Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem schuldigsprechenden Teil unberührt bleibt, im freisprechenden Teil und in dem den Strafausspruch ersetzenden Ausspruch über die Anwendung des § 13 JGG aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26. Mai 1962 geborene, somit jugendliche Reinhard A, ein Schmiedelehrling, des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Dezember 1977 in Obernberg am Inn im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den noch strafunmündigen Alfred B, Johann C und Gerald D (als Mittäter) die (am 3. Mai 1963 geborene) Irene E dadurch, daß er sie auf ein Bett warf, sie dort festhielt, ihren Büstenhalter hochschob und sie an der Brust betastete, mit Gewalt zur Unzucht genötigt hatte. Von der weiteren Anklage in Richtung des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1, 15 StGB, begangen dadurch, daß er am selben Tag und am selben Ort (unmittelbar vor dem vom vorerwähnten Schuldspruch erfaßten Tatgeschehen) gleichfalls im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den vorgenannten noch strafunmündigen Mittätern (auch) die (am 1. Dezember 1962 geborene) Susanne F mit Gewalt zur Unzucht zu nötigen versuchte, wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hielt sich der Angeklagte vor Weihnachten 1977 in Gesellschaft des 12-jährigen Schülers Johann C und der beiden 13-jährigen Schüler Alfred B und Gerald D in einer von diesen Unmündigen in der Nähe des Inns errichteten Hütte auf, in der damals auch noch die 15-jährige Susanne F und die 14 1/2-jährige Irene E zu Besuch weilten. Der Angeklagte, dem die Idee gekommen war, die beiden Mächen auszuziehen, teilte dieses Vorhaben seinen drei vorgenannten, noch strafunmündigen Freunden mit, worauf sich alle vier vor die Hütte begaben und dort die Tatausführung beschlossen. Nachdem sie die Hütte wieder betreten hatten, warf zunächst der strafunmündige Alfred B die Susanne F auf eine Matratze und hielt sie dort fest, während ihr Johann C die Stiefel auszog. Die (beiden) Burschen hielten dem sich heftig wehrenden und schreienden Mädchen den Mund zu, ließen aber schließlich, als es zu weinen begann, von ihm ab. Während dieses gegen Susanne F gerichteten Angriffs saß der Angeklagte (in der Hütte) unbeteiligt auf einem Sessel. Erst anschließend an diesen Vorfall kam es (auch) zur Gewaltanwendung gegen Irene E, die von Alfred B gleichfalls auf die Matratze geworfen und dann, da sie sich heftig wehrte, von Gerald D und Johann C niedergehalten wurde. Hier griff auch der Angeklagte aktiv ein, indem er der Genannten den schon vorher von B hinaufgeschobenen Pullover mit dem Bemerken, das mache man anders, noch weiter hinaufschob, ihre zunächst vom Büstenhalter bedeckte Brust zur Gänze entblößte und sie sodann an der Brust betastete.
Während der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpft die Staatsanwaltschaft den Freispruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sie geltend macht, das Erstgericht habe rechtsirrig eine Bestimmungstäterschaft des Angeklagten im Sinne des § 12 (zweite Alternative) StGB verneint und das Ersturteil sei überdies mit Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite behaftet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rechtsrüge kommt Berechtigung zu.
Denn das Erstgericht verkennt - wie die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt - die Rechtslage, wenn es meint, der Angeklagte könne deshalb nicht wegen Bestimmungstäterschaft in Ansehung des Tatverhaltens der beiden Strafunmündigen B und C gegenüber Susanne F verurteilt werden, weil er im Zeitpunkt der Bestimmung der beiden, das Mädchen auszuziehen, die von ihm initiierte Tat gemeinsam mit ihnen begehen wollte, sich dann aber entgegen diesem seinem Vorhaben an der Tatausführung nicht beteiligt hat (S. 61 d. A). Rechtsrichtig ist vielmehr das festgestellte Tatverhalten des Angeklagten, nämlich dessen Einwirkung auf die beiden Strafunmündigen, ihrerseits die Tat zu begehen, als (gelungene) Bestimmung im Sinne des § 12 (zweite Alternative) StGB zu beurteilen. Hätte der Angeklagte - seinem ursprünglichen Vorsatz entsprechend - an der von ihm veranlaßten Tat seiner Komplizen an Susanne F tatsächlich als (weiterer) unmittelbarer Täter mitgewirkt, dann wäre er hiefür als unmittelbarer (Mit-)Täter zu bestrafen gewesen; die Bestimmung der (übrigen) Mittäter zur Tat hätte ihm diesfalls - im Hinblick auf die Subsidiarität der Bestimmungstäterschaft gegenüber unmittelbarer Täterschaft - nicht gesondert angelastet werden dürfen, sie wäre vielmehr nur als erschwerend zu werten gewesen (§ 33 Z 4 StGB). Tatsächlich hat aber der Angeklagte - nach den Annahmen des Schöffengerichts - von einer unmittelbaren Mitwirkung an dieser Tat letztlich Abstand genommen. Damit kommt zwar eine Haftung als unmittelbarer Täter nicht in Betracht;
das vermag jedoch nichts daran zu ändern, daß der Angeklagte durch seine (der Tatausführung durch die unmittelbaren Täter vorangegangene) Einwirkung auf die beiden Strafunmündigen in diesen den Tatentschluß erweckt und solcherart die von ihnen - ohne seine unmittelbare Mitwirkung -
verübte Tat (vorsätzlich) veranlaßt hat. Ein solches Veranlassen erfüllt aber (als gelungene Bestimmung des oder der anderen zu einer strafbaren Handlung) alle Voraussetzungen des § 12 (zweite Alternative) StGB Sofern das Erstgericht allenfalls der Meinung war, die Strafbarkeit des Angeklagten wegen Bestimmung sei aufgehoben, weil er seinen ursprünglichen Entschluß geändert hat und während des Angriffs der beiden Strafunmündigen gegen F untätig geblieben ist, so wäre auch dies rechtsirrig. Denn ein strafaufhebender Rücktritt im Falle der Tatbeteiligung mehrerer setzt voraus, daß der betreffende Beteiligte die Tatausführung des (oder der) anderen Beteiligten verhindert oder (freiwillig) den Erfolg abwendet (§ 16 Abs. 1 StGB). Wurde dagegen die Tat, zu der er bestimmt hat, durch den (oder die) anderen tatsächlich - wie im vorliegenden Fall - ausgeführt, wenn auch nur in der Erscheinungsform des Versuchs, dann ist für einen strafaufhebenden Rücktritt kein Raum. Nur der Vollständigkeit halber sei beigefügt, daß die Tatsache der Strafunmündigkeit (und damit Straflosigkeit) der Bestimmten einer Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als Bestimmung nicht entgegensteht, weil Bestimmungstäter im Sinne des § 12 (zweite Alternative) StGB auch ist, wer sich zur Tatbegehung etwa eines schuldlosen anderen bedient (ÖJZ-LSK 1978/124; Leukauf-Steininger, 119).
Einer sofortigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst steht allerdings - wie die Staatsanwaltschaft weiters zutreffend ausführt - entgegen, daß der freisprechende Teil des angefochtenen Urteils (auch) mit Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite des Angeklagten behaftet ist, was die Urteilsaufhebung und die Rückverweisung der Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung erforderlich macht.
Die Annahme des Erstgerichts (vgl. S. 59 d. A), vom Angeklagten sei die Idee ausgegangen, die Mädchen (und damit auch F) auszuziehen, und es sei hierauf von ihm und den strafunmündigen Tätern (vor der Hütte) beschlossen worden, dieses Vorhaben auch zu verwirklichen, reicht in Ansehung der nach den weiteren Urteilsannahmen an Susanne F von Alfred B und Johann C (sowie Gerald D) begangenen Tat zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung dahin, welche strafbare Handlung der Angeklagte damit veranlassen wollte, nicht aus. Voraussetzung für die Verurteilung als Bestimmungstäter ist, daß der Bestimmende von dem zu begehenden Delikt, zu dem er einen anderen verleitet, zumindest in groben Umrissen eine Vorstellung hat, wenngleich nicht erforderlich ist, daß er diese schon in allen ihren Einzelheiten und Umständen im Detail kennt (ÖJZ-LSK 1976/226; Leukauf-Steininger, 121).
Das Entkleiden eines Mädchens kann für sich allein noch nicht dem Begriff der Unzucht im Sinne einer objektiven Verletzung der Sittlichkeit in geschlechtlicher Beziehung unterstellt werden (vgl. SSt. 20/20). War der Vorsatz des Angeklagten nur auf Entblößung der Susanne F gerichtet, dann hätte der Angeklagte nach seinen subjektiven Vorstellungen von der zu verübenden Tat, wenn er weiters dabei - was in Anbetracht der anschließend an Irene E begangenen Tat und des zu erwartenden Widerstands der Mädchen indiziert sein könnte - auch die Anwendung von Gewalt zur Erreichung des angestrebten Ziels durch die unmittelbaren Täter bedacht und gewollt hat, zur (versuchten) Nötigung im Sinne des § 105 StGB (in Verbindung mit § 15
StGB), andernfalls aber (bloß) zur Freiheitsentziehung im Sinne des § 99 StGB bestimmt. Hätte der Angeklagte dagegen in den Kreis seiner Erwägungen in bezug auf die auszuführende Tat auch die gewaltsame Vornahme von Unzuchtshandlungen an Susanne F - wie sie in der Folge an Irene E erfolgten - einbezogen, dann - und nur dann - hätte er Bestimmung zur (versuchten) Nötigung zur Unzucht im Sinne des § 204 Abs. 1 StGB (in Verbindung mit § 15 StGB) zu verantworten.
Worauf die Vorstellungen des Angeklagten in Ansehung der auszuführenden Tat tatsächlich gerichtet waren, läßt das angefochtene Urteil offen. Diese Feststellungsmängel müssen daher zur Urteilsaufhebung im angefochtenen Umfang und zur Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang führen.
Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.
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