European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00025.19X.0509.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef F***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./), des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ von Ende 2001 bis 25. September 2002 in T***** in zahlreichen, zirka alle drei Wochen stattfindenden Angriffen mit dem am 26. September 1988 geborenen, also unmündigen Christian Fi***** dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er ihm die Unterwäsche auszog, ihn im Genitalbereich streichelte, einen Handverkehr und anschließend einen Oralverkehr an ihm durchführte sowie in mehreren weiteren Angriffen den Analbereich des Genannten berührte und mit dem Finger oder mit verschiedenen Gegenständen in den Anus eindrang und seinen Penis an dessen Anus ansetzte, um ihn einzuführen;
II./ zwischen 5. und 10. August 2002 in Südtirol außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung, nämlich einen Handverkehr an dem am 26. September 1988 geborenen, also unmündigen Christian Fi***** vorgenommen;
III./ von Ende 2001 bis Ende 2003 in T***** mit einer minderjährigen Person, nämlich mit dem am 26. September 1988 geborenen Christian Fi*****, der seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person durch die unter I./ angeführten Taten in mehreren Angriffen, nämlich immer dann, wenn dieser mit Einverständnis seiner Eltern bei ihm übernachtete, eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 1, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Das Vorbringen der Besetzungsrüge (Z 1), die laut Protokoll über die Hauptverhandlung beisitzende Richterin Dr. Karin Roider wäre vor der Urteilsverkündung durch Mag. Karin Mader ausgetauscht worden, geht aufgrund des gemäß § 270 Abs 3 StPO gefassten und in Rechtskraft erwachsenen Beschlusses der Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 25. Februar 2019 auf Berichtigung der schriftlichen Urteilsausfertigung durch Korrektur des Namens der beisitzenden Richterin (ON 47) ins Leere.
Soweit die Mängelrüge (Z 5) die Feststellung einer pädophilen Neigung des Angeklagten bekämpft, wendet sie sich nicht gegen eine entscheidende Tatsache ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399).
Indem die weitere Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) ausführt, das Schöffengericht hätte das Geburtsdatum des Christian Fi***** mit 25. September 2002 festgestellt (US 5), den Beginn der Taten gegen ihn jedoch bereits mit Ende 2001, wird lediglich ein offenkundiger Schreibfehler aufgezeigt, welcher keinen Widerspruch im Sinn des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes darstellt (RIS‑Justiz RS0106295 [T14]; vgl US 7 und den Spruch, wonach das Opfer am 26. September 1988 geboren wurde, also am 25. September 2002 das 14. Lebensjahr vollendete).
Die zu III./ des Schuldspruchs erhobene Tatsachenrüge (Z 5a) spricht mit dem Vorbringen, der Zeuge Christian Fi***** hätte ausgesagt, seinen Eltern teilweise vorgeschwindelt zu haben, bei Freunden zu übernachten, weshalb in diesen Fällen dem Angeklagten nicht die Aufsicht über den Minderjährigen anvertraut worden sei, keine entscheidende Tatsache an, weil das Erstgericht eine gleichartige Verbrechensmenge nur pauschal individualisiert hat und der Beschwerdeführer die Täterschaft bloß hinsichtlich einzelner Taten in Frage stellt (RIS‑Justiz RS0116736).
Weshalb das Einverständnis des Opfers den Tatbestand des § 206 Abs 1 StGB oder § 207 Abs 1 StGB ausschließen oder dem Angeklagten der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung des Verletzten nach § 90 StGB zugute kommen sollte, legt die Rechtsrüge (Z 9 lit a und 9 lit b, nominell auch Z 10) nicht dar (vgl RIS‑Justiz RS0095272, RS0095581).
Das Vorbringen der die Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses bestreitenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu III./ des Schuldspruchs geht an der tatrichterlichen Konstatierung vorbei, wonach Christian Fi***** teilweise mit Einverständnis seiner Eltern beim Angeklagten übernachtete und währenddessen seiner Aufsicht unterstand, wobei der Angeklagte seine Stellung als Aufsichtsperson gegenüber dem Opfer ausnützte, um die geschlechtlichen Handlungen an diesem durchzuführen (US 7). Indem die Nichtigkeitsbeschwerde ausführt, das Opfer habe nach den Feststellungen oftmals sexuelle Handlungen verweigert, „was eine entsprechende Macht des Christian Fi***** in Bezug auf den Angeklagten“ belege, wird nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft und nicht – wie zur Darstellung materieller Nichtigkeit erforderlich (RIS‑Justiz RS0099810) – auf Basis des im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalts argumentiert.
Mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe bestimmte Milderungsgründe nicht berücksichtigt, wird Nichtigkeit aus Z 11 nicht zur Darstellung gebracht, sondern bloß ein Berufungsvorbringen erstattet (RIS‑Justiz RS0099911, RS0099920).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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