LVwG Wien VGW-151/023/27620/2014

LVwG WienVGW-151/023/27620/201410.11.2014

NAG 2005 §11 Abs2 Z2
NAG 2005 §11 Abs3
NAG 2005 §11 Abs5
NAG 2005 §46 Abs1 Z2
AufG 1992 §5 Abs1
EMRK Art 8
NAG 2005 §11 Abs2 Z2
NAG 2005 §11 Abs3
NAG 2005 §11 Abs5
NAG 2005 §46 Abs1 Z2
AufG 1992 §5 Abs1
EMRK Art 8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2014:VGW.151.023.27620.2014

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde der Frau Da. D., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt - Referat Erstanträge, vom 9.4.2014, Zahl MA35-9/3001913-02, mit welchem der Antrag vom 3.3.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 46/1/2)" gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 53b AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG sowie § 17 VwGVG wird der Beschwerdeführerin der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 17. September 2014 zur GZ VGW-KO-023/546/2014-1 mit EUR 118,-- bestimmten Barauslagen für den zur mündlichen Verhandlung am 1. September 2014 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Die Beschwerdeführerin hat diese erwachsenen Barauslagen in Höhe von 118,-- Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. April 2014 wurde zur Zahl MA 35-9/3001913-02 das Ansuchen der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiss-Rot - Karte plus“ abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, die Beschwerdeführerin beabsichtige, mit den gemeinsamen Kindern zu ihrem Ehegatten nach Österreich zu ziehen. Die hierfür zur Verfügung stehende Wohnung weise allerdings eine Wohnfläche von lediglich 40,30 m² auf, wobei in dieser Wohnung fünf Personen gemeldet seien. Es könne somit nicht vom Bestehen einer ortsüblichen Unterkunft ausgegangen werden. Zwar verfüge die Beschwerdeführerin über familiäre Bindungen im Bundesgebiet, jedoch könne nicht vom tatsächlichen Bestehen eines Familienlebens ausgegangen werden, weil sich die Beschwerdeführerin bislang nur zu Besuchszwecken in Österreich aufgehalten habe. Auch sei eine fortgeschrittene Integration weder aktenkundig noch geltend gemacht worden.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst sinngemäß ausgeführt, für die von der Familie der Beschwerdeführerin benutzte Wohnung bestünden lediglich Meldungen für ihre Familie, sohin für vier Personen. Dass eine fünfte Person in dieser Wohnung gemeldet bzw. aufhältig sei, entspräche nicht den Tatsachen. Aus diesem Grunde könne auch von der Ortsüblichkeit der gegenständlichen Wohnung ausgegangen werden.

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und zur weiteren Abklärung des tatbestandsrelevanten Sachverhaltes wurde am 1. September 2014 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher neben der Beschwerdeführerin Herr M. D. als Zeuge geladen war. Der Landeshauptmann von Wien hat auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung mit Eingabe vom 13. August 2014 nach erfolgter Ladung zu dieser Verhandlung ausdrücklich verzichtet.

Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Einlassung zur Sache Nachstehendes aus:

„Ich bin erstmals im Jahre 2011 als Tourist nach Österreich eingereist. Ich habe mich dann 10 bis 15 Tage in Österreich aufgehalten und bin sodann wieder ausgereist. Zuletzt bin ich am 28.8.2014 eingereist. Mein Gatte lebt, soweit mir bekannt ist, seit dem Jahre 2005 in Österreich.

Mein Gatte arbeitet in I.. Er ist bei der Firma, bei der er arbeitet, quasi Mädchen für alles. Er verdient zwischen 1.800,-- und 1.900,-- Euro netto monatlich. Mein Gatte hat keine Schulden.

Ich wohne an der Anschrift S.-gasse 7/34. Ich kenne Frau St. R.. Die Wohnung, in welcher wir nun wohnen, gehört ihr. Frau St. wohnt im selben Gebäude. Frau St. ist meine Nachbarin. Unsere Wohnung hat 43 m². Wenn mir nunmehr vorgehalten wird, dass der vorgelegte Mietvertrag auf S.-gasse 36 lautet, gebe ich an, dass ich hierfür keine Erklärung habe. Ich kann nicht angegeben ob zwischen Frau St. R. und meinen Gatten bzw. mir ein Mietvertrag besteht. Ich möchte zum vorgelegten Mietvertrag auch sagen, dass von uns nichts ausgebessert wurde. Wer das ausgebessert hat, das weiß ich nicht. In der Wohnung, die ich derzeit bewohne würden nur wir vier leben.

Ich habe meinen Gatten im Jahr 2000 in Bosnien kennengelernt. Wir haben am 9. Oktober 2004 geheiratet. Dass ich den Aufenthaltsantrag so späte stelle ist damit zu erklären, dass die Reisefreiheit zwischen Österreich und Bosnien erst sehr spät eingeführt wurde. Auch hing der späte Antrag mit unseren Kindern zusammen. Wir haben nunmehr den Wunsch, dass auch die Kinder in Österreich in die Schulde gehen können. Wir haben während der Zeit unserer Trennung telefonischen Kontakt und mein Gatte kommt ungefähr alle drei Wochen nach Bosnien bzw. immer wenn es ihm möglich war.

Mein älterer Sohn besucht die vierte Klasse, mein jüngerer die erste Klasse. Mein älterer Sohn besucht in Bosnien die Schule.

Ich verfüge über eine Mittelschulausbildung und bin Textiltechnikerin. Ich war fünf Jahre lang in Bosnien als Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft tätig. Ich würde in Österreich im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels arbeiten. Es kommt darauf an, welche Arbeit ich bekommen würde. Bislang habe ich in Österreich jedoch noch nichts gearbeitet. Ich mache derzeit in Österreich keine Ausbildung, habe aber den Deutschkurs A1 im Jahre 2013 abgeschlossen. Ich würde gerne in Österreich weiterhin Deutschkurse belegen.

In Österreich leben mit Ausnahme meines Gatten noch meine Schwägerin, meine Schwiegermutter, mein Schwiegervater ist bereits verstorben. Blutsverwandte habe ich in Österreich keine. In Bosnien leben meine Eltern und mein Bruder. Ich habe mit meinen Gatten in Österreich einige gemeinsame Freunde. Weiteres Engagement, etwa in einem Verein, weise ich jedoch nicht auf.

Wir möchten unser Familienleben deshalb in Österreich entfalten, weil uns eine entsprechende Ausbildung unserer Kinder wichtig ist. Auch möchten wir hier zu etwas kommen. Wir können deswegen nicht nach Bosnien, weil es sehr schwer ist dort zu leben und eine Arbeit zu finden. Auch ist das Schulsystem dort sehr schlecht und würden unsere Kinder keine adäquate Ausbildung erhalten.“

Herr M. D. gab im Zuge seiner zeugenschaftlichen Einvernahme Nachstehendes an:

„Ich lebe seit dem Jahre 2004 in Österreich. Meine Gattin ist zurzeit da. Seit wir begonnen haben den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu stellen, war meine Gattin öfter hier. Zuvor war sie nur zweimal als Touristin gekommen. Zuletzt ist sie am 28. August 2014 nach Österreich eingereist.

Ich arbeite bei der Firma A. und mache dort alle Arbeiten. Ich schaffe Material her und bin im Büro tätig. Auch bin ich für die Ausstattung der Arbeiter verantwortlich. Ich war früher als Hilfsarbeiter tätig, ab Jänner habe ich mit dem Chef im Büro gearbeitet, weil viele bosnische Arbeiter personelle Probleme hatten. Meine Tätigkeit hat sich damals auch durchaus geändert. Ich verdiene monatlich ungefähr EUR 1.700,-- bis EUR 1.800,-- netto monatlich. Ich habe die gegenständliche Tätigkeit über das AMS vermittelt bekommen und wurde mir von meinen Chef von Anfang an in Aussicht gestellt, dass ich als Angestellter arbeiten könnte. Wenn mir nun die Gehaltsabrechnungen etwa aus Juli, August und September 2013 vorgehalten werden, so gebe ich an, dass der Fehler damals bei meiner Firma lag. Die Gehaltsabrechnungen wurden von einem Türken gemacht, welcher sich verschrieben hat. Ich habe immer so viel verdient wie jetzt. Ich gebe nach erneutem Vorhalt der Gehaltsabrechnungen an, dass sich der Türke verschrieben hat.

Wenn ich nunmehr dazu befragt werde wo wir in Wien derzeit wohnen, so kann ich das nicht angeben. Wegen der Ablehnung des Antrages mussten wir unsere alte Wohnung in der Sa.-gasse aufgeben. Frau St. R. ist die Vermieterin unserer neuen Wohnung. Ich habe mit Frau St. einen Mietervertrag. Er befindet sich in der Wohnung. Ich bezahle für die Wohnung 188,30 Euro. Die Wohnung ist etwa einiges über 41 m² groß. Wenn mir nunmehr der im Akt befindliche Mietervertrag vorgehalten wird, so gebe ich an, dass dies der angesprochene Mietervertrag ist. Wenn mir nunmehr vorgehalten wird, dass ich im gegenständlichen Mietvertrag nicht vorkomme und dieser sich auf eine andere Anschrift bezieht, gebe ich an, dass ich dazu keine Erklärung abgeben kann. Wenn mir nunmehr der neuerlich vorgelegte Mietvertrag vorgehalten wird, gebe ich an, dass ich ihn genau mit der gegenständlichen handschriftlichen Ausbesserung bekommen habe. Wenn mir nunmehr vorgehalten wird, dass dies nicht sein kann, wenn im behördlichen Verfahren derselbe Mietvertrag ohne Ausbesserung vorgelegt wurde, gebe ich an, dass dies allenfalls die Wohnungsinhaberin ausgebessert haben könnte. Näher befragt gebe ich an, dass ich, als ich das Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien erhielt, zur Vermieterin gegangen bin und diesen Mietvertrag erhalten habe.

Ich habe meine Gattin im Jahre 2000 in Bosnien kennengelernt. Wir haben im Jahre 2004 geheiratet. Während der Zeit unserer Trennung hatten wir regelmäßigen Kontakt, sei es telefonisch oder das ich meine Familie in Bosnien besucht habe.

Mein Vater hat 32 Jahre in Österreich gearbeitet und ist vor drei Jahren gestorben. Meine Mutter und meine Schwester leben auch hier. Meine Gattin hat in Österreich keine Familie. In Bosnien leben die Eltern und die Schwester meiner Gattin. Nahezu die gesamte Familie lebt in Bosnien. Ein Onkel von ihr lebt in Slowenien.“

Nachdem festgestellt wurde, dass Belege betreffend anstehender Mietzinszahlungen nicht vorgelegt wurden, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, diese binnen vierzehn Tagen dem Gericht vorzulegen. Weiters wurde aufgetragen, einen Mietvertrag betreffend die Wohnung Wien, S.-gasse 7, sowie Belege der letzten drei Monatsgehälter ihres Gatten binnen selber Frist vorzulegen.

Mit Eingabe vom 11. September 2014 legte die Beschwerdeführerin einen Mietvertrag betreffend die Wohnung Wien, S.-gasse 7/34 sowie Wohnrechtsvereinbarungen zwischen der Hauptmieterin dieser Wohnung und der Familie D. vor. Weiters wurden Kopien von Kontoauszügen der Hauptmieterin dieser Wohnung betreffend die Bezahlung des Mietzinses für die Monate Juli bis September 2014 und Gehaltsabrechnungen des M. D. für die Monate Mai bis Juli 2014 vorgelegt.

Auf Grund eines gerichtlichen Überprüfungsersuchens teilte die Landespolizeidirektion Wien mit Schreiben vom 14. Oktober 2014 mit, dass es sich bei den Wohnungen in Wien, S.-gasse 7 Tür 33 und 34, um getrennte Wohneinheiten mit jeweils einem separaten Zugang handelt.

Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Die 1977 geborene Beschwerdeführerin ist bosnische Staatsangehörige und brachte mit am 7. November 2013 bei der Behörde eingebrachter Eingabe einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 NAG ein. Sie ist in Serbien unbescholten, auch in Österreich scheinen keine gerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf. Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen der Beschwerdeführerin sowie die Festsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen die Einschreiterin sind nicht aktenkundig.

Die Beschwerdeführerin ehelichte am 9. Oktober 2004 den 1974 geborenen Herrn M. D.. Aus dieser Verbindungen gingen der 2004 geborene Du. D. sowie der 2007 geborene Sn. D. hervor. Auch für die beiden Kinder wurden zeitgleich mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln bei der Behörde eingebracht.

Herr M. D. ist wie die Einschreiterin bosnischer Staatsangehöriger und verfügt über einen bis 21. September 2015 befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Er lebt seinen Angaben zufolge seit dem Jahre 2004 in Österreich und verfügt über durchgehende Hauptmeldeanschriften in Österreich seit dem 21. November 2005. Aktuell ist er seit 10. März 2014 an der Adresse Wien, S.-gasse 7/34 hauptgemeldet. Er ist als Angestellter unselbständig erwerbstätig und lukriert aus dieser Erwerbstätigkeit unter Heranziehung der Monatsgehälter Mai 2014, Juni 2014 und Juli 2014 unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehaltes ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von aufgerundet EUR 2.105,--. Dienstort des Herrn M. D. ist I.. Schulden des Herrn M. D. sind nicht aktenkundig.

Herr M. D. ist Untermieter einer Wohnung in Wien, S.-gasse 7/34. Diese Wohnung soll als gemeinsame Wohnung des Ehepaares und der beiden Kinder dienen. Die Wohnung verfügt über eine Nutzfläche von ungefähr 40,30 m2 und besteht aus zwei Wohnräumen sowie einer Küche. Sie verfügt über die Ausstattungskategorie D. Für diese Wohnung entstehen monatliche Kosten von insgesamt EUR 206,19. An dieser Anschrift sind lediglich das Ehepaar D. und deren beide Kinder gemeldet. Weitere Meldungen bestehen nicht, auch wird diese Wohnung nur durch die genannten Personen bewohnt.

Die Beschwerdeführerin reiste ihren Angaben zufolge im Jahre 2011 erstmals in das Bundesgebiet ein und hat sich damals für mehrere Tage hier aufgehalten. Seit diesem Zeitpunkt reiste sie jeweils für mehrere Tage bzw. Wochen in das Bundesgebiet ein. Dass sich die Beschwerdeführerin seit der Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrages durchgehend mehr als 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen in Österreich aufgehalten hat, konnte nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich sozialversichert. Sie verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen und hat diese durch Vorlage eines gültigen Diploms nachgewiesen.

Die Beschwerdeführerin lernte ihren Ehegatten im Jahre 2000 in Bosnien kennen. Die Ehe der Beschwerdeführerin mit Herrn M. D. ist aufrecht. Die Eheleute entfalten ein Familienleben tatsächlich, indem Herr D. seine Familie regelmäßig in Bosnien besucht und auch Besuche seiner Familie in Österreich stattfinden. Es besteht auch regelmäßiger Kontakt des Herrn M. D. mit seinen beiden Söhnen.

Die Beschwerdeführerin ist bislang in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen. Sie verfügt über eine Mittelschulausbildung. Sie ist Textiltechnikerin. Sie war in Bosnien über fünf Jahre hinweg als Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft erwerbstätig.

Die Beschwerdeführerin hat mit Ausnahme ihres Gatten keine Blutverwandten in Österreich. Ihre Eltern und ihr Bruder leben in Bosnien. Die Mutter und die Schwester des Gatten der Beschwerdeführerin leben in Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat in Österreich ihren Angaben zufolge gemeinsam mit ihrem Gatten einige Bekannte. Eine weitergehende soziale Vernetzung der Beschwerdeführerin in Österreich konnte nicht festgestellt werden.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass die Wohnung in Wien, S.-gasse 7/34, lediglich von der Familie D. bewohnt wird und dort weder weitere Meldungen bestehen noch weitere Personen wohnhaft sind, gründet sich einerseits auf die durch das Gericht eingeholten Meldeauskünfte sowie auf den Bericht der Landespolizeidirektion Wien vom 14. Oktober 2014. Dass für diese Wohnung ein monatlicher Untermietzins in der Höhe von EUR 206, 19 zu bezahlen ist, gründet sich auf die im Verfahren vorgelegte Wohnrechtsvereinbarung zwischen Herrn M. D. und Frau St. R. vom 10. März 2014.

Die weiteren getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie insbesondere auf die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin sowie des einvernommenen Zeugen im Zuge der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Rechtlich folgt daraus

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG.

Gemäß § 46 Abs. 1 NAG ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte" gemäß § 41 oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus" gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a) einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU" innehat,

b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus", ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.

Gemäß § 20 Abs. 1 NAG sind befristete Aufenthaltstitel, sofern nicht anderes bestimmt ist, für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthalts­titel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konven­tion zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs. 2 Z 5 sind Fremde, die an sich zur visumfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten visumfreien Aufenthaltes zur Antragstellung im Inland berechtigt.

Gemäß § 21 Abs. 6 NAG schafft eine Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 8, Abs. 3 und 5 kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht.

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 274,06.

Gemäß § 239 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der

eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 286,03 €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen 857,73 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension

oder Pension nach § 259 857,73 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 315,48 €,

falls beide Elternteile verstorben sind 473,70 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres 560,61 €,

falls beide Elternteile verstorben sind 857,73 €.

Gemäß § 21a Abs. 1 NAG haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

Gemäß § 9b der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG-DV) entsprechen Kenntnisse der deutschen Sprache zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Berlin u.a., Langenscheidt 2001).

Gemäß § 9b Abs. 2 NAG-DV gelten als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse von folgenden Einrichtungen:

1. Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;

2. Goethe-Institut e.V.;

3. Telc GmbH;

4. Österreichischer Integrationsfonds.

Die Behörde stützte die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin über keinen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft in Wien verfüge.

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn er einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird.

Fest steht, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte eine bis zum 10. März 2017 befristete Wohnrechtsvereinbarung betreffend die Wohnung an der Anschrift Wien, S.-gasse 7/34, mit Frau R. St. abgeschlossen haben, wobei ausdrücklich vereinbart wurde, dass die Wohnrechtsvereinbarung nicht frei widerruflich ist, sondern nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gerichtlich aufgekündigt werden kann. Somit konnte die Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf diese Unterkunft nachweisen.

Die Unterkunft muss sich jedoch nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich darstellen. Zu dieser Voraussetzung ist Nachstehendes auszuführen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht der Behörde bei der Beurteilung der Frage der Ortsüblichkeit der Wohnung eines Antragstellers kein Ermessen zu. Sie hat diese Frage vielmehr in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. VwGH vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/1352). Die Behörde hat, wenn sie die Ortsüblichkeit einer von einem Antragsteller als ihm zur Verfügung stehend angegebenen Wohnung im Sinn des § 5 Abs. 1 AufG (dabei handelt es sich um die vor Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geltende Bestimmung betreffend die Unterkunft des Fremden) in Zweifel zieht, zu ermitteln und darzulegen, ob Inländer mit vergleichbarer Familienstruktur und sozialer Schichtung in vergleichbaren Wohngegenden (Bezirksteilen) zu einem noch ins Gewicht fallenden Anteil vergleichbare Wohnungen so nutzen, wie es der Beschwerdeführer mit seiner Familie beabsichtigt (vgl. dazu grundlegend das Erkenntnis des VwGH vom 28. Februar 1997, Zlen. 95/19/0566 bis 0571, VwGH vom 5. Mai 2000, Zl. 99/19/0010).

Zu dieser Rechtsprechung ist zunächst festzuhalten, dass sie zu § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) erging, der lautete wie folgt:

„Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.“

Dabei hat der parlamentarische Ausschuss für innere Angelegenheiten anlässlich der AufG-Novelle, BGBl. Nr. 351/1995, den von dieser Novelle unberührt gebliebenen § 5 Abs. 1 AufG wie folgt interpretiert (vgl. AB 181 BlgNR 19. GP zu § 5 Abs. 1 AufG, BGBl. Nr. 351/1995):

„Der Ausschuss für innere Angelegenheiten geht weiters davon aus, dass die "ortsübliche Unterkunft" nicht an das Vorhandensein einer bestimmten Quadratmeterzahl Wohnfläche geknüpft wird, insbesondere aber, dass eine Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung nicht deshalb verweigert wird, weil sich die Anzahl der Familienmitglieder des Ausländers vergrößert hat und daher unter Umständen weniger Wohnraum pro Person zur Verfügung steht.“

Aus diesen Erläuternden Bemerkungen erhellt, dass die Frage der Ortsüblichkeit nicht an das Vorhandensein einer bestimmten Quadratmeterzahl Wohnfläche zu knüpfen ist, wobei es insbesondere vom Gesetzgeber beabsichtigt war zu vermeiden, dass ein Aufenthaltstitel nur deshalb nicht verlängert wird, weil sich die Anzahl der Familienmitglieder des Fremden vergrößert hat und nunmehr weniger Wohnraum pro Person zur Verfügung steht.

Nach dem seit Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes geltenden § 11 Abs. 2 Z 2 NAG hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachzuweisen, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird. Es ist somit bezüglich der Frage der Ortsüblichkeit nach der Intention des Gesetzgebers nicht mehr ein Vergleich der Unterkunft des Fremden mit einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich zu ziehen, sondern ist darauf abzustellen, ob die Wohnung sich für eine „vergleichbar große Familie“ als ortsüblich darstellt.

Obgleich der Verwaltungsgerichtshof die Heranziehung von Erhebungen des statistischen Zentralamtes sowie der Vergaberichtlinien für Wiener Gemeindewohnungen als unzulässig angesehen hat, weil diese nicht nach Familienstruktur und Wohngegenden differenzieren (vgl. etwa VwGH vom 2. Juni 2000, Zl. 98/19/0076), stellt es nach Ansicht des erkennenden Gerichtes die einzig handhabbare Vollzugsmöglichkeit dar, bezüglich der Frage der Ortsüblichkeit der Unterkunft - nach Feststellung der Größe der Familie und der zur Verfügung stehenden Nutzfläche sowie der Anzahl der Wohnräume - für den anzustellenden Vergleich seriös erhobene und bearbeitete statistische Informationen heranzuziehen. Dies insbesondere, wenn dem Gesetzgeber zugesinnt werden soll, dass er auch mit der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG die Frage der Ortsüblichkeit nicht an das Vorhandensein einer bestimmten Quadratmeterzahl Wohnfläche geknüpft haben wollte, wobei jedoch anzumerken ist, dass es nach Ansicht des erkennenden Gerichts einen Unterschied darstellt, ob eine Unterkunft infolge (biologischem) Familienzuwachs weniger Wohnraum pro Person bietet oder, ob im Falle des Familiennachzuges von Vornherein zu wenig Wohnraum pro Person gemessen an der Ortsüblichkeit zur Verfügung steht.

Die vom Verwaltungsgerichtshof in der Vergangenheit vorgenommene Interpretation der gegenständlichen Bestimmung dahingehend, dass von der Behörde Ermittlungen und Feststellungen anzustellen sind, ob Inländer (anzumerken ist, dass auf Grund des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG nunmehr wohl auch auf andere Fremde abgestellt werden kann) mit vergleichbarer Familienstruktur und sozialer Schichtung in vergleichbaren Wohngegenden (Bezirksteilen) mit einem noch ins Gewicht fallenden Anteil vergleichbare Wohnungen so nutzen, wie es der Fremde mit seiner Familie beabsichtigt, erscheint einem Vollzug schlichtweg nicht zugänglich, weshalb sich das erkennende Gericht veranlasst sieht, diesbezüglich von der Rechtsprechung des Höchstgerichtes abzuweichen.

Dazu ist begründend auszuführen, dass alleine Familienstrukturen im Hinblick auf die soziale Schichtung schwer miteinander vergleichbar sind und der klare Gesetzeswortlaut hinsichtlich der Ortsüblichkeit lediglich auf „eine vergleichbar große Familie“ abstellt. Weiters ist anzumerken, dass die übliche Familiengröße und die Anzahl der zusammenlebenden unterschiedlichen Generationen sehr stark von Kultur und Tradition geprägt sind und somit bei unterschiedlichen Kulturkreisen mitunter stark differenzieren werden. Dies hat zur Folge, dass es für eine in einem bestimmten Orts(teil) wohnhafte Familie des einen Kulturkreises möglicherweise üblich ist mit mehreren Verwandten unterschiedlicher Generationen zusammen zu leben, während dies bei einer Familie aus einem anderen Kulturkreis nicht als üblich anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sich nach den statistischen Erhebungen der Statistik Austria zur Registerzählung 2011 die Wohnsituation nach der Staatsangehörigkeit der Haushaltsreferenzperson der Wohnung am deutlichsten unterscheidet. So sind Wohnungen von Drittstaatsangehörigen, aber auch von Zuwanderern von EU‑Mitgliedstaaten mit Beitritt nach 2004, wie Ungarn, Polen oder Rumänien, im Durchschnitt kleiner und ist auch der im Durchschnitt pro Person zur Verfügung stehende Wohnraum geringer als bei Haushalten von österreichischen Staatsangehörigen, Bürgern der EU - 14 Staaten, der Schweiz oder den EWR – Mitgliedern Norwegen, Island und Liechtenstein. Etwa stehen Haushaltsmitgliedern, deren Haushaltsreferenzperson die türkische Staatsbürgerschaft hat, 20,5 m² pro Kopf zur Verfügung, wobei dies die Hälfte des Durchschnittswertes für alle Haushalte Österreichs darstellt (vgl. Statistik Austria, Registerzählung 2011, veröffentlicht auf www.statistik.at ).

Des Weiteren erscheint es bei der Frage der Ortsüblichkeit als nicht vollziehbar auf einzelne Bezirksteile abzustellen, zumal auch nicht klar ist, auf welche Art die Bezirke zu teilen wären. Dafür, dass der Gesetzgeber eine derart enge Auslegung des Rechtsbegriffes „ortsüblich“ intendiert hat, finden sich nämlich weder in den Erläuternden Bemerkungen zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch in den sonstigen gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Anhaltspunkte. Schließlich stellt es sich als unklar dar, wann überhaupt von einer vergleichbaren Wohnung zu sprechen ist und was einen noch ins Gewicht fallenden Anteil darstellt. Dabei ist anzumerken, dass Wohnungen sich in der Ausstattung (etwa hinsichtlich des Bestehens von Freiflächen, wie etwa Gärten, Balkonen oder Terrassen) bzw. der Ausstattungskategorie erheblich unterscheiden können, und es für die Behörde als nicht ermittelbar erscheint, ob in derselben Wohngegend in einer Wohnung vergleichbarer Ausstattung und Ausstattungskategorie Personen mit vergleichbarer Familiengröße leben. Letztlich hat der Verwaltungsgerichtshof selber festgestellt, dass der Behörde bei der Beurteilung der Frage der Ortsüblichkeit der Wohnung eines Antragstellers kein Ermessen zukommt und sie diese Frage in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen hat (vgl. VwGH vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/1352), sodass darauf hinzuweisen ist, dass die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bislang nicht beantwortet hat, was einen „noch ins Gewicht fallenden Anteil“ darstellt, woraus sich in letzter Konsequenz ergibt, dass hinsichtlich dieser Beurteilung ein Ermessen der Vollzugsbehörde anzunehmen wäre. Die daraus resultierende unterschiedliche Beurteilung in vergleichbaren Fallkonstellationen würde sich somit als unsachlich darstellen.

Demgegenüber erscheint das Heranziehen seriöser Statistiken, die auf die durchschnittliche Nutzfläche und die durchschnittliche Anzahl der Räume pro Person in den einzelnen Wiener Gemeindebezirken abstellen, und dabei nach Staatsangehörigkeit, Erwerbstätigkeit und Stellung im Beruf unterscheiden, zur Abklärung der Ortsüblichkeit als dem Wortlaut des Gesetzestextes entsprechend und für die Vollziehung praktikabel. Dabei ist im Sinne der vom Gesetz geforderten Orientierung an einer vergleichbar großen „Familie“ zu berücksichtigen, ob die Wohnung von einem Ehepaar bzw. auch von Kindern und diesfalls welcher Altersstufe bewohnt wird, wobei die erforderliche Wohnungsgröße und Ausstattung der Wohnung dementsprechend zu bemessen sein wird.

Laut Pressemitteilung der Statistik Austria zur Registerzählung 2011 steht einem Staatsangehörigen von Bosnien (ehemaliges Jugoslawien) durchschnittlich eine Wohnnutzfläche von 22,5 m² pro Person bzw. 1,1 Wohnräume pro Person zur Verfügung. Wenn es sich dabei um einen als Arbeiter Erwerbstätigen handelt, stehen eine durchschnittliche Nutzfläche von 31,8 m² bzw. 1,5 Räume zur Verfügung. Weiters betrug im Jahr 2001 die durchschnittliche Wohnnutzfläche pro Bewohner im Bezirk ... 31 m², wobei anzumerken ist, dass die Wohnnutzfläche pro Person im Laufe der Zeit kontinuierlich ansteigt. Es ist somit davon auszugehen, dass einem Ehepaar aus Bosnien mit zwei Kindern pro Person zumindest die Hälfte der geringsten laut Statistik in Betracht kommenden Nutzfläche pro Person von 22,5 m² und zumindest gemeinsam ein Wohnraum zur Verfügung stehen muss, um noch von einer ortsüblichen Unterkunft ausgehen zu können. Im gegenständlichen Fall weist die von zwei Erwachsenen und zwei Kindern zu bewohnende Unterkunft eine Nutzfläche von insgesamt 40,30 m² auf und besteht aus insgesamt drei Zimmern, nämlich Zimmer, Küche und Kabinett. Somit steht dem Ehepaar sowie den beiden Söhnen je ein Wohnraum zur Verfügung, die Nutzfläche pro Person beläuft sich jedoch lediglich auf 10 m², sodass für jede Person weniger als die Hälfte der durchschnittlichen Nutzfläche von 22,5 m² zur Verfügung stehen würde, was für eine vergleichbar große Familie nicht mehr als ortsübliches Ausmaß anzusehen ist. Es ist somit festzustellen, dass die Rechtsmittelwerberin über keinen Rechtsanspruch auf eine für eine vergleichbar große Familie ortsübliche Unterkunft verfügt.

Weiters oblag es dem erkennenden Gericht auch zu überprüfen, ob die restlichen allgemeinen und speziellen Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels vorliegen.

Zu der allfälligen Gefahr der Belastung einer Gebietskörperschaft durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin und deren Kinder im Bundesgebiet ist einleitend festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof zu den diesbezüglich einschlägigen Normen des § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2010, Zl. B 1462/06, ausführte, dass dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden könne, wenn er zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft durch einen Fremden die Höhe der von diesem nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG knüpft. Vermag demnach ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG iVm Abs. 5 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH, 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0448).

Zur konkreten Berechnung der notwendigen Mittel führte der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen ist, ob das Haushaltsnettoeinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a EO ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Aus § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa und Abs. 4 ASVG sowie § 292 Abs. 2 ASVG ist abzuleiten, dass der Berechnung, ob der in § 293 ASVG genannte Richtsatz erreicht wird und in welchem Ausmaß die Ausgleichszulage zusteht, das Haushaltsnettoeinkommen zu Grunde zu legen ist, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner im gemeinsamen Haushalt lebt. Dadurch hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass es zur Existenzsicherung im Falle des Bestehens bestimmter familiärer Bande nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz bedarf. Hingegen nehmen die Bestimmungen der §§ 291a ff EO über den unpfändbaren Freibetrag (das "Existenzminimum") keinen Bedacht darauf, ob der Verpflichtete in einem Mehrpersonenhaushalt lebt und somit die Gesamtbedürfnisse eines Ehepaares geringer wären als die verdoppelten Freibeträge. Schon aus diesem Grund kann das Existenzminimum des § 291a EO nicht auf alle Fälle einer Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 - die ausdrücklich anhand des § 293 ASVG vorzunehmen ist - angewendet werden. Der Zweck des § 11 Abs. 5 NAG 2005, die notwendigen Kosten der Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu gewährleisten, gibt keine Veranlassung zu der Annahme, dem Verpflichteten müsse darüber hinaus noch ein Existenzminimum für eine Einzelperson zur Verfügung stehen. Des Weiteren wird im Regelfall der Unterhalt dann, wenn Verpflichteter und Berechtigter im selben Haushalt wohnen, in Naturalleistungen erbracht. Dem gegenüber legen die §§ 291a ff EO den pfändungsfreien Teil bei einer Exekution auf Geldforderungen zur Hereinbringung eines in Geld bestehenden Anspruchs fest (VwGH, 22.März 2011, Zl. 2007/18/0689).

Weiters judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der nach § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG zu fordernde Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes des Fremden gesichert sein muss und diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (vgl. VwGH, 31. Mai 2011, Zl. 2008/22/0709). Bei der Berechnung des vorhandenen Einkommens im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG sind auch die anteiligen Sonderzahlungen zu berücksichtigen (vgl. VwGH, 15. Dezember 2011, Zl. 2008/18/0629).

Jene Beträge, welche dem erforderlichen Einkommen in Richtsatzhöhe hinzuzurechnen sind, werden ebenso in § 11 Abs. 5 NAG demonstrativ aufgezählt. Der Zweck des Verweises des § 11 Abs. 5 auf § 292 Abs. 3 ASVG ist, einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu fixieren, bei dessen Erreichung von einer Deckung der üblicherweise notwendigen Kosten der Lebensführung ausgegangen werden kann. Nicht beinhaltet in diesem Betrag sind jedoch jene Kosten und Belastungen, die über die gewöhnliche Lebensführung im Einzelfall hinausgehen, womit unterschiedlichen Lebenssachverhalten Rechnung getragen wird. § 11 Abs. 5 2. Satz stellt klar, dass diese außergewöhnlichen Kosten dem gemäß § 293 ASVG erforderlichen Betrag hinzuzählen sind.

Durch die demonstrative Aufzählung verschiedener Passiva soll verdeutlicht werden, dass die individuelle Situation des Antragstellers oder des im Falle einer Familienzusammenführung für ihn Aufkommenden die Höhe der erforderlichen Unterhaltsmittel beeinflusst, weshalb die tatsächliche Höhe der Lebensführungskosten als relevanter Faktor mit zu berücksichtigen ist. Diese Ausgaben sind daher vom Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Dadurch bleibt gewährleistet, dass beispielsweise mit besonders hoher Miete belastete Fremde von vornherein nachweisen müssen, dass sie sich die von ihnen beabsichtigte Lebensführung im Hinblick auf ihr Einkommen auch tatsächlich leisten können.

Auch wurde ausdrücklich festgelegt, dass bei der Feststellung der über die gewöhnliche Lebensführung hinausgehenden Kosten der Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt zu bleiben hat und dass dieser Betrag zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes des Abs. 5 führt. Diese in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannte Größe entspricht dem ziffernmäßigen Betrag der freien 'Station'. Infolge dessen, dass nun Mietbelastungen als regelmäßige Aufwendung das feste und regelmäßige Einkommen des Antragstellers schmälern, hat der Wert der freien Station einmalig unberücksichtigt zu bleiben. Dies bedeutet, dass letztlich nur jene Mietbelastungen oder andere in der beispielhaften Aufzählung des zweiten Satzes des Abs. 5 genannte Posten, vom im Abs. 5 genannten Einkommen in Abzug zu bringen sind, welche über dem in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannten Betrag liegen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Betrag des § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG die notwendigen Unterhaltsmittel in Höhe der in Betracht kommenden Richtsätze des § 293 ASVG dann schmälert, wenn etwa gar kein Mietaufwand anfällt. Konkret zum anfallenden Mietaufwand sprach der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass die Berücksichtigung der den "Freibetrag" nach § 292 Abs. 3 ASVG übersteigenden monatlichen Mietbelastungen als einkommensmindernd grundsätzlich der Rechtslage nach den Änderungen im § 11 Abs. 5 NAG durch das FrÄG 2009 entspricht. Nach der sich aus den Materialien ergebenden Intention des Gesetzgebers kann es aber auch keinem Zweifel unterliegen, dass vom Begriff "Mietbelastungen" nicht nur der Hauptmietzins, sondern auch die - im vereinbarten Pauschalmietzins enthaltenen - Betriebskosten umfasst sind (vgl. VwGH, 26. Jänner 2012, Zl. 2010/21/0346). Die Auffassung weiters, das dem Zusammenführenden monatlich zur Verfügung stehende Einkommen werde durch jenen Betrag, den er als monatliche Rate zur Tilgung eines Kredites zu leisten hat, geschmälert, entspricht dem Gesetz (vgl. VwGH, 26. Juni 2012, 2009/22/0350).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ergibt sich bei der Beurteilung der Frage, ob der Aufenthalt der Beschwerdeführerin und deren Kinder zu einer finanziellen Belastung für die Gebietskörperschaft führen könnte, nachstehendes Bild:

Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, mit den beiden gemeinsamen Söhnen zu ihrem Ehegatten nach Österreich zu ziehen. Demnach wäre zur Sicherung ihres und des Lebensunterhaltes ihres Gatten ein Betrag in der Höhe von EUR 1.286,03 zu veranschlagen, für den Unterhalt der beiden minderjährigen Kinder wäre ein Betrag von EUR je 132,34 zu diesem Betrag hinzuzuzählen, was insgesamt einen Betrag von EUR 1.550,71 monatlich ergibt. Zusätzlich fallen für die gemeinsame Wohnung Mietkosten in der Höhe von monatlich EUR 202,19 an, wobei diese jedoch den Betrag nach § 292 Abs. 3 ASVG nicht übersteigen. Somit wäre ein monatliches Nettohaushaltseinkommen von insgesamt EUR 1.550,71 zur Sicherung der Finanzierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin samt den beiden Kindern im Bundesgebiet nachzuweisen.

Wie bereits festgestellt, lukriert der Gatte der Beschwerdeführerin als Zusammenführender unter Berücksichtigung seiner aliquoten Sonderzahlungen ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 2.105,--, und hat keine weiteren Verbindlichkeiten, womit sich das Einkommen des Zusammenführenden als ausreichend erweist.

Abschließend ist auszuführen, dass mit Ausnahme des behandelten mangelnden Rechtsanspruches der Beschwerdeführerin auf eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG die weiteren allgemeinen und spe­ziellen gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels als erfüllt erscheinen. Wie bereits festgestellt erscheint das Einkommen des Zusammenführenden als ausreichend, um den Unterhalt der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen Kinder zu sichern. Weiters ist die Beschwerdeführerin unbescholten und ist auch keine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen sie aktenkundig, allfällige Hinweise für das Bestehen einer Aufenthaltsehe liegen nicht vor. Weitere öffentliche Interessen stehen dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich nicht entgegen. Sie ist in Österreich krankenversichert und hat weiters die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache rechtskonform nachge­wiesen.

Im Hinblick auf den fehlenden Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine ortsübliche Unterkunft ist festzuhalten, dass § 11 Abs. 3 NAG ausdrücklich normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Ermangelung einer Erteilungsvoraussetzung ua. nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK geboten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in diesem Zusammenhang zur vorzunehmenden Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG aus, Art. 8 MRK verlange eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des besagten persönlichen Interesses ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine allfällige fremdenpolizeiliche Maßnahme auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 MRK einer fremdenpolizeilichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegensteht bzw. humanitäre Gründe im Sinn der §§ 72 ff NAG 2005 zu bejahen sind. Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert; sowie die Bindungen zum Heimatstaat. Aber auch Ver­stöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sind bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (vgl. etwa VfGH, 29. September 2007, B 1150/07, VwGH, 22. November 2007, 2007/21/0317, 0318, sowie 18. Juni 2009, Zl. 2008/22/0387).

Weiters erfordert die nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmende Interessensabwägung eine fallbezogene Auseinandersetzung mit den konkreten Lebensumständen des Fremden und dem daraus ableitbaren Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens in Österreich (vgl. VwGH, 22. Dezember 2009, 2008/21/0379). Somit ist für die Beurteilung, ob die Versagung eines Aufenthaltstitels einen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellt, an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles und unter Bedachtnahme auf die in § 11 Abs. 3 Z 1 bis 8 genannten Kriterien eine gewichtende Gegenüberstellung des Interesses des Fremden an der Erteilung des Aufenthaltstitels und dem öffentlichen Interesse an der Versagung vorzunehmen (vgl. VwGH, 20. Oktober 2011, Zl. 2009/21/0182).

Eine wie vom Gerichtshof geforderte Abwägung öffentlicher und privater Interessen führt zu nachstehenden Erwägungen:

Wesentlich erscheint bei der Beurteilung der öffentlichen Interessen an der Versagung des beantragten Aufenthaltstitels der mangelnde Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin auf eine ortsübliche Unterkunft. Auf das dadurch beeinträchtigte öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sowie insbesondere der Hintanhaltung der Vermarktung unzureichender Quartiere an Fremde und der Zurückdrängung von Substandardquartieren wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Dem steht jedoch die Tatsache gegenüber, dass die Beschwerdeführerin seit nunmehr zehn Jahren mit Herrn M. D. verheiratet ist und durch regelmäßige wechselseitige Besuche ein Familienleben tatsächlich entfaltet. Weiters steht fest, dass aus dieser Ehe zwei Kinder hervorgingen.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass bereits der EGMR wiederholt ausgeführt hat, dass der Staat unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK im Zusammenhang mit positiven wie auch negativen Verpflichtungen einen fairen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und jenen der Gemeinschaft als Ganzes schaffen muss und hierbei dem Staat ein gewisser Ermessensspielraum zukommt. Art. 8 EMRK enthält keine generelle Pflicht für die Vertragsstaaten, die Wohnortwahl von Immigranten zu respektieren und auf ihrem Staatsgebiet Familienzusammenführungen zuzulassen. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Thematik der Zuwanderung betreffen, wird das Maß an Verpflichtung, Verwandte von rechtmäßig aufhältigen Personen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen, je nach Umständen des Einzelfalles der betroffenen Personen und des Allgemeininteresses variieren. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört wird, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat sind, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gibt, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben oder auch ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart gewesen ist, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist. Hierzu hat der EGMR auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz bestimmten Umständen eine Verletzung des Art. 8 EMRK bewirkt (vgl. VfGH, 29. September 2007, Zl. B 1150/07, VwGH, 19. Februar 2009, Zl. 2008/18/0721).

Es steht für das Verwaltungsgericht Wien zweifelsfrei fest, dass ein Familienleben der Beschwerdeführerin mit ihrem in Österreich aufenthaltsberechtigen Gatten derart tatsächlich entfaltet wird, als der Gatte der Beschwerdeführerin diese und die gemeinsamen Kinder regelmäßig in deren Heimat besucht und auch eine Reihe von Besuchen der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder in Österreich stattfanden. Auch besteht grundsätzlich kein Zweifel daran, dass in Österreich ein gemeinsames Familienleben gemeinsam mit den beiden Kindern beabsichtigt ist. Allerdings steht im gegebenen Zusammenhang auch fest, dass die Beschwerdeführerin bislang mit Ausnahme ihrer kurzfristigen Besuche keine Bezugspunkte zu Österreich hat, vielmehr in Bosnien aufgewachsen ist und dort lebt, neben der deutschen Sprache auf dem A1-Niveau bosnisch spricht und ihre gesamte Familie in Bosnien lebt. Auch der Gatte der Beschwerdeführerin lebt seinen eigenen Angaben zufolge erst seit dem Jahre 2004 im Bundesgebiet, kam sohin im Alter von dreißig Jahren nach Österreich und verfügt weiters über einen bis 21. September 2015 befristeten Aufenthaltstitel. Auch ist im gegebenen Zusammenhang festzuhalten, dass Dienstort des Herrn M. D. I. ist und sich das in Österreich beabsichtigte Familienleben auf Grund der großen Distanz zwischen dessen Wohn- und Arbeitsort wohl kaum vom bisher entfalteten unterscheiden würde. Berücksichtigungswürdige Gründe, aus welchen die Beschwerdeführerin und ihr Gatte deren Familienleben nicht auch in Bosnien entfalten können, sind im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen, zumal die Beschwerdeführerin etwa diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung am 1. September 2014 befragt lediglich darlegte, der Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels sei deshalb erst zehn Jahre nach der Eheschließung erfolgt, weil die Reisefreiheit zwischen Bosnien und Österreich erst sehr spät eingeführt worden sei. Auch habe diese Entscheidung mit den Kindern des Ehepaares zu tun gehabt. Letzteres erscheint für das Veraltungsgericht Wien als durchaus nachvollziehbar, wenn auch festzuhalten ist, dass auch die Kinder des Ehepaares in Bosnien aufgewachsen sind – der ältere Sohn des Paares besuchte in Bosnien die Volksschule – und dort vollumfänglich sozialisiert sind.

Weiters ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin keine beruflichen Bindungen im Bundesgebiet aufweist und auch nur ansatzweise soziale Vernetzungen der Einschreiterin in Österreich bestehen. Auch entspricht es den Tatsachen, dass die Beschwerdeführerin in Bosnien lebt, wo auch ihre gesamte Familie beheimatet ist, sie somit starke familiäre Bindungen dort aufweist, zumal auch ihre Kinder wie bereits dargelegt bislang in Bosnien aufwuchsen und dort entsprechend sozialisiert sind. Auch steht fest, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Heimat über 5 Jahre hinweg als Verkäuferin erwerbstätig war und sie daher beruflich in Bosnien entsprechend verfestigt ist. Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in Bosnien entsprechend sozialisiert ist und mit Ausnahme der hier geführten Ehe, welche grundsätzlich auch in ihrem Heimatstaat entfaltet werden kann, keine Bindungen zu Österreich bestehen.

Somit ist zusammenfassend festzuhalten, dass der fehlende Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen Kinder auf eine ortsübliche Unterkunft in Abwägung mit dem durch das Ehepaar bislang fast ausschließlich in Bosnien entfalteten Familienleben und den sonstigen integrationsbestimmenden Merkmalen zu einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Versagung des beantragten Aufenthaltstitels über die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an der Erteilung dieses Aufenthaltstitels führte.

Die Vorschreibung der Kosten für den beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher gründet sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der Beurteilung der Ortsüblichkeit einer Unterkunft für eine vergleichbar große Familie im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG abweicht.

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