OGH 10ObS56/23t

OGH10ObS56/23t22.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Mag. Susanne Billinger, Rechtsanwältin in Ried im Innkreis, diese vertreten durch Mag. Josef Wimmer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, wegen Pflegegeld, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. März 2023, GZ 12 Rs 20/23 g‑46, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 2022, GZ 3 Cgs 49/22t‑31, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00056.23T.0622.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Sozialrecht, Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs sowie die „Ergänzung zum außerordentlichen Revisionsrekurs“ vom 17. Mai 2023 werden zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 15. Dezember 2022 wies das Erstgericht die Wiederaufnahmeklage des Klägers zurück und den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (offensichtlich) gegen die Versäumung der Verhandlung vom 22. September 2022 sowie die dort unterlassene Stellung eines Beweisantrags ab.

[2] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs desKlägers nicht Folge. Es sprach aus, dass gegen die Entscheidung über die Wiederaufnahmeklage der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig und gegen die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

[3] Der Beschluss des Rekursgerichts wurde dem Klagevertreter (iSd § 89d Abs 2 GOG) am 30. März 2023 zugestellt.

[4] Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhob der Kläger ein selbst verfasstes, als „außerordentliche Revision“ bezeichnetes und an das Rekursgericht adressiertes Rechtsmittel, das er mit 26. April 2023 datierte und an diesem Tag auch der Post übergab. Das Rechtsmittel langte am 2. Mai 2023 beim Rekursgericht ein, das es an das Erstgericht weiterleitete; dort langte es am 2. Mai 2023 ein (ON 50).

[5] Mit Beschluss vom 3. Mai 2023 stellte das Erstgericht das Rechtsmittel dem Klagevertreter zur Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung binnen 14 Tagen zurück (ON 51).

[6] Am 16. Mai 2023 brachte der Klagevertreter die von ihm unterfertigte und um einen Rechtsmittelantrag ergänzte ursprüngliche Eingabe des Klägers beim Erstgericht erneut ein.

Rechtliche Beurteilung

[7] Das als außerordentlicher Revisionsrekurs zu wertende Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richtet, unzulässig, im Übrigen, also hinsichtlich der Zurückweisung der Wiederaufnahmeklage, hingegen verspätet.

1. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

[8] Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstgerichtliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, die Klage wurde ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen.

[9] Eine Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichts durch das Rekursgericht liegt (unter anderem) vor, wenn beide Instanzen nach meritorischer Prüfung zum selben Ergebnis gelangten (RIS-Justiz RS0044215 [insb T1]). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil sowohl das Erst- als auch das Rekursgericht nach inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Behauptungen des Klägers im Wiedereinsetzungsantrag zum Ergebnis kamen, es liege tatsächlich kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis vor. Da die Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht einer Zurückweisung der Klage gleichzuhalten ist (RS0044536 [T1, T4]; RS0112314 [T13] ua), ist der Beschluss des Rekursgerichts unanfechtbar. Auf die Frage seiner Rechtzeitigkeit ist daher nicht mehr einzugehen (RS0006451).

2. Zur Wiederaufnahmeklage

[10] Zwar ist ein die Zurückweisung der Wiederaufnahmeklage aus formellen Gründen bestätigender Beschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht absolut unanfechtbar (RS0125126 [T2]; RS0116279; RS0023346 [T13]). Zurückweisungsbeschlüsse nach § 538 Abs 1 ZPO fallen aber nicht unter eine der Ausnahmen des § 521 Abs 1 Satz 2 ZPO (Endbeschlüsse im Besitzstörungsverfahren und Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO), sodass die Revisionsrekursfrist (nur) 14 Tage beträgt (RS0122036; 6 Ob 243/22m ua).

[11] Letzter Tag für die Erhebung des Rechtsmittels wäre im vorliegenden Fall daher der 13. April 2023 gewesen. Das vom Kläger erst am 26. April 2023 verfasste und der Post übergebene Rechtsmittel ist daher unabhängig davon verspätet, dass es beim Rekursgericht eingebracht wurde und erst am 2. Mai 2023 beim Erstgericht einlangte (vgl dazu RS0041584; RS0041608). Dass das Erstgericht einen Verbesserungsauftrag erteilte und der Kläger diesem fristgerecht nachkam, ändert nichts an der Verspätung (RS0036281; RS0110935).

3. Zur Eingabe vom 17. Mai 2023

[12] Für die vom Kläger selbst eingebrachte Ergänzung zum außerordentlichen Revisionsrekurs gilt das zu 1. und 2. Gesagte in gleicher Weise. Sie verstößt zudem gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RS0041666), weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein formal einwandfreies, zur meritorischen Behandlung geeignetes Rechtsmittel vorlag (vgl RS0036673 [T3]).

[13] 4. Der zum Teil unzulässige, zum Teil verspätete Revisionsrekurs ist daher samt der Ergänzung vom 17. Mai 2023 zurückzuweisen (§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO).

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