BVwG W254 2258361-2

BVwGW254 2258361-226.9.2024

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W254.2258361.2.00

 

Spruch:

 

W254 2258361-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU-GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2024, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Bescheid zu lauten hat: „Ihr zweiter Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz vom 13.06.2023 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen“.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Erster Antrag auf internationalen Schutz:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz „BF“ genannt), ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 29.10.2021 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 30.10.2021 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in welcher der BF zu seinen Fluchtgründen angab, er werde vom syrischen Militär gesucht. Da er es ablehne, zum Militärdienst einzurücken, aber auch aufgrund des Krieges und der allgemeinen Sicherheitslage, sei er geflüchtet.

3. Der BF wurde vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: „belangte Behörde) am 22.03.2022 niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, in Syrien habe es keine Sicherheit und keine Bildungsmöglichkeiten für seine Kinder gegeben. Außerdem hätte er sowohl für das syrische Regime als auch für die kurdischen Milizen den Militärdienst ableisten müssen.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2022, Zl. 1288171708/211628237, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde gemäß § 8 Absatz 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF am 11.08.2022 Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, ihm drohe im Herkunftsstaat sowohl von staatlichen Stellen als auch von Seiten der Kurden eine Verfolgung, dies aufgrund seiner Desertion und seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime. Der Beschwerde wurden eine Einberufungsbestätigung der syrischen Behörden, ein Einberufungsbefehl der Kurden sowie Fotos über die Teilnahme des BF an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich beigelegt.

6. Am 04.10.2022 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF im Beisein eines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien nicht.

7. Mit Eingabe vom 17.10.2022 brachte der rechtsfreundlich vertretene BF nochmals vor, dass er Syrien im Jahr 2021 aufgrund der drohenden Zwangsrekrutierung durch die Kurden sowie der Verfolgung durch das syrische Regime verlassen habe müssen, da er die Ableistung des Militärdienstes ablehne. Außerdem habe er in Syrien und in Wien an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und zähle aus diesem Grund zu einer von UNHCR angeführten Risikogruppe, nämlich der „Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen“. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien drohe ihm, als Militärdienstflüchtiger und als Verräter festgenommen und in Haft angehalten zu werden. Der BF sei im Falle einer Rückkehr an den vom Regime kontrollierten Grenzübergängen einer Überprüfung ausgesetzt. Aufgrund seiner Herkunft, seiner illegalen Ausreise aus Syrien, seiner Eigenschaft als Rückkehrer und seiner Militärdienstverweigerung würde ihm jedenfalls eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der Stellungnahme wurden erneut Fotos über die Teilnahme des BF an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich beigelegt.

8. Die Beschwerde des BF vom 11.08.2022 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2022, GZ. W135 2258361-1/8E, als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass der BF weder eine Rekrutierung von Seiten des syrischen Regimes noch von Seiten der kurdischen Milizen habe glaubhaft machen können, weil im Herkunftsgebiet des BF, welches sich unter der Kontrolle der kurdischen Milizen befinde und das dem syrischen Regime keine Einflussmöglichkeiten biete, keine Verfolgung durch das syrische Regime aber auch nicht durch die kurdischen Milizen festgestellt habe werden können. In Bezug auf die im Rahmen der Beschwerde erstmals vorgebrachte Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen sei nicht anzunehmen, dass die Behörden des Herkunftsstaates in irgendeiner Form - z.B. durch Informanten oder Medien – von seinem regierungskritischen Auftreten Notiz genommen hätten oder nehmen könnten. Abgesehen davon hätten die syrischen Behörden im Herkunftsgebiet des BF keinen Zugriff, weshalb keine aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität abgeleitet werden könne.

9. Gegen dieses Erkenntnis erhob der BF mit Eingabe vom 28.12.2022 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und stellte zudem den Antrag, der außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

10. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.01.2023, Ra 2023/01/0002-9, wurde die außerordentliche Revision des BF zurückgewiesen.

Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag):

11. Der BF stellte am 13.06.2023 den hier gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag). Im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der BF aus, dass das syrische Regime nach ihm suche. Sein erster Antrag sei zum Teil abgelehnt worden, weil Manbij angeblich eine sichere Ortschaft sei. Die Wahrheit sei, dass die PKK und das syrische Regime dort herrschten. Er sei jetzt auch von der PKK einberufen worden und legte hierzu ein Dokument in Kopie (eine Ladung vom 08.06.2023) vor. Die Änderungen seiner Fluchtgründe seien ihm seit der Ladung vom 08.06.2023 bekannt.

12. Am 29.01.2024 wurde der BF im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde zu seinem Antrag auf internationalen Schutz befragt. Befragt, ob er neue Fluchtgründe habe, die sich seit der Erlassung des rechtskräftig negativen Bescheids ergeben haben, bejahte dies der BF und verwies auf die Ladung zum Selbstverteidigungsbüro in Manbij. Der BF führte weiters aus, er werde in Syrien gesucht, er müsse zum Selbstverteidigungsbüro, er habe auch an Demos teilgenommen. Warum sie ihn suchten, wisse er nicht genau, wegen der Demos oder etwas anderem, das wisse er nicht. Damals habe er keinen Beweis gehabt, jetzt habe er etwas vorgelegt. In Manbij sei jetzt auch die Regierung.

13. Mit Bescheid vom 14.02.2024, dem BF zugestellt am 16.02.2024, wies die belangte Behörde den Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Die belangte Behörde führte im Rahmen ihrer Beweiswürdigung im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf das Vorbringen des BF im Rahmen der Erstbefragung und Einvernahme auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2022, Zl. W135 2258361-1/8E, verwiesen werde, in welchem die in der Erstbefragung und in der Einvernahme angeführten Gründe (Rekrutierung durch syrisches Regime/kurdische Milizen) bereits ausführlich durch das Bundesverwaltungsgericht als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant iSd GFK festgestellt worden seien. Die dagegen erhobene Revision sei durch den VwGH zurückgewiesen. Auch das vom BF jetzt vorgelegte Schriftstück vermag die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens nicht zu erhöhen, da es für sich allein aufgrund der bereits festgestellten Unglaubwürdigkeit seines gesamten Vorbringens im Vorverfahren (nach Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel) dies nicht zu ändern vermag.

14. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 15.03.2024 eine Beschwerde und führte im Wesentlichen Folgendes aus: Erst nach dem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren habe der BF eine Ladung vom Verteidigungsbüro Manbij, Generalkommando für die Selbstverteidigungspflicht, datiert mit 08.06.2023, erhalten. Aus der Ladung der kurdischen Streitkräfte gehe hervor, dass der BF beim Selbstverteidigungsbüro in Manbij am 03.07.2023, um 9.00, erscheinen müsse. Bei einer Unterlassung würden „die nötigen rechtlichen Schritte“ eingeleitet werden. Ob der BF die Ladung zum Verteidigungsbüro wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen, wegen seinem nicht abgeleisteten Wehrdienst oder aus anderem Grund erhalten habe, sei ihm nicht bekannt. Es liege beim BF eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch kurdische Milizen vor, da er der Ladung vom 08.06.2023 nicht nachgekommen sei. Wegen der ihm unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung habe er mit drastischen Strafen, Misshandlungen und Folter zu rechnen. Der BF habe seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht gehalten, und zwar, dass er von der syrischen Regierung und von den kurdischen Streitkräften gesucht werde und den Wehrdienst nicht ableisten möchte und ihm die Zwangsrekrutierung drohe. Zum Beweis dafür habe er – im Unterschied zum Vorverfahren – ein entsprechendes Beweismittel vorgelegt, eben die am 08.06.2023 ausgestellte Ladung der kurdischen Streitkräfte. Anstelle auf das – durch die vorgelegte Ladung zusätzlich bekräftigte – substantiierte Vorbringen des BF konkret einzugehen, habe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich pauschal ausgeführt, dass das Vorbringen des BF als gänzlich unwahr anzusehen sei. Der BF habe öffentlich demonstriert und ihm sei eine Ladung zum Selbstverteidigungsbüro ausgestellt worden. Eine Verfolgung wegen (unterstellter) oppositioneller Gesinnung könne nicht ausschließlich in einer drohenden Zwangsrekrutierung bestehen, sondern auch in einer unmenschlichen Bestrafung oder Tötung auf Grund der vermuteten Gegnerschaft oder als Unterstützer von SNA oder ISIS; dies insbesondere bei ethnischen Arabern in ihren Gebieten. Im Fall der Rückkehr nach Syrien bestünde eine maßgebliche Gefahr, dass der BF von den kurdischen Milizen festgenommen, gefoltert oder auch getötet werden könnte. In Syrien drohe dem BF Verfolgung aufgrund seiner (unterstellten) politischen Gesinnung. Eine drohende Gefängnisstrafe für die „Selbstverteidigungskräfte“ sei jedenfalls als Verfolgungshandlung iSd Art. 9 der Status-RL zu werten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Name des BF lautet XXXX . Er wurde am XXXX geboren, ist daher zum Entscheidungszeitpunkt 30 Jahre alt, ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem.

1.2. Der BF stammt aus der Stadt Manbij im Gouvernement Aleppo in Syrien. Er verließ Syrien im August 2021. Der Herkunftsort des BF steht unter Kontrolle der Kurd:innen, wobei auch seit dem Jahr 2020 das syrische Militär präsent ist.

1.3. Der BF stellte am 29.10.2021 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, dieser wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2022 abgewiesen und dem BF subsidiärer Schutz zuerkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2022, GZ. W135 2258361-1/8E, ebenfalls abgewiesen. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

1.4. Der BF stellte am 13.06.2023 den nunmehr gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und hielt die bisherigen Fluchtgründe aufrecht, er jedoch ein entsprechendes Beweismittel vorlegen könne. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde abgewiesen.

1.5. Die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des BF hat sich in Bezug auf die bereits im vorangegangenen Asylverfahren behandelten Aspekte nicht wesentlich geändert. Im bereits rechtskräftig entschiedenen Erkenntnis wurde bereits festgestellt, dass die Herkunftsregion des BF nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle der Kurden stehe. Die Herkunftsregion sei zudem ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Dem BF drohe bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr der Verfolgung bzw. der Zwangsrekrutierung seitens der kurdischen Milizen und ihm drohe konkret und individuell nicht die Gefahr physischer und/oder psychischer Gewalt aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime. (Erkenntnis vom 16.11.2022, W135 2258361-1/8E, Seite 5)

1.6. Gründe, auf die die Anträge auf internationalen Schutz gestützt werden sowie Feststellungen zum im Folgeantragsverfahren vorgelegten Beweismittel:

Der BF begründete seinen ersten, am 29.10.2021 gestellten Antrag auf internationalen Schutz zusammengefasst damit, dass ihm in Syrien aufgrund seiner Weigerung, den Militärdienst für das syrische Regime und die kurdischen Machthaber abzuleisten sowie wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Syrien und in Österreich Verfolgung drohe.

Seinen Folgeantrag begründete der BF weiterhin damit, dass er von der syrischen Regierung und von den kurdischen Streitkräften gesucht werde und den Wehrdienst nicht ableisten möchte sowie – im Unterschied zum Vorverfahren – ein entsprechendes Beweismittel vorgelegen könne, eben die am 08.06.2023 ausgestellte Ladung der kurdischen Streitkräfte (Beschwerde, Seite 4). Das neue Vorbringen stützt sich einzig und alleine auf ein Dokument, aus dem laut Übersetzung hervorgeht, dass der Beschwerdeführer beim Selbstverteidigungsbüro vorstellig werden muss.

Hinsichtlich der vom BF im Erstverfahren geltend gemachten Fluchtgründen sind keine maßgeblichen Änderungen eingetreten. Das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen im Folgeantrag enthält keine neuen Fluchtgründe im Vergleich mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens, das durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes am 16.11.2022, GZ W135 2258361-1/8E, abgeschlossen wurde.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten zu W135 2258361-1 unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dem BFA und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie durch Einsichtnahme in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.11.2022 sowie zu den Akten der belangten Behörde im Folgeantragsverfahren zur Zl. 2258361-2, insbesondere der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme und den Bescheid samt den darin enthaltenen Länderfeststellungen sowie des Beschwerdeschriftsatzes und dem vom BF vorgelegten Beweismittel.

Die Feststellungen gründen sich insbesondere auch auf folgende Erwägungen:

2.2. Die Feststellungen zum Namen des BF, zu dessen Geburtsdatum, sein Alter, seiner Staatsangehörigkeit sowie seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sind im Verfahren unbestritten.

2.3. Dass die Herkunftsregion des BF Manbij ist und der BF August 2021 aus Syrien ausgereist ist, wird vom BF vorgebracht. Dass Manbij unter Kontrolle der KurdInnen steht, ergibt sich durch Nachschau auf den Websiten Map of Syrian Civil War - Syria news and incidents today - syria.liveuamap.com und Exploring Historical Control in Syria (cartercenter.org). Die Präsenz des syrischen Militärs ergibt sich aus der Nachschau auf der Website des Cartercenter, wobei dort auch bei einer historischen Abfrage zum Zeitpunkt des Erkenntnisses über den ersten Antrag bereits die Präsenz des syrischen Militärs gegeben war. Gemäß den historischen Landkarten zur Gebietskontrolle in Syrien in „The Carter Center“ (vgl. https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html [abgerufen am XXXX .09.2024]) besteht die gemischte Kontrolle in Manbij seit Jänner 2020.

2.4. Dass der BF am 29.10.2021 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, dieser mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2022 abgewiesen und dem BF der subsidiäre Schutz zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem ursprünglichen Verfahren zu 2258361-1 und dem Bescheid aus dem ursprünglichen Verfahren (vgl. Bescheid vom 18.07.2022, Zl. 1288171708/211628237). Die Feststellung zur Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2022, GZ W135 2258361-1/8E, ergibt sich aus eben diesem Erkenntnis. Der Verwaltungsgerichtshof wies die außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zurück (VwGH vom 19.01.2023, Ra 2023/01/0002-9).

2.5. Die Feststellung zum gestellten Folgeantrag am 13.06.2023 und die darin enthaltenen Angaben sowie dass der Antrag von der belangten Behörde abgewiesen wurde, ist den Akten der belangten Behörde zu entnehmen.

2.6. Gründe, auf die der Antrag auf internationalen Schutz gestützt wird:

Dass weder eine maßgebliche Änderung der vom BF im vorangegangenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe, noch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes im nunmehrigen Folgeverfahren festgestellt wird, ergibt sich aus den Angaben des BF im gegenständlichen Folgeverfahren.

Der BF legte im Rahmen seiner Erstbefragung ein Schriftstück vor, in welchem steht, dass er zum kurdischen Selbstverteidigungsbüro geladen wird (siehe deutsche Übersetzung AS 11). Der BF gab im Rahmen seiner Erstbefragung an, es handle sich um einen Einberufungsbefehl der PKK (AS 9), was jedenfalls nicht der Wahrheit entspricht (siehe die deutsche Übersetzung des Dokuments (AS 11) und das Vorbingen des BF im Rahmen seiner Einvernahme, wo der BF in Übereinstimmung mit dem vorgelegten Schriftstück angibt, dass es sich bei diesem Schriftstück um eine Ladung zum Selbstverteidigungsbüro handelt und nicht wie zunächst behauptet, um einen Einberufungsbefehl durch die PKK). Im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde verwies der BF auf dieses Schriftstück und führte aus, dass er eine Ladung zum Selbstverteidigungsbüro in Manbij erhalten habe. Er werde in Syrien gesucht, er müsste zum Selbstverteidigungsbüro. Er habe auch an Demos teilgenommen. Warum sie ihn suchten, wisse er nicht genau, ob wegen der Demonstration oder wegen etwas anderem, wisse er nicht. In seiner Beschwerde brachte der BF auch vor, dass er seine bisherigen Fluchtgründe aufrechterhalten habe und zwar, dass er von der syrischen Regierung und von den kurdischen Streitkräften gesucht werde und den Wehrdienst nicht ableisten möchte. Zum Beweis dafür habe er – im Unterschied zum Vorverfahren – ein entsprechendes Beweismittel vorgelegt, eben die am 08.06.2023 ausgestellte Ladung der kurdischen Streitkräfte (Beschwerde, Seite 4).

Der BF bezieht sich in seinem Folgeantrag ausdrücklich auf dieselben Fluchtgründe, die er bereits im Erstverfahren vorbrachte, nämlich die Befürchtung der Einziehung zum syrischen bzw. kurdischen Wehrdienst.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eben dieses gleichgebliebene Fluchtvorbringen des BF, er sei einer Rekrutierung von Seiten des syrischen Regimes und von Seiten der kurdischen Milizen ausgesetzt oder er sei aufgrund seiner Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen einer Verfolgung ausgesetzt, vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 16.11.2022 als nicht glaubhaft gemacht beurteilt wurde bzw. keine aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität abgeleitet werden konnte. (Erkenntnis vom 16.11.2022, GZ. W135 2258361-1/8E, Seite 50f)

Abgesehen von diesem Schriftstück brachte der BF keine Neuerungen oder Nachfluchtgründe vor. Dabei ist auch nochmals hervorzuheben, dass sich aus dem Schriftstück, selbst bei der Annahme es handle sich um ein echtes und richtiges Dokument (obwohl mehrere Quellen darüber berichten, dass in Syrien gefälschte Dokumente bzw. echte Dokumente mit wahrheitswidrigem Inhalt in Umlauf gelangen) lediglich ergibt, dass der BF beim kurdischen Selbstverteidigungsbüro vorstellig werden müsse. Selbst der BF kann nicht angeben, weshalb er dort erscheinen müsse (vgl. niederschriftliche Einvernahme).

Sofern der BF im Rahmen seiner Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde verkenne, dass eine Verfolgung wegen (unterstellter) oppositioneller Gesinnung nicht ausschließlich in einer drohenden Zwangsrekrutierung bestehen könne, sondern auch in einer unmenschlichen Bestrafung oder Tötung auf Grund der vermuteten Gegnerschaft oder als Unterstützer von SNA oder ISIS; dies insbesondere bei ethnischen Arabern in ihren Gebieten, ist dem entgegenzuhalten, dass die vermutete Gegnerschaft des BF oder die Unterstützung des BF von SNA oder ISIS ein neues Sachverhaltsvorbringen darstellt. Dies widerspricht dem in § 20 BFA-VG verankerten Neuerungsverbot und wurde auch nicht vorgebracht oder wäre ersichtlich, dass einer der Ausnahmen dieses Verbots heranzuziehen wäre. Dieses neue Sachverhaltsvorbringen, welches in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid erstattet wurde, ist daher schon aus diesem Grund unbeachtlich (dazu noch weiter unten in der rechtlichen Beurteilung).

Die Feststellungen zu den Erwägungen bezüglich der Verneinung eines Fluchtgrundes im Erstverfahren ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht W135 2258361-1/8E vom 16.11.2022. In diesem Erkenntnis führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der BF weder eine Rekrutierung von Seiten des syrischen Regimes noch von Seiten der kurdischen Milizen habe glaubhaft machen können, weil im Herkunftsgebiet des BF, welches sich unter der Kontrolle der kurdischen Milizen befinde und das dem syrischen Regime keine Einflussmöglichkeiten biete, keine Verfolgung durch das syrische Regime aber auch nicht durch die kurdischen Milizen habe festgestellt werden können. In Bezug auf die im Rahmen der Beschwerde erstmals vorgebrachte Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen sei nicht anzunehmen, dass die Behörden des Herkunftsstaates in irgendeiner Form - z.B. durch Informanten oder Medien – von seinem regierungskritischen Auftreten Notiz genommen hätten oder nehmen könnten. Abgesehen davon hätten die syrischen Behörden im Herkunftsgebiet des BF keinen Zugriff auf ihn, weshalb aus diesem Vorbringen – selbst bei hypothetischer Zugrundelegung – keine aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität abgeleitet werden könne.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde mit der Maßgabe, dass der Bescheid zu lauten hat: „Ihr zweiter Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz vom 13.06.2023 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen“.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266).

Hat sich somit gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der entscheidungswesentliche Sachverhalt geändert und deckt sich das neue Parteibegehren mit dem früheren, steht einer neuerlichen Sachentscheidung das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen und der Folgeantrag ist nach § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Ein Folgeantrag, der im Vergleich zur rechtskräftigen Vorerledigung nichts Neues zu bieten hat, muss nicht inhaltlich in Behandlung genommen werden. Er soll den Vollzug einer vorangegangenen Entscheidung nicht konterkarieren (vgl. Hembach/Nedwed „Rechtskräftig erledigt und doch kein Ende: Rechtliche Probleme rund um Folgeanträge.“ In Asyl- und Fremdenrecht Jahrbuch 2020 S. 241).

Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die die Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmsgrund (vgl. VwGH 06.09.2005, 2005/03/0065).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat – von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen – im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (VwGH 24.6.2014, Ra 2014/19/0018). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198).

3.2. Wie bereits ausgeführt, wurde im Erstverfahren eine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aufgrund der behaupteten Rekrutierung von Seiten des syrischen Regimes und von Seiten der kurdischen Milizen sowie Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen in Syrien und in Österreich verneint. Der BF bringt im Folgeantragsverfahren vor, dass er seine bisherigen Fluchtgründe, dass er von der syrischen Regierung und von den kurdischen Streitkräften gesucht werde und den Wehrdienst nicht ableisten möchte und ihm die Zwangsrekrutierung drohe, aufrecht halte (vgl. Beschwerde S. 4).

Als Änderung legte der BF ein Beweismittel vor, eine Ladung der kurdischen Streitkräfte zum Selbstverteidigungsbüro in Manbij vom 08.06.2023. Diese Ladung hat der BF erst nach Abschluss des Erstverfahrens erhalten.

Dabei stellt sich zuallererst die Frage, ob es sich hierbei um einen geänderten Sachverhalt in Bezug auf das Erstverfahren handelt. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss aber auch zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. dazu ausführlich die - zu einer früheren Rechtslage des AsylG 2005 getätigten, aber auch auf die nunmehrige Rechtslage übertragbaren - Erwägungen im E vom 19. Februar 2009, 2008/01/0344).

Nun ist zwar dem BF zuzugestehen, dass das Beweismittel mit 08.06.2023 datiert ist und daher ein Beweismittel darstellt, dass erst nach dem Abschluss des Erstverfahrens ausgestellt wurde, doch ist das Erfordernis des glaubhaften Kerns und der Relevanz des neuen Vorbringens zu verneinen.

Zunächst sei bemerkt, dass dieses Beweismittel - unabhängig davon, ob es echt ist oder nicht – lediglich eine Ladung der kurdischen Streitkräfte zum Selbstverteidigungsbüro in Manbij dokumentiert, mehr nicht, sodass die Relevanz des Inhalts des Beweismittels zu verneinen ist. Selbst der Beschwerdeführer kann zu dem Grund der Ladung keine weiteren Angaben machen (vgl. niederschriftliche Einvernahme).

Auch wenn man annehmen wollen würde, diese Ladung stehe mit der Selbstverteidigungspflicht bei den kurdischen Machthabern in Zusammenhang, würde dies einen Sachverhalt betreffen, der bereits im Erstverfahren behauptet wurde, nämlich die Rekrutierung durch die kurdischen Milizen. Weshalb ein solches Beweismittel daher trotz eines bereits abgeschlossenen Asylverfahrens eine weitere inhaltliche Prüfung derselben Asylgründe auslösen sollte, erschließt sich nicht. Daher ist bereits - ganz abgesehen von der Frage des glaubhaften Kerns und der Relevanz des Beweismittels - nach Ansicht des erkennenden Gerichts bereits zu verneinen, dass es sich bei dem Beweismittel um die Dokumentation eines geänderten Sachverhalts handelt, aufgrund der eine neue inhaltliche Überprüfung des Asylvorbringens durchgeführt werden müsste.

Der Sachverhalt, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Syrien aufgrund seines Alters nicht mehr zum Wehrdienst in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ verpflichtet wird, war bereits im Erstverfahren gegeben. Daher kann die Ladung durch die kurdischen Streitkräfte am Ausgang des Verfahrens nichts ändern. Selbst wenn dieses Schreiben bereits im Erstverfahren herangeschafft worden wäre – hätte dieses auf den Ausgang des Verfahrens keinen Einfluss, da die Asylrelevanz verneint wurde, weil der BF eine Rekrutierung von Seiten der kurdischen Milizen nicht habe glaubhaft machen können, insbesondere auch aufgrund des Umstandes, dass im Erstverfahren das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend festgestellt hatte, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Syrien auch aufgrund seines Alters nicht mehr zum Wehrdienst in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ verpflichtet wäre. Der Vollständigkeithalber wird an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren behauptet hatte, dass er einen Einberufungsbefehl der kurdischen Milizen bekommen hätte; diesem Vorbringen wurde aber die Glaubwürdigkeit versagt (vgl. Erkenntnis S. 43 W 135 2258361-1).

Sofern der BF die Vermutung aufstellt, die Ladung zum Selbstverteidigungsbüro könne mit seinen Demonstrationen im Zusammenhang stehen, so ist zunächst nicht nachvollziehbar, wie eine Ladung durch die kurdischen Streitkräfte mit seinen im Erstverfahren behaupteten regimekritischen Demonstrationen in Zusammenhang stehen sollte. Bereits im Erstverfahren befasste sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Vorbringen der Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen und verneinte eine Asylrelevanz, weshalb hier ebenfalls entschiedene Sache vorliegt. Wenn in der Beschwerde erstmals vorgebracht wird, dass der BF in Syrien auch an Demonstrationen gegen die Kurden teilgenommen habe (Beschwerde S. 2), so ist ihm entgegenzuhalten, dass er ein derartiges Vorbringen bereits im Erstverfahren vorbringen hätte können und diesem Vorbringen die entschiedene Sache entgegensteht. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der BF ein solches Vorbringen nicht schon im Erstverfahren hätte erstatten können. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Darüber hinaus wird dieses Vorbringen auch erst in der Beschwerde erstattet, weshalb hier auch das in § 20 BFA-VG statuierte Neuerungsverbot greift.

Dasselbe gilt im Übrigen auch für die übrigen in der Beschwerde erstmals aufkommenden Verfolgungsbefürchtungen: Sofern der BF im Rahmen seiner Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde verkenne, dass eine Verfolgung wegen (unterstellter) oppositioneller Gesinnung nicht ausschließlich in einer drohenden Zwangsrekrutierung bestehen könne, sondern auch in einer unmenschlichen Bestrafung oder Tötung auf Grund der vermuteten Gegnerschaft oder als Unterstützer von SNA oder ISIS, dies insbesondere bei ethnischen Arabern in ihren Gebieten, ist dem entgegenzuhalten, dass die vermutete Gegnerschaft des BF oder die Unterstützung des BF von SNA oder ISIS einerseits ein neues Sachverhaltsvorbringen darstellt, dem die Rechtskraft des Vorerkenntnisses entgegen steht und andererseits auch ein neues Sachverhaltsvorbringen erst in der Beschwerde gegen das Neuerungsverbot (§ 20 BFA-VG) verstößt und daher unbeachtlich ist.

Der BF bringt darüber hinaus auch nicht vor, dass sich seine Einstellung gegenüber dem syrischen Regime oder der dort nach wie vor bestehenden Bürgerkriegssituation seit dem Erstverfahren geändert hätte. Über sein Vorbringen wurde daher schon rechtskräftig entschieden. Einer nochmaligen inhaltlichen Entscheidung steht daher die Rechtskraft der Entscheidung im ersten Antragsverfahren entgegen.

3.3. An dieser Einschätzung ändert auch nichts, dass sich der Heimatort des BF Manbij nicht unter der alleinigen Kontrolle der KurdInnen befindet. Gemäß den historischen Landkarten zur Gebietskontrolle in Syrien in „The Carter Center“ (vgl. https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in syria.html besteht die gemischte Kontrolle in Manbij seit Jänner 2020, daher bereits zum Entscheidungszeitpunkt im Erstverfahren. Bereits im Erstverfahren heißt es im abschließenden Erkenntnis dazu „Allerdings können die syrischen Behörden im Allgemeinen keine Rekrutierungen im Selbstverwaltungsgebiet durchführen“ (Vgl. Erkenntnis S. 41).

3.4. Ein Folgeantrag, der im Vergleich zur rechtskräftigen Vorerledigung nichts Neues zu bieten hat, muss nicht inhaltlich in Behandlung genommen werden. Obwohl im vorliegenden Fall entschiedene Sache vorliegt und der zweite Antrag des BF zurückzuweisen gewesen wäre, hat das BFA das Verfahren über den Folgeantrag des BF meritorisch entschieden.

Gemäß § 17 VwGVG sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles auf Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG anzuwenden. Von der Ausnahme ist daher auch der § 68 AVG umfasst. Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl etwa VwGH vom 24. März 2014, 2013/01/0117; VwGH vom 2. Juli 2010, 2010/09/0046 (VwSlg 17.938 A/2010)), wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind (vgl VwGH vom 29. November 2005, 2004/06/0096). Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG 2014 eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs. 1 AVG im Rahmen des VwGVG 2014 nicht vorkehrt (VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050).

Wurde von der Behörde erster Instanz ein neuerlicher Antrag trotz Identität der Sach- und Rechtslage nicht wegen res iudicata zurückgewiesen, sondern aus materiellen Gründen (wieder) abgewiesen, ist die Partei nach der Judikatur des VwGH ungeachtet der Rechtswidrigkeit des Bescheides in keinem Recht verletzt, weil sie einerseits keinen Anspruch auf Sachentscheidung hat (VwGH 14.12.1994, 94/03/0067; 15.10.1999, 96/21/0097; vgl. auch VwGH 08.03.1994, 93/05/0193) und andererseits ihre Rechtsposition, insbesondere die Möglichkeit, bei Änderung der Sach- oder Rechtslage neuerlich einen Antrag zu stellen, nicht beeinträchtigt worden ist (vgl. VwGH 15.10.1991, 90/11/0051). Wird gegen eine solche rechtswidrige meritorische Erledigung (VwGH 26.01.1987, 86/10/0003) Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben, hat die Rechtsmittelinstanz den Antrag – ungeachtet der Sachentscheidung der Unterinstanz – wegen res iudicata zurückzuweisen (VwGH 28.06.1994, 92/05/0063; VwGVG § 28 Rz 40, 64).

Da der zweite Antrag (Folgeantrag) des BF auf internationalen Schutz vom 13.06.2023 daher, wie ausführlich erläutert wurde, bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgrund entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen hätte werden müssen, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Zum Absehen von einer neuerlichen mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Aus dem Spruch und den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass der einleitende Antrag zurückzuweisen ist, weshalb der § 24 Abs. 2 VwGVG zur Anwendung kommt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig. Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die gegenständliche Entscheidung eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Beurteilung auf der Grundlage der unter II.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beinhaltet.

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