BVwG W147 2117743-3

BVwGW147 2117743-316.6.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG 1950 §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2 Z1
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG 1950 §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W147.2117743.3.00

 

Spruch:

W147 2012494-4/3E

 

W147 2012428-4/3E

 

W147 2012424-4/3E

 

W147 2012429-4/3E

 

W147 2012427-4/3E

 

W147 2117743-3/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerden von (1.) XXXX , geb. XXXX , (2.) XXXX , geb. XXXX , (3.) XXXX , geb. XXXX , (4.) XXXX , geb. XXXX , (5) XXXX , geb. XXXX , (6) XXXX , geb. XXXX , alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung, alle Staatsangehörige der Russischen Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 10. Mai 2017, Zl. (1) 821884003-170164736 (2) 821884101-170164752 (3) 811884210-170164765

(4) 821884308-170164779 (5) 821884406-170164787 (6) 1046232502-170164809, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 FPG 2005, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

 

Der Erstbeschwerdeführer reiste gemeinsam mit seiner Ehegattin (Zweitbeschwerdeführerin) und den minderjährigen Kindern (Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer) unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und brachten diese am 28. Dezember 2012 Anträge auf internationalen Schutz ein. Die Sechstbeschwerdeführerin wurde im Bundesgebiet geboren und für diese am 25. November 2014 ihr erster Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

 

Zunächst wurden die Anträge auf internationalen Schutz von den Beschwerdeführern 1 bis 5 mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 2. September 2014 in Bezug auf den Status des Asyl- wie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden nicht erteilt, Rückkehrentscheidungen gegen Beschwerdeführer 1 bis 5 erlassen und festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.

 

Diese Bescheide wurden mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2014 behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung von neuen Bescheiden an die belangte Behörde zurückverwiesen. Aufgetragen wurde der belangten Behörde insbesondere eine Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin zu den von ihr miterlebten Ereignissen, da eine solche im Verfahren unterblieben sei.

 

Nach ergänzenden Einvernahmen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurden die Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Beschwerdeführer mit Bescheiden des Bundesamts vom 29. Oktober 2015 in Bezug auf den Status von Asyl sowie subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden nicht erteilt. Gegen die Beschwerdeführer wurden Rückkehrentscheidungen erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.

 

Die Beschwerden gegen diese Bescheide wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten ihr Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen können. Auch würden ihnen im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation keine Behandlung oder Lebensumstände drohen, welche die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gebieten würden. Schließlich würden die Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erfüllen; insbesondere seien sie in Österreich noch nicht ausreichend intensiv integriert, dass dies ihrer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen würde.

 

Diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden am 20. Juli 2016 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

 

Sämtliche Familienmitglieder begründeten die mit Erkenntnissen vom 18. Juli 2016 erledigten Anträge auf internationalen Schutz zunächst ausschließlich mit gegen den Erstbeschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen in der Russischen Föderation. Dieser brachte als Begründung seines Antrages vor, dass sich sein Vater im Jahr 2000 tschetschenischen Kämpfern angeschlossen habe und im selben Jahr bei Kampfhandlungen getötet worden sei. Seither hätten "Russen" das Haus der Familie wiederholt aufgesucht und durchsucht und dort versteckte Waffen vermutet. Selbst nach dem Abzug der "Russen" aus Tschetschenien hätten Abgesandte von Kadyrow die Familie aufgesucht und diese aufgefordert, Waffen abzugeben. Im Jahr XXXX sei dann ein Cousin des Erstbeschwerdeführers mitgenommen und bei einer Einheit Kadyrows gefangen gehalten worden. Für 500.000 Rubel sei er freigekauft worden; bei seiner Abholung aus der Gefangenschaft sei er blutüberströmt gewesen und an den Folgen dieser Verletzungen am XXXX verstorben. Vier Monate später hätten die Behörden das Haus der Familie erneut aufgesucht und den Erstbeschwerdeführer mitnehmen wollen. Die Behördenvertreter hätten nicht geglaubt, dass der Cousin verstorben sei und nach diesem gesucht. Der Erstbeschwerdeführer sei bei dieser Dursuchung geschlagen worden; dann seien Anrainerrinnen herbeigeeilt und hätten – gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin – schreiend verlangt, vom Erstbeschwerdeführer abzulassen. Die Behörden hätten damit gedroht, den Erstbeschwerdeführer umzubringen, sollten die Waffen nicht herausgegeben werden. Bis zum 19. oder 20. Dezember 2012 seien die Behörden nicht wiedergekehrt; an diesem Tag habe der Erstbeschwerdeführer beobachtet, dass Abgesandte Kadyrows das Heim der Familie aufgesucht hätten, als er nach Hause gekommen sei. Er habe sich aus Angst zu Verwandten begeben und sei am 23. Dezember 2012 aus der Russischen Föderation ausgereist.

 

Dieses Vorbringen wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis vom 18. Juli 2016 als unglaubwürdig gewertet.

 

Zusätzlich brachte die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 29. Oktober 2015 erstmals vor, sie würde in Tschetschenien nunmehr auch deshalb verfolgt werden, weil sie begonnen habe, einen Hijab zu tragen; auch dieses Vorbringen wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 mit Verweis auf näher bezeichnete Dokumentationsquellen über die örtlichen Gegebenheiten in der Russischen Föderation, welche dieser Einschätzung widersprechen würden, als unglaubwürdig qualifiziert.

 

2. Zweites Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

 

Am 25. August 2016, sohin einen Monat nach Rechtskraft des Erstverfahrens, stellten sämtliche Beschwerdeführer erneut Anträge auf internationalen Schutz (Folgeanträge).

 

Der Erstbeschwerdeführer begründete seinen Folgeantrag dahingehend, er werde in der Heimat nach wie vor gesucht, weshalb er erneut um Asyl ansuche. Er habe kürzlich zu seiner in Tschetschenien lebenden Tante per Skype Kontakt aufgenommen. Diese habe ihm mitgeteilt, auf keinen Fall zurückzukommen, weil einige Personen nach ihm gesucht hätten. Er werde verfolgt, weil sein Vater gegen die Russen gekämpft hätte; sein Cousin sei von den örtlichen Behörden getötet worden. Zu seinen Befürchtungen, was ihm in der Heimat drohe, brachte er vor, davon überzeugt zu sein, getötet zu werden, sollte er zurückkehren müssen. Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise dafür gebe, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung oder Strafe, die Todesstrafe oder sonstige Sanktionen drohen würden, antwortete der Erstbeschwerdeführer, dass dies nicht der Fall sei, er jedoch davon überzeugt sei, wie sein Vater und Cousin von den Behörden getötet zu werden, welche nicht nach dem Gesetz handeln würden. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen seiner Situation oder Fluchtgründe bekannt seien, antwortete er: "Es gibt keine Änderungen."

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Neuerungen seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz an, sie wisse nicht, dass der Antrag schon entschieden worden sei. Ihr Anwalt habe den Beschwerdeführern angeraten, einen neuerlichen Antrag zu stellen. Eine Verwandte ihres Mannes habe diesem per Skype mitgeteilt, dass die Familie auf keinen Fall zurückkommen solle. Denn der Erstbeschwerdeführer werde nach wie vor gesucht. Kürzlich seien wieder Personen zum Haus der Familie gekommen und hätten nach ihm gesucht. Der Cousin des Erstbeschwerdeführers sei getötet worden; danach hätten dessen Mörder auch ihren Gatten gesucht. Den Grund dafür kenne sie nicht, die Behörden würden aber handeln, wie sie wollten.

 

Mit Bescheiden wies das Bundesamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 25. August 2016 wegen entschiedener Sache zurück (jeweils Spruchpunkt I.). Ferner wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sämtliche Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Ferner wurde für sämtliche Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (jeweils Spruchpunkt II.). Schließlich bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

 

In Folge der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde diese mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2017, W234 2012494-3/4E, W234 2012428-3/4E, W234 2012424-3/4E, W234 2012429-3/4E, W234 2012427-3/4E, W234 2117743-2/4E, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG und § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

 

Diese Erkenntnisse wurden am 9. Jänner 2017 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

 

3. Drittes Verfahren:

 

Am 7. Februar 2017, sohin einen Monat danach, stellten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die restlichen Beschwerdeführer nunmehr verfahrensgegenständliche Folgeanträge auf internationalen Schutz.

 

Dabei gab der Erstbeschwerdeführer vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge der Erstbefragung zum Grund für die neuerliche Antragstellung an, würde er nach Hause zurückkehren, werde er bestenfalls für zehn Jahre ins Gefängnis "gesteckt", im schlimmsten Fall ermordet oder in ein Kriegsgebiet entsendet. Er habe ein Ladung von der Kriminalpolizei in Tschetschenien erhalten, nach ihm werde gefahndet. Die Ladung habe er am 29. Jänner 2017 von einem Freund aus Tschetschenien erhalten. Seine Tante habe diese Ladung am 20. Oktober 2016 übernommen. Befragt, ob er all seine Gründe genannt habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe sowohl in früheren Verfahren als auch jetzt alle Gründe genannt.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge ihrer Erstbefragung am selben Tag an, die Familie könne nicht in ihre Heimat zurückkehren, da der Erstbeschwerdeführer dort große Probleme habe. Ihr Gatte habe eine Ladung bekommen; sie hätten beschlossen, dass diese nach Österreich geschickt werde, wann dies der Fall gewesen sei, könne sie nicht angeben, da über alle wichtigen Dinge ihr Gatte entscheide. Im Falle einer Rückkehr bestehe zu 100%iger Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass der Erstbeschwerdeführer ins Gefängnis "gesteckt" oder ermordet werde. In ihrer Heimat herrsche Willkür, in Österreich fühlen sich die Beschwerdeführer sicher. Ihre Kinder würden wesentlich besser Deutsch als Tschetschenisch sprechen und würden diese große Schwierigkeiten haben, sich in Tschetschenien einzuleben.

 

Am 21. April 2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor der EAST-Ost statt. Der Erstbeschwerdeführer erklärte zu Beginn nach erfolgter Rechtsberatung, er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren. Auch die Kinder seien gesund. Er nehme Arzneimittel gegen Stresszustände und für bessere Laune ein.

 

In seinem Herkunftsstaat aufhältig sei neben seiner Mutter, eine Tante und ein Onkel sowie eine Halbschwester. Mit seiner Mutter stehe er über Skype ein oder zweimal im Monat in Kontakt. Seine Gattin habe neben ihren Eltern, zwei Brüder und zwei Schwestern im Herkunftsstaat, auch zu diesen bestehe Kontakt.

 

Befragt zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung führte der Erstbeschwerdeführer aus, er werde gesucht und lege in diesem Zusammenhang die bereits erwähnte Ladung im Original vor. Andere Gründe habe er nicht, aber werde er von den Behörden gesucht. Im Fall seiner Rückkehr werde er getötet oder bestenfalls ins Gefängnis kommen. Es bestehe auch die Gefahr, dass er nach Syrien zum Kämpfen geschickt werde, so werde dies bei ihnen zu Hause gemacht. Vor kurzem sei eine Militäreinrichtung von Terroristen überfallen worden, dies sei im Fernsehen gezeigt worden. Auch sei gezeigt worden, dass die Angreifer dabei getötet worden seien. Einen von diesen habe er persönlich gekannt, mit diesem als Kind gemeinsam Fußball gespielt. Man habe auf den Handgelenken Spuren von Handschellen gesehen; die Behörden hätten einfach irgendjemanden getötet und ihn dann am Tatort abgelegt. Die tatsächlichen Terroristen seien aber weg. Im Anschluss daran seien die Verwandten von den Getöteten aus Tschetschenien vertrieben und deren Häuser niedergebrannt worden. Deshalb habe er Angst nach Hause zurückzukehren. Die Behörden würden bestimmt mit dem Erstbeschwerdeführer das Gleiche machen und auch ganz sicher seine Verwandten vertreiben. Befragt was dieser Vorfall mit dem Erstbeschwerdeführer zu tun habe antwortete dieser, sein Freund sei als Terrorist bezeichnet worden, obwohl dieser keiner gewesen sei. Auch sein Onkel; dieser habe allerdings damals gegen die Russen gekämpft.

 

Befragt, woher der Erstbeschwerdeführer wisse, dass er nach Syrien müsste, vermeinte der Erstbeschwerdeführer, dies aus dem Internet erfahren zu haben. Viele Menschen würden von den Behörden gezwungen werden, nach Syrien zu gehen um zu kämpfen. Er habe auch im Internet gelesen, dass Menschen in Haft gequält werden; wenn man ins Gefängnis komme und dann später wieder herauskommen sollte, dann sei die Gesundheit ruiniert. Die Häftlinge würden mit Skorpionen gestochen werden, man führe Flaschen in den After oder Stacheldraht. Sein Cousin sei auch mitgenommen worden, zehn Tage hindurch angehalten worden und so schlimm zugerichtet, dass er danach gestorben sei.

 

Befragt, wann er erfahren habe, dass Behörden Menschen dazu zwingen würden, in Syrien zu kämpfen führte der Erstbeschwerdeführer aus, vor circa einem Jahr. Diese Befürchtung habe er bereits im Zuge der Erstbefragung zu diesem Asylverfahren erwähnt.

 

Dezidiert befragt, ob die Befürchtung nach Syrien geschickt zu werden in Zusammenhang mit der erhaltenen Ladung stünde, antwortete der Erstbeschwerdeführer "ja, klar." Die Gründe für seine Antragstellung seien also im Wesentlichen seit 2012 unverändert und halte er diese aufrecht. Jetzt habe er eine Vorladung.

 

Dezidiert befragt ob also seit seiner Antragstellung im Jahr 2012 keine Änderungen an seinem Fluchtvorbringen eingetreten seien, antwortete der Erstbeschwerdeführer "Nein, keine". Er denke, dass sich die Lage verschlimmert hätte, seiner Tante habe man diese Vorladung ausgehändigt und gedroht, sie wüssten, wo sich die Familie des Erstbeschwerdeführers verstecken würde. Aber sie hätten keine Macht hierher zu kommen. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er wie bereits ausgeführt entweder getötet oder für zehn bis 15 Jahre ins Gefängnis zu kommen oder nach Syrien geschickt zu werden. Oder sie würden ihn zwingen, Informationen über Tschetschenen, die hier in Österreich leben auszuliefern. Eher würde er aber Selbstmord begehen.

 

Die Frage ob er in seinem Herkunftsstaat vorbestraft sei, verneinte der Erstbeschwerdeführer. Als er 16 Jahre alt gewesen sei, sei er unterwegs angehalten und seine Papiere kontrolliert worden. Sie hätten sich die Daten seines Passes notiert und über seine Frage nach dem Zweck gesagt, dass in der Nähe eine Person getötet worden sei und er als Zeuge geführt werde. Über einen Bekannten habe er dann erfahren, dass die Polizisten dem Erstbeschwerdeführer den Mord "anhängen" wollten.

 

Befragt nach Problemen aufgrund seiner Religion führte der Erstbeschwerdeführer nunmehr aus, damals nicht, aber jetzt schon. Die Behörden würden den Islam auslegen wie sie möchten. Die einen Bart tragen würden, würden mitgenommen werden. Er habe bereits erzählt, dass die Behörden derzeit praktizieren würden, junge Männer mitzunehmen, zu töten und zu behaupten, sie seien Terroristen gewesen; all diese Männer hätten Bärte getragen. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er keinen Bart getragen, jetzt, falls er nach Hause geschickt werde, könnte ihm gleiches widerfahren. Er sei in Österreich noch kein einziges Mal wegen seines Bartes oder seiner Kleidung aufgehalten worden; hier werde seine Religion respektiert. Zu Hause würde er sicher mitgenommen werden wegen seines Bartes. Befragt, ob der Bart für ihn ein religiöses Symbol darstelle antwortete der Erstbeschwerdeführer, im Koran sei geschrieben, dass Männer als Moslem Bärte tragen sollen und Frauen den Hijab. Befragt weshalb er bei seiner Einreise nach Österreich keinen Bart trug, rechtfertigte dies der Erstbeschwerdeführer mit seiner Angst mitgenommen zu werden, seine Gattin habe auch keinen Hijab getragen. Dezidiert befragt, ob der Erstbeschwerdeführer somit erklären wolle, dass schlechthin jeder Tschetschene, der einen Bart trage Gefahr laufe, seitens der Behörden als Terrorist eingestuft und erschossen zu werden, antwortete der Erstbeschwerdeführer "Nicht jeder, ein Polizist zB oder ein Mullah darf einen Bart tragen. Gemeint sind die Normalsterblichen wie ich." Sich den Bart abzurasieren, um diesem Problem zu entgehen sei eine Schande. Außerdem würden sie dann einen anderen Grund finden. Über Vorhalt, wonach die Sorge einer religiösen Unterdrückung bereits im Vorverfahren abgehandelt worden sei, rechtfertigte sich der Erstbeschwerdeführer, er könne sich nicht genau erinnern. Er habe nach der Beschwerde sogleich eine negative Entscheidung erhalten und kein Interview gehabt. Das habe er seinem Anwalt zu verdanken, der ihn betrogen und nur Geld kassiert hätte.

 

Probleme auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in seiner Heimat nicht gehabt. Er sei nicht in "Russland" unterwegs gewesen, nur einmal bei seiner Ausreise nach Österreich. Probleme auf Grund seiner politischen Überzeugung, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder weitere persönliche Probleme mit staatlichen Behörden oder Gerichten habe er nicht gehabt.

 

In weiterer Folge wurden Unterlagen bezugnehmend auf Integrationsbemühungen der Familie des Erstbeschwerdeführers vorgelegt.

 

Auf die Möglichkeit zu den ihm vorgehaltenen Länderberichten Stellung zu nehmen verzichtete der Erstbeschwerdeführer, er habe diese nun bereits zum vierten Mal bekommen.

 

Abschließend wurde dem Erstbeschwerdeführer mitgeteilt, dass aus Sicht der belangten Behörde eine mutwillige Antragstellung vorliege und beabsichtigt sei, über den Erstbeschwerdeführer eine Mutwillenstrafe zu verhängen.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin legte zu Beginn ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde Zeugnisse über absolvierte Deutschkurse und eine Bestätigung vor, wonach sie ehrenamtlich als Reinigungskraft arbeite. Sie fühle sich physisch und psychisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen, sei gesund. Auch ihre Kinder seien gesund.

 

Ihre bisherigen Angaben entsprechen der Wahrheit. Die Zweitbeschwerdeführerin erstattete sodann ihre familiäre Situation im Herkunftsland und gab an, dass nach wie vor Kontakt zu ihren Angehörigen bestehe.

 

Befragt nach den Gründen für die neuerliche Antragstellung führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, sie könnten wegen der Probleme ihres Mannes auf keinen Fall nach Hause fahren. Befragt, ob sich seit ihrer ersten Antragstellung etwas geändert hätte bzw. ob sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom Jänner 2017 etwas geändert hätte, gab sie an, sie hätten nunmehr eine Vorladung erhalten. Weitere Fluchtgründe bestünden nicht. Die Gründe für ihre Antragstellung seien also im Wesentlichen seit 2012 unverändert und halte sie diese aufrecht.

 

Im Falle einer Rückkehr würde ihr Gatte ins Gefängnis wandern oder gar getötet werden.

 

Mit den im Spruch angeführten Bescheiden wurden die Anträge auf internationalen Schutz vom 7. Februar 2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchteil II. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurden erneut eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei. Unter Spruchteil III. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt.

 

Die Bescheide wurde im Wesentlichen damit begründet, dass entschiedene Sache vorliege, das Vorbringen der Beschwerdeführer in einem rechtskräftig beendeten Verfahren bereits als nicht glaubwürdig erachtet worden sei und die vorgelegten neuen Beweismittel nicht geeignet seien, an dieser Einschätzung etwas zu ändern. Im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und der Integration hätten sich für die belangte Behörde keine Umstände ergeben, die zu einer anderen Einschätzung als in den rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren geführt hätten.

 

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes, durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten zu den in Rechtskraft erwachsenen Verfahren und schließlich durch Einsicht in Auszüge aus ZMR, GVS und IZR.

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Sie bekennen sich zum muslimischen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet und sind diese Eltern der restlichen Beschwerdeführer.

 

Die Beschwerdeführer gelangten illegal zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt auf österreichisches Bundesgebiet und stellten am 28. Dezember 2012 (Beschwerdeführer 6 am 25. November 2014) ihren ersten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz und sind seither ununterbrochen im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Über diese Anträge wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 rechtskräftig negativ entschieden. Dabei wurde gleichzeitig eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation festgestellt.

 

Die Beschwerdeführer stellten daraufhin am 25. August 2016 Folgeanträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation festgestellt. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2017 wurde über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden rechtskräftig negativ entschieden.

 

Daraufhin stellten die Beschwerdeführer am 7. Februar 2017 weitere, verfahrensgegenständliche Folgeanträge auf internationalen Schutz, die mit den im Spruch genannten Bescheiden wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation festgestellt.

 

Im gegenständlichen Fall ergab sich nach wie vor weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in den Personen der Beschwerdeführer gelegenen Umstände.

 

In Bezug auf die individuelle Lage der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann auch unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über die Anträge auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

 

Die Beschwerdeführer halten sich seit dem Jahr 2012 im Bundesgebiet auf. Eine nachhaltige, umfassende und fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführer hat während des Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht stattgefunden, wenn auch durchaus Ansätze einer Integration festzustellen waren. Eine relevante integrative Vertiefung seit Rechtskraft der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Jänner 2017 liegt nicht vor und wurde auch im nunmehrigen Verfahren nicht behauptet.

 

Die Beschwerdeführer sind illegal eingereist, haben drei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und waren nicht gewillt, nach negativem Ausgang der ersten beiden Verfahren freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

 

2. Rechtliche Beurteilung samt Beweiswürdigung:

 

Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Zu A)

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913;

27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344;

6.11.2009, 2008/19/0783). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

 

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783).

 

Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684).

 

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, dh könnten die behaupteten neuen Tatsachen – gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung – zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl VwGH 19.7.2001, 99/20/0418; 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl auch VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 4.5.2000, 98/20/0578; 4.5.2000, 99/20/0193; 7.6.2000, 99/01/0321; 21.9.2000, 98/20/0564; 20.3.2003, 99/20/0480; 4.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.3.2005, 2003/20/0468; 30.6.2005, 2005/18/0197; 26.7.2005, 2005/20/0226; 29.9.2005, 2005/20/0365; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344).

 

Bei der Prüfung der "Identität der Sache" ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben – nochmals – zu überprüfen. Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 2.7.1992, 91/06/0207 mwN). Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2002, 2000/07/0235). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl VwGH 09.09.1999, 97/21/0913).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder – falls entschiedene Sache vorliegt – das Rechtsmittel abzuweisen oder – falls dies nicht zutrifft – den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400; 15.9.2010, 2008/23/0334 mwN; 15.12.2010, 2007/19/0265).

 

"Sache" der vorliegenden Beschwerdeverfahren ist ausschließlich die Frage, ob das BFA zu Recht die neuerlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Im Rahmen des ersten Rechtsganges wurde das Vorbringen der Beschwerdeführer zu den (behaupteten) Fluchtgründen einer umfassenden Beurteilung unterzogen. Dabei wurde verneint, dass die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung im asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt wären, dies aufgrund der festgestellten Unglaubwürdigkeit der Angaben. Auf die im Verfahrensgang wiedergegebene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 wird verwiesen, in der ausführlich dargelegt wurde, warum den Beschwerdeführern keine Verfolgung iSd. Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im dritten, nunmehrigen Antrag haben sich die Beschwerdeführer auf dasselbe Vorbringen wie im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bezogen und gemeint, dass unvermindert die im Erstverfahren geschilderte Verfolgung im Herkunftsstaat bestehe, sie nunmehr jedoch eine Vorladung vorlegen können.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid vollkommen zu Recht ausgeführt, dass die Beschwerdeführer sich auf dieselben Gründe beziehen, die bereits vor Rechtskraft des ersten Verfahrens bestanden haben, weshalb diese nicht geeignet sind, einen neuen Antrag zu begründen, sondern vielmehr die Rechtskraft der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

 

Der erkennende Richter sieht dem zu Folge keinerlei Grund, von der Einschätzung im rechtskräftigen, inhaltlichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 abzuweichen, dass nämlich die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat nicht aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung verlassen haben.

 

Die Beschwerdeführer haben im gegenständlichen Verfahren ein Beweismittel vorgelegt, das ihr Vorbringen aus dem ersten Verfahren belegen soll.

 

Die vorgelegte Vorladung ist jedoch - unbeschadet des Vorlagezeitpunktes nach Ablauf der Frist zur Ausreise - nicht geeignet an der Beurteilung des Fluchtvorbringens als unglaubwürdig im ersten rechtskräftig beendeten Verfahren zu rütteln. Bereits im Erkenntnis vom 18. Juli 2016 wurde festgehalten, dass das von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen unschlüssig und nicht nachvollziehbar ist.

 

Die belangte Behörde ist im Lichte des Gesagten vollkommen zutreffend davon ausgegangen, dass die vorgelegte Vorladung – unbeschadet ihrer Echtheit - dem Vorbringen nicht mehr Glaubwürdigkeit verleihen kann, ist doch, wie dargelegt, das Vorbringen der Beschwerdeführer dem Grunde nach, nämlich eine Verfolgung des Erstbeschwerdeführers, im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als unglaubwürdig beurteilt worden.

 

Nochmals ist in diesem Zusammenhang in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zu betonen, dass eine Ladung für sich genommen noch keinen Beweis für eine asylrelevante Verfolgung darstellt. Dass die Übermittlung der nunmehr in Vorlage gebrachten Ladung just zu jenem Zeitpunkt stattfand, als die neuerliche Frist zur Ausreise der Beschwerdeführer abgelaufen ist, verbleibt nur nebenbei bemerkt.

 

Sämtliche anderen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, die schlussendlich zur Wertung der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens gelangten, konnten durch die vorgelegte Unterlage keinesfalls widerlegt werden, weshalb das nunmehrige Vorbringen als Steigerung zu werten war. Das Bundesamt ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass die Angaben zur behaupteten Verfolgung im Herkunftsstaat auch im Lichte der vorgelegten Unterlage nicht glaubhaft sind und von keinem glaubhaften Kern auszugehen ist.

 

Auch zutreffend wies das Bundesamt in seinen Bescheiden darauf hin, dass das Vorbringen einer Diskriminierung im Herkunftsstaat auf Grund der Religion einerseits bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vom 18. Juli 2016 mitbehandelt worden ist und demzufolge auch dem Hindernis der entschiedenen Sache entgegensteht. Abermals ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass bei ihrer Einreise nach Österreich weder der Erstbeschwerdeführer einen Bart noch die Zweitbeschwerdeführerin Hijab trugen und vor dem Hintergrund der nunmehr dritten Antragstellung in diesem Zusammenhang von reinen Schutzbehauptungen auszugehen ist, die auch den nach wie vor aktuellen Länderberichten widersprechen.

 

Die Beschwerdeführer haben weder in den Einvernahme vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde konkret dargelegt, inwieweit sich die allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 bzw. vom 9. Jänner 2017 derart verändert haben soll, dass nunmehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung bzw. Gefährdung der Beschwerdeführer auszugehen sein soll. Der Erstbeschwerdeführer verzichtete auch auf eine Stellungnahme und verwies darauf, er habe diese Berichte nunmehr bereits zum vierten Mal erhalten.

 

Weiters ist auszuführen, dass sich ein Antrag auf internationalen Schutz auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet und daher auch Sachverhaltsänderungen die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen sind (vgl. VwGH 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344).

 

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und sie bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würden, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Es haben sich keine Hinweise auf eine schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführer ergeben. Auch der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer hat sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erst- und Zweitverfahrens nicht entscheidungswesentlich verändert.

 

In den Erkenntnissen vom 18. Juli 2016 bzw. vom 9. Jänner 2017 wurde bezugnehmend auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer dargelegt, dass diese nicht geeignet sind, eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung in die Russische Föderation zu begründen, zumal adäquate Behandlungsmöglichkeiten in der Russischen Föderation vorhanden sind.

 

Sämtliche Beschwerdeführer sind nach ihren eigenen Angaben gesund.

 

Wie im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren waren die Beschwerdeführer unverändert darauf zu verweisen, dass ihnen für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Bestreitung ihres lebensnotwendigen Unterhalts zumutbar ist.

 

Es sind im gegenständlichen Asylverfahren jedenfalls keine Umstände hervorgekommen, welche den Schluss zuließen, die Beschwerdeführer würden bei einer Abschiebung in eine "unmenschliche Lage" versetzt werden, und finden sich auch in der Beschwerde hiezu keine substantiierten Anhaltspunkte. Ausgehend von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens konnten sie in keiner Weise darlegen, dass sich an ihrer Situation bei einer allfälligen Rückkehr in die Russische Föderation seit rechtskräftigem Abschluss des ersten inhaltlichen Asylverfahrens so Maßgebliches geändert haben sollte, dass eine anderslautende Entscheidung geboten wäre.

 

Letztendlich ergibt sich aus der aktuellen Länderdokumentation des BFA zur Russischen Föderation auch, dass kein Grund besteht, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gem. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist. Diese Situation im Herkunftsstaat hat sich seit rechtskräftigem Abschluss der Vorverfahren im Juli 2016 und Jänner 2017 nicht entscheidungswesentlich verändert und es finden sich auch in der Beschwerde keine substantiierten bzw. konkreten Hinweise dafür.

 

Die Beschwerdeführer verkennen offensichtlich, dass durch die Rechtskraft einer Entscheidung deren Überprüfung oder Wiederholung jedenfalls unzulässig und ausgeschlossen ist. Bescheide, die – selbst auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen – in Rechtskraft erwachsen sind, sind verbindlich. Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls eine andere Beurteilung der seinerzeit im ersten Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu einem anderen Spruch führen würden, von vornherein als ausgeschlossen zu qualifizieren.

 

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführer gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung der Anträge nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

 

Die angefochtenen Bescheide waren sohin hinsichtlich Spruchpunkt I. zu bestätigen.

 

Zur Rückkehrentscheidung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Beschwerdeführer haben sich seit Jänner 2012 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet gewesen und sind sie auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgten die Abweisungen der Anträge auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status von subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

( )

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

( )

 

kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Diese Bestimmungen sind auch bei der Zurückweisung eines Folgeantrags nach § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden, da weiterhin eine rechtskräftige abweisende Entscheidung gemäß §§ 3 und 8 AsylG vorliegt (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Die Beschwerdeführer sind als "Kernfamilie" im selben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen. Eine Rückkehrentscheidung stellt demnach keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK dar.

 

Ist im gegenständlichen Fall demnach ein Eingriff in das Familienleben iSd. Art. 8 EMRK zu verneinen, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben der Beschwerdeführer eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

 

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

 

Im gegenständlichen Fall sind die Beschwerdeführer im Jahre 2012 nach Österreich eingereist und beruhte ihr Aufenthalt auf mittlerweile drei Anträgen auf internationalen Schutz, die sich jedoch als nicht berechtigt erwiesen haben.

 

Bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2016 wurde berücksichtigt, dass die Beschwerdeführer in Österreich zahlreiche integrative Schritte gesetzt haben und die Kinder – entsprechend der Schulpflicht – die Schule besuchen. Auch hat sich das Bundesverwaltungsgericht in diesen Erkenntnissen umfassend mit der Anpassungsfähigkeit der minderjährigen Beschwerdeführer auseinandergesetzt und eine Wiedereingliederung und (Re)Sozialisierung für möglich befunden.

 

Die Beschwerdeführer verfügen auch über starke Bindungen zum Herkunftsstaat, wo sie ihr Leben bis zur Ausreise verbracht haben, die Landessprache sprechen und ihre Schulbildung genossen haben. Sie haben Familienangehörige und weitere Verwandte im Herkunftsstaat. Eine Wiedereingliederung in die russische Gesellschaft ist – auch mit Unterstützung ihrer dortigen Verwandten – jedenfalls zumutbar. Der Erstbeschwerdeführer war auch beruflich im Herkunftsstaat tätig, während die Beschwerdeführer in Österreich von der Grundversorgung leben, nach wie vor nicht selbsterhaltungsfähig sind und der Erstbeschwerdeführer in Österreich noch keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging. Dass er hingegen durch Schwarzarbeit Familieneinkommen neben Bezug von sozialer Unterstützung nach eigenen Angaben von bis zu € 1.400,-- erwirtschaftet, sei hier nur am Rande angemerkt. Auch die im nunmehrigen Verfahren vorgelegten Unterlagen und Empfehlungsschreiben vermögen an der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts in den bisherigen Erkenntnissen vom 18. Juli 2016 bzw. vom 9. Jänner 2017 nichts zu ändern.

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK dar.

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 rechtskräftig verneint, wobei nach der oa. Beurteilung unverändert von diesem Ergebnis auszugehen ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016 rechtskräftig verneint, wobei nach der oa. Beurteilung unverändert von diesem Ergebnis auszugehen ist.

 

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Russische Föderation nicht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation ist gegeben, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde, was auch in den angefochtenen Bescheiden erneut überprüft wurde. Aus den in den angefochtenen Bescheiden zitierten Länderinformationen ergibt sich keine für die Beschwerdeführer veränderte Situation seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juli 2016.

 

Das Bundesamt ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation zulässig ist.

 

§ 55 Abs. 1a FPG normiert als Konsequenz einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise entfällt.

 

Entfall der mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) – folgend: GRC – hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

 

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

 

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, Zl. U 466/11 ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

 

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Projiziert auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Inhalt der Verwaltungsakte die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.

 

In der Beschwerde finden sich auch keine Hinweise, wonach eine weitere mündliche Verhandlung notwendig ist, zumal sich dort keine substantiierten Ausführungen finden, die dies erforderlich machen würden. Vielmehr fehlt es der Beschwerde einem konkreten individuellen Vorbringen, sondern ist dieses vielmehr formelhaft und weist keine Substanz auf. Es findet sich dort insbesondere kein über das Vorbringen vor dem BFA hinausgehendes Vorbringen.

 

Der maßgebliche Sachverhalt war demnach aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch im Lichte des vergleichsweise kurzen verstrichenen Zeitraumes seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich – wie dargelegt – keine entscheidungswesentlichen Änderungen der Lage im Herkunftsstaat ergeben, was vom BFA durch die Einführung aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat in das Verfahren überprüft wurde. Bereits in der Entscheidung des BVwG vom 12. Jänner 2016 wurden umfangreiche Länderfeststellungen wiedergegeben, die im Wesentlichen gleichlautend sind wie die Länderfeststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

 

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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