OGH 15Os62/92-8

OGH15Os62/92-824.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Hager und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Held als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herwig Hans He*****wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25.Februar 1992, GZ 10 Vr 2906/91-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiss, und des Verteidigers Dr.Lemesch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und teils demgemäß, teils aus deren Anlaß gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

a) in dem zu Punkt I. erfolgten Ausspruch, der Angeklagte habe zu einer geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, sowie in der rechtlichen Beurteilung dieser Tat als Vergehen der versuchten geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB,

b) in dem zu Punkt II.2 erfolgten Ausspruch, der Angeklagte habe mit dem Tod gedroht, sowie in der rechtlichen Unterstellung der ihm zu den Punkten II.1 und 2 angelasteten Taten auch unter die Bestimmung des § 106 Abs 1 Z 1 StGB,

c) in den Schuldsprüchen zu den Punkten II.3 und 4 sowie

d) im Strafausspruch aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird

1. in der Sache selbst erkannt:

Herwig Hans He***** hat durch die in den Punkten I. und II.1 und 2 des erstgerichtlichen Urteils umschriebenen Handlungen das Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB begangen;

2. die Strafsache im übrigen Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

III. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Herwig Hans He***** (I.) des Vergehens der (zu ergänzen: versuchten) geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB, (II.1. bis 4.) des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und (III.) des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Graz

(zu I.) am 21.Juni 1990 gegen 10.30 Uhr die Eva Maria Ha***** fernmündlich durch die Forderung: "Ich will von dir Telefonsex. Wenn du das tust, melde ich mich nie mehr. Ich wichse mir einen und du machst es ganz geil. Wenn du das gut machst, dann ruf ich dich nie mehr an. Ansonsten werde ich deine Telefonnummer indiskret weitergeben und du wirst schon sehen, was passiert", zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, nämlich zu verbal-erotischen Handlungen am Telefon, durch die gefährliche Drohung, ihr gesellschaftliches Ansehen zu schädigen, zu nötigen versucht,

(zu II.) nachangeführte Personen durch die folgenden telefonischen gefährlichen Drohungen, teils mit dem Tode, teils mit Verletzungen am Körper oder der Ehre zu den nachbeschriebenen Handlungen oder Unterlassungen zu nötigen versucht, indem er

1. am 21.Juni 1990 gegen 12.30 Uhr den Andreas Schu*****, den Lebensgefährten der Eva Maria Ha*****, durch die Äußerung: "So hör zu, du Arschloch, wenn du nicht gleich die Eva Maria an den Apparat holst, dann sehen wir uns noch heute und ich laß dir die Luft aus" sowie durch die wenige Minuten später erfolgte weitere Äußerung: "So, jetzt reichts, du Arschloch, jetzt sehen wir uns und dann passiert was" unter Androhung von Verletzungen am Körper zur Herbeiholung der Eva Maria Ha***** zu zwingen suchte,

2. am 25.Juni 1990 gegen 20.30 Uhr den Andreas Schu*****, welcher sich dem Beschuldigten (richtig: Angeklagten) gegenüber als Rechtsanwalt Dr.Sz***** ausgegeben hatte, und die Eva Maria Ha***** durch die Äußerung: "Du Bettwichser, ein Anruf noch und ich steige jetzt in mein Auto und fahr zu euch hin und drah euch ab, hast du mich verstanden, Herr Rechtsanwalt Dr.Sz*****, merk dir eines, ich erwische dich sicher", somit durch Bedrohung mit dem Tode, zur Unterlassung von weiteren (Erkundungs-)Telefonanrufen in der von ihm bewohnten Wohnung zu zwingen suchte,

3. die Maria Pr***** im Sommer 1990 durch die im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Verhalten des Beschuldigten (richtig: Angeklagten) der Maria Pr***** gegenüber als versteckte Drohung aufzufassende Äußerung, er wisse, welche Schule ihre 12-jährige Tochter besuche, zum Eingehen eines Rendezvous zu zwingen suchte,

4. am 21.Jänner 1991 gegen 16.10 Uhr die Maria Pr***** durch die telefonische Forderung, sich mit ihm noch an diesem Tage zu treffen, widrigens er seine Unterlagen der Ho***** (gemeint: der S***** GesmbH, der Arbeitgeberin der Bedrohten) geben werde, somit durch Androhung einer Verletzung an der Ehre durch Schädigung des Rufes und der gesellschaftlichen Stellung, zum Eingehen eines Rendezvous zu zwingen suchte,

III. am 13.November 1990 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der "Agentur Telefonsex E*****" durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, sowie durch die Angabe des fingierten Namens "Martin Ne*****", somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zur Leistung eines telefonischen Sexunterhaltsungsgespräches verleitet, wodurch die genannte Agentur an ihrem Vermögen mit einem Betrag von 910 S geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Schuldspruch gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt lediglich teilweise Berechtigung zu.

Zur Tatsachenrüge (Z 5 a):

Das Schöffengericht stützte sich bei seinen Feststellungen zu den Urteilsfakten I. und II. auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugen Eva Maria Ha*****, Andreas Schu*****, Maria Pr***** und Werner Pr***** (US 11 f, 14), führte aus, daß sich aus der Aussage des Zeugen Dr.Fritz M***** kein Alibi des Angeklagten (für den 21. Juni 1990) ergibt (US 12), hielt die Aussage der Zeugin Bibiane Sche***** über die Vorgänge am Abend des 25.Juni 1990 wegen der lange zurückliegenden Zeit und wiederholter in der Zwischenzeit stattgefundener gleichartiger Vorgänge für eine nachträgliche Konstruktion, die gegenüber den Aussagen der Zeugen Ha***** und Schu***** nicht standhalten könne (US 13), und schenkte den Aussagen der Lebensgefährtin des Angeklagten, ihrer Verwandten und der Verwandten des Angeklagten wegen zahlreicher Besprechungen mit dem Angeklagten und untereinander keinen Glauben (US 13 f).

Die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Tatsachenrüge zielen ausschließlich darauf ab, die Aussagen der Zeugen Eva Maria Ha*****, Andreas Schu***** und Maria Pr***** über ihre Wahrnehmungen - darunter auch das Wiedererkennen der Stimme des Angeklagten - als unglaubwürdig, jene der "Entlastungszeugen" dagegen als glaubwürdig darzustellen.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund läge aber nur dann vor, wenn dargetan wird, daß gegen die Richtigkeit der wesentlichen Tatsachenfeststellungen erhebliche Bedenken bestehen, die entweder aus schwerwiegenden, die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung ignorierenden Verfahrensmängeln resultieren - Umstände dieser Art werden vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet - oder auf das Außerachtlassen aktenkundiger Beweisergebnisse zurückzuführen sind, die sich bei einer lebensnahen, an den allgemeinen menschlichen Erfahrungen orientierten Beurteilung mit dem festgestellten Sachverhalt nicht oder nur schwer in Einklang bringen lassen. Eine Bekämpfung der Glaubwürdigkeit von Aussagen nach Art einer Schuldberufung - wie dies der Beschwerdeführer unternimmt - ist aber nach wie vor unzulässig (RZ 1990/94, EvBl 1989/24, EvBl 1988/109 uvam).

Nur noch am Rande sei daher erwähnt, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, es seien mit Eva Maria Ha***** keine Hörproben oder Telefonsprechproben durchgeführt worden, aktenwidrig ist: Sowohl der Zeugin Pr***** als auch der Zeugin Ha***** wurden Sprechproben des Angeklagten - die dieser allerdings emotionslos vorgelesen hatte - zu Gehör gebracht (S 121, 123) und die beiden Frauen erkannten diese Stimme eindeutig als die des Täters wieder (S 125, 180, 241, 254, 319).

Zum Urteilsfaktum III. bringt der Beschwerdeführer in der Tatsachenrüge lediglich vor, die Annahme eines Schadensbetrages von 910 S könne nicht aus der Aussage der Zeugin Irmhild Tr*****, die den Preis für ein Gespräch von 15 bis 20 Minuten mit 350 S angegeben habe, abgeleitet werden.

Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung einer Tatsachenrüge (Z 5 a) ist jedoch - ebenso wie bei einer Mängelrüge (Z 5) -, daß sie sich auf einen Ausspruch über entscheidende Tatsachen bezieht, mithin auf Tatsachen, die für das anzuwendende Strafgesetz oder den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung sind. Ob der Betrugsschaden 350 S oder 910 S beträgt, weil in letzterem Betrag - wie es in der Aussage der Zeugin Tr***** (S 327) anzuklingen scheint - möglicherweise auch Nebenkosten (Mahn- und Eintreibungskosten eines Inkassobüros) enthalten sind, ist aber weder in der einen noch in der anderen Richtung relevant.

Zur Subsumtionsrüge (Z 10) zum Urteilsfaktum I.:

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer einen in der Unterstellung des festgestellten Sachverhaltes unter § 202 Abs 1 StGB gelegenen Subsumtionsirrtum des Erstgerichtes.

Das Schöffengericht beurteilte jene verbalen intensiv-erotischen Schilderungen, zu denen der Beschwerdeführer die Eva Maria Ha***** zu nötigen versuchte und die den Beschwerdeführer im telefonisch unmittelbaren Hörkontakt sexuell erregen und der Befriedigung seines Geschlechtstriebes dienen sollten, als geschlechtliche Handlungen iS des § 202 Abs 1 StGB, davon ausgehend, daß geschlechtliche Handlungen nicht nur körperliche Berührungen, sondern grundsätzlich alle zur Befriedigung des Geschlechtstriebes oder zu einer Erregung bestimmten Handlungen sind, die schon in ihrem äußeren Erscheidungsbild ihre Sexualbezogenheit erkennen lassen und ihrem Gewicht nach einer Berührung eines zur Sexualsphäre gehörenden Körperteils des Opfers gleichkommen (US 16).

Der Begriff der geschlechtlichen Handlungen nach § 202 Abs 1 StGB (idF der StGNov 1989 BGBl 242) setzt indes - nicht anders als der ua für § 212 Abs 1 StGB weiterhin aktuelle Unzuchtsbegriff - geschlechtlichen Mißbrauch voraus, bei dem zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörige, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümliche Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper der jeweils anderen Person in eine nicht bloß flüchtige, sexualbezogene Berührung gebracht werden (JBl 1990, 807). Sexualbezogene (telefonische) Äußerungen, auch wenn einer oder beide Gesprächsteilnehmer damit den Zweck verfolgen, sich durch deren Inhalt geschlechtlich zu erregen, erfüllen diese Voraussetzungen schon mangels eines körperlichen Kontakts der beiden Gesprächspartner nicht.

Der Entscheidung EvBl 1982/41, auf welche sich das Erstgericht zur Stützung seiner Rechtsmeinung (ua) beruft, lag ein Sachverhalt zugrunde, der als Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 dritter Fall StGB zu beurteilen war. Für die Verleitung einer unmündigen Person, eine unzüchtige Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist aber ein körperlicher Kontakt zwischen dem Täter und dem Opfer schon begrifflich nicht erforderlich, ja nicht einmal ein räumliches Naheverhältnis, sodaß (auch) eine telefonische Aufforderung an eine unmündige Person zur Vornahme unzüchtiger Handlungen an sich selbst genügt. Für den hier (unter dem Aspekt des § 202 Abs 1 StGB) zu beurteilenden Sachverhalt ist daher aus der zitierten Entscheidung nichts zu gewinnen. Dazu kommt, daß der Oberste Gerichtshof in der in Rede stehenden Vorentscheidung ausdrücklich festgehalten hat, daß von einer unzüchtigen "Handlung" nur bei einer Manipulation des Opfers an einem (zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen) eigenen Körperteil (mit einem anderen Körperteil) gesprochen werden kann, somit ein gezielter Körpereinsatz zur Hervorhebung des Geschlechtlichen erforderlich ist.

Auch wenn man daher (wie das Erstgericht) für den Begriff der geschlechtlichen Handlungen iS des § 202 Abs 1 StGB nicht in jedem Fall auf einen sexualbezogenen körperlichen Kontakt zwischen dem Täter und dem Opfer abstellt, so ist, damit von einer solchen Handlung gesprochen werden kann, jedenfalls (seitens des Opfers) ein (nicht bloß flüchtiger) Kontakt mit zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen Körperpartien erforderlich. Die Nötigung der Eva Maria Ha***** war aber nicht auf einen solchen, auf ihr Geschlechtsorgan oder auf sonstige ihrem Körper sexualspezifisch eigentümliche Körperparteien bezogenen Kontakt gerichtet, sondern darauf, sexualbezogene verbale Äußerungen von sich zu geben. Derartige, wenngleich intensiv-erotische Äußerungen sind aber - ungeachtet der unzumutbaren sozialstörenden Rechtsgutbeeinträchtigung derjenigen/desjenigen, der/dem sie abgenötigt werden - keine geschlechtlichen Handlungen iS des § 202 Abs 1 StGB (vgl hiezu auch den im angefochtenen Urteil zitierten Aufsatz von Schick, in welchem ua betont wird, daß verbale Obszönitäten nicht zu den unzüchtigen Handlungen zu zählen sind (RZ 1991, 112)).

Mangels versuchter Erzwingung einer geschlechtlichen Handlung iS des § 202 Abs 1 StGB ist daher das festgestellte Tatverhalten des Beschwerdeführers - ebenso wie etwa eine Nötigung zur Abfassung einer pornographischen Schrift - nicht als spezielle Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB, sondern als (versuchte) allgemeine Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (vorliegend iVm § 15 StGB) zu beurteilen. Die für diese Beurteilung erforderlichen Konstatierungen wurden im angefochtenen Urteil getroffen, sodaß die fehlerhafte Subsumtion sogleich vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden kann.

Zur Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Urteilsfakten II.1 und 2

und zur Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO:

Zu diesen Urteilsfakten bringt der Beschwerdeführer im Anschluß an seine Tatsachenrüge nur unsubstantiiert vor, daß "vorsichtshalber" auch noch der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend gemacht werde.

Diese Rechtsrüge ist, weil sie keine ausdrückliche und bestimmte Bezeichnung eines Nichtigkeit begründenden Tatumstandes enthält, nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war jedoch von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil in seinem Punkt II. 2 insoferne zum Nachteil des Beschwerdeführers mit einer von ihm nicht geltend gemachten Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet ist, als das Vorliegen einer schweren Nötigung infolge Drohung mit dem Tod angenommen wurde.

Das Erstgericht hat, obgleich die vier in den Urteilsfakten II. 1 bis 4 konstatierten versuchten Nötigungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten, gegen drei verschiedene Personen und mit drei verschiedenen Nötigungszielen erfolgten, sie insgesamt als ein einziges Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB qualifiziert und dabei unberücksichtigt gelassen, daß es selbst nach dem Urteilsspruch - in den Entscheidungsgründen finden sich insoweit keine Ausführungen - nur zu Punkt II. 2 das Vorliegen einer Drohung mit dem Tod iS des § 106 Abs 1 Z 1 StGB angenommen hat. Es hätte demnach folgerichtig zum Faktum II. 2 mit der Verurteilung wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und zu den Urteilsfakten II. 1, 3 und 4 mit einem Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB vorzugehen gehabt.

Indes ist die Annahme des Vorliegens einer Todesdrohung zum Faktum II. 2 rechtsirrig.

Eine solche Drohung liegt nämlich nur vor, wenn ihrem Wortsinn nach tatsächlich die ernste Absicht der Verwirklichung des angedrohten Übels, also eines Anschlages auf das Leben des Opfers zu entnehmen und sie objektiv geeignet ist, beim Bedrohten gerade in dieser Richtung begründete Besorgnis zu erwecken (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 106 RN 5 f). Darüber hinaus muß der strafsatzerhöhende Umstand der Todesdrohung in subjektiver Beziehung auch vom zumindest bedingten Vorsatz des Täters umfaßt sein (SSt 48/61).

Anonyme telefonische, jeweils mit Forderungen nach einem bestimmten Verhalten verbundene drohende Äußerungen - wie hier in den Fakten II. 1 und 2 - sind trotz ihrer relativen Unbestimmtheit mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse, unter denen der Bedrohte mangels Kenntnis des möglicherweise abartig veranlagten Anrufers auch mit sonst rational nicht erklärbaren Anschlägen rechnen muß, durchaus geeignet, begründete Besorgnis in Richtung einer Verletzung am Körper des Bedrohten oder ihm nahestehender Personen, und nicht nur in Richtung von Mißhandlungen zu erwecken. Daß vom (bedingten) Vorsatz des Angeklagten sowohl der Einsatz seiner Äußerung als (nicht qualifizierte) Drohung, als auch der damit angestrebte Zweck erfaßt wurde, hat das Erstgericht in Ansehung der Punkte II. 1 und 2 des Schuldspruchs - teilweise noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - festgestellt (US 8, 9, 17).

Die zum Faktum II. 2 ausgestoßene Drohung ("Ich...drah euch ab....ich erwisch dich sicher") unterscheidet sich inhaltlich kaum von jener im Faktum II. 1. Schon in objektiver Beziehung kann nicht gesagt werden, daß ein "Abdrahn" dem Sprachsinn nach bereits zwingend als Drohung mit dem Tod aufzufassen wäre und nicht etwa als solche mit einem sonstigen Zum-Schweigen-Bringen. Einer solchen Drohung kommt damit schon objektiv nicht die Eignung zu, beim Bedrohten begründete Besorgnisse um sein Leben aufkommen zu lassen. Überdies unterließ das Schöffengericht Feststellungen zur subjektiven Tatseite dahingehend, daß der Vorsatz des Angeklagten bei dieser Äußerung die ernsthafte Ankündigung eines Anschlages auf das Leben des Andreas Schu***** und der Eva Maria Ha***** umfaßte.

Eine derartige Feststellung wäre nach der Verfahrenslage auch in einem erneuerten Verfahren nicht zu treffen, so daß der Oberste Gerichtshof auch insoweit in der Sache selbst entscheiden und die Tat zum Urteilsfaktum II. 2 (lediglich) als Drohung mit einer Körperverletzung werten konnte.

Da die vier versuchten Nötigungshandlungen zu den Punkten II. 1 bis 4 nur auf Grund der rechtsirrigen Annahme des Vorliegens einer Todesdrohung zu Punkt II. 2 als Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB qualifiziert wurden, war folglich - unter Berücksichtigung der folgenden Ausführungen zu den Fakten II.3 und 4 - auszusprechen, daß der Angeklagte durch die in den Fakten II. 1 und 2 realkonkurrierend in verübten Tathandlungen das Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB begangen hat.

Zur Subsumtionsrüge (Z 10) zu den Urteilsfakten

II.3 und 4:

Der Sache nach im Recht ist der Beschwerdeführer mit seiner Subsumtionsrüge, soweit er die Unterstellung des festgestellten Sachverhaltes zu den Urteilsfakten II. 3 und 4 unter den Tatbestand der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB anstrebt.

Zum Faktum II. 3 stellte das Schöffengericht fest, daß Maria Pr***** ein Zusammentreffen mit dem Angeklagten ablehnte und dieser als Folge dieser Ablehnung ("weil diese ihn ablehnte") die versteckte Drohung, ihrem Kinde allenfalls etwas anzutun, ausstieß (US 10). In ähnlicher Weise stellte das Schöffengericht zum Faktum II. 4 fest, daß die Zeugin Pr***** ein Treffen mit dem Angeklagten ablehnte und dieser daraufhin drohte, seine Unterlagen der Ho***** zukommen zu lassen (US 10).

Nach diesen Feststellungen hätte der Angeklagte jeweils die Drohungen nicht als Begehungsmittel zur Erzwingung von Treffen mit dem Tatopfer eingesetzt, sondern gleichsam als verärgerte Reaktion auf die bereits erfolgte Ablehnung einer Begegnung.

Indes ist dem Obersten Gerichtshof eine - vom Angeklagten (jedenfalls auch) angestrebte - Unterstellung des Tatverhaltens zu den Urteilsfakten II. 3 und 4 unter die Bestimmung des § 107 Abs 1 StGB im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht möglich. Eine Entscheidung der Rechtsmittelinstanz in der Sache selbst setzt nämlich mängelfrei zustandegekommene Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz voraus (SSt 37/22 ua).

Nach dem Inhalt der Aussagen der Zeugin Maria Pr*****, die vom Schöffengericht grundsätzlich für glaubwürdig gehalten wurde, wäre jedoch die versteckte Drohung gegenüber der Person ihrer Tochter gefallen, damit sie sich mit dem Angeklagten treffe (S 79, 250 iVm S 319), und ein weiteres Mal ein Treffen mit der Drohung gefordert worden, ansonsten Unterlagen über die Zeugin der Ho***** zu übermitteln (S 81, 250 iVm S 319).

Das Erstgericht unterließ eine Begründung, warum es insoweit von der Aussage der Zeugin Pr***** abwich. Dieser Begründungsmangel konnte von der Anklagebehörde im Hinblick auf den anklagekonformen Schuldspruch nicht geltend gemacht werden. Dem Obersten Gerichtshof ist es verwehrt, auf Grund dieser mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen sofort in der Sache selbst zu entscheiden. Es war daher in Ansehung der Fakten II. 3 und 4 eine Kassation des Schuldspruchs und die Anordnung der Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich.

Unzutreffend ist allerdings der vom Beschwerdeführer zum Faktum II. 3 erhobene Einwand (der Sache nach Z 9 lit a), es sei kein ausreichender Konnex zwischen dem Wissen um den Schulbesuch der Tochter der Zeugin Pr***** und einer allfälligen Beeinträchtigung von Leben, Freiheit oder Vermögen dieses Kindes hergestellt. Der Konnex ergibt sich bereits aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der sich darauf beziehenden Äußerungen des Angeklagten.

Ähnliches gilt im übrigen - der Stellungnahme der Generalprokuratur zuwider - für die Androhung, "Unterlagen" an die Arbeitgeberin der Zeugin Pr***** zu übermitteln. Denn in Ermangelung eines sonstigen Kontaktes zwischen den Gesprächspartnern war damit für den Drohenden und die Bedrohte evident, daß es sich nur um Aufzeichnungen und Korrespondenzen handeln konnte, die sich aufgrund der Antwort der Zeugin Pr***** auf eine Annonce in einem Kontaktmagazin ergeben hatten, in welcher ein "geiles Mädchen" eine "ebensolche Freundin" gesucht hatte.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge des Angeklagten (abermals der Sache nach Z 9 lit a), wonach es sich bei den Äußerungen gegenüber der Zeugin Pr***** lediglich um "sogenannte überzogene Drohungen" gehandelt habe. Denn dabei stellt er darauf ab, daß die Eheleute Pr***** "offenbar erst im Nachhinein dazu neigten", die Drohungen "maßlos und drastisch zu übertreiben". Er verläßt damit die maßgeblichen Urteilsfeststellungen, nach denen die Eheleute Pr***** wahrheitsgemäß aussagten (und demnach nicht maßlos und drastisch übertrieben).

Aus den angeführten Gründen war daher insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

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