Spruch:
1.) Der Antrag der beklagten Partei gemäß Art 177 EG-Vertrag eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Frage einzuholen, ob Art 4 Abs 1 der Richtlinie des Rates vom 14.2.1977 (77/187/EWG) im nationalen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar ist, wird
zurückgewiesen.
2.) Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß dem Klagebegehren stattgegeben und festgestellt wird, daß das Arbeitsverhältnis der klagenden Partei zur beklagten Partei über den 31.3.1995 hinaus aufrecht fortbesteht.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 180.328,40 (darin S 26.681,40 Umsatzsteuer und S 20.240,- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 14.9.1987 bei einem Unternehmen (im folgenden kurz: Veräußerer) beschäftigt, das in der Zeit vom 1.2.1994 bis 1.1.1995 alle Betriebsteile an die Beklagte übertrug. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit Schreiben des Veräußerers vom 14.12.1994 zum 31.3.1995 gekündigt.
Unternehmensgegenstand des Veräußerers war der einer Ein- und Verkaufsgenossenschaft. Der Kläger war in der EDV-Abteilung als Operator und Systembetreuer auf einen proprietären Computersystem der Marke HP 3000 beschäftigt. Er führte das gesamte System Operating durch, schrieb selbständig Prozeduren und erstellte auf Anforderung der Fachabteilungen spezielle Jobs. Er betreute die einzelnen PC's und führte bestimmte Servicearbeiten durch. Außer dem Kläger waren noch drei weitere Mitarbeiter in der EDV-Abteilung beschäftigt. Durch die Mitarbeiter der Abteilung wurde sämtliche Fachabteilungen im Bereich Warenwirtschaft betreut, das Rechnungswesen gehörte nicht zum Tätigkeitsbereich.
Die Beklagte wurde im September 1993 gegründet, um sämtliche Aufgabenbereiche des Veräußerers zu übernehmen. Die einzelnen Abteilungen des Veräußerers gingen zu folgenden Zeitpunkten auf die Beklagte über: Transporte-Logistik: 1.1.1995, Saatgut: 1.9.1994,
Düngemittel: 1.2.1994, Getreide, Futtermittel: 1.1.1995, Landtechnik:
1.4.1994, Marketing-Werbung: 1.4.1994, EDV-Rechnungswesen,
Buchhaltung und Personalverwaltung: 1.1.1995.
Die Abteilungen EDV, Rechnungswesen und Personalverwaltung des Veräußerers waren auch für verschiedene Tochterfirmen tätig, wobei der Umfang der Arbeiten für die Tochterfirmen insgesamt größer war als jener für die einzelnen Abteilungen des Veräußerers.
Die EDV des Veräußerers wurde mit 1.1.1995 von der Beklagten zwar teilweise übernommen, jedoch am 27.2.1995 völlig umgestellt. Von ursprünglich zwei Maschinen HP 3000 wurde nur eine behalten und danach die Hardware auf ein neues Computersystem umgestellt. Der EDV-Bereich der Beklagten ist in drei Teile gegliedert: 1.) Bereich Projekte, 2.) Lagerhausbetreuung und Außenstelle und 3.) Bereich Systeme. Die Qualität der Systembetreuung hat sich durch den Einsatz der neuen Anlage grundlegend geändert. Die Betreuer müssen über ein umfangreicheres Wissen verfügen und überdies auch Kenntnisse von der organisatorischen Seite her haben. Die frühere Operating-Tätigkeit an der HP 3000 ist nun am neuen System notwendig. Während in der EDV-Abteilung des Veräußerers die Operator-Tätigkeit sich lediglich auf die Bedienung des Computersystems bezog, muß der Systemverwalter im EDV-Organisationsbereich der Beklagten über organisatorische Abläufe Bescheid wissen. Die Trennung in Fachabteilung und eine EDV-Mannschaft ist nicht mehr gegeben, sondern besteht eine Überlappung zwischen Systembetreuung und Sachbearbeiter. Alleinige Operator-Tätigkeit ist nicht mehr erforderlich. Durch die Umstellung auf das neue System waren Personaleinsparungen möglich, insbesondere wird weniger Operator-Personal benötigt, weil auch weniger Maschinen eingesetzt werden.
Der Kläger war in verschiedenen Berufen tätig, und begann beim Veräußerer als Mitarbeiter im Postexpedit. Im Jahre 1989 wurde er in die EDV-Abteilung versetzt und besuchte zweimal Kurse im Zusammenhang mit Systemoperator-Schulung. Weitere Schulungen waren für seine Tätigkeit nicht erforderlich. Innerhalb des EDV-Systems der Beklagten verfügt der Kläger für den Bereich Projekte, im Vergleich zu den eingesetzten Mitarbeitern, nicht über ausreichende Vorkenntnisse, um ihn wirtschaftlich dafür einzuschulen. Im Bereich Lagerhausbetreuung und Außenstellen ist eine Schulung des Klägers nicht sinnvoll, weil er nie mit derartigen Aufgaben betraut war. Im Bereich Systeme könnte der Kläger auf Grund seiner Qualifikation lediglich im Rechenzentrum eingesetzt werden. Dort arbeiten auch seine ehemaligen Kollegen in der Systembetreuung der weiterverwendeten Maschine HP 3000. Für alle anderen Tätigkeiten im letztgenannten Bereich bedürfte es einer zeit- und kostenaufwendigen (bis S 250.000,-) Ausbildung des Klägers, welche mit dem Risiko verbunden wäre, daß das angestrebte Ziel nicht erreicht werden könnte. Dies vor allem deshalb, weil der Kläger als Systemoperator für ein nach festen Abläufen arbeitendes EDV-System ausgebildet ist, nunmehr jedoch kaum gesicherte Abläufe vorliegen und zum Teil ein Erfahrungswissen erforderlich ist, das weit über dem Ausbildungsgrad des Klägers liegt.
Im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers war bereits bekannt, daß bei der Beklagten die dislozierten EDV-Systeme auf einen Platz zusammengeführt würden und daß es zu einer Umstellung auf ein neues Computersystem kommen werde, durch welches Personaleinsparungen ermöglicht werden. Der Kläger wurde vor dem Ausspruch der Kündigung nach seinem Interesse, sich umschulen zu lassen, befragt, welche Frage er bejahte. Dann teilte ihm sein Vorgesetzter jedoch mit, daß er zwar die gleiche Qualifikation wie die anderen Systemoperatoren habe, jedoch ein anderer Abteilungsleiter darauf bestehe, seine bisherigen Mitarbeiter "mitzunehmen". Der Betriebsrat, dem die Kündigungsabsicht am 9.12.1994 mit der Begründung mitgeteilt wurde, es bestehe für den Kläger ab Februar 1995 am neuen Firmensitz kein Bedarf mehr, gab schriftlich bekannt, daß er keine Stellungnahme abgeben werde. Im Zuge des Betriebs- überganges war ein Sozialplan erstellt worden, worin keine Kündigungsquote festgelegt war. Von den zirka 100 Mitarbeitern des Veräußerers wurden nach dem Sozialplan 3 Mitarbeiter gekündigt, darunter der Kläger.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß infolge Rechtsunwirksamkeit der vom Veräußerer mit Schreiben vom 14.12.1994 ausgesprochenen Kündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten über den 31.3.1995 hinaus aufrecht fortbestehe. Er brachte vor, daß im Laufe des Jahres 1994 alle wesentlichen Bereiche des Veräußerers an die Beklagte übergegangen seien, sodaß er seine EDV-Tätigkeit seitdem auch nicht mehr für den Veräußerer sondern für die Beklagte erbracht habe. Diese sei daher in seinen Arbeitsvertrag nachgefolgt, weshalb die Kündigung schon deshalb verfehlt sei, da sie nicht vom nunmehrigen Arbeitgeber des Klägers stamme. Auch sei die Kündigung des Klägers ausschließlich auf Grund des Betriebsüberganges erfolgt, weil sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei und die Beklagte sämtliche Tätigkeitsbereiche des Veräußerers übernommen habe. Durch die Kündigung werde gegen die Bestimmungen des § 11 AVRAG iVm § 3 AVRAG iVm Art 4 Abs 1 der Richtlinie 77/187/EWG verstoßen, weshalb sie unzulässig sei. Die Kündigung des Klägers stelle einen geradezu klassischen Umgehungsfall des Schutzzweckes dieser Bestimmungen dar. Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht habe der Kläger auch eine Kündigungsanfechtungsklage nach § 105 ArbVG gegen den Veräußerer eingebracht.
Die Beklagte wendete dagegen ein, daß Arbeitgeber des Klägers im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung noch der Veräußerer gewesen sei, weil der Teilbetrieb des Klägers erst am 1.1.1995 auf die Beklagte übergegangen sei. Die EDV-Abteilung sei eine eigene Teilorganisation gewesen und für sich allein existenzfähig. Der Kläger sei wegen seines zu geringen Ausbildungsstandes für den Posten nicht mehr geeignet gewesen. Die Kündigung sei auch nicht sozialwidrig erfolgt, weil der Kläger in seinem Alter in diesem Sektor ohne weiteres eine gleichwertige Arbeit finden könne. Art 4 Abs 1 der Richtlinie stehe Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen. Die Beklagte habe in der EDV-Abteilung höher qualifizierte Arbeitnehmer benötigt als der Kläger gewesen sei. Die Kündigung des Klägers sei sohin nicht auf Grund des Betriebsüberganges erfolgt, sondern aus wirtschaftlichen und Rationalisierungsgründen. Neue Arbeitskräfte seien lediglich in den Bereichen aufgenommen worden, für die der Kläger nicht geeignet gewesen sei. Im übrigen sei die Richtlinie nicht innerstaatliches Recht, weshalb allfällige Schäden, die Dienstnehmern dadurch entstehen, gegenüber der Republik Österreich geltend gemacht werden müßten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß das Dienstverhältnis des Klägers zum Veräußerer im Kündigungszeitpunkt noch aufrecht gewesen sei. Der Übergang des Teilbetriebes EDV sei erst mit 1.1.1995 erfolgt. Aus § 3 Abs 1 AVRAG iVm § 879 ABGB gehe hervor, daß eine Kündigung jedenfalls dann nichtig sei, wenn sie vom Veräußerer lediglich im Hinblick auf den bevorstehenden Betriebsübergang vorge- nommen werde. Dies ergebe sich auch aus Art 4 Abs 1 der Richtlinie, wonach der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung darstelle. Nicht berührt von dieser Bestimmung seien Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich brächten. Diese Richtlinie sei zwar nicht ins österreichische Recht übernommen worden, müsse jedoch zur richtlinienkonformen Interpretation der Bestimmungen des AVRAG herangezogen werden. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß die Entscheidung, den Kläger zu kündigen, nicht ausschließlich im Hinblick auf den Betriebsübergang erfolgt sei. Vielmehr seien wirtschaftliche technische und organisatorische Gründe, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung des Klägers mit sich gebracht haben, ausschlaggebend gewesen. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen gewesen. Im Rahmen eines betriebsverfassungsrechtlichen Kündigungsanfechtungsverfahrens werde dem Kläger jedoch die Möglichkeit geboten, die Kündigung aus dem Grunde der Sozialwidrigkeit anzufechten.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Aus Art 189 Abs 3 EGV iVm Art 5 EGV sei abzuleiten, daß die zur Umsetzung von Richtlinien getroffenen Maßnahmen richtlinienkonform auszulegen seien. Wenn nach der Rechtsprechung des EuGH sogar eine nicht in innerstaatliches Recht umgesetzte Richtlinie unmittelbare Wirkung zwischen den Bürgern zu entfalten vermöge, müsse dies umsomehr für eine Richtlinie gelten, die bereits in einer nationalen Bestimmung ihren Niederschlag gefunden habe. Ohne daß es einer Vorabentscheidung durch den EuGH bedürfe, könne daher gesagt werden, daß die Bestimmung des § 3 AVRAG im Sinne des durch Art 4 Abs 1 der Richtlinie normierten Kündigungsverbotes auszulegen sei.
Für den Übergang von Arbeitsverhältnissen komme es darauf an, ob die Abteilung, der der Arbeitnehmer angehöre und die den organisatorischen Rahmen bilde, innerhalb dessen sich sein Arbeitsverhältnis konkretisiere, übertragen worden sei. Zur Feststellung ob der Arbeitsvertrag übergegangen sei, genüge es daher zu prüfen, welchem Betriebsteil der betreffende Arbeitnehmer angehöre. Es sei nicht darauf abzustellen, ob der Beschäftigte in einer Verwaltungsabteilung des Unternehmens, die selbst nicht übertragen wurde, Tätigkeiten für den übertragenen Teil des Unternehmens verrichtet habe. Im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung sei daher der Veräußerer noch Dienstgeber des Klägers und somit zu dieser Maßnahme berechtigt gewesen.
Mit der Frage, ob die Kündigung sozialwidrig sei, habe sich das Gericht ausschließlich im Kündigungsanfechtungsverfahren nach § 105 ArbVG auseinanderzusetzen. Das gegenständliche Verfahren betreffe nur die Frage, ob die Kündigung des Klägers auf Grund des Betriebsüberganges ausgesprochen worden sei und weder technische noch organisatorische oder wirtschaftliche Gründe diese rechtfertigen könnten. Die Kündigung des Klägers erscheine gerechtfertigt, weil der neue Aufgabenbereich eine ausführliche Umschulung erfordern würde, die nicht nur teuer sondern auch zeitaufwendig wäre. Der Kläger verfüge über eine deutlich schlechtere Ausbildung als die übrigen Arbeitnehmer. Lediglich im Bereich Rechenzentrum könnte er ohne weiteres weiterhin eingesetzt werden. Vergleiche man den Lebens- und Ausbildungslauf des Klägers mit jenem der übrigen Arbeitnehmer ergebe sich, daß die Kündigung auf wirtschaftliche Gründe - somit solche, die gemäß Art 4 Abs 1 der Richtlinie zulässig seien - zurückzuführen sei. Mögen zwar auch die Maschinen HP 3000 noch zum Teil in der neuen EDV-Organisation Verwendung finden, so benötige ein Mitarbeiter nunmehr deutlich mehr Erfahrung und Wissen als der Kläger habe. Auch das Argument des Klägers, der nach den Feststellungen erforderliche Aufwand an Ausbildungskosten sei der Beklagten zumutbar, gehe fehl, weil dabei die Ausbildungsdauer übersehen werde, welche es erforderlich mache, die Arbeit des Klägers vorerst durch einen anderen Dienstnehmer verrichten zu lassen.
Nach der Begründung der Kommission zum Entwurf der Richtlinie solle nach dem Sinn der Bestimmung Art 4 Abs 1 der Richtlinie jedenfalls dem Veräußerer und Erwerber der für betriebliche Reorganisations- und Rationalisierungsmaßnahmen nötige Spielraum in dem Maße zur Verfügung stehen, wie er auch für Umstrukturierungen ohne Betriebsübergang bestehe. Der Personalabbau stelle im Zusammenhang mit Rationalisierungsmaßnahmen ein allgemeines Problem dar, das nicht unmittelbar mit einem Arbeitgeberwechsel in Verbindung stehen müsse. Dem Veräußerer müsse im Hinblick auf bevorstehende Rationalisierungsmaßnahmen der nötige Spielraum eingeräumt werden, weshalb die Kündigung des Klägers nicht als grundlos angesehen werden könne. Anders verhielte es sich, wenn der Veräußerer den Kläger gekündigt hätte, in weiterer Folge der Arbeitsplatz des Klägers jedoch nicht weggefallen wäre. Gerade dies sei jedoch nicht geschehen sondern würden in den neuen EDV-System großteils dem Kläger fremde Maschinen verwendet und reiche seine Erfahrung und sein Ausbildungsstand nicht aus, um diese bedienen zu können. Die Bestimmung des Art 4 Abs 1 der Richtlinie sei im Lichte des Betriebsüberganges zu sehen. Der Veräußerer dürfe so viele Arbeitnehmer kündigen, als organisatorisch und wirtschaftlich für die zukünftige Betriebsorganisation nötig sei.
Gemäß § 109 ArbVG sei der Betriebsrat in die Entscheidung über eine Kündigung einzubinden. Es sei daher zu erwarten, daß sich die Vertretung der Arbeitnehmerschaft mit den Fragen der Folgen des Betriebsüberganges für das zu kündigende Arbeitsverhältnis und der Sozialwidrigkeit der Kündigung auseinandersetzt. Dementsprechend werde die Stellungnahme des Betriebsrates ausfallen. Der Betriebsrat müsse in der Lage sein, eine inhaltliche Überprüfung der Auswirkungen des bevorstehenden Betriebsüberganges vorzunehmen, weshalb er sich auch allenfalls ausdrücklich gegen die Kündigung hätte aussprechen können. Dies habe er allerdings hier nicht getan.
Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich insgesamt, daß die Kündigung des Klägers aus wirtschaftlichen wie auch organisatorischen Gründen im Sinne des § 3 AVRAG iVm Art 4 Abs 1 der Richtlinie gerechtfertigt gewesen sei. Die Überprüfung einer allfälligen Sozialwidrigkeit der Kündigung habe nicht hier sondern im Kündigungsanfechtungsverfahren nach § 105 ArbVG zu erfolgen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag gestellt, der Oberste Gerichtshof wolle das Verfahren unterbrechen und gemäß Art 177 EG-Vertrag beim EuGH eine Vorabentscheidung zur Frage einholen, ob Art 4 Abs 1 der Richtlinie unmittelbare Auswirkungen im nationalen Rechtsbereich hat. Dieser Antrag ist zurückzuweisen, weil nach ständiger Rechtsprechung eine Partei weder befugt ist zu begehren, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit stellen, noch er möge den EuGH nach Art 177 EG-Vertrag anrufen (SZ 68/89; 4 Ob 1043/95; SZ 68/249 u.a.). In beiden Fällen hat das Gericht allein von Amts wegen darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens gegeben sind. Wie noch auszuführen sein wird, besteht zu einem derartigen amtswegigen Vorgehen kein Anlaß.
Die Revision des Klägers ist gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG jedenfalls zulässig. Es kommt ihr auch Berechtigung zu.
Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) regelt in seinem § 3 den Übergang von Unternehmern, Betrieben oder Betriebsteilen auf einem anderen Inhaber. Gemäß Abs 1 der genannten Gesetzesstelle tritt im Falle des Überganges eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Diese Bestimmung entspricht Art 3 Abs 1 der Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaften vom 14.2.1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmern, Betrieben oder Betriebsteilen (77/187/EWG). Aus der Präambel zu dieser Richtlinie ergibt sich, daß Änderungen in den Unternehmensstrukturen, die sich unter anderem aus den Übergang von Unternehmern, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung ergeben, Bestimmungen erforderlich machen, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten. Die Tragweite der Betriebsübergangs-Richtlinie kann nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGHSlg 1991, 4.105) nicht allein auf Grund einer wörtlichen Auslegung bestimmt werden. Entscheidend ist vielmehr der Zweck, welcher darin besteht, die Aufrechterhaltung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Unternehmensinhabers so weit wie möglich zu gewährleisten, indem sie den Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Inhaber zu denselben Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (EuGHSlg 1987, 5.465; EuGHSlg 1988, 3.057; Tomandl, Arbeitsrechtliche Konse- quenzen beim Übergang eines Betriebsteiles, ZAS 1993, 194; Runggaldier, Betriebsübergang und Übergang der Arbeitsverhältnisse, RdW 1992, 377).
Ob die Voraussetzungen für die Annahme eines Betriebsüberganges vorliegen, ist auf Grund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen, wie etwa der Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva, des Großteiles der Belegschaft, des Überganges der Kundschaft, des Grades der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und der Dauer einer eventuellen Einstellung dieser Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Übergang (EuGHSlg 1986, 1.119; Tomandl aaO 195). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) judiziert zu dem insoweit vergleichbaren § 613a BGB, daß ein Betriebsübergang dann vorliege, wenn der neue Inhaber mit den übernommenen sachlichen und immateriellen Betriebsmitteln und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Ziele erreichen könne. Es komme auch darauf an, ob die immateriellen Betriebsmittel wie Marktstellung, Kundenkontakte und Auftragsbestand übernommen werden (NJW 86, 451). Kein Betriebsübergang liegt vor, wenn lediglich Arbeitnehmer von einem Betrieb zum anderen wechseln, ohne daß gleichzeitig die organisatorische und wirtschaftliche Einheit, in die diese arbeitsmäßig eingebunden waren, mitübergeht. Das Arbeitsverhältnis wird nämlich inhaltlich durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmen gekennzeichnet, dem der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Aufgaben angehört (Tomandl aaO 198).
Gemäß § 34 Abs 1 ArbVG gilt jede Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Der Betriebsbegriff der Betriebsverfassung findet im Arbeitsrecht zwar keine schematische bzw generelle Anwendung, es kommt ihm jedoch grundsätzliche Bedeutung dort zu, wo dies die nach der Gesetzes- und Interessenlage vorzunehmende Wertung gebietet (ArbSlg 10.672; Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht5, 189). Dem eingangs dargestellten Schutzzweck der Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaft und des AVRAG entspricht es ohne weiteres, diese Definition auch bei Prüfung der Frage des Betriebsüberganges und dessen Auswirkungen im Sinne von Gesetz und Richtlinie zugrundezulegen (SZ 68/187). Auf einen möglichen Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH, welcher nicht den Übergang einer organisatorischen sondern (weitergehend) einer wirtschaftlichen Einheit unter Identitätswahrung als ausschlaggebend erachtet (EuGHSlg 1986, 1.119) und damit schließlich zur bloßen Funktionsausgliederung als anspruchsbegründend in EuGHSlg 1994, I-1321 ff [Christel-Schmidt] gelangte (vgl hiezu Joost in FS Wlotzke, Betriebsübergang und Funktionsausgliederung, 691 ff) muß hier mangels Entscheidungsrelevanz nicht näher eingegangen werden. Dies deshalb, weil die EDV-Abteilung des Veräußerer unstrittig über eine eigene Leiterstruktur sowie über eigene (in der Folge auch übergegangene) Betriebsmittel verfügte und somit als organisatorische Einheit angesehen werden kann, jedenfalls aber nach den Feststellungen ein mit eigener Identität ausgestatteter unternehmerischer Tätigkeitsbereich (vgl Joost aaO 690) war und somit auch eine wirtschaftliche Einheit darstellte.
Grundproblem jeder der Zentralverwaltung eines Unternehmens angehörenden Abteilung, wie etwa EDV, Rechnungswesen, Personalangelegenheiten, ist, daß sie nicht als Selbstzweck besteht sondern für die übrigen Abteilungen - manchmal sogar disloziert innerhalb derselben - tätig ist. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht erfolgt aber bei mehreren zeitlich gestreckten Betriebsteilübergängen der Übergang der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer dieser Zentralverwaltungsstellen so lange nicht mit den von ihnen teilweise oder ausschließlich betreuten Abteilungen als sie organisatorisch und funktionsmäßig der Zentralstelle weiterhin klar zuordenbar bleiben. Bei mehrfachen und sich überschneidenden Tätigkeitsbereichen entscheidet das Überwiegen (Wagnest, Die Haftung bei Übergang eines Unternehmens oder Betriebes, 80). In diesem Sinne legt auch der EuGH die Richtlinie aus (EuGHSlg 1985, 519).
Der Oberste Gerichtshof hat dementsprechend in seinem Erkenntnis DRdA 1996, 523 entschieden, daß die in einem Unternehmen bestehende durch eine organisatorische Klammer zusammengehaltene Funktionseinheit Hauszustellung einen eigenen Betriebsteil darstelle, welcher im Falle seiner Ausgliederung den Übergang der dort begründeten Arbeitsverhältnisse nach sich ziehe. Nicht anders ist die Position des Klägers beim Veräußerer zu beurteilen, welcher - neben externen Kunden - verschiedene Fachabteilungen des Unternehmens zu betreuen hatte, jedoch funktions- und organisationsmäßig immer klar der EDV-Abteilung zugeordnet blieb. Sein Arbeitsverhältnis ging daher nicht zu den Zeitpunkten der Übernahme der Fachabteilungen durch die Beklagte auf diese über, sondern erst im Zeitpunkt der Übernahme der EDV-Abteilung. Der vor diesem Zeitpunkt liegende Ausspruch der Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers durch den Veräußerer erfolgte daher durch den dazu berechtigten Dienstgeber.
Durch die Kündigung wird das Dienstverhältnis in das Auflösungsstadium versetzt und von einem auf unbestimmte Zeit eingegangenen in ein solches auf bestimmte Dauer - bis zum Ende der Kündigungsfrist - umgewandelt (ArbSlg 9.189; ArbSlg 9.471; SZ 53/131; SZ 64/115 u.a.). Da die Beklagte gemäß § 3 Abs 1 AVRAG als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten ist, wird die Wirksamkeit der Auflösung des Dienstverhältnisses nicht durch die Tatsache beeinflußt, daß wesentliche Teile der Kündigungsfrist im Unternehmen der Beklagten verbracht wurden und diese somit zumindest für diesen Zeitraum Dienstgeberin des Klägers geworden ist.
Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage der Passivlegitimation. Eine in Umgehung der Bestimmung des § 3 Abs 1 AVRAG ausgesprochene Kündigung ist nichtig im Sinn des § 879 ABGB (DRdA 1996, 513). Nach der zu § 613a BGB ergangenen Rechtsprechung des BAG ist die Klage, mit der die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht wird, grundsätzlich gegen den Arbeitgeber zu richten, der diese ausgesprochen hat. Ist somit einem Arbeitnehmer vor Betriebsübergang gekündigt worden, so ist der bisherige Arbeitgeber auch dann passiv legitimiert, wenn Streitanhängigkeit erst nach Betriebsübergang eintritt (NJW 1984, 627; Richardi in Staudinger12, KommzBGB12 Rdz 220 zu § 613a; Schaub, Arbeitsrecht Handbuch8, 1037). Allerdings räumen die vorgenannten Kommentatoren ein, daß auch eine Klage gegen den Betriebserwerber nicht ausgeschlossen sei. Dieser Rechtsansicht scheint auch das BAG in seiner Entscheidung NZ 1994, 260 zu folgen, wo es allerdings nur darüber abgesprochen hat, daß die gegen Veräußerer und Übernehmer eingebrachte Klage zwischen diesen Arbeitgebern keine notwendige Streitgenossenschaft begründet. Auch Krejci im Betriebsübergang, Grundfragen des § 3 AVRAG, 83 geht davon aus, daß der Arbeitnehmer korrekterweise die Nichtigkeit der Kündigung gegenüber dem Veräußerer und die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses nach § 3 Abs 1 AVRAG gegenüber dem Erwerber geltend machen sollte, jedoch auch nur der Betriebsnachfolger auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses geklagt werden könne, womit schlüssig die Nichtigkeit der Kündigung durch den Veräußerer geltend gemacht werde.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind
einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig
wie sich aus der Formulierung des § 228 ZPO ("....... Feststellung
des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder
Rechtes..........") ergibt. Rechtshandlungen - wie etwa die Kündigung
eines Arbeitsverhältnisses - sind daher nicht feststellungsfähig, sondern ist ihre Wirksamkeit lediglich als Vorfrage im Verfahren über den Bestand des Rechts- verhältnisses zu klären. Das Feststellungsbegehren des gekündigten Arbeitnehmers kann daher lediglich das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand haben (SZ 52/191; RdW 1991, 55; 8 ObA 2319/96d u.a.). Ausgehend davon erscheint die Klage gegen den kündigenden Veräußerer immer dann problematisch, wenn der Arbeitnehmer gerade nicht das Fortbestehen des Dienstverhältnisses ihm gegenüber festgestellt wissen will. Hiezu kommt, daß die Klage gegen den Veräußerer zwar die Nichtigkeit der Kündigung klären kann, der Übernehmer jedoch gegen den gesetzlichen Übergang des Arbeitsverhältnisses andere Einwendungen vorbringen könnte, wie etwa die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder einseitigen Verzicht oder Widerspruch des Arbeitnehmers. In diesem Falle wäre er daher zur Führung eines weiteren Prozesses gezwungen, was jedenfalls durch die sofortige Inanspruchnahme des Übernehmers vermieden wird.
Die Passivlegitimation der Beklagten ist daher zu bejahen.
Gemäß Art 4 Abs 1 der Richtlinie stellt der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles als solcher für den Veräußerer oder Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Der europäische Gerichtshof judiziert hiezu (EuGHSlg 1985, 457; EuGHSlg 1988, 3.057), daß nur diejenigen Arbeitnehmer Ansprüche aus der Richtlinie herleiten können, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Überganges bestehe. Ob zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aufrecht sei, sei nach den innerstaatlichen Recht der Mitgliedsstaaten zu beurteilen. Dabei seien aber die zwingenden Vorschriften der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen eine wegen des Überganges erfolgte Kündigung zu beachten. Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis vor dem Übergang unter Verstoß gegen das Kündigungsverbot der Richtlinie beendet worden sei, seien zum Zeitpunkt des Überganges als noch bei dem Unternehmen beschäftigt anzusehen, was zur Folge habe, daß die ihnen gegenüber bestehenden Arbeitgeberpflichten kraft Gesetzes vom Veräußerer auf dem Erwerber übergehen. Obwohl das AVRAG keine ausdrückliche Bestimmung über das Kündigungsverbot im Sinne des Art 4 der Richtlinie enthält, ist es in Österreich bei weitem überwiegende Lehrmeinung (Schrank, Probleme der Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebs(Teil)übergang, in Der Betriebs(Teil)Übergang im Arbeitsrecht [Hrsg. Tomandl] 71 ff;
Wagnest, Die Haftung bei Übergang eines Unternehmens oder Betriebes, 23; Krejci, Betriebsübergang, Grundfragen des § 3 AVRAG, 82;
Grillberger, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis - Neuregelung durch das AVRAG, WBl 1993, 307; Holzer, Kündigung bei Betriebsübergängen, DRdA 1995, 375 u.a.) und nunmehr auch gesicherte Rechtsprechung (SZ 68/187; DRdA 1996, 513), daß aus dem Sinn des gemäß § 11 AVRAG relativ zwingenden § 3 Abs 1 AVRAG ein Verbot nicht richtlinienkonformer Kündigungen, welche durch den allgemeinen Kündigungsschutz nicht generell verhindert werden können, abzuleiten ist. Derartige Kündigungen sind nichtig im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB (DRdA 1996, 513). Man wird immer davon ausgehen können, daß eine Kündigung "auf Grund des Übergangs" erfolgt und folglich als unwirksam anzusehen ist, wenn der Übergang nicht nur der äußere Anlaß sondern der tragende Grund für die Kündigung ist (von Alvensleben,
Die Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang im europäischen Gemeinschaftsrecht, 251). Je näher die Kündigung oder deren Beendigungswirkung beim Übergangszeitpunkt liegt, desto naheliegender ist die Vermutung der Gesetzesumgehung, desto stärker werden die Anforderungen an die ausreichend sachliche Entkräftung der Umgehungsvermutung sein (Schrank aaO, 78). In einem derartigen Fall tragen der Veräußerer bzw der Erwerber die Beweislast dafür, daß die Kündigung nicht allein auf Grund des Übergangs, sondern aus betriebsbedingten oder auch aus personen- oder verhaltensbedingten Erfordernissen erfolgte (von Alvensleben aaO, 251).
Gemäß Art 4 Abs 1 der Richtlinie stellt zwar der Übergang als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar, es sind jedoch Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen zulässig. Wie bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, sollte durch diese Einschränkung für Veräußerer und Erwerber ein weiterer Spielraum für betriebliche Reorganisation- und Rationalisierungsmaßnahmen geschaffen werden. Dies ändert allerdings nichts daran, daß der Veräußerer, selbst wenn er bereits an einen Betriebsübergang denkt, zwar seinen Betrieb den wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Anforderungen gemäß umgestalten kann, die Betriebsbedingtheit allerdings nicht allein oder überwiegend im Umstand des Betriebsüberganges liegen darf, etwa, weil der Veräußerer dem Nachfolger, der an der Übernahme der bisherigen Belegschaft nicht interessiert ist, entgegenkommen will (Krejci aaO, 84). Der EuGH judiziert in diesem Zusammenhang (EuGHSlg 1991, I-4.105; EuGHSlg 1995, I-4.321), daß Vereinbarungen, wonach "überzählige" Arbeitnehmer im Falle des Betriebsüberganges im Unternehmen des Veräußerers verbleiben sollten, unzulässig seien, weil die Richtlinie dem Erwerber gestatte, nach Maßgabe der nationalen Bestimmungen "die mit der Beschäftigung der überzähligen Arbeitnehmer verbundenen Lasten zu mindern oder auszuschalten". Das BAG hat in älterer Rechtsprechung (siehe NJW 1984, 627 mwH) entschieden, daß Rationalisierungsmaßnahmen beim Erwerber eine betriebsbedingte Kündigung durch den Veräußerer rechtfertigen können. Dies setze allerdings voraus, daß die zwischen Veräußerer und Erwerber abgesprochene Umstrukturierung schon bei Ausspruch der Kündigung greifbare Formen angenommen habe, und vom Gericht überprüft werden könne, ob die Beschäftigungsmöglichkeit mit dem Übergang des Betriebes tatsächlich wegfalle oder nicht. Auch stehe dem Veräußerer ein betriebsbedingter Kündigungsgrund in diesen Fällen nur dann zu, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit für bestimmte Arbeitnehmer auf Grund eines Konzeptes des Erwerbers wegfalle, das auch der bisherige Arbeitgeber bei eigener Fortführung des Betriebes ebenfalls hätte durchführen können. Das Kündigungsrecht des Veräußerers dürfe nämlich nicht um Gründe erweitert werden, die allein in der Sphäre des Erwerbers liegen und von diesem erst mit dem Betriebsübergang auf Grund einer weitergehenden betriebsübergreifenden unternehmerischen Planung verwirklicht werden könne. Diese Entscheidungslinie wurde in der Lehre (Palandt56 § 613a Rdz 27; Richardi in Staudinger12 aaO, § 613a Rdz 215) ablehnend besprochen. Abgesehen davon, daß im hier zu entscheidenden Fall entsprechendes Prozeßvorbringen fehlt und somit selbst bei Zugrundelegung der genannten Entscheidungslinie die Einwände der Beklagten nicht durchschlagen könnten, ist im Lichte der dargestellten EuGH-Entscheidungen festzuhalten, daß das Risiko eines Betriebsüberganges nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden darf. Das Konzept des Erwerbers kann daher nicht den Grund dafür geben, daß bereits der Veräußerer eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen kann.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die Abgrenzung, ob eine durch den Veräußerer ausgesprochene Kündigung betriebs- oder übergangsbedingt war, danach zu treffen ist, ob er sie auch ohne Übertragung des Betriebes auf einen anderen ausgesprochen hätte. Hat man dies zu verneinen, so beruht die Kündigung auf dem Betriebsübergang, erfolgt also wegen desselben (Richardi in Staudinger12 aaO, Rdz 215). Vorsorgliche Rationalisierungskündigungen, um dem Erwerber neue Strukturierungen oder Einsparungen zu ermöglichen, sind daher unzulässig (vgl auch Schaub aaO, 1038). In diesen Fällen kann erst der Erwerber in den Grenzen des § 105 ArbVG die Kündigung aussprechen, weil nur er die Erfordernisse in seinem Betrieb verläßlich abschätzen und im Prozeß unter Beweis stellen kann.
Werden somit - wie im gegenständlichen Fall - die Rationalisierungsmaßnahmen nicht durch den Veräußerer sondern erst durch den Erwerber durchgeführt, oder ist der Standard des Unternehmens des Erwerbers höher als jener des Unternehmens des Veräußerers und kann somit ein Teil der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer beim Übernehmer nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden, kann ausschließlich der Übernehmer diese Dienstverhältnisse im Rahmen der sonstigen arbeitsverfassungsrechtlichen Kün- digungsschutzbestimmungen aufkündigen.
Die Tatsache schließlich, daß der Kläger im Zuge eines Sozialplanes gekündigt wurde und offenbar die ihm danach zukommenden Leistungen in Empfang genommen hat, kann nicht zu dem Schluß führen, der Kläger habe sich mit der gegen § 3 AVRAG verstoßenden und ihn benachteiligenden Vorgangsweise abgefunden, zumal gemäß § 11 AVRAG die Rechte des Arbeitnehmers selbst durch ausdrücklichen Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden können. Auch darauf, ob auf Seiten des Veräußerers tatsächlich die Absicht bestand, zwingende Gesetzesbestimmungen zu umgehen oder lediglich eine rechtlich schwierige Materie falsch beurteilt wurde, kommt es nicht an (DRdA 1996, 513).
Der Revision ist daher Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)