Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 2. Dezember 1961 geborene Hilfsarbeiter Karl S*** ist der Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB und des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB schuldig erkannt worden, weil er am 19. November 1987 in Wien die am 27. September 1980 geborene, sohin unmündige ***** H*** mit Gewalt und Drohung, indem er sie zunächst in einem Hausflur an den Haaren packte, ein Messer gegen sie richtete, sie sodann in einen Hinterhof zog, sie zwang, sich auf den Boden zu legen, ihr am Hals und im Gesicht Schnittwunden zufügte und äußerte, er werde sie töten, wenn sie nicht tue, was er wolle, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht hatte.
Der Angeklagte reklamiert mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a bzw. Z. 10 StPO, der Sache nach nur auf den letztgenannten Grund gestützten Nichtigkeitsbeschwerde die Unterstellung der Tat allein unter § 206 Abs. 1 StGB.
Rechtliche Beurteilung
Die Rüge versagt.
Es besteht kein Anlaß, von der nunmehr gefestigten, mit dem überwiegenden Teil des Schrifttums (Burgstaller, JBl. 1978, 396; Foregger-Serini4, Erl. II; Leukauf-Steininger2, RN. 29 je zu § 201 StGB) im Einklang stehenden jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofs (mit weiteren Nachweisen insbesonders RZ. 1986/62, 1987/46) abzugehen. Darnach kann bei Abwägung aller Tatbestandsmerkmale eine generelle Spezialität der Normen gegen den geschlechtlichen Mißbrauch Unmündiger (§§ 206, 207 StGB) gegenüber denjenigen zum Schutz vor sexuellen Angriffen unter Brechung oder Beugung des Willens des widerstrebenden Opfers (§§ 201 bis 204 StGB) nicht angenommen werden. Vielmehr ist die zusätzliche Unterstellung unter einen der (jeweils in Betracht kommenden) Tatbestände der §§ 201 bis 204 StGB geboten, wenn Gewalt oder Drohung zur Überwindung des Widerstands eines unmündigen Opfers gebraucht wurde, weil nur so der gesamte gewollte Unrechtsgehalt der Tat erfaßt wird. Die Bestimmungen der §§ 206 und 207 StGB sollen lediglich die ungestörte sexuelle Entwicklung Unmündiger gewährleisten, ohne daß es auf deren allfällige Einwilligung zu den verpönten Vorgängen ankommt. Ist der geschlechtliche Mißbrauch zusätzlich unter Überwindung des Widerstands der unmündigen Person, somit unter Verletzung ihrer freien Selbstbestimmung geschehen, dann treten angesichts der Verschiedenartigkeit der betroffenen Rechtsgüter die Delikte nach §§ 201 bis 204 StGB zu jenen der §§ 206 bzw. 207 StGB in Idealkonkurrenz hinzu.
Die Subsumtion der Tat unter den Tatbestand des Beischlafs mit Unmündigen (§ 206 StGB) und jenen der Notzucht (§ 201 StGB) ist rechtsrichtig. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von acht Jahren. Dabei waren erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen zweier Verbrechen und der rasche Rückfall, wobei die Tat innerhalb eines in einem anderen Verfahren bewilligten Strafaufschubs begangen wurde; mildernd war das letztlich in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes an.
Zum reklamierten Wegfall der Verbrechenskonkurrenz mangels Idealkonkurrenz der Tatbestände nach § 201 Abs. 1 StGB und § 206 Abs. 1 StGB ist auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Das Geständnis wurde ohnedies als mildernd gewertet. Daß dieses Geständnis nach einem Widerruf vor dem Untersuchungsrichter einer ersten geständigen Einlassung erst (wieder) in der Hauptverhandlung abgelegt wurde, entspricht der Aktenlage. Bei der Bewertung der Verantwortung vor der Sicherheitsbehörde ist die geradezu erdrückende Beweislage zu beachten, die ein Leugnen sinnlos gemacht hätte; damit aber kann von einem wesentlichen Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung keine Rede sein, dem auch eine vernachlässigte Erziehung angesichts mehrerer Vorstrafen und eines Alters zur Tatzeit von fast 26 Jahren nicht mehr gutgebracht werden kann (LSK. 1983/38). In der Abstandnahme von der gesetzlichen Höchststrafe wurde ohnehin auch einer gewissen geistigen Primitivität des Angeklagten ausreichend Rechnung getragen. Die abstoßende Gewalttat gegen ein siebenjähriges Kind verkörpert ein so hohes Unrecht und eine so große Schuld, daß eine Strafminderung nur auf Unverständnis der Rechtsgenossen stieße.
Auch der Berufung war sohin ein Erfolg zu versagen.
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