Rechtssatz
Die Strafbestimmungen der §§ 206 und 207 StGB gegen den geschlechtlichen Mißbrauch Unmündiger stellen keine abschließenden, die Normen zum Schutz vor sexuellen Angriffen mit Brechung oder Beugung des widerstrebenden Willens des Opfers verdrängenden Regelungen dar, zumal sie allein die ungestörte sexuelle Entwicklung Unmündiger gewährleisten sollen, ohne daß es auf ein allfälliges Einverständnis des Kindes zu den verpönten Vorgängen ankommt; eine in strafgesetzwidriger Weise erfolgende Überwindung des Widerstandes eines Unmündigen gegen den geschlechtlichen Mißbrauch ist deshalb als hinzutretende Verletzung der freien Selbstbestimmung gesondert nach dem hiefür in Betracht kommenden Tatbestand zu beurteilen. Auf Grund der Verschiedenartigkeit der betroffenen Rechtsgüter ist demgemäß echte Idealkonkurrenz von Beischlaf mit Unmündigen (§ 206 StGB) mit Notzucht (§ 201 StGB, ebenso mit Nötigung zum Beischlaf nach § 202 StGB) sowie von Unzucht mit Unmündigen (§ 207 StGB) mit Nötigung zur Unzucht (§ 204 StGB; wie auch mit Zwang zur Unzucht nach § 203 StGB) rechtlich möglich.
Normen
StGB aF §201
StGB aF §202
StGB aF §203
StGB aF §204
StGB §206
StGB §207
10 Os 153/85 | OGH | 18.02.1986 |
Veröff: SSt 57/9 = RZ 1986/62 S 219 |
10 Os 84/86 | OGH | 19.08.1986 |
Vgl auch; Beisatz: Idealkonkurrenz von § 206 Abs 1 mit § 202 Abs 1 StGB. (T1) |
11 Os 139/93 | OGH | 19.10.1993 |
Vgl auch; Beisatz: Echte Idealkonkurrenz von Vergewaltigung nach § 201 (Abs 1) StGB und Beischlaf mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB. (T2) |
12 Os 25/19x | OGH | 09.05.2019 |
nur: Das Einverständnis des Opfers schließt den Tatbestand der §§ 206 f StGB nicht aus. (T3)<br/>Beisatz: § 90 StGB kommt nicht zur Anwendung. (T4) |
Dokumentnummer
JJR_19850829_OGH0002_0120OS00098_8500000_002
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