OGH 14Os15/94

OGH14Os15/9417.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gründl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Margarethe L* wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils - überwiegend in Form der Bestimmungstäterschaft begangenen - versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und §§ 15, 12 2. Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 22. November 1993, GZ 39 Vr 1849/92-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0140OS00015.9400000.0517.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Angeklagte wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Margarethe L* des Verbrechens des teils vollendeten (B/I), teils versuchten (A und B/II) - und insoweit überwiegend (A) in Form der Bestimmungstäterschaft begangenen - schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und §§ 15, 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie

A) im September/Oktober 1991 in I*/B*/L* die Johanna und den Friedrich R* durch Aufforderung dazu zu bestimmen versucht, "im gemeinsamen Zusammenwirken" mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von (im Spruch angeführten) Bankinstituten unter Vorgabe ihrer Behebungsberechtigung, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auflösung von insgesamt acht (zu A/1/a und b bis /7 bezeichneten) Sparbüchern aus der Verlassenschaft nach dem am 9. September 1991 verstorbenen Matthias L* und Auszahlung der Spareinlagen zu verleiten;

B) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte nachstehender Kreditinstitute durch die Vorspiegelung ihrer Behebungsberechtigung, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung von Spareinlagen aus der zu

A) bezeichneten Verlassenschaft

I. verleitet, und zwar zwischen September 1991 und Jahresbeginn 1992 in B*/I* Angestellte der Sparkasse der Stadt Innsbruck

1. hinsichtlich des Sparkontos Nr 011-737558 zur Auszahlung von 98.211,11 S;

2. hinsichtlich des Sparkontos Nr 0010271088 zur Auszahlung von 406.070,32 S;

II. zu verleiten versucht, und zwar am 28. Oktober 1991 in Salzburg Angestellte der Bank für Arbeit und Wirtschaft hinsichtlich des Sparkontos Nr 66820-013-728 zur Auszahlung von 1.000 S,

wobei der tatsächlich eingetretene (B/I) und der von ihr angestrebte (A, B/II) Schaden den Betrag von 500.000 S insgesamt überstiegen hat.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Aus deren Anlaß vermochte sich der Oberste Gerichtshof zunächst davon zu überzeugen (§ 290 Abs 1 StPO), daß der Schuldspruch zu A) zum Nachteil der Angeklagten mit materiellrechtlicher Nichtigkeit behaftet ist (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO), die von ihr nicht geltend gemacht wurde.

Nach den diesem Teil des Schuldspruchs zugrunde liegenden Feststellungen lag der inkriminierte Bestimmungsversuch der Angeklagten darin, Johanna und Friedrich R* zur Bekanntgabe der diesen, nicht aber der Angeklagten bekannten Losungsworte der in A/1/a und b bis /7 angeführten vinkulierten Sparbücher zu bewegen, um "gemeinsam mit ihr die Sparbücher bei den jeweiligen Bankinstituten zu realisieren und sodann den Erlös unter Umgehung der übrigen Erbberechtigten zu teilen" (US 8). Der Inhalt des Bestimmungsgespräches wird an anderer Stelle des Urteils dahin wiedergegeben, daß die Angeklagte den Eheleuten R* angeboten habe, "mit ihnen halbe-halbe zu machen und die Sparbücher aufzuteilen"; sie habe gesagt: "Ihr habt die Losungsworte, ich habe die Sparbücher" (US 14).

Diesen Konstatierungen kann jedoch auch unter Berücksichtigung der im Spruch verwendeten Pauschalbeschreibung eines "gemeinsamen Zusammenwirkens" nicht entnommen werden, ob und in welcher Form Johanna und Friedrich R* über die Bekanntgabe der zur Realisierung der Sparguthaben benötigten Losungsworte hinaus nach dem Tatplan der Angeklagten auch bei der Täuschung der Bankangestellten über die Tatsache der Abhebungsberechtigung tätig werden sollten.

Dieser Frage kommt indes entscheidende Bedeutung zu:

Lag der Angeklagten nämlich nur daran, die Losungsworte zu erfahren und wollte sie mit deren Kenntnis in der Folge die Realisierung der Sparguthaben ohne weitere Mitwirkung des Ehepaares R*, wenngleich gegen deren Beteiligung am Realisat, allein herbeiführen, dann zielte die ihr angelastete Einflußnahme, gemessen an der im Wortlauttatbestand (Kienapfel AT4 E 3 RN 5, 10) des § 146 StGB als Tathandlung beschriebenen Täuschung über Tatsachen nicht darauf ab, die Ehegatten Johanna und Friedrich R* zur Ausführung der Betrugstat zu bewegen, sondern lediglich auf die Erwirkung eines Tatbeitrages hiezu, nämlich der Zurverfügungstellung eines Täuschungsmittels. Die vorsätzliche Veranlassung eines anderen zur Leistung eines sonstigen Tatbeitrages (§ 12 dritter Fall StGB) ist aber begrifflich keine Bestimmung im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB, denn darnach ist Bestimmungstäter nur derjenige, der einen anderen dazu bestimmt, die strafbare Handlung auszuführen, also die tatbestandsmäßige Ausführungshandlung ganz oder zumindest teilweise vorzunehmen, mithin nicht auch derjenige, der einen anderen bloß zu einer Handlung bewegen will, die die Tatausführung fördern soll (vgl insb die Definitionen des Bestimmungsversuchs bzw der Bestimmung zum Versuch bei Kienapfel AT4 E 6 RN 14, 19, die als Adressaten der Bestimmungshandlung ausschließlich den unmittelbaren Täter nennen).

Einem solchen Verständnis der Bestimmungstäterschaft steht nicht entgegen, daß nach der Regelung des § 12 StGB jeder an einer strafbaren Handlung Beteiligte, also auch der Beitragstäter, die strafbare Handlung "begeht". Denn der umfassendere Begriff der "Begehung" ist in diesem Zusammenhang von dem zur Abgrenzung der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB verwendeten Begriff der "Ausführung" strikt zu unterscheiden. Demnach kann der mit dem erwähnten einheitstäterschaftlichen Argument begründeten Auffassung, wonach die veranlaßte Handlung nicht die Kriterien der unmittelbaren Täterschaft erfüllen muß und daher grundsätzlich auch zu einer Beitragstäterschaft bestimmt werden kann (Triffterer, Die österreichische Beteiligungslehre, 73) nicht gefolgt werden.

Wenngleich also eine "Bestimmung" zu einem sonstigen Tatbeitrag aus dem Begriff der Bestimmungstäterschaft im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB ausscheidet, so kann die Veranlassung zur Leistung eines Tatbeitrages doch ihrerseits unter der Generalklausel des § 12 dritter Fall StGB erfaßt werden, weil auch dadurch letztlich die Tatausführung des unmittelbaren Täters gefördert wird. Zum selben Ergebnis kommt übrigens Triffterer selbst, wenn er unter Zurückstellung seines dogmatischen Ansatzes aus kriminalpolitischen Erwägungen vorschlägt, die Veranlassung eines anderen zur Leistung eines Tatbeitrages nicht als Bestimmungstäterschaft, sondern ihrerseits als Beitragstäterschaft einzuordnen, wäre doch sonst schon die versuchte Verleitung zu einem Tatbeitrag strafbar, obwohl sie noch weniger Verbindung zur Tatbildverwirklichung aufweist als die Beitragshandlung selbst (AT4, 404). Damit wird aber die Veranlassung einer Beitragshandlung (als indirekter Tatbeitrag) - wie jeder Tatbeitrag - erst mit dem Eintritt des unmittelbaren Täters in das Versuchsstadium strafbar (§ 15 Abs 2 StGB).

Insoweit ergibt sich freilich für den unmittelbaren Täter, der einen anderen zur Leistung eines Tatbeitrages verleitet, ein entscheidender Unterschied. Auch dann, wenn der verlangte Tatbeitrag geleistet wird und der solcherart um die Förderung der eigenen Tat bemühte unmittelbare Täter in das Versuchsstadium eintritt, kann die Veranlassung des geleisteten Tatbeitrages ihm nicht gesondert (als Beitrag zur eigenen Tat) als strafbar zugerechnet werden, vielmehr ist sie durch die Bestrafung des Ausführungsversuches zufolge materieller Subsidiarität (Leukauf-Steininger Komm3 § 28 RN 68) mitabgegolten und wirkt in diesem Rahmen nur als Erschwerungsgrund (§ 33 Z 4 StGB). In diesem Sinne ist daher die Auffassung über die grundsätzliche Straflosigkeit der "erfolglosen Anwerbung von Komplizen" (vgl SSt 47/15 ua), also zu einer Tat, an der der Anwerbende in irgendeiner Form selbst mitwirken will, nur in bezug auf die Anwerbung eines Beitragstäters (Gehilfen) zutreffend. Für die hier allenfalls aktuell werdende Variante der erfolglosen Bewerbung um einen Mittäter hingegen kann dieser Rechtssatz - wie noch im folgenden zu untersuchen sein wird - keine Geltung beanspruchen.

Aus dem bisher Gesagten folgt zunächst, daß die Angeklagte Margarethe L* dann, wenn sie von den Eheleuten R* nur das Losungswort in Erfahrung bringen, sie im übrigen aber ihrem Tatplan gemäß die Täuschung der Bankbeamten allein ausführen wollte, nicht strafbar wäre. Ihr vergebliches Bemühen um Unterstützung seitens Johanna und Friedrich R* wäre - von ihrem Standpunkt als unmittelbare Täterin gesehen - in der Tat nur eine straflose Vorbereitungshandlung.

Anders verhielte es sich hingegen, wenn der Vorsatz der Angeklagten tatplangemäß darauf gerichtet war, Johanna und/oder Friedrich R* zur Tatausführung selbst, also nicht nur zur Leistung eines Tatbeitrages durch Mitteilung der Vinkulierungsklauseln, sondern auch zur unmittelbaren Mitwirkung an der Irreführung der Bankangestellten über ihre Bezugsberechtigung durch (allenfalls arbeitsteilige) Täuschungshandlungen zu bestimmen, sie also die Genannten zur Mittäterschaft überreden wollte. Darin läge zwar ein - wie sich aus dem Urteilssachverhalt ergibt - mißlungener, nach § 15 Abs 2 iVm § 16 Abs 1 StGB mangels Freiwilligkeit der Aufgabe aber gleichwohl strafbarer Versuch der Bestimmung zum Betrug, woran auch die geplante eigene Mitwirkung der Angeklagten an der Tatausführung nichts zu ändern vermag, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt:

Die noch unter der Herrschaft des alten Strafgesetzes ergangene Judikatur hatte die versuchte Anwerbung von Tatgenossen zu einer Tat, an der der Anwerbende selbst mitwirken will, aus der Anstiftung begrifflich von vornherein ausgeschlossen und demgemäß in einem solchen Verhalten nicht den Versuch einer Verleitung zur Begehung einer strafbaren Handlung im Sinne des § 9 StG erblickt. Nach der damals vertretenen Auffassung gehörte es zum Wesen der versuchten Verleitung, daß der Anstifter darauf abzielt, einen anderen zu veranlassen, daß er sich zu der Übeltat entschließe und sie ausführe, ohne daß der Verleitende selbst sich an der Tat beteiligt (RZ 1937, 433 = SSt 17/104; SSt 22/73; vgl Malaniuk I, 252). Im alten Strafrecht hatte dies für den Anstiftenden im allgemeinen aber keinen Entlastungseffekt, weil schon in der versuchten Anwerbung von Tatgenossen eine versuchte Ausführung der Tat selbst, also Versuch nach § 8 StG angenommen wurde (SSt 17/104 = RZ 1937, 433; SSt 22/73; RZ 1956, 56; EvBl 1962/101; SSt 44/13 = EvBl 1973/224 = RZ 1973/155 = JBl 1973, 432; EvBl 1974/293; vgl Zipf, Probleme der versuchten Bestimmung zu einer Straftat in RZ 1980, insb 143 ff = StPdG 8 (1980), 152 ff). Im neuen Recht mußte eine solche Lösung unvertretbar werden, da im Anwerbungsversuch von Tatbeteiligten in aller Regel noch keine der Tatausführung unmittelbar vorangehende Handlung (§ 15 Abs 2 StGB) gesehen werden konnte. Demgemäß hat die Rechtsprechung ab 1975 - wie schon erwähnt - das "erfolglose Anwerben von Komplizen" allgemein als straflose Vorbereitungshandlung beurteilt und nur für den eher seltenen Fall der Ausführungsnähe Strafbarkeit wegen des Versuches der Tat selbst (SSt 47/15, 9 Os 117/75, 12 Os 107/82), bei Komplottdelikten hingegen Komplottversuch angenommen (12 Os 51/83, ÖJZ-LSK 1977/61 = 10 Os 140/76; vgl Mayerhofer-Rieder StGB3 E 3 zu § 277).

Schon Zipf (aaO) hat allerdings darauf hingewiesen, daß § 12 StGB keineswegs zur begriffsmäßigen Ausklammerung des Anwerbens von "Tatgenossen" von der Bestimmungstäterschaft zwingt. Tatsächlich bietet der Wortlaut des § 12 StGB keine Handhabe dafür, von der Bestimmungstäterschaft jenen auszuschließen, der sich selbst an der Tat (als unmittelbarer Täter oder als Beitragstäter) beteiligen will und dazu einen anderen als unmittelbaren (Mit‑)Täter anwirbt. Das Gesetz stellt nur auf die Bestimmung eines anderen zur Ausführung der strafbaren Handlung (als unmittelbarer Täter) ab und differenziert nicht dahin, ob dieser andere als Alleintäter (mit Unterstützung des Bestimmenden durch einen sonstigen Tatbeitrag) oder als Mittäter (gemeinsam mit dem Bestimmenden) handeln soll. Entscheidend für die Bestimmungstäterschaft ist insoweit nur, daß der Bestimmende vorsätzlich im anderen den Entschluß zur Ausführung einer hinreichend konkretisierten Tat wecken will (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 28,29,33; Kienapfel AT4 E 4 RN 9, 12; Triffterer AT2, 402 ff). Auf seine allenfalls mitgeplante eigene Mitwirkung kommt es dabei nicht an (Zipf aaO, 144 bzw 155; so schon OGH vom 30. November 1978, 12 Os 125/78 nv). Es ist auch durchaus nicht einzusehen, daß die versuchte Bestimmung eines anderen gerade dann straflos sein sollte, wenn sich der Bestimmende selbst an der strafbaren Handlung beteiligen will, während er sich strafbar macht, wenn seine kriminelle Energie zu eigener Mitwirkung nicht ausreicht und er sich deshalb auf die Bestimmung des unmittelbaren Täters beschränkt. Der Strafgrund für die Bestimmungstäterschaft, nämlich die rechtlich mißbilligte gezielte Einflußnahme auf den Willen eines anderen, der zur Tatausführung jedenfalls noch nicht fest entschlossen ist, ist in beiden Fällen gleichermaßen gegeben. Das erfolglose Anwerben von "Komplizen", die sich an der angesonnenen Tat als unmittelbare Täter beteiligen sollen, ist daher trotz geplanter Beteiligung des Anwerbenden strafbarer Bestimmungversuch im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB. Soweit dies die frühere Rechtsprechung generell ausgeschlossen hat (insb SSt 47/15), kann sie nicht aufrecht erhalten werden.

Freilich muß in diesem Zusammenhang - wenngleich hier nicht aktuell - besonders darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Suche nach Mittätern und die dazu erforderlichen Kontakte mit diesen sich im tatsächlichen Bereich von der Verabredung der gemeinsamen Ausführung einer strafbaren Handlung oft schwer unterscheiden lassen. Da eine solche Verabredung aber nur bei bestimmten Delikten als verbrecherisches Komplott nach § 277 StGB strafbar ist, können sich auf der Sachverhaltsebene Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Bestimmungsversuch (der bei jedem Delikt möglich ist) und bloßer Verabredung (die nur bei Komplottdelikten strafbar ist) ergeben. Mit Recht betont daher Zipf (aaO) die Notwendigkeit, die versuchte Bestimmung in diesen Fällen auf eindeutig faßbare Bestimmungshandlungen zu beschränken und keinesfalls jedes innerhalb einer Deliktsverabredung feststellbare gegenseitige Anstacheln und Unterstützen, das mit der daraus resultierenden gefährlichen gegenseitigen Willensbindung den Strafgrund des Komplotts bildet (vgl Steininger im WrK § 277 Rz 1), schon als Bestimmung zu interpretieren, besteht doch sonst die Gefahr, daß bei Nicht-Komplottdelikten unter dem Prätext einer Bestimmungshandlung für den initiativeren Teil einer Tätergruppe ein Verhalten als strafbar beurteilt wird, das vom Gesetz nur bei ganz bestimmten Verbrechen für strafbar erklärt wurde (wohl idS kritisch Kienapfel AT4 E 6 zu Rz 47).

Ob im vorliegenden Fall die Angeklagte von Johanna und Friedrich R* nur einen Tatbeitrag erwirken wollte und daher insoweit straflos wäre, oder ob sie die Genannten zur Mittäterschaft zu bestimmen versucht und sich demnach strafbar gemacht hat, kann auf Grund der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht entschieden werden. Die Sachverhaltskonstatierungen lassen vielmehr beide Deutungen zu, ohne den tatplangemäßen Umfang der dem Ehepaar R* angesonnenen Beteiligung hinreichend zu konkretisieren. Der Schuldspruch wegen versuchter Bestimmungstäterschaft zum schweren Betrug (A) ist daher mit einem materiellrechtlichen Feststellungsmangel (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) behaftet, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 StPO).

Dieser Schuldspruch (A) leidet indes noch an einem weiteren, von der Beschwerdeführerin nicht relevierten Feststellungsmangel (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), dessen Vermeidung sich das Erstgericht im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls angelegen sein lassen müßte. Zum Schädigungsvorsatz stellte das Schöffengericht zwar fest, die Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß durch die Zueignung der Gelder die rechtmäßigen übrigen Erben an ihrem Vermögen geschädigt werden (US 10 und 16) und führt dazu noch ergänzend an, daß die Angeklagte die Eheleute R* aufgefordert habe, den Erlös "unter Umgehung der übrigen Erbberechtigten zu teilen" (US 8).

Nun ist nach dem durch den Ablauf des Verlassenschaftsverfahrens - in dem erst durch das Schreiben Dris. Pfeifer an den Gerichtskommissär Dr. Brugger vom 2. Jänner 1992 die Existenz weiterer Erbberechtigter bekannt wurde (ZV Dr. Brugger S 142; Beilage 1) - gestützten Vorbringen der Angeklagten (ON 14, S 45) indiziert, daß sie zunächst der Auffassung gewesen war, lediglich die lebenden Geschwister des Verstorbenen, nämlich ihr Vater Franz L* und dessen Schwester Theresia S*, seien erbberechtigt. Von dieser unerörtert gebliebenen Verantwortung ausgehend, hätte sich die Angeklagte über den Personenkreis der Erbberechtigten in einem Tatirrtum befunden, der den Schädigungsvorsatz auszuschließen geeignet gewesen wäre. Berücksichtigt man nämlich, daß zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Bestimmungsversuchs (A) die Angeklagte selbst ihren Vater, Johanna R* aber die Theresia S* durch ausgewiesene Spezialvollmachten vertreten haben (Akt 27 A 184/91 des BG Innsbruck, S 15, 101), dann vermag die tatplangemäße Aufteilung des zu erzielenden Realisats der Sparbücher aus der Sicht der Angeklagten unter Bedachtnahme auf ihre unrichtige Vorstellung über die tatsächlichen Gegebenheiten der Erbfolge für sich allein einen Schädigungsvorsatz noch nicht zu begründen. Dazu hätte es der weiteren Feststellung bedurft, daß nach ihrem Vorsatz sowohl sie als auch Johanna R* das behobene Geld ihren Vollmachtgebern vorenthalten und sich zueignen sollten. Diesfalls käme - bei gewahrter Sachverhaltsidentität (§ 262 StPO) - unabhängig von der Frage der Mitwirkung an der Geldabhebung versuchte Bestimmung zur Veruntreuung in Betracht.

Es kann aber auch der gegen den Schuldspruch wegen vollendeten Betruges (B/I/1 und 2) gerichteten Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Der Sache nach laufen die diesbezüglichen Einwendungen darauf hinaus, daß das Erstgericht wesentliche, die Verantwortung der Angeklagten stützende Verfahrensergebnisse, wonach rechtmäßiger Eigentümer der beiden hier interessierenden Sparbücher der Vater der Angeklagten gewesen sei, unerörtert gelassen habe. In der Tat blieb unbegründet, wie das Schöffengericht über die Verantwortung der Angeklagten, sie habe die für die beiden Sparbücher geltenden Losungsworte von ihrem Vater erfahren, hinweggekommen ist, zumal das Ehepaar R* als Quelle dieses Wissens ausscheidet. Die Feststellung, diese Sparbücher habe die Angeklagte nach dem Tod des Erblassers in seinem Wohnhaus gefunden, findet zudem in der Aktenlage keine Deckung. Desgleichen haben sich die Tatrichter, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist, mit dem Umstand nicht auseinandergesetzt, daß beim ersten Versuch der Realisierung dieser Sparbücher der Vater der Angeklagten selbst als Einreicher aufscheint. Schließlich stellt sich die Argumentation, der Angeklagten sei das Unrecht der Tat schon deshalb klar gewesen, weil sie diese Sparbücher im Backrohr aufbewahrt habe, als bloße Scheinbegründung dar.

Ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war daher das angefochtene Urteil schon bei einer nichtöffentlichen Beratung, teils (B/I) in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, teils (A) infolge amtswegiger Wahrnehmung materiellrechtlicher Gebrechen, teils (B/II) aus Gründen des untrennbaren sachlichen Zusammenhanges (§ 289 StPO), sofort aufzuheben und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen (§ 285 e StPO).

Die Berufung der Angeklagten ist damit gegenstandslos.

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