 laut der dem Urteil angehängten Listen (Beilage ./A und Ergänzung zur Beilage ./A), welche einen integrierenden Bestandteil des Urteils bilden“;
(2) „im Zeitraum 20. 6. 2008 bis 24. 10. 2008 in D***** und anderen Orten Vorarlbergs als wirtschaftlich Berechtigter der No***** GmbH in bewusstem und gewolltem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem aus dem Grund des § 11 StGB außer Verfolgung gesetzten Dieter D***** unter Verwendung ihres Vermittlernetzwerkes mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Ingeborg B***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorgabe, die Firma No***** GmbH habe den Generalvertrieb für ein patentiertes Produkt zur Einsparung des Dieselverbrauchs bei Elektroaggregaten aus Deutschland und würden die entsprechenden 'Darlehensbeträge‘ für den Erwerb dieses Produkts benötigt, zu Handlungen verleitet, nämlich zur Unterfertigung von Darlehensverträgen und zur Einzahlung der Darlehensbeträge, die diese oder einen anderen in der Höhe von EUR 20.000,-- am Vermögen schädigten“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 (lit a) und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt.
Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer beiden Schuldsprüchen anhaftende Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) auf.
Zum Schuldspruch 1 ging das Erstgericht im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Ende 2005/Anfang 2006 habe der Beschwerdeführer Geld für die „finanziell schwer angeschlagene“ R***** GmbH auftreiben wollen. Dieter D***** habe für ihn den Kontakt zu einem Devisenhändler hergestellt; im „Zuge dieser Gespräche entstand die Idee, dass die R***** GmbH mit Darlehensverträgen zu Geldern gelangen könnte“ (US 4 f).
Der Beschwerdeführer habe daraufhin einen (Muster-)Vertrag entworfen, dieser sei - von wem blieb ungeklärt - mehrfach in wesentlichen Punkten abgeändert worden. So hätten erst die späteren Fassungen (ab Juni 2007) eine Garantie von „100 % des eingesetzten Kapitals“ und vorübergehend auch eines bestimmten Ertrags „von 5 %“ enthalten. Im Punkt 1 des schriftlichen Vertragstextes wurde (offenbar in sämtlichen Fassungen) ausdrücklich festgehalten, dass „die gesamte Darlehenssumme“ „dem Darlehensnehmer ohne Zweckbindung zur freien Verfügung“ stehen soll (US 5 f).
In den meisten Fällen hätten Dieter D***** und der Beschwerdeführer von Vermittlern bar kassierte Anlegergelder entgegengenommen und von den Kunden bereits unterfertigte (standardisierte) Darlehensverträge für die genannte Gesellschaft gegengezeichnet. Dieter D***** sei für diese zwar nicht zeichnungsberechtigt gewesen, jedoch nach außen als gleichberechtigter Geschäftspartner des Beschwerdeführers aufgetreten und habe selbst über einen Firmenstempel verfügt. Er habe überdies die Internetplattform E***** initiiert und den Inhalt der Homepage maßgeblich bestimmt. Während des Großteils des Tatzeitraums seien dort über seine Anweisung Daten von Kunden erfasst worden. Für diese sei zudem über eine Zugangsberechtigung eine Abfragemöglichkeit betreffend „den aktuellen Stand“ des „angelegten Kapitals und des erzielten Gewinns“ geschaffen worden. Tatsächlich habe es sich bei den dort ausgewiesenen Gewinnen um „reine Fantasiezahlen“ gehandelt. Durch diese Homepage seien Anleger von der vermeintlichen Rentabilität überzeugt und dadurch „zur Investition veranlasst bzw bestehende Anleger zur Aufstockung bzw zum Stehenlassen ihres eingebrachten Kapitals verleitet“ worden. Der Beschwerdeführer habe von der Unrichtigkeit der Inhalte dieser Homepage gewusst (US 6 ff).
Dieser habe den Vermittlern und Kunden die finanziellen Schwierigkeiten der R***** GmbH verschwiegen. Vermittler und Anleger seien zudem (fälschlich) davon ausgegangen, dass bei dieser Gesellschaft „die Buchführung“ „nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben“ erfolge und die gegenständlichen Darlehensgelder als Fremdkapital verbucht würden. Der Beschwerdeführer und Dieter D***** hätten die Opfer durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die genannte Gesellschaft würde erfolgreiche Projekte durchführen und sei „in der Lage und willens, die auf der Homepage ausgewiesenen Gewinne samt Kapital auszuzahlen“, in die Irre geführt und zu selbstschädigenden Handlungen verleitet (US 8 f).
Der Großteil der von den Kunden kassierten Darlehensbeträge sei an den Beschwerdeführer weitergeleitet worden. Zum geringeren Teil habe Dieter D***** Beträge - wiederum mit Billigung des Beschwerdeführers - für „seine Projekte“ einbehalten (US 9). Die genaue Verwendung der von den Opfern investierten Gelder haben die Tatrichter nicht festgestellt. Sie gingen allerdings davon aus, dass ein (nicht quantifizierter) Teil tatsächlich (wie den Kunden versprochen) in Devisenhandel und Immobilienprojekte - wenngleich ohne Gewinn - investiert worden sei. Ansonsten seien mit diesen Mitteln unter anderem Reisen für Vermittler sowie Fahrzeuge und zum Teil der Lebensunterhalt für Dieter D***** und den Beschwerdeführer finanziert worden (US 11 f).
Wenn Kunden Auszahlungen ihres Investments verlangt hätten, seien diese nur nach Rücksprache mit dem Beschwerdeführer und zwar aus von anderen Opfern eingezahlten Mitteln erfolgt. Ein Großteil der Auszahlungen habe nur das eingesetzte Kapital oder Teile davon (nicht jedoch die fälschlich ausgewiesenen Gewinne) umfasst (US 10).
Zur subjektiven Tatseite konstatierten die Tatrichter, dem Beschwerdeführer sei „vollkommen klar“ gewesen und er habe gewollt, dass die Anleger durch Täuschung über die genannten Tatsachen (schlechte wirtschaftliche Situation der R***** GmbH, Fehlen gewinnbringender Projekte, unrichtige Gewinnzahlen auf der Homepage, keine ordnungsgemäße Buchführung und damit keine Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung) „zur Einzahlung, Aufstockung und dem Stehenlassen der Darlehensbeträge verleitet wurden“. Sein Vorsatz sei auf die Höhe des den Opfern entstandenen Schadens und auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtet gewesen (US 19 f); überdies habe er „die schweren Betrügereien“ in gewerbsmäßiger Absicht begangen (US 21).
Feststellungen zu den einzelnen Vertragsabschlüssen finden sich in zwei „einen integrierenden Bestandteil des Urteils bildenden“ (vgl US 2 und 33) Listen, in welchen im Wesentlichen die Namen der Opfer, der für die R***** GmbH aufgetretenen Vermittler, jeweils die investierte Summe und der entstandene Schaden - nicht aber Tatzeiten (also etwa das Datum der Vertragsabschlüsse) oder Tatmodalitäten - schlagwortartig angeführt sind (US 36 ff).
Rechtlich ging das Schöffengericht davon aus, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines „bewussten und gewollten Zusammenwirkens“ mit Dieter D***** auch dessen „Tatbeiträge“ zuzurechnen seien, weil nicht jeder der „mit verteilten Rollen handelnden Mittäter“ selbst „das gesamte Tatbild verwirklichen“ müsse (US 34 f).
Zum Schuldspruch 1:
Die Rechtsrüge („Z 9“, gemeint: Z 9 lit a) macht zum Schuldspruch 1 im Ergebnis zutreffend geltend, dass die Feststellungen die rechtliche Annahme, der Beschwerdeführer habe als unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB) die Täuschung (sämtlicher) der in den genannten Listen angeführten Opfer und deren dadurch verursachte selbstschädigende Investitionen im Gesamtausmaß von mehr als 3,1 Millionen Euro zu verantworten, nicht tragen.
Unmittelbare (Mit-)Täterschaft setzt beim Betrug nämlich voraus, dass der Beteiligte - allenfalls in Form arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit anderen - selbst (in irgendeiner Phase der Tat bis zu deren Vollendung) Ausführungshandlungen setzt, insbesondere also dem Opfer gegenüber durch eigene Täuschungshandlungen in Erscheinung tritt (RIS-Justiz RS0089399 und 14 Os 15/94; vgl allgemein zur Voraussetzung einer dem Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung bei Mittäterschaft im Sinn des § 12 erster Fall StGB RIS-Justiz RS0117320, RS0089835; 12 Os 21/06i; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 26 bis 33; Fuchs, AT I8 33/1 ff, 11 bis 13 und 19 f; Kienapfel/Höpfel/Kert, AT I14 E 3 Rz 5 und 10 bis 13). Dabei genügt es, wenn das Opfer tatplangemäß infolge Weitergabe tatsachenwidriger Behauptungen durch (gutgläubige) Mittelsmänner getäuscht wird (RIS-Justiz RS0094550 [T2], RS0089453; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 8). Betrug ist mit Eintritt des Vermögensschadens vollendet, vorliegend zumeist durch Übergabe der Darlehensbeträge (in wenigen Fällen auch durch deren Überweisung) durch die Opfer ohne entsprechendes Äquivalent (vornehmlich in Form einer werthaltigen Forderung gegen die R***** GmbH [Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 66 ff und 130; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 146 Rz 146 und 174; vgl RIS-Justiz RS0094458, RS0094263]).
Den Feststellungen zufolge wurde der Großteil der inkriminierten Verträge „von Dieter D***** bzw Vermittlern, mit denen er zusammenarbeitete, abgeschlossen“. Die dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angelastete Entgegennahme dieser (von anderen abgeschlossenen) Verträge und inkassierter Beträge (US 8 f) erfolgte daher jeweils nach Vollendung des Betrugs und stellte somit gerade keine Ausführungshandlung desselben mehr dar, weshalb insoweit unmittelbare Täterschaft ausscheidet.
Aus den dem Urteil angeschlossenen Listen geht hervor, dass der Beschwerdeführer nur in zehn von mehr als 200 Fällen allein oder gemeinsam mit anderen Vermittlern unmittelbar gegenüber Opfern durch Beratungstätigkeit oder Entgegennahme des von diesen investierten Bargeldes aufgetreten ist. Ob und gegebenenfalls in welchen Fällen er darüber hinaus, etwa durch (zumindest tatplangemäß über Mittelsmänner erfolgte) Täuschungen, Ausführungs-handlungen gesetzt hat, ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen (vgl US 8 f).
Selbst im Zusammenhang mit diesen wenigen Fällen, hinsichtlich derer dem Urteil eine Beteiligung (§ 12 erster Fall StGB) des Beschwerdeführers vor Tatvollendung hinreichend deutlich zu entnehmen ist, fehlt eine den Schuldspruch tragende Sachverhaltsgrundlage. Denn nach den zuvor wiedergegebenen Konstatierungen ist nicht auszuschließen, dass gerade die aus diesen Verträgen resultierenden Beträge (vereinbarungsgemäß) investiert wurden (vgl US 11). In diesem Zusammenhang ist angesichts des Fehlens von Feststellungen zu den einzelnen Tatzeitpunkten auch von Bedeutung, dass für vor diesen Investitionen abgeschlossene Verträge offen bleibt, ob und wodurch (auch diese) Opfer über den (letztlich ausgebliebenen) wirtschaftlichen Erfolg der damit verfolgten Projekte getäuscht wurden. Ob der Beschwerdeführer gerade in diesen Fällen „bestehende Anleger zur Aufstockung bzw zum Stehenlassen“ ihrer Investitionen durch (ihm zwar bekannte, aber nicht von ihm veranlasste) irreführende Inhalte der Internetplattform E***** verleitete, haben die Tatrichter ebenso wenig konstatiert.
Im Übrigen ist den Entscheidungsgründen auch nicht zu entnehmen, inwiefern der Beschwerdeführer den von der R***** GmbH mit Manfred Do*****, der „im Finanzsektor als erfolgreicher Devisenhändler bekannt“ gewesen sei (US 4), in nicht quantifiziertem Ausmaß tatsächlich durchgeführte Devisenhandel (von vornherein) als Fehlinvestition erkannt und Kunden darüber getäuscht habe.
Im Hinblick auf das dem Beschwerdeführer weiters angelastete Verschweigen für die Vertragsabschlüsse maßgeblicher Umstände (vgl US 8) käme Strafbarkeit - ohne Einbettung in ein auch (nach dem zuvor Gesagten nicht hinreichend festgestellte) aktive Elemente umfassendes Gesamtverhalten - nur unter den Voraussetzungen des § 2 StGB (Garantenstellung und rechtliche Gleichwertigkeit) in Betracht (vgl Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 22 ff; RIS-Justiz RS0094297), wozu entsprechende Konstatierungen fehlen. Insbesondere zur Gleichwertigkeit des Verschweigens der Bonität der R***** GmbH hätte es im Hinblick auf den (zuvor wiedergegebenen) Inhalt des vom Beschwerdeführer entworfenen Mustervertrags, der in der ursprünglichen Fassung keinerlei Kapital- oder Ertragsgarantie enthielt, einer sachverhaltsmäßigen Klärung bedurft. Auf Basis welcher Vertragsversion die einzelnen Geschäftsabschlüsse erfolgten, blieb (mangels Feststellungen zu den Tatzeitpunkten) ungeklärt.
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Urteilssachverhalt auch nicht für die Annahme einer der (rechtlich gleichwertigen) Täterschaftsformen der Bestimmung oder des Beitrags (§ 12 zweiter oder dritter Fall StGB) zum Betrug ausreicht: Konkrete Feststellungen zu Bestimmungs- oder Beitragshandlungen des Beschwerdeführers, etwa dazu, ob und in welcher Form dieser den von ihm entworfenen schriftlichen Darlehensvertrag zur Verfügung stellte und sich dies auf die Begehung von Betrügereien durch andere auswirkte, fehlen. Letzteres wäre gerade im Hinblick auf die Urteilsfeststellungen zu Punkt 1 dieses Vertrags (das Fehlen jeglicher Zweckbindung) erforderlich gewesen, weil - hievon ausgehend - Täuschungen über einen (für die Opfer maßgeblichen) besonderen Verwendungszweck (etwa „erfolgreiche Projekte“ [vgl US 9]) nur in mündlichen Zusicherungen erfolgen konnten. Konstatierungen dazu, ob der Beschwerdeführer Dieter D***** und den übrigen Vermittlern eine Unterstützung nach Tatvollendung im Sinn eines (kausalen) psychischen (intellektuellen) Beitrags zugesagt hat, fehlen ebenfalls (zum Ganzen RIS-Justiz RS0090508, RS0090384; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 89 f). Auch von einer den Taten förderlichen Entgegennahme der - bereits von anderen kassierten - Beträge kann hier keine Rede sein (vgl Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 134).
Zum Schuldspruch 2:
Deutlich genug zeigt die Rechtsrüge auch zum Schuldspruch 2 einen Rechtsfehler mangels Feststellungen auf (Z 9 lit a), denn die im Wesentlichen verwendete Formulierung, der Beschwerdeführer „täuschte“ das Opfer dahingehend, das von diesem „veranlagte Kapital für den Ankauf eines patentierten Produkts zur Einsparung des Dieselverbrauches bei Elektroaggregaten zu benötigen, tatsächlich bezahlte er mit dem Geld aber diverse andere Rechnungen“ (US 20), bringt eine tatbestandsmäßige Täuschung nicht hinreichend zum Ausdruck. Aus der nachträglichen, vereinbarungswidrigen Verwendung der Darlehensbeträge ergibt sich - in Zusammenhalt mit den weiteren, gerade nicht in diese Richtung weisenden Konstatierungen (US 20 f) - nämlich nicht, dass der Beschwerdeführer dies schon ursprünglich (im Tatzeitpunkt) vorgehabt und das Opfer gerade darüber (vorsätzlich) in die Irre geführt habe.
Zudem lassen die Entscheidungsgründe auch in diesem Zusammenhang offen, welche Ausführungshandlungen dem Beschwerdeführer konkret in jenen zwei (von drei) Fällen, in welchen die Verträge von Michael G***** vermittelt und von Dieter D***** gegengezeichnet wurden, zur Last gelegt wurden (vgl US 20).
Es war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - der gesamte Schuldspruch (1 und 2) schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben (§ 285e StPO). Demnach konnten auch der Strafausspruch und die Aussprüche über die privatrechtlichen Ansprüche keinen Bestand haben (vgl RIS-Justiz RS0101303).
Auf diese Entscheidung waren der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und die Privatbeteiligten Rudolf M***** und Johann W***** mit ihren Berufungen zu verweisen.
Bleibt zur Vermeidung weiterer Fehler im zweiten Rechtsgang anzumerken:
1. Eine tabellarische Zusammenfassung von Feststellungen zu den einzelnen Taten in Form von dem Urteil angeschlossenen Listen stellt nur dann eine taugliche Sachverhaltsgrundlage (für einen Schuldspruch) dar, wenn darauf in den Entscheidungsgründen unmissverständlich verwiesen wird (vgl etwa die unklaren Ausführungen zur Schadenshöhe auf US 18 f) und solcherart im Zusammenhalt mit den Konstatierungen zur allgemeinen Vorgangsweise eine ausreichende tatsächliche Basis für die Prüfung des Vorliegens sämtlicher Tatbestandselemente (und sonstiger Strafbarkeitsvoraussetzungen) in jedem (individualisierten und daher rechtlich selbständigen [vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 568]) Einzelfall gewährleistet ist.
2. Sollte sich eine Beteiligung des Beschwerdeführers am Betrug nicht erweisen, wäre die Möglichkeit eines Schuldspruchs wegen Hehlerei nach § 164 StGB oder Geldwäscherei nach § 165 StGB in Erwägung zu ziehen und dabei die Problematik der Abgrenzung dieser Tatbestände zu beachten (vgl RIS-Justiz RS0095576, RS0121296; Kirchbacher in WK2 StGB § 164 Rz 7 und 42). Bei vereinbarungswidriger Verwendung der von - darüber zuvor nicht getäuschten - Anlegern übergebenen Beträge kommt Veruntreuung nach § 133 StGB in Betracht (vgl RIS-Justiz RS0094589, Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 140; Bertel in WK2 StGB § 133 Rz 52 ff). Gegebenenfalls werden in diesem Zusammenhang die Bindung an den von der Anklage umfassten Sachverhalt (§ 267 StPO) und die Informationspflicht des § 262 StPO zu beachten sein (RIS-Justiz RS0113755).
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