OGH 11Os47/90 (RS0095739)

OGH11Os47/9027.7.2022

Rechtssatz

Der in § 202 Abs 1 StGB neu eingeführte Begriff der geschlechtlichen Handlung setzt (nicht anders als der ua für § 212 Abs 1 StGB weiterhin aktuelle Unzuchtsbegriff) geschlechtlichen Missbrauch voraus, bei dem zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörige, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümliche Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper der jeweils anderen Person in eine nicht bloß flüchtige, sexualbezogene Berührung gebracht werden.

Normen

StGB nF §202 Abs1

11 Os 47/90OGH13.06.1990

Veröff: JBl 1990,807

11 Os 148/91OGH11.02.1992

Beisatz: Maßgebliches Abgrenzungskriterium zur strafrechtlich nicht erfassten bloßen Zudringlichkeit ist, dass der Täter eine - nach den Wertmaßstäben eines sozial integrierten Durchschnittsmenschen - unzumutbare, sozial störende Rechtsgutsbeeinträchtigung im sexuellen Bereich setzt. (T1)

13 Os 20/92OGH08.04.1992

Vgl; Beisatz: Als geschlechtliche Handlungen im Sinne des § 202 StGB idF der StGNov 1989, BGBl 1989/242, sind solche objektiv erkennbar sexualbezogenen Handlungen anzusehen, die sowohl nach ihrer Bedeutung als auch nach Intensität und Dauer von einiger Erheblichkeit sind, so dass in ihnen nach den Wertmaßstäben eines sozial integrierten Durchschnittsmenschen eine unzumutbare, sozial störende Rechtsgutbeeinträchtigung im Intimbereich zu erblicken ist. (T2)

15 Os 62/92OGH24.09.1992

Beisatz: Sexualbezogene (telefonische) Äußerungen, auch wenn einer oder beide Gesprächsteilnehmer damit den Zweck verfolgen, sich durch deren Inhalt geschlechtlich zu erregen, erfüllen diese Voraussetzungen schon mangels eines körperlichen Kontakts der beiden Gesprächspartner nicht. (T3) <br/>Veröff: EvBl 1993/40 S 172

15 Os 194/98OGH17.12.1998
14 Os 139/98OGH15.12.1998

Vgl aber; Beisatz: Eine geschlechtliche Handlung hat keineswegs einen entsprechenden Körperkontakt zwischen Täter und Opfer zur Voraussetzung. Auch sexualbezogene Selbstberührungen entsprechen diesem Begriff. Die mittels (telefonischer) gefährlicher Drohung bewirkte Nötigung einer Person zur Masturbation erfüllt daher den Tatbestand der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB. (T4)

15 Os 62/02OGH05.09.2002

Auch; Beisatz: Die Verwirklichung der Tatbestände nach §§ 202 Abs 1 und 212 Abs 1 StGB setzt eine objektive, erkennbar sexualbezogene Handlung von bestimmter sozialstörender Erheblichkeit voraus, bei der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörige Körperpartien des Opfers mit dem Körper des Täters in nicht bloß oberflächliche sexuell motivierte Berührung gebracht werden. (T5)

11 Os 172/02OGH11.02.2003

Auch

13 Os 56/03OGH04.06.2003

Vgl aber; Beis ähnlich wie T2; Beis wie T4 nur: Eine geschlechtliche Handlung hat keineswegs einen entsprechenden Körperkontakt zwischen Täter und Opfer zur Voraussetzung. Auch sexualbezogene Selbstberührungen entsprechen diesem Begriff. (T6)

13 Os 80/04OGH14.07.2004

Vgl auch; Beisatz: Hier zu § 205 Abs 2 aF StGB. (T7)

12 Os 64/05mOGH15.09.2005

Vgl auch

12 Os 131/07tOGH15.11.2007

Auch; Beisatz: Es muss sich um nicht bloß flüchtige sexualbezogene Berührungen der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümlichen Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper der jeweils anderen Person oder mit Gegenständen handeln. (T8)

12 Os 5/09sOGH26.03.2009

Vgl; Beisatz: Der Begriff der geschlechtlichen Handlung umfasst jede nach ihrem äußeren Erscheinungsbild sexualbezogene Handlung, die sowohl nach ihrer Bedeutung als auch nach ihrer Intensität und Dauer von einiger Erheblichkeit ist und damit eine unzumutbare, sozialstörende Rechtsgutbeeinträchtigung im Intimbereich darstellt. (T9)<br/>Beisatz: Entscheidend ist der objektive Sexualbezug, eine sexuelle Tendenz ist (mit gewissen gesetzlich normierten Ausnahmen) nicht erforderlich. (T10)<br/>Beisatz: Hier: § 205 Abs 1 StGB. Mit Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bringt der Nichtigkeitswerber vor, „in keinster Weise sexuell erregt" gewesen zu sein. Damit wird - mit Ausnahme des hier nicht in Rede stehenden letzten Falls - kein Tatbestandselement des § 205 Abs 1 StGB angesprochen. Es ist nicht erforderlich, dass die geschlechtliche Handlung dem erregten Geschlechtstrieb des Täters entspringt. (T11)

11 Os 11/13xOGH12.02.2013

Vgl; Beisatz: Die nicht bloß flüchtige Berührung der weiblichen Brust ist eine geschlechtliche Handlung, auch wenn sie über der Kleidung erfolgt (hier: § 218 Abs 1 StGB). (T12)

13 Os 43/14vOGH15.04.2015

Vgl; Beis wie T8

13 Os 45/15iOGH10.06.2015

Vgl; Beis ähnlich wie T12; Beisatz: Ein fester Griff an die Scheide des bekleideten Opfers erfüllt das Tatbestandsmerkmal der geschlechtlichen Handlung unabhängig davon, ob das Opfer dünne oder feste Bekleidung trägt. (T13)

12 Os 74/16yOGH14.07.2016

Auch; Beis wie T12; Beis wie T13

14 Os 14/19vOGH05.03.2019
15 Os 74/19zOGH11.09.2019

Vgl; Beisatz: Der Angeklagte nahm die Hand des Opfers und legte diese auf seinen erigierten Penis. (T14)

11 Os 68/20iOGH22.07.2020

Vgl; Beisatz: Hier: Reiben des (wenn auch kleidungsmäßig bedeckten) Penis- und Hodenbereichs am nackten Gesäß des Tatopfers. (T15)

12 Os 58/20aOGH22.07.2020

Vgl

15 Os 54/22pOGH27.07.2022

Vgl

Dokumentnummer

JJR_19900613_OGH0002_0110OS00047_9000000_002