OGH 13Os45/15i

OGH13Os45/15i10.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kampitsch als Schriftführer in der Strafsache gegen Abdullah K***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 12. Februar 2015, GZ 34 Hv 108/14a‑14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00045.15I.0610.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Abdullah K***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 29. September 2014 in Mürzzuschlag außer den Fällen des § 201 StGB eine Person mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er Ivana T***** androhte, sie gegenüber ihrem Vorgesetzten zu diskreditieren, wenn sie „ihn nicht küssen und den Geschlechtsverkehr mit ihm vollziehen würde“, und die Genannte, nachdem sie dies verweigerte, am Hinterkopf und am Gesäß erfasste, an sich drückte und mit einer Hand fest (oberhalb der Kleidung) ihre Scheide ergriff.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene (in der Ausführung [§ 285 Abs 1 erster Satz StPO] verfehlt als „Berufung wegen Nichtigkeit“ bezeichnete) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), die angefochtene Entscheidung sei in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall), weil sie feststelle, dass der Beschwerdeführer Ivana T***** gleichzeitig am Hinterkopf, am Gesäß und an der Scheide erfasste, trifft nicht zu. Die Tatrichter konstatieren vielmehr ein fließendes Tatgeschehen dahin, dass der Beschwerdeführer Ivana T***** zunächst am Hinterkopf und am Gesäß erfasste, sie hienach an sich drückte, ihr sodann einen Zungenkuss gab und sie letztlich mit einem festen Griff an der Scheide erfasste (US 4).

Sofern der Einwand, es ergäben sich „erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Tatsachenfeststellungen“, als Vorbringen im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO zu verstehen ist, entzieht sich die Beschwerde schon mangels Hinweises auf Verfahrensergebnisse einer inhaltlichen Erwiderung (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet den Ansatz, ein Griff an die Scheide eines bekleideten Opfers sei „lediglich bei dünner Bekleidung“ dem Tatbestandselement der „geschlechtlichen Handlung“ zu unterstellen, nicht aus dem Gesetz ab und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass ein ‑ hier konstatierter (US 4) ‑ fester Griff an die Scheide des bekleideten Opfers nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre das angesprochene Tatbestandsmerkmal ‑ unabhängig von der Kleidungsstärke ‑ sehr wohl erfüllt (vgl RIS‑Justiz RS0094905 [T30], RS0095194 [T1 und T2], RS0095733 [T9] und RS0095739 [T12]; Philipp in WK 2 StGB § 202 Rz 13, Hinterhofer SbgK § 202 Rz 29).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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