AsylG 2005 §60
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W161.2237624.1.00
Spruch:
W161 2237626-1/13EW161 2237624-1/12EW161 2237625-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 09.11.2020, Zl. Islamabad-OB/KONS/1185/2019, aufgrund des Vorlageantrages von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , 2.) – 3.) vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Afghanistan, alle vertreten durch Lena DOLLSACK, Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 17.07.2020, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Die beantragten Visa sind zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Eine Vertreterin des Österreichischen Roten Kreuzes (Christiane Gaar) übermittelte am 20.04.2017 ein E-Mail an die Österreichische Botschaft in Islamabad (in Folge ÖB Islamabad) und teilte mit, im Zuge des Familienverfahrens gemäß § 35 AsylG betreue sie Herrn XXXX , StA Afghanistan, welcher seine Ehefrau und minderjährigen Kinder nach Österreich nachholen möchte. Um den Antrag fristgerecht einbringen zu können, übermittle sie hiermit Unterlagen für die Familienzusammenführung und bitte um einen Termin für eine persönliche Vorsprache. Die Pässe und die übersetzten Tazkiras der Familienmitglieder würden übermittelt, sobald diese ausgestellt worden wären.
1.2. Mit E-Mail vom 05.07.2017 teilte dieselbe Vertreterin des Roten Kreuzes mit, in Bezug auf das Familienverfahren von Familie XXXX übermittelte sie hiermit die Tazkiras sowie Reisepässe der Kinder und bitte um einen Termin für die persönliche Vorsprache an der ÖB Islamabad.
1.3. Mit E-Mail vom 06.07.2017 teilte der Attaché der ÖB Islamabad mit, dass er die E-Mail vom 20.04.2017 leider nicht habe auffinden können. Es werde ersucht, die Dokumente vom ersten Mail (Anträge, Vollmachten, etc.) neuerlich zu übersenden. Nächstmöglicher Termin zur persönlichen Vorsprache sei am Dienstag, den 05.09.2017 um 09.00 Uhr.
1.4. Zu im Akt erliegenden Befragungsformularen im Familienverfahren, als Ausfülldatum jeweils mit 11.04.2017 und als Eingangsdatum der Botschaft mit 05.09.2017 versehen, erging am 05.09.2017 von Seiten der ÖB Islamabad ein Verbesserungsauftrag an die nunmehrigen Beschwerdeführer. Darin werden sie aufgefordert, eine Heiratsurkunde bzw. Familienbuch im Original plus einer Kopie, eine Kopie der Asylkarte vorzulegen sowie Dokumente zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005.
Im Verbesserungsauftrag ist eingangs vermerkt:
„Sie haben einen Antrag gemäß § 35 AsylG 2005 eingebracht. Um Ihren Antrag weiter bearbeiten zu können, werden Sie gebeten folgende Unterlagen binnen 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens persönlich von Montag bis Donnerstag 14:00 Uhr bis 14:30 Uhr nachzureichen. Bei Nichtnachreichung der angeführten Unterlagen wird das Verfahren nach fruchtlosem Ablauf der oben angegebenen Frist ohne Weiteres eingestellt. Über die Einstellung des Verfahrens ergeht keine gesonderte Mitteilung.“
Die Übernahme dieses Verbesserungsauftrages wurde von der Erstbeschwerdeführerin, auch als gesetzliche Vertreterin ihrer minderjährigen Kinder am 05.09.2017 per Fingerabdruck bestätigt.
1.5. Mit E-Mail vom 11.09.2017 teilte die Vertreterin des Österreichischen Roten Kreuzes der ÖB Islamabad unter „Betreff: Verbesserungsauftrag Familie XXXX “ mit, dass sie im Zuge des Familienverfahrens gemäß § 35 AsylG Herrn XXXX berate, welcher seine Ehefrau und die minderjährigen Kinder nach Österreich nachholen möchte. Die Anträge für die Familienmitglieder seien von ihr am 20.04.2017 per Mail übermittelt worden, die persönliche Vorsprache sei am 05.09.2017 erfolgt. Die Familienmitglieder hätten in der Woche davor einen Verbesserungsauftrag erhalten. Hiermit leite sie die Heiratsurkunde übersetzt sowie den Konventionspass der Bezugsperson weiter, eine Asylkarte der Bezugsperson liege leider noch nicht vor. Da die Anträge innerhalb der Frist am 20.04.2017 übermittelt worden wären, seien ihres Erachtens auch keine Erteilungsvoraussetzungen zu erbringen. Sollten noch Unterlagen ausständig sein, werde um Rückmeldung ersucht.
1.6. Mit E-Mail vom 13.09.2017 antwortete die ÖB Islamabad der Vertreterin des Österreichischen Roten Kreuzes wie folgt:
„Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wie ich Ihnen bereits am 06.07.2017 mitteilte (Anhang) erhielten wir Ihre E-Mail vom 20.04.2017 nicht und Sie kamen der Aufforderung, diese vor dem persönlichen Interview nochmals zu übermitteln nicht nach. Aufgrund dessen kann der Antrag nur mit 05.09.2017 registriert werden und die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. AsylG müssen demnach erfüllt werden. Die Antragstellerin konnte auch bei der persönlichen Antragstellung keine Vollmacht vorweisen.“
1.7. Das Verfahren zu den Anträgen der Beschwerdeführer vom 05.09.2017 wurde mangels Erfüllung der Aufträge im Verbesserungsauftrag vom 05.09.2017 am 26.09.2017 eingestellt.
1.8. Am 16.04.2018 erfolgte eine Anfrage einer weiteren Mitarbeiterin des Österreichischen Roten Kreuzes ( XXXX ) an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Darin wird mitgeteilt, dass das Rote Kreuz Niederösterreich Herrn XXXX und seine Familienmitglieder bei der Antragstellung zur Familienzusammenführung gemäß § 35 AsylG 2005 betreue. Die Familienmitglieder/ Antragsteller hätten am 05.09.2017 an der Österreichischen Botschaft Islamabad die Anträge und Dokumente persönlich abgegeben. Nunmehr werde im Namen der Klienten höflich angefragt, ob dem Bundesamt die Anträge zur Bearbeitung in Österreich inzwischen vorliegen würden, ob Dokumente, Unterlagen oder Übersetzungen fehlen würden bzw. ob ein positiver VISA-Bescheid schon in Aussicht sei.
1.9. Mit E-Mail vom 26.04.2018 antwortete das BFA, dass unter den im Mail vom 16.04.2018 angegebenen Namen im IFA keine Datensätze angelegt seien.
1.10. Mit Mail vom 30.04.2018 schrieb die neue Vertreterin des Österreichischen Roten Kreuzes an die ÖB Islamabad und teilte mit, sie habe die Auskunft erhalten, dass keine Datensätze beim BFA vorlägen. Die Familie habe nach der persönlichen Antragstellung einen Verbesserungsauftrag zum Nachweis der Erteilungsvoraussetzungen erhalten. Da der Antrag auf Familienzusammenführung jedoch schriftlich durch das Rote Kreuz im April 2017 fristgerecht eingebracht worden wäre, seien diese nicht zu erfüllen. Es werde daher ersucht, die Anträge auf Familienzusammenführung an das BFA in Niederösterreich weiterzuleiten, damit diese bearbeitet werden könnten.
1.11. Mit weiterem E-Mail vom 23.05.2018 teilte die neue Vertreterin des Österreichischen Roten Kreuzes der ÖB Islamabad mit, sie wiederhole ihr Ansuchen, die Unterlagen der Familie XXXX an das BFA zur Bearbeitung weiterzuleiten bzw. ersuche sie um eine kurze Information, ob dies bereits geschehen sei.
1.12. Mit Antwortmail vom 13.06.2018 teilte die ÖB Islamabad der Vertreterin des Roten Kreuzes mit, es werde auf den angehängten E-Mail-Verkehr mit der vormaligen Kollegin des Österreichischen Roten Kreuzes verwiesen. Die Verfahren wären bereits am 26.09.2017 eingestellt worden.
2.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Alle sind afghanische Staatsangehörige. Am 15.04.2019 stellten die nunmehrigen Beschwerdeführer bei der Österreichischen Botschaft Islamabad in Folge: (ÖB Islamabad) unter Anschluss diverser Unterlagen einen weiteren jeweils am 15.04.2019 unterfertigten Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Der 15.04.2019 ist auch als Datum der Einbringung bei der Botschaft vermerkt. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer angeführt, XXXX , StA Afghanistan.
2.2. Am 19.08.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Bezugsperson vor dem Bundesamt.
Dabei gab XXXX an, er sei mit der Erstbeschwerdeführerin, deren Namen und Geburtsdatum er korrekt nannte, verheiratet, die Ehe sei auch registriert. Er habe am XXXX 2011 geheiratet. Er habe aus dieser Ehe einen Sohn und eine Tochter, deren Namen und Geburtsdaten er ebenfalls korrekt angab. Er habe mit seiner Ehefrau vor seiner Ausreise 4 Jahre lang in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und habe aktuell regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seiner Gattin.
2.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 05.03.2020 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs.2 Z.1 und 3 AsylG 2005 seien von den antragstellenden Partien nicht erfüllt worden und erscheine eine Einreise i.S.d. Art.8 EMRK nicht geboten. In Bezug auf die Erstantragstellerin wurde auch angeführt, die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Kinderehe).
2.3. Mit Schreiben vom 20.03.2020 wurde den Antragstellern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt.
2.4. Am 23.03.2020 brachte die Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz (Anja Riecken), eine mit 20.03.2020 datierte Stellungnahme für sich und ihre minderjährigen Kinder ein. Darin wird insbesondere ausgeführt, entgegen der Ansicht der Vertretungsbehörde und unterliege der gegenständliche Antrag auf Einreise gem. § 35 AsylG 2005 aufgrund der Einbringung vor Ablauf der 3-Monatsfrist nicht den Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. Ziffer 1 bis 3 AsylG 2005. Die Antragstellerin und ihre beiden minderjährigen Kinder hätten bereits am 20.04.2017 einen fristwahrenden schriftlichen Antrag auf Einreise gem. § 35 AsylG 2005 gestellt. Selbst wenn die Behörde jedoch von einem späteren Antragszeitpunkt ausgehen sollte, sei der Vorhalt, die Antragsteller würden über keinen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde verfügen und könne ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen, aufgrund des Werdegangs der Bezugsperson in Österreich als haltlos bzw. zumindest als nicht fundiert zu bezeichnen. Die Bezugsperson habe bereits in der niederschriftlichen Zeugeneinvernahme vor dem BFA am 19.08.2019 angeführt, sie würde jedenfalls eine größere Wohnung organisieren. Die Bezugsperson habe sich schon während ihres offenen Asylverfahrens um eine Lehre gekümmert und diese auch nach Erhalt des Status des Asylberechtigten beendet. Bis auf einen kurzen Zeitraum sei die Bezugsperson entweder angestellt oder nunmehr seit mehreren Monaten als freier Arbeitnehmer, Radbote, für unterschiedliche Unternehmen tätig. Das BFA halte zudem selbst fest, dass die Bezugsperson die Richtsätze des § 293 ASVG von unterhaltspflichtigen Ehegatten nur knapp nicht erfülle. Das BFA und die ÖB übersehen, dass eine ablehnende Entscheidung im vorliegenden Fall einen Eingriff in das Recht der Antragsteller und ihrem Ehemann bzw. Vater auf die Achtung ihres Familienlebens gem. Art. 8 EMRK darstelle. Der Behörde sei gem. § 35 Abs. 4 Z 3 möglich, von den Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 abzusehen, wenn die Familienzusammenführung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten erscheine. Dies sei im gegenständlichen Verfahren der Fall.
2.5. In einer ergänzenden Mitteilung vom 09.07.2020 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, die negative Wahrscheinlichkeitsprognose gemäß § 35 AsylG 2005 bleibe aufrecht.
2.6. Mit Bescheid vom 17.07.2020 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung der Einreisetitel gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF mit der Begründung, in den den Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels zugrundeliegenden Fällen sei die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nach Mitteilung des BFA nicht wahrscheinlich, eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 05.03.2020 zu entnehmen.
2.7. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde in Namen aller Antragsteller eingebracht.
Die Erstbeschwerdeführerin sei die Ehefrau von XXXX , dem mit Erkenntnis vom 23.01.2017, rechtskräftig seit 27.01.2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden wäre. Gemeinsam mit der Erstbeschwerdeführerin hätten auch die gemeinsamen leiblichen minderjährigen Kinder einen Antrag auf Einreise gestellt. Die Beschwerdeführer hätten zur Mitteilung des Bundesamtes vom 05.03.2020 fristgerecht mit Schreiben vom 20.03.2020 Stellung genommen und darin auf den Widerspruch hinsichtlich Art. 8 EMRK hingewiesen und ausführlich dargelegt, dass die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG im vorliegenden Fall nicht zu erfüllen seien, weil die Antragstellung tatsächlich bereits am 20.04.2017 und somit innerhalb der dreimonatigen Frist gemäß § 35 AsylG erfolgt wäre, was jedoch durch die Behörde unberücksichtigt geblieben wäre. Das Bundesamt und die Botschaft hätten es in der Folge unterlassen, sich mit dieser Stellungnahme auseinanderzusetzen. Dies stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der nicht nur eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, sondern sogar ein willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste. Wie aus beiliegenden Einkommensnachweisen hervorgehe, arbeitet die Bezugsperson nach wie vor als freiberuflicher Rad-Bote mit einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von Euro 1.512,05 (Februar bis Mai 2020). Da die Bezugsperson am 23.06.2020 einen Fahrradunfall gehabt hätte, bei dem er sich eine Armfraktur zugezogen hätte, befinde er sich derzeit in Krankenstand, werde seine Tätigkeit jedoch wiederaufnehmen, sobald es seine gesundheitliche Situation zulasse. In einer Gesamtschau ergebe sich, dass die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 35 AsylG im vorliegenden Fall nicht erfüllt werden müssen, da die Antragstellung rechtzeitig innerhalb der dreimonatigen Frist erfolgt wäre. Sollte die Behörde dem widersprechend dennoch der Ansicht sein, dass die Voraussetzungen gemäß § 35 AsylG zu erfüllen seien, sei weiters der Nachweis über eine Unterkunft, in der die Familie zumindest vorübergehend wohnen könne, und über feste regelmäßige Einkünfte, die den Richtsatz nur knapp unterschreiten, erbracht worden. Abgesehen davon sei der Familie gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK die Einreise auch dann zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht vollständig erfüllt werden.
2.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.11.2020 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt haben und eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Als alleintragender Grund für die Abweisung der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Jenseits und unabhängig von der angeführten Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass sich die Beschwerdeführer nicht auf eine Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 zu berufen vermögen, weil die behauptete Gültigkeit der Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson schon deshalb nicht vorliege, da diese als Kinderehe gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße. Der Erstbeschwerdeführerin sei somit der Anwendungsbereich von § 35 AsylG 2005 nicht eröffnet und sei sie auf die Möglichkeit der Familienzusammenführung nach anderen Bestimmungen zu verweisen. Auch der Beschwerdehinweis auf Art. 8 EMRK vermöge die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen, weil eine Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht vorliege und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe.
Zur Erfüllung der Voraussetzungen eines § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 sei auszuführen, dass es grundsätzlich keine Relevanz habe, ob die im Verfahren behauptete Antragstellung im Jahr 2017 innerhalb der 3-Monatsfrist stattgefunden habe oder nicht, da die Erstbeschwerdeführerin aufgrund der jedenfalls vorliegenden Kinderehe ohnehin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs 5 AsylG 2005 sei.
Hinsichtlich der Zweit- und Drittbeschwerdeführer sei auszuführen, dass sich diese seit ihrer Geburt in der Obhut ihrer Mutter, der Erstbeschwerdeführerin befänden und daher die Ausführungen auch auf diese Anwendungen fänden.
2.9. Am 17.11.2020 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
2.10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17.10.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.
2.11. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu GZen W161 2237626-1/2E, W161 2237624-1/2E, W161 2237625-1/2E wurde die Beschwerde gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
2.12. Dagegen wurde fristgerecht eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und das angefochtene Erkenntnis mit Entscheidung des VwGH vom 16.03.2022 zu Zl. Ra 2021/19/0083 bis 0085-12 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
In den Entscheidungsgründen wird insbesondere ausgeführt:
„Das BVwG wird sich im fortzusetzenden Verfahren daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Revisionswerber auseinanderzusetzen und Feststellungen zu den Anträgen vom 20. April 2017 zu treffen haben, und zwar insbesondere zum erwähnten „Verbesserungsauftrag“ (vgl. zur Mängelbehebung in einer Visumsangelegenheit VwGH 3.9.2015, Ra 2015/21/0086) sowie zur Frage, ob und in welcher Form die Anträge vom 20. April 2017 erledigt wurden. Ausgehend davon wird sich das BVwG damit auseinanderzusetzen haben, ob es sich bei den Eingaben der Revisionswerber vom 15. April 2019 etwa (in Entsprechung des „Verbesserungsauftrages“) um die Behebung von Mängeln der Anträge vom 20. April 2017, um weitere (eine Entscheidungspflicht der Behörde nicht neu auslösende) Eingaben im Rahmen des noch anhängigen Verfahrens oder etwa um neue verfahrenseinleitende Anträge gemäß § 35 AsylG 2005 handelte.“
2.13. Vom Bundesverwaltungsgericht wurden in der Folge sämtliche bei der Botschaft noch vorhandenen Unterlagen in Bezug auf die Anträge der Familie SAADAT aus dem Jahr 2017 beigeschafft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien, eine Mutter und ihre beide mj. Kinder stellten erstmalig am 05.09.2017 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. An diesem Tag wurde auch ein Fragebogen Familienzusammenführung gemäß § 35 AsylG aufgrund eines durchgeführten Interviews mit der Erstbeschwerdeführerin ausgefüllt. Bei diesem Termin konnte die Erstbeschwerdeführerin auch nicht nachweisen, jemand zur Vertretung in dieser Angelegenheit bevollmächtigt zu haben.
Noch am selben Tag, dem 05.09.2017 erging ein Verbesserungsauftrag an die Beschwerdeführer, in welchem die Vorlage von fehlenden Dokumenten (Heiratsurkunde bzw. Familienbuch im Original plus eine Kopie, Kopie der Asylkarte, Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005) zur weiteren Bearbeitung der Anträge verlangt wurde und darauf hingewiesen wurde, dass bei Nichtnachreichung der angeführten Unterlagen das Verfahren nach furchtlosem Ablauf der Frist von 14 Tagen ohne weiteres eingestellt werde und über die Einstellung des Verfahrens keine gesonderte Mitteilung ergehe.
Dieser Verbesserungsauftrag wurde von der Erstbeschwerdeführerin am 05.09.2017 persönlich entgegengenommen und der Erhalt von ihr mittels Fingerabdruck bestätigt.
In der Folge wurden von den Beschwerdeführern binnen der Frist von 14 Tagen dem Verbesserungsauftrag nur teilweise nachgekommen, um Fristerstreckung wurde nicht ersucht. Die Verfahren wurden am 26.09.2017 eingestellt, da dem Verbesserungsauftrag nur teilweise entsprochen wurde.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer bereits am 20.04.2017 gültige Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hätten.
Ob und wann ein im beigeschafften Akt der ÖB Botschaft zum ersten Antrag der Beschwerdeführer befindliches Schreiben des Österreichischen Roten Kreuzes, datiert mit 20.04.2017, betitelt mit „Antrag auf Einreise gemäß § 35 AsylG“ vor dem 13.06.2018 tatsächlich bei der ÖB Islamabad eingelangt wäre, kann dem Akteninhalt nicht entnommen werden. Dieses Schreiben findet sich erstmals als Anhang („Begleitschreiben XXXX “) in einem E-mail vom 13.06.2018.
Fest steht jedenfalls, dass von den Beschwerdeführern einem am 05.09.2017 erteilten Verbesserungsauftrag zu mit 05.09.2017 als Eingangsdatum vermerkten Einreiseanträgen nicht vollständig nachgekommen wurde.
1.2. Am 15.04.2019 stellten die beschwerdeführenden Parteien unter Anschluss diverser Unterlagen einen neuerlichen jeweils mit Datum 15.04.2019 unterfertigen Antrag auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , StA. Afghanistan, genannt, welcher der Ehemann bzw. Vater der Antragsteller sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte nach Prüfung des Sachverhaltes am 05.03.2020 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 von den antragstellenden Personen nicht erfüllt worden seien und eine Einreise im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Auch liege die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Kinderehe).
Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung einer Stellungnahme der Antragsteller aufrechterhalten.
Die Bezugsperson XXXX reiste im Jahr 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 03.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.2017 zu GZ W202 2109406-1/15E wurde XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Die Erstbeschwerdeführerin und XXXX haben am XXXX .2011 in Afghanistan traditionell geheiratet. Die Ehe wurde in Afghanistan auch offiziell registriert. Die am XXXX geborene Erstbeschwerdeführerin war damals beinahe 14 Jahre alt, ihr Ehegatte 17 Jahre alt. Der Ehe entstammen 2 Kinder, der 9-jährige Zweitbeschwerdeführer und die 8-jährige Drittbeschwerdeführerin. Die Ehegatten lebten vor der Flucht der Bezugsperson beinahe 4 Jahre zusammen und stehen in regelmäßigem Kontakt. XXXX besuchte seine Familie für 1 Monat in Pakistan und überweist auch regelmäßig Geld an seine Familie.
XXXX war bei der der Firma XXXX von 18.08.2017 bis 01.05.2019 als Lehrling und von 02.05.2019 bis 31.05.2019 als Arbeiter gemeldet.
Von 02.07.2019 bis 30.09.2019 war er als Arbeiter mit einem freien Dienstvertrag bei der Firma Volo DSXXXVI 9 GmbH in 1020 Wien tätig.
Für die Firma XXXX war er von 01.10.2019 bis 30.06.2020 mit freiem Dienstvertrag als Arbeiter, von 01.07.2020 bis 31.07.2020 mit freiem Dienstvertrag als geringfügig beschäftigter Arbeiter und von 01.09.2020 bis laufend als Arbeiter mit freiem Dienstvertrag tätig.
Von 06.06.2019 bis 01.07.2019 sowie vom 15.08.2020 bis 31.08.2020 erhielt die Bezugsperson Arbeitslosengeld.
XXXX brachte von 01.10.2019 bis 30.11.2020 ein Einkommen von Euro 12.526,28 ins verdienen.
Die Bezugsperson wohnt in Österreich in einer Mietwohnung in XXXX welche eine Größe von 43 m2 aufweist. Die monatliche Miete beträgt € 315,13. Das Mietverhältnis endete am 18.09.2021.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG sind nicht erfüllt, die Beschwerdeführer konnten weder nachweisen, dass ihr Aufenthalt nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde, noch legten sie einen aktuellen Nachweis über eine ausreichende Unterkunft vor.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen zur ersten Antragstellung der Beschwerdeführer im Jahr 2017 ergeben sich aus den beigeschafften Unterlagen der ÖB Islamabad bestehend insbesondere aus den von den Beschwerdeführern damals vorgelegten Urkunden, dem mit den Vertreterinnen des Österreichischen Roten Kreuzes damals durchgeführten E-Mail-Verkehr sowie dem von der Erstbeschwerdeführerin persönlich entgegengenommenen Verbesserungsauftrag. Da diese Dokumente den Beschwerdeführern sämtlich bekannt sind bzw. von diesen stammen, konnte auf eine Übermittlung an diese bzw. die Einholung einer Stellungnahme dazu verzichtet werden.
Aus den beigeschafften Unterlagen in Bezug auf die ersten Anträge der Beschwerdeführer ergibt sich zweifelsfrei, dass am 05.09.2017 von Seiten der ÖB Islamabad ein Verbesserungsauftrag erteilt wurde, dessen Übernahme von der Erstbeschwerdeführerin mittels Fingerabdruck bestätigt wurde. Es ergibt sich auch zweifelsfrei, dass diesem Verbesserungsauftrag in der Folge von Seiten der Beschwerdeführer nicht vollständig nachgekommen wurde. Es wurde dazu auch keine weitere Stellungnahme abgegeben und auch nicht um Fristerstreckung ersucht, weshalb jedenfalls davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen zur Verfahrenseinstellung am 26.09.2017 vorgelegen haben.
Aufgrund dieser Tatsache, tritt die Frage, ob die Beschwerdeführer – wie im nunmehrigen Verfahren von ihnen behauptet, die ersten Anträge bereits am 20.04.2017 eingebracht hätten, oder wie von der Botschaft vermerkt erst am 05.09.2017 in den Hintergrund. Der Antrag auf Einreise gemäß § 35 AsylG, datiert mit 20.04.2017 und erstellt vom Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband Niederösterreich, Migration und Suchdienst, scheint in den Unterlagen der ÖB Islamabad erst als Anhang („Begleitschreiben XXXX “) in einem Mail vom 13.06.2018 auf. Von den Beschwerdeführern wurde kein Nachweis einer früheren Einbringung erbracht. Die Beschwerdeführer konnten im Verfahren nicht nachweisen, dieses Schreiben fristgerecht per E-Mail oder auf dem Postweg mit entsprechendem Einlaufstempel bzw. Eingangsdatum an die ÖB Islamabad übermittelt zu haben. Aus dem Mailverkehr ist vielmehr ersichtlich, dass dieser „Antrag“ vom 20.04.2017 bei der ÖB Islamabad offenbar im Jahr 2017 nicht eingelangt ist.
Die damalige Vertreterin des Österreichischen Rotes Kreuzes war sich diesbezüglich offenbar auch nicht sicher, schreibt sie doch im Mail vom 16.04.2018 die Beschwerdeführer hätten die Anträge und Dokumente am 05.09.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Islamabad abgegeben, um im Mail vom 30.04.2018 wieder zu behaupten, der Antrag auf Familienzusammenführung sei schriftlich durch das Rote Kreuz im April 2017 fristgerecht eingebracht worden.
Wenn die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 20.03.2020 zu den gegenständlichen Anträgen behaupten, sie hätten bereits am 20.04.2017 einen fristwahrenden schriftlichen Antrag auf Einreise gemäß § 35 AsylG gestellt und weiters ausführen: „Mit Schreiben per E-Mail vom 27.12.2018 von der ÖB Islamabad wurde der Bezugsperson mitgeteilt, dass das Verfahren zur Zahl Islamabad-ÖB/KONS/4397/2017 – rechtswidriger Weise eingestellt wurde und wurden die Antragstellerinnen dahingehend manuduziert, dass ihnen ein neuer Vorsprachetermin weitergeleitet werde, sollten sie sich entschließen, einen neuerlichen Antrag gemäß § 35 AsylG einzureichen(siehe Beilage ./1).“, ist dieses Vorbringen nicht korrekt. Aus dem Mailverkehr vom 27.12.2018 ergibt sich, dass die Botschaft der Bezugsperson, welche sich nach dem Verfahrensstand erkundigt hatte, mitteilte, wie folgt: “Sehr geehrter XXXX ! Vielen Dank für Ihre E-Mail. Das Einreiseverfahren Ihrer Familie wurde bereits Ende September 2017 eingestellt, da dem aufgetragenen Verbesserungsauftrag nicht entsprochen wurde. Sollte sich Ihre Familie entschließen, erneut einen Antrag gemäß § 35 AsylG einzureichen, kann ich Ihnen gerne einen Vorsprachetermin weiterleiten.“ Eine „rechtswidrige Einstellung“ kann weder diesem E-Mail noch dem sonstigen Akteninhalt entnommen werden.
Aus den beigeschafften Unterlagen der ÖB Islambad ergibt sich für das erkennende Gericht zweifelsfrei, dass die im Jahr 2017 von den Beschwerdeführern eingebrachten Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels von der ÖB Islamabad aufgrund der Nichterfüllung eines Verbesserungsauftrages zutreffend eingestellt wurden und es sich bei den Anträgen vom 15.04.2019 um neue verfahrenseinleitende Anträge gemäß § 35 AsylG 2005 handelt.
Die festgestellten Tatsachen, insbesondere die Tatsache der Asylzuerkennung hinsichtlich der Bezugsperson, sowie der Zeitpunkt der Antragstellung der gegenständlichen Anträge, ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Islamabad sowie dem beigeschafften Akt des BVwG, W202 2109406-1, und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
Die Feststellungen zur persönlichen Situation der Bezugsperson ergeben sich aus den dazu vorgelegten Unterlagen. Aus den Dokumenten kann zwar auf eine Erwerbstätigkeit der Bezugsperson geschlossen werden, das erzielte Einkommen abzüglich Mietkosten ist jedoch keinesfalls geeignet, eine 4-köpfige Familie in Österreich zu ernähren. Die Beschwerdeführer selbst legten keinen Vermögensnachweis vor. Im Verfahren wurde daher weder ein ausreichender Einkommens- noch ein Vermögensnachweis erbracht.
Die festgestellte Wohnungsgröße ergibt sich ebenfalls aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführer und den diesbezüglich vorgelegten Dokumenten.
Die Eheschließung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben der Ehegatten und den dazu vorgelegten Urkunden. Auf die Gültigkeit der Ehe wird in der rechtlichen Beurteilung näher eingegangen.
Dass der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin die minderjährigen Kinder der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson sind, wird von der belangten Behörde nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 34 AsylG 2005 idgF:
„(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“
§ 35 AsylG 2005 idgF:
„(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“
§ 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60. (1) …
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
(3) …“
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016:
„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“
§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018, § 11a FPG idF BGBl. I Nr. 68/2013 und § 26 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.“
„Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“
„Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“
3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:
3.3. Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Einreiseantrag wurde am 15.04.2019, somit jedenfalls außerhalb der in § 35 Abs. 1 AsylG 2005 vorgesehenen dreimonatigen Frist und auch außerhalb der in § 75 Abs. 24 AsylG 2005 vorgesehenen dreimonatigen Übergangsfrist nach Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, innerhalb derer die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht erfüllt werden müssten, gestellt.
Zu den Erwägungen in der Beschwerdevorentscheidung, wonach schon aufgrund des Vorliegens einer nicht gültigen Kinderehe in Österreich keine Eigenschaft als Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 für die Antragsteller anzunehmen sei, ist auf auf die jüngste Entscheidung des VwGH vom 03.07.2020 zu verweisen.
Legt man die dort genannten Kriterien zugrunde, wonach wesentlich sei, dass die Entscheidung über die Eheschließung ohne Einschränkung der Willensfreiheit und ohne Anknüpfung an Bedingungen erfolgte und bei einer angestrebten Familienzusammenführung mit dem in Österreich lebenden Ehemann die Intensität der Inlandsbeziehung als hoch einzustufen sei, kann im vorliegenden Fall nicht a priori von einer ungültigen Kinder-Ehe ausgegangen werden. Der Ehe entstammen auch 2 gemeinsame Kinder und haben die Ehegatten vor der Flucht der Bezugsperson bereits 4 Jahre zusammengelebt. Die Voraussetzung der Eigenschaft als Familienangehöriger zur Antragstellung nach § 35 Abs.5 AsylG ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes im vorliegenden Fall somit für alle 3 Antragsteller gegeben.
In casu ist daher auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu prüfen und Voraussetzung einer positiven Entscheidung.
Im gegenständlichen Fall sind die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 nicht erfüllt worden.
So konnte das Erfordernis einer für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehenen Unterkunft nicht erbracht werden, da die Bezugsperson einen Mietvertrag über eine Wohnung mit 43 m2 Nutzfläche vorlegte. Die Wohnung besteht aus einem Zimmer, einem Kabinett, einer Küche sowie Bad und WC, dass Mietverhältnis endete am 18.09.2021. Es ist auf das Alter bzw. Geschlecht der Kinder Bedacht zu nehmen, im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Zweitbeschwerdeführer um einen 9 Jahre alten Buben, bei der Zweitbeschwerdeführerin um ein 8-jähriges Mädchen, und kann eine Wohnung in dieser Größe für eine vierköpfige Familie, die zwei verschiedengeschlechtliche Kinder im Volksschulalter hat, nicht als ortsübliche Unterkunft gewertet werden, wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmeter-Größe festgemacht werden kann.
In diesem Sinn hat auch bereits das Landesverwaltungsgericht Wien in seinem Erkenntnis vom 10.11.2014, Zl. VGW-151/023/27620/2014 – unter Bezugnahme auf statistisches Material – ausgeführt, dass eine Wohnungsgröße von 40,3 m2 (ein Zimmer, Küche, ein Kabinett) für eine vierköpfige Familie in Wien als nicht ortsüblich zu bezeichnen sei.
Auch konnten die Beschwerdeführer (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eigener und fester Einkünfte nicht erbringen und verfügen sie somit nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Österreich. Der Nachweis, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, konnte somit nicht erbracht werden.
Damit der Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, sind nach den Richtsätzen des § 293 ASVG vom unterhaltspflichtigen Ehegatten (hier Bezugsperson) feste und regelmäßige Einkünfte in der Höhe von monatlich Euro 1.578,36 (im Jahr 2020: Euro 1.472) plus zusätzlich Euro 154,37 pro Kind (Euro 149,15 im Jahr 2020) erforderlich. Aus den vorliegenden Unterlagen betreffend die Einkünfte der Bezugsperson ergibt sich zweifelsfrei, dass diese Einkünfte den geforderten Betrag weder für das Jahr 2020 noch für das Jahr 2021 abdecken.
Der Behörde ist zuzustimmen, dass die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG gegenständlich nicht erfüllt ist. Die Beschwerdeführer konnten (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft sowie ausreichender eigener und regelmäßiger Einkünfte nicht erbringen und verfügen demnach nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Österreich.
Im Falle, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht erfüllt sind, ist der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zu prüfen. Voraussetzung hiefür ist, dass die Einreise des Antragstellers zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens „dringend geboten“ ist. So ist im Zuge dieser Beurteilung unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VfGH vom 23.09.2019, E 2226-2230/2019, sowie sinngemäß VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Wie bereits festgehalten, ist in casu die Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zu ziehen. Die Behörde hätte somit betreffend die Erstbeschwerdeführerin als Ehefrau bzw. die mj. Beschwerdeführer als minderjährige ledige Kinder der Bezugsperson die Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 zu prüfen gehabt.
Art. 8 EMRK verlangt in einem Fall, wie dem vorliegenden, eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch Wahrung eines geordneten Fremdenwesens mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK dem Bestehen einer Ehe mit einem dauerhaft niedergelassenen Partner große Bedeutung zukommt (VwGH vom 11.11.2013, Ra2013/22/0224).
Diese Rechtslage verkennend hat die belangte Behörde in ihren Überlegungen nicht ausreichend einbezogen, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin sowie der Vater des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin über den Status eines Asylberechtigten und somit über ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt. Obwohl die Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren ein konkretes Vorbringen dazu erstattet haben, warum in ihrem Fall ein aus Art. 8 EMRK resultierender Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bestehe, hat es die belangte Behörde unterlassen, dazu nähere Feststellungen zu treffen. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob aufgrund einer aus Asylgründen bedingten Trennung der Familie der Eingriff in das Familienleben als unzulässig zu werten wäre. Da dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin sowie dem Vater des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin der Status eines Asylberechtigten zukommt, steht im vorliegenden Fall bereits fest, dass eine Fortsetzung des Familienlebens im gemeinsamen Heimatstaat nicht möglich, jedenfalls aber nicht zumutbar ist. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahmen ein sehr großes Gewicht beizumessen sein.
Eine solche, fallbezogen vorzunehmende gesamtheitliche Abwägung der im Sinne des Art. 8 EMRK maßgeblichen Interessen unter Orientierung an den in § 9 Abs. 2 BFA-VG festgelegten Kriterien, ist jedoch fallgegenständlich unterblieben. Die Behörde beschränkt sich, soweit ersichtlich, im Wesentlichen auf die lapidare Feststellung, dass die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.
Damit wird zwar inhaltlich auf die in § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 im Falle der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 gebotene Interessensabwägung Bezug genommen, ohne jedoch eine in einem solchen Fall auferlegte Prüfung iSd Art. 8 EMRK erkennbar (tatsächlich) vorzunehmen. Dem Akteninhalt sind keine (nachvollziehbaren) Erwägungen zu entnehmen, von denen sich die Behörde bei ihrer Einschätzung der Nichterforderlichkeit der Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK hätte leiten lassen. Die „Beurteilung“ seitens der Behörde entzieht sich somit auch der nachprüfenden Kontrolle durch das erkennende Gericht.
Im gegebenen Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR mit dem Zeitpunkt der Geburt entsteht (Vgl. EGMR 21.6.1988, Berrehab, 10730/84; 26.5.1994, Keegan, 16969/90). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (vgl. EGMR 19.2.1996, Gül, 23218/94). Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jegliche Bindung gelöst ist (vgl. EGMR 24.4.1996, Boughanemi, 22070/93; siehe dazu auch VfGH 3.10.2019, E 3456/2019; 24.11.2014, E 35/214). Eine fluchtbedingte Trennung vermag das familiäre Band nicht zu lösen.
Was die Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG betrifft, ergibt sich aus den – übereinstimmenden Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson, dass diese seit der Eheschließung, somit seit 2011 bis zur Ausreise der Bezugsperson aus Afghanistan im Jahr 2014, ununterbrochen (sohin beinahe 4 Jahre lang) bzw. die minderjährigen Kinder ab ihrer Geburt bis zur Ausreise der Bezugsperson, dort gemeinsam im Familienverband zusammengelebt haben. In Bezug auf die jedenfalls gegebene Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer zur Bezugsperson und die dementsprechend jedenfalls auch faktische Führung eines Familienlebens über einen ununterbrochenen Zeitraum von beinahe 4 Jahren mit der Erstbeschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern von deren Geburt bis zur Flucht des Vaters, kann somit ein dringendes Interesse an der Aufrechterhaltung bzw. Fortsetzung des Familienlebens der Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehemann bzw. der nach wie vor minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer mit ihrem Vater, nicht in Abrede gestellt werden. So sind auch den Ausführungen der Behörde, wie bereits erwähnt, keinerlei gegen die Annahme eines solchen Interesses sprechende Argumente oder auch nur Hinweise in diese Richtung zu entnehmen. Der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG ist demnach erfüllt. Die Gestattung der Einreise der Erstbeschwerdeführerin und der minderjährigen Kinder ist zur Aufrechterhaltung (bzw. Wiederbegründung) des gemeinsamen Familienlebens dringend geboten. Den Beschwerdeführern, als Ehefrau bzw. leiblichen Kindern der Bezugsperson und damit Familienangehörigen, wäre sohin jedenfalls die Einreise zu gestatten.
Abschließend wird angemerkt, dass, wie der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, der Gesetzgeber die Erteilung von Aufenthaltstiteln in jenen Konstellationen, die § 34 AsylG unterliegen, nicht über das NAG, sondern über das AsylG regeln wollte, sodass die in § 35 leg cit genannten Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln zu prüfen sind und eine Titelerteilung nach dem NAG nicht in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0242 unter Verweis auf VwGH 25.06.2019, Ra 2018/19/0568; sowie jüngst VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0299).
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war diese Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
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