European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0100OB00043.23F.1121.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren, Konsumentenschutz und Produkthaftung
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Ersturteil einschließlich seines bestätigten Teils lautet:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen über sämtliche auf Dr. E*, geboren am *, und E*, geboren am *, verstorben am *, identifizierte Kleinbetragssparbücher, die bei der beklagten Partei angelegt sind, unter Angabe der Kontonummern bzw IBAN, Information, auf wen diese lauten, sowie deren Ausgabestellen, Auskunft zu erteilen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die in Punkt 1. genannte Auskunft unter Angabe auch der Einlagestände bzw Buchstände zu erteilen, wird abgewiesen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.313,32 EUR (darin 792 EUR Barauslagen und 420,22 EUR USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.741,32 EUR (darin 1.219 EUR Barauslagen und 253,72 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.842,40 EUR (darin 1.526 EUR Barauslagen und 219,40 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin steht als Kundin mit dem beklagten Kreditinstitut in einer aufrechten Geschäftsbeziehung. Zum Zeitpunkt ihres Todes stand auch die Mutter der Klägerin in einer aufrechten Geschäftsverbindung mit der Beklagten. Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer Mutter.
[2] Der Klägerin liegen keine bei der Beklagten geführten „Kleinbetragssparbücher“ vor; sie verfügt auch nicht über einen die Urkunde ersetzenden Gerichtsbeschluss nach § 13 Kraftloserklärungsgesetz (KEG). Dass die Mutter der Klägerin zum Todeszeitpunkt Urkundeninhaberin in Bezug auf bei der Beklagten angelegte „Kleinbetragssparbücher“ war, steht nicht fest.
[3] Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auskunftserteilung über sämtliche auf sie und ihre Mutter identifizierte Kleinbetragssparbücher, die bei der Beklagten angelegt sind, unter Angabe der Kontonummer bzw IBAN, auf wen diese lauten, deren Ausgabestellen, deren Einlagestände bzw Buchstände. Sie stehe mit der Beklagten in einer aufrechten Geschäftsverbindung, die ua die auf sie identifizierten „Kleinbetragssparbücher“ im Sinne des § 31 Abs 3 BWG umfasse. Auch ihre Mutter habe auf sie identifizierte Kleinbetragssparbücher bei der Beklagten angelegt gehabt. Als Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer Mutter stehe ihr die begehrte Auskunft nicht nur im Hinblick auf von ihr selbst, sondern auch von ihrer Mutter angelegte Sparbücher vertraglich zu. Die Klägerin benötige diese Informationen zur Einleitung eines Kraftloserklärungsverfahrens.
[4] Die Beklagtewendete ein, sie sei gemäß § 38 BWG zur Bestreitung des Auskunftsbegehrens verpflichtet. Eine Auskunftserteilung über „Kleinbetragssparbücher“ komme nur gegen Vorlage der Sparurkunden in Frage. Eine „freiwillige“ Auskunft werde durch die Verpflichtung, das Bankgeheimnis einzuhalten, verhindert. Die „Kleinbetragssparbücher“ seien Inhaberpapiere. Die Forderungen aus den Sparurkunden könnten daher durch bloße Übergabe der Urkunde an andere Personen übertragen werden, ohne dass die Bank davon verständigt werden müsste. Eine Auskunft komme nur in Frage, wenn nachgewiesen sei, dass die Verstorbene im Todeszeitpunkt in Bezug auf die „Kleinbetragssparbücher“ Urkundeninhaberin gewesen sei oder über einen die Urkunden ersetzenden Gerichtsbeschluss nach § 13 KEG verfügt habe. Darüber hinaus sei das Klagebegehren zu weit gefasst. Für die angestrebte Kraftloserklärung sei nach § 3 Abs 2 Z 1 KEG nur die Angabe erforderlich, welches Kreditinstitut die Sparurkunde ausgestellt habe und unter welcher Nummer sie geführt werde. Eine Auskunft über die Sparbuchnummer hinaus stehe schon aus diesem Grund nicht zu.
[5] Das Erstgerichtwies das Klagebegehren ab. Bankinstitute seien ihren Kunden gegenüber zwar jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet und diese Verpflichtung bestehe auch gegenüber dem Erben als Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Kunden. Das gegenständliche Klagebegehren betreffe jedoch die Beauskunftung von „Kleinbetragssparbüchern“. Die Forderungen aus solchen Sparbüchern könnten durch bloße Übergabe der Urkunde an andere Personen übertragen werden, ohne dass die Bank davon verständigt werden müsste. Auszahlungen und Auskünfte dürften daher nur nach Vorlage der Sparurkunde und Nennung des Losungswortes erfolgen. Die Klägerin könne die benötigte Information auch problemlos nach dem Kontenregister- und Konteneinschaugesetz erlangen. Soweit die Klägerin ihr Auskunftsbegehren auch auf Art 15 DSGVO und § 44 DSG stütze, stehe dem das Bankgeheimnis entgegen.
[6] DasBerufungsgerichtgab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Der vertragliche Auskunftsanspruch setze eine Geschäftsbeziehung zur Bank im Hinblick auf den Auskunftsgegenstand voraus. Der Beweis der Kundeneigenschaft obliege demjenigen, der Auskunft erhalten wolle. Im vorliegenden Fall stehe nur fest, dass die Klägerin (bzw ihre Mutter im Zeitpunkt ihres Todes) als Kundin mit der Beklagten in einer nicht näher definierten aufrechten Geschäftsbeziehung stehe (bzw gestanden sei). Die Klägerin könne die betreffenden Inhaberpapiere aber nicht vorlegen, sodass der Nachweis nicht erbracht sei, dass noch immer eine Geschäftsbeziehung zur Beklagten bestehe oder im Hinblick auf die Mutter der Klägerin zum Zeitpunkt ihres Todes bestanden habe. Der Nachweis der Geschäftsbeziehung sei an die Innehabung der Urkunde geknüpft. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil angesichts eines möglichen Widerspruchs zwischen den Entscheidungen 6 Ob 13/21m und 8 Ob 120/20k Klärungsbedarf bestehen könnte.
[7] Dagegen richtet sich die Revisionder Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinn der Stattgabe des Klagebegehrens.
[8] In der Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweichen; sie ist teilweise berechtigt.
[10] 1.1. Der erste Anwendungsfall des Art XLII EGZPO begründet keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Vermögensangabe, Rechnungslegung oder Auskunftserteilung; er setzt vielmehr voraus, dass eine solche Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht (RIS‑Justiz RS0034986). Die Klägerin stützt sich in diesem Sinn zutreffend auf einen vertraglichen Auskunftsanspruch. Soweit sie sich zur Begründung ihres Auskunftsanspruchs im Verfahren erster Instanz auch auf Art 15 DSGVO und § 44 DSG berief, hielt sie dies schon in der Berufung nicht mehr aufrecht, sodass auf diese Anspruchsgrundlagen nicht weiter einzugehen ist. Ebenso wenig stützt sie sich zutreffend nicht auf die – auf eigenem Recht beruhende – Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gerichtskommissär und dem Verlassenschaftsgericht (vgl RS0130973) oder gegenüber dem Pflegschaftsgericht (vgl 8 Ob 120/20k Rz 32 f).
[11] 1.2. Bei Vertragsverhältnissen besteht eine Verpflichtung zur Rechnungslegung insbesondere überall dort, wo es das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer eine solche Auskunft zu erteilen, und diese Auskunft dem Verpflichteten überdies nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch zugemutet werden kann (RS0035050).
[12] Das Kreditinstitut ist dem Kunden daher nach der Rechtsprechung jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten oder über Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet (RS0013538). Bestand eine Auskunftspflicht gegenüber dem Erblasser, so steht der Auskunftsanspruch dem eingeantworteten Erben gleichermaßen zu (RS0034958; RS0013538 [T2]).
[13] 1.3. Der vertragliche Auskunftsanspruch setzt somit eine zur Bank bestehende Geschäftsbeziehung voraus, über die Auskunft erteilt werden soll (Riss, Die Auskunftspflicht des Kreditinstituts nach dem Tod des Kunden und ihre prozessuale Durchsetzung, ÖBA 2011, 166 [167 f] mwN). Der Beweis der Kundeneigenschaft obliegt demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will (RS0102509).
[14] 2. Für den – hier allein gegenständlichen – vertraglichen Auskunftsanspruch bedarf es daher des Nachweises, dass die Auskunft begehrende Partei (bzw im Fall der Gesamtrechtsnachfolge: der Rechtsvorgänger im Todeszeitpunkt) in einer Geschäftsbeziehung zum beklagten Kreditinstitut steht (stand), über die Auskunft zu erteilen ist.
[15] Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Klägerin in erster Instanz behauptete, sie und ihre Mutter hätten die Sparbücher, auf die sich das Auskunftsbegehren bezieht, angelegt. Dieses Auskunftsbegehren folgt der erklärten Besorgnis der Klägerin, dass ihr nicht alle (erkennbar gemeint: von ihr oder ihrer Mutter angelegten) Sparbücher bei der Beklagten bekannt sind. Diesem Vorbringen setzte die Beklagte in erster Instanz lediglich entgegen, dass die Klägerin keine Sparurkunde vorgelegt habe, um die behauptete Kundeneigenschaft nachzuweisen, und Forderungen aus den Sparurkunden durch bloße Übergabe der Urkunde an andere Personen übertragen werden könnten, ohne dass die Bank davon verständigt werden müsse. Dass die Klägerin und ihre Mutter (schon ursprünglich) gar keine Sparbücher angelegt hätten, auf die sich das Auskunftsbegehren bezieht, lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Wären solche Sparbücher gar nicht angelegt worden, wäre es ein Leichtes, ein dahingehendes Vorbringen zu erstatten, zumal damit das Bankgeheimnis des § 38 BWG nicht verletzt werden könnte. Das ursprüngliche Bestehen einer Geschäftsbeziehung in Bezug auf die zu beauskunftenden Sparbücher ist der Entscheidung daher als unstrittig zugrunde zu legen.
[16] 2.1. Vertragspartner des Spareinlagenvertrags sind das Kreditinstitut und derjenige identifizierte Kunde, der das Sparbuch eröffnet (Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 [2007] Rz 3/31; Trinkl in Dellinger, Bankwesengesetz [2020] § 31 BWG Rz 43). Dieser bleibt auch ungeachtet der wertpapierrechtlich möglichen Weitergabe des Sparbuchs so lange Vertragspartner des Kreditinstituts aus dem Spareinlagenvertrag, als es zu keiner Vertragsübernahme kommt (Trinkl in Dellinger, Bankwesengesetz [2020] § 31 BWG Rz 43).
[17] 2.2. Daraus wird etwa abgeleitet, dass Vertragsänderungen rechtsgültig mit dem ursprünglichen Sparbuchinhaber getroffen werden können, selbst wenn dieser das Sparbuch nicht mehr in Händen hat (Trinkl in Dellinger, Bankwesengesetz [2020] § 31 BWG Rz 44). Von der (weiterhin bestehenden) Vertragsbeziehung mit dem ursprünglich als solchen identifizierten Kunden ist die – hier allerdings nicht relevante – Frage zu trennen, inwiefern sich nach der Weitergabe der Sparurkunde mit diesem vereinbarte Vertragsänderungen, die sich auf den Inhalt der durch die Sparurkunde verbrieften Forderung des Inhabers gegen das Kreditinstitut beziehen, auf die Rechtsstellung des nunmehrigen Inhabers der Sparurkunde auswirken können (vgl dazu Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II2 Rz 3/71; Trinkl in Dellinger, Bankwesengesetz [2020] § 31 BWG Rz 44).
[18] 2.3. Eine Weitergabe des Sparbuchs kann zur Abtretung der sich daraus ergebenden Forderung führen. Dabei ist zwischen Sparbüchern als Rekta- und als Inhaberpapier zu unterscheiden.
[19] 2.3.1. Forderungen aus Rektapapieren werden durch Abtretung der verbrieften Forderung und nicht – wie bei den Wertpapieren im engeren Sinn, nämlich den Inhaber- und Orderpapieren – durch Übergabe des Wertpapiers nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragen (RS0010938). Ist ein Nachweis der materiellen Berechtigung des Papierinhabers erforderlich, handelt es sich um ein Rektapapier; ist ein solcher Nachweis nicht erforderlich, liegt ein Inhaberpapier vor (RS0041394).
[20] 2.3.2. Namenssparbücher, die nicht unter § 31 Abs 3 BWG fallen (also keine nicht auf Namen lautende „Kleinbetragssparbücher“) sind Rektapapiere. Diese können durch Zession übertragen werden und eine Übergabe des Papiers ist nicht erforderlich (Riss, ÖBA 2011, 168).
[21] 2.3.3. Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin allerdings ausschließlich Auskunft über „Kleinbetragssparbücher“, die auch als „Typ‑1 Sparbücher“ bezeichnet werden. Das sind Sparbücher, deren Guthabensstand weniger als 15.000 EUR beträgt, die nicht auf den Namen des gemäß den Bestimmungen des FM‑GwG identifizierten Kunden lauten und mit einem Losungswort versehen sind (§ 32 Abs 4 Z 1 BWG). Diese sind Inhaberpapiere (4 Ob 170/11w [ErwGr 1.2.2.] mwN). Auch bei der Eröffnung eines solchen Sparbuchs hat sich der Einleger zu identifizieren (§ 5 Z 1 iVm § 6 Abs 1 Z 1 FM‑GwG), sodass der Kunde dem Kreditinstitut grundsätzlich bekannt ist.
[22] Forderungen aus Kleinbetragssparbüchern werden aufgrund ihrer Qualifikation als Inhaberpapiere durch Übereignung der Urkunde nach den für die Übereignung beweglicher körperlicher Sachen geltenden Regeln übertragen (RS0032614; RS0102510). Das Kreditinstitut muss an den identifizierten (§ 6 Abs 1 Z 1 FM‑GwG) Vorleger der Urkunde, der das korrekte Losungswort nennt, leisten (2 Ob 101/20x Rz 19), sofern es nicht dessen fehlende materielle Berechtigung, etwa ein unwirksames Titelgeschäft beim Erwerb der Sparurkunde, nachweisen kann (RS0127716; Harrich in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4 § 32 Rz 23; Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II2 [2007] Rz 3/27). Das bedeutet, dass eine Auszahlung auch gegenüber einer anderen Person als dem identifizierten Kunden erfolgen kann (Spitzer in Bollenberger/Oppitz, Österreichisches Bankvertragsrecht I3 [2019] Rz 2/135).
[23] 2.3.4. Die Abtretung der Forderung durch Übertragung des Kleinbetragssparbuchs richtet sich im Übrigen nach allgemeinen Grundsätzen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit somit grundsätzlich keiner Verständigung (RS0032682) oder Zustimmung (RS0032684) des Kreditinstituts. Danach wäre es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass mittlerweile nicht mehr der bei Eröffnung der Spareinlage als solcher identifizierte Kunde, sondern jemand anderer der zur Auszahlung Berechtigte ist (vgl Spitzer in Bollenberger/Oppitz, Österreichisches Bankvertragsrecht I3 [2019] Rz 2/135), sofern die Wirksamkeit der Forderungsabtretung nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht von einer Verständigung oder Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wurde, was etwa durch die Allgemeinen Bedingungen für Einlagen auf Sparbüchern mancher Kreditinstitute der Fall ist (Riss, ÖBA 2011, 168 FN 37).
[24] 2.4.1. Die Berechtigung zur Auszahlung infolge Abtretung der Forderung aus dem Spareinlagenvertrag sagt allerdings nichts über das Vertragsverhältnis mit dem als solchen identifizierten Kunden aus. Dieser bleibt – hinsichtlich des gesamten Vertragsverhältnisses – weiterhin Vertragspartner des Kreditinstituts, auch wenn nicht mehr er, sondern ein Dritter, dem das Sparbuch nach sachenrechtlichen Grundsätzen übereignet wurde, zur Auszahlung berechtigt wäre.
[25] 2.4.2. Eine Änderung der Kundeneigenschaft würde vielmehr eine Übernahme des Vertrags durch einen neuen Kunden voraussetzen. Dafür wäre allerdings nach allgemeinen Grundsätzen eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei erforderlich (RS0032607; vgl auch RS0032629). Eine Zustimmung des Kreditinstituts dazu könnte grundsätzlich vorweg erteilt werden (Trinkl in Dellinger, Bankwesengesetz [2020] § 31 BWG Rz 43; Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 [2007] Rz 3/72; vgl 5 Ob 541/88 [Bierbezugsvertrag]) und zwar auch konkludent, sofern vertraglich (insbesondere in allgemeinen Geschäftsbedingungen) nichts anderes vereinbart wurde (Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 [2007] Rz 3/72). Wird etwa – wie nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen mancher Banken(s oben ErwGr 2.3.4.) – (schon) die Übertragung bzw Abtretung von Forderungen aus der Spareinlage an die Zustimmung des Kreditinstituts geknüpft, könnte eine konkludente Vorwegzustimmung des Kreditinstituts zur Auswechslung des Vertragspartners hingegen nicht angenommen werden.
[26] 2.5. Nach den getroffenen Feststellungen und dem Vorbringen der Parteien kann es somit nicht ausgeschlossen werden, dass ein auf die Klägerin bzw ihre Mutter identifiziertes Sparbuch, auf das sich das Auskunftsbegehren bezieht, nach seiner Eröffnung weitergegeben wurde und es (nicht nur zu einer Abtretung der Forderung, sondern auch) zu einer Vertragsübernahme durch eine dritte Person kam – sei dies ohne Wissen und Zustimmung der Beklagten im Fall einer Vorwegzustimmung zur Vertragsübernahme, sei dies nach ihrer Verständigung oder Zustimmung, die allenfalls zu einer (Pflicht zur) Identitätsfeststellung nach § 6 Abs 1 Z 1 FM‑GwG führte.
[27] Da es somit denkbar ist, dass der ursprünglich identifizierte Kunde seine Vertragsstellung unmittelbar nach der Eröffnung des jeweiligen Sparbuchs verloren hat, würde der Zeitraum nach der Eröffnung nicht mehr von der Geschäftsbeziehung mit diesem ursprünglich identifizierten Kunden, sondern von jener mit einer dritten Person erfasst. Für ein Begehren auf Auskunftserteilung über den nach der Eröffnung liegenden Zeitraum kann die Geschäftsbeziehung zum ursprünglich identifizierten Kunden keine Grundlage bilden. Dies wurde vom Obersten Gerichtshof bereits für ein Auskunftsbegehren über alle der Eröffnung eines Sparbuchs anschließenden Bewegungen auf Sparkonten ausgesprochen (6 Ob 13/21m Rz 1; idS wohl auch 8 Ob 120/20k Rz 30 [Auskunft über die Höhe des Einlagestands zum Eröffnungszeitpunkt]). Mangels Nachweises der Kundeneigenschaft der Klägerin (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) in Bezug auf diesen Auskunftsgegenstand sind die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen daher insoweit zu bestätigen, als sie die begehrte Auskunft über die aktuellen Einlage- bzw Buchstände verneinten.
[28] 2.6. In Bezug auf die weiters begehrten Informationen ist der Klägerin allerdings – entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen und jener der Beklagten – der Nachweis eines zumindest im Eröffnungszeitpunkt bestehenden Vertragsverhältnisses gelungen. Nach der Entscheidung 8 Ob 120/20k ist damit eine Geschäftsbeziehung dargetan, die die Offenlegung aller damit im Zusammenhang stehenden Informationen – Kontonummer bzw IBAN, Bezeichnung, Ausgabestelle und Einlagestand bzw Buchstand im Eröffnungszeitpunkt – rechtfertigt, ohne dass dafür die Sparurkunde vorgelegt werden müsste (8 Ob 120/20k Rz 29 f). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die der älteren Rechtsprechung (vgl 7 Ob 610/95; 8 Ob 71/70) zugrunde liegende Möglichkeit, ein Sparbuch auf einen falschen oder erdichteten Namen zu eröffnen, ist durch die Notwendigkeit der Identifizierung des Einlegers bei der Eröffnung auch eines Kleinbetragssparbuchs (§ 5 Z 1 FM‑GwG iVm § 6 Abs 1 Z 1 FM‑GwG) weggefallen (8 Ob 120/20k Rz 30).
[29] 3. Soweit sich die begehrte Auskunft auf eine im Eröffnungszeitpunkt bestehende Geschäftsbeziehung bezieht, steht dem Auskunftsanspruch das Bankgeheimnis des § 38 BWG nicht entgegen. Kreditinstitute dürfen danach zwar Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (§ 38 BWG). Diese Bestimmung ist – wie vormals § 23 KWG – aber nur im Verhältnis zu einem Dritten anwendbar, weil die Offenbarung eines Bankgeheimnisses schon begrifflich nur gegenüber Dritten möglich ist. Dem Kunden gegenüber ist die Bank jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung nach bürgerlichem Recht verpflichtet (8 Ob 120/20k Rz 13; 7 Ob 610/95).
[30] 4. Der Auskunftsanspruch der Klägerin beruht auf dem mit der Beklagten bestehenden Vertrag und bezieht sich inhaltlich auf alle Einzelheiten der Geschäftsbeziehung, soweit diese dargetan wurde, im vorliegenden Fall somit alle Einzelheiten des im Eröffnungszeitpunkt bestehenden Vertragsverhältnisses mit der Klägerin bzw ihrer Mutter.
[31] 4.1. Soweit die Beklagte dem Auskunftsanspruch in der Revisionsbeantwortung die Rechtsprechung entgegen hält, wonach die bloße „Suche nach Vermögenswerten“ für deren Existenz vom Anfragenden „keine konkreten Anhaltspunkte“ genannt werden, nicht unter die Aufgaben des Gerichtskommissärs bzw des Verlassenschaftsgerichts fallen (RS0107376 [T1]), erkennt sie selbst, dass diese Rechtsprechung hier nicht einschlägig ist. Dass der Aufgabenkreis des Gerichtskommissärs und des Verlassenschaftsgerichts eingeschränkt ist, vermag nichts am – in der Rechtsprechung anerkannten – Anspruch der Klägerin zu ändern, von der Beklagten eine Auskunft über die Einzelheiten der bestehenden Geschäftsbeziehung zu erhalten (RS0013538), die diese unschwer erteilen kann und ihr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch zugemutet werden kann (RS0035050).
[32] 4.2. Ebenso irrelevant ist, ob einzelne Informationen auch von einer anderen Stelle (etwa nach dem Kontenregister- und Konteneinschaugesetz) zu erlangen wären oder welche Informationen in einem Verfahren nach dem KEG für die Kraftloserklärung eines Sparbuchs notwendig oder für seinen Erfolg zielführend sind. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten in der Revisionsbeantwortung ist daher nicht weiter einzugehen.
[33] 5.1. Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und dem Klagebegehren in teilweiser Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im berechtigten Umfang stattzugeben. Dass sich ihr Klagebegehren auch auf Bekanntgabe der Eröffnungsstände der Sparbücher bezogen habe, behauptet die Klägerin in der Revision nicht.
[34] 5.2. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf den §§ 41 und 43 ZPO, hinsichtlich des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf den §§ 41, 43 und 50 ZPO. Die Klägerin ist nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihrer Ansprüche unterlegen, dessen Geltendmachung überdies keine besonderen Kosten veranlasst hat.
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