OGH 8ObA211/96; 8ObA91/97h; 9ObA274/97b; 9ObA206/98d; 9ObA153/98k; 8ObS219/99k; 9ObA93/00t; 9ObA327/00d; 8ObA190/01a; 8ObA130/01b; 9ObA97/02h; 9ObA17/03w; 8ObS7/03t; 9Ob17/04x; 9ObA16/06b (RS0102122)

OGH8ObA211/96; 8ObA91/97h; 9ObA274/97b; 9ObA206/98d; 9ObA153/98k; 8ObS219/99k; 9ObA93/00t; 9ObA327/00d; 8ObA190/01a; 8ObA130/01b; 9ObA97/02h; 9ObA17/03w; 8ObS7/03t; 9Ob17/04x; 9ObA16/06b1.2.2007

Rechtssatz

§ 3 AVRAG enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung über ein Kündigungsverbot; dennoch ist ein Kündigungsverbot über ein Verschlechterungsverbot hinausgehend zur Erreichung des Schutzzieles der Richtlinie geboten. Die nur wegen des Betriebsüberganges erfolgte Kündigung widerstreitet dem Grundsatz des ex lege-Überganges des Arbeitsverhältnisses. Für die Annahme einer wegen des Betriebsüberganges erfolgten Kündigung ist es erforderlich, daß sie zum Betriebsübergang in einem zeitlichen Zusammenhang steht. Hat nun der frühere Betriebsinhaber den Dienstnehmer wegen der Betriebsübergabe vorsorglich gekündigt und der Dienstnehmer ein Anbot auf Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses mit dem Übernehmer angenommen, könnte darin zwar ein Verzicht auf die Geltendmachung der Rechte aus § 3 Abs 1 AVRAG erblickt werden. Ein solcher wäre allerdings nur dann anzunehmen, wenn das Gesamtergebnis des Kündigungsvorganges und Neuanstellungsvorganges für den Arbeitnehmer im Sinne von § 11 AVRAG günstiger als die gesetzliche Regelung des ex-lege-Überganges wäre. Eine Neueinstellung durch den Übernehmer zu schlechteren Bedingungen hat die Nichtigkeit der vorsorglichen Kündigung zur Folge. Auf eine subjektive Umgehungsabsicht des Veräußeres kommt es nicht an. Hier: Die Neueinstellung erfolgte mit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses - ungünstiger als das bisher vorgelegene unbefristete Arbeitsverhältnis.

Normen

ABGB §879 CIIo2
AVRAG §3
AVRAG §11
EWG-RL 77/187/EWG - Betriebsübergangsrichtlinie 377L0187 allg

8 ObA 211/96OGH29.02.1996
8 ObA 91/97hOGH28.08.1997

nur: § 3 AVRAG enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung über ein Kündigungsverbot; dennoch ist ein Kündigungsverbot über ein Verschlechterungsverbot hinausgehend zur Erreichung des Schutzzieles der Richtlinie geboten. Die nur wegen des Betriebsüberganges erfolgte Kündigung widerstreitet dem Grundsatz des ex lege-Überganges des Arbeitsverhältnisses. Für die Annahme einer wegen des Betriebsüberganges erfolgten Kündigung ist es erforderlich, daß sie zum Betriebsübergang in einem zeitlichen Zusammenhang steht. (T1) Veröff: SZ 70/171

9 ObA 274/97bOGH22.10.1997

Vgl auch; nur: Die nur wegen des Betriebsüberganges erfolgte Kündigung widerstreitet dem Grundsatz des ex lege-Überganges des Arbeitsverhältnisses. Für die Annahme einer wegen des Betriebsüberganges erfolgten Kündigung ist es erforderlich, daß sie zum Betriebsübergang in einem zeitlichen Zusammenhang steht. (T2); Beisatz: Hier: Jedoch Kündigung aus im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Gründen. (T3)

9 ObA 206/98dOGH07.10.1998

Auch; nur T2; Beisatz: Dies gilt nicht für betriebsbedingte Kündigungen, die zwar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang stehen, aber dessen ungeachtet betriebsnotwendig sind. (T4)

9 ObA 153/98kOGH23.12.1998

nur T1; Veröff: SZ 71/216

8 ObS 219/99kOGH27.01.2000

Vgl auch

9 ObA 93/00tOGH12.07.2000

Vgl auch; nur T2; Beis wie T4

9 ObA 327/00dOGH14.03.2001

Vgl auch; Beisatz: Die Rechtsstellung des Dienstnehmers darf in keinem Punkt verschlechtert werden, und zwar selbst dann nicht, wenn sich dessen Rechtsstellung gesamt betrachtet verbessert haben sollte. Solche Verschlechterungen sind zum Beispiel der Verlust des Dienstwagens bei einem Beibehalten des Dienstortes, die Reduzierung des Überstundenpauschales oder das weitergehende Konkurrenzverbot bei einer Beendigung des Dienstverhältnisses. (T5) Beisatz: Hier: Gerechtfertigter Austritt gemäß § 26 Z 2 AngG. (T6)

8 ObA 190/01aOGH11.10.2001

Auch; nur T1

8 ObA 130/01bOGH29.11.2001

Vgl; nur T2; Beisatz: Die Vereinbarung einer Probezeit nach Betriebsübergang stellt eine unzulässige Verschlechterung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. (T7); Veröff: SZ 74/192

9 ObA 97/02hOGH05.06.2002

nur T1; nur: Auf eine subjektive Umgehungsabsicht des Veräußeres kommt es nicht an. (T8); Beisatz: Kündigt der Betriebsveräußerer- etwa um den Erwerber die Übernahme von teuren Arbeitskräften zu ersparen-, so ist eine solche "wegen des Betriebsübergangs" ausgesprochene Kündigung nach herrschender Judikatur aufgrund des Verstoßes gegen (relativ) zwingendes Gesetz nichtig im Sinne des §879 Abs1 ABGB, sodass es einer gesonderten Anfechtung der Kündigung nicht bedarf. (T9); Beis wie T4; Beisatz: Eine aus Anlass eines Betriebsüberganges erklärte Kündigung eines Dienstvertrages ist auch dann unwirksam, wenn sie vom Erwerber in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Betriebsübergang ausgesprochen wird. (T10)

9 ObA 17/03wOGH24.09.2003

Vgl auch; nur: Hat nun der frühere Betriebsinhaber den Dienstnehmer wegen der Betriebsübergabe vorsorglich gekündigt und der Dienstnehmer ein Anbot auf Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses mit dem Übernehmer angenommen, könnte darin zwar ein Verzicht auf die Geltendmachung der Rechte aus § 3 Abs 1 AVRAG erblickt werden. Ein solcher wäre allerdings nur dann anzunehmen, wenn das Gesamtergebnis des Kündigungsvorganges und Neuanstellungsvorganges für den Arbeitnehmer im Sinne von § 11 AVRAG günstiger als die gesetzliche Regelung des ex-lege-Überganges wäre. Eine Neueinstellung durch den Übernehmer zu schlechteren Bedingungen hat die Nichtigkeit der vorsorglichen Kündigung zur Folge. (T11); Beisatz: Die Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Veräußerer verbunden mit der Vereinbarung der Weiterbeschäftigung beim Erwerber zu ungünstigeren Bedingungen ist als unzulässige Umgehung des § 3 Abs 1 AVRAG zu werten. Die Prüfung, ob die Weiterbeschäftigung zu verschlechterten Bedingungen erfolgt, ist nicht mit einem starren Einzelgünstigkeitsvergleich oder Gruppengünstigkeitsvergleich sondern mit einem Gesamtgünstigkeitsvergleich vorzunehmen. (T12)

8 ObS 7/03tOGH16.10.2003

Vgl auch

9 Ob 17/04xOGH09.06.2004

Vgl auch; nur T1; Beis wie T9; Beisatz: Es handelt sich hiebei um eine relative Nichtigkeit, welche daher nur von den durch die Norm geschützten Arbeitnehmern, nicht aber von dritten Personen geltend gemacht werden kann. (T13); Veröff: SZ 2003/110

9 ObA 16/06bOGH01.02.2007

Vgl aber; Beisatz: Während die vorstehenden Rechtssätze auf der Linie der vom EuGH judizierten Bedeutung des zeitlichen Zusammenhangs liegen, könnte durch die Rechtsatzkette RIS-Justiz RS0102122 der fälschliche Eindruck entstehen, der Oberste Gerichtshof sähe im zeitlichen Zusammenhang eine selbständige Voraussetzung (arg „erforderlich"), ohne die die Annahme, dass die Kündigung wegen des Betriebsübergangs erfolgte, nicht möglich sei. Tatsächlich findet sich eine derartige Aussage nicht in den dort angeführten Entscheidungen 9 ObA 211/96, 8 ObA 91/97h und 9 ObA 274/97b. Richtig ist aber, dass die Aussage, der zeitliche Zusammenhang wäre „erforderlich", in 9 ObA 153/98k enthalten ist. Sie muss dort aber im Zusammenhang mit der weiteren Ausführung des Senats gesehen werden, dass den Veräußerer bzw Erwerber im Fall des zeitlichen Zusammenhangs die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Kündigung nicht allein auf Grund des Übergangs erfolgte. (T14); Veröff: SZ 2007/15

Dokumentnummer

JJR_19960229_OGH0002_008OBA00211_9600000_003

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