Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 50 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Zuständigkeit, Feststellungsbescheid, Übergang der Zuständigkeit, Delegierungsbescheid |
Verweise: | VwGH 11.12.1992, 88/17/0104 |
1. Allgemeines
1.1. Grundbegriffe
1.1.1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit
Unter der sachlichen Zuständigkeit wird der nach der Art der Sache der Verwaltungsangelegenheit umschriebene Aufgabenbereich einer Behörde verstanden.
Die sachliche Zuständigkeit der Finanzämter ist insbesondere im AVOG geregelt. Dort werden unterschieden:
- Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis (§ 3 AVOG),
- Finanzämter mit besonderem Aufgabenkreis (§§ 4 und 7 AVOG),
- Finanzämter mit erweitertem Aufgabenkreis (§§ 8 bis 13a AVOG).
Kommen für eine Amtshandlung mehrere sachlich zuständige Abgabenbehörden in Betracht, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach territorialen Gesichtspunkten.
Die örtliche Zuständigkeit der Finanzämter ist vor allem in der BAO geregelt.
Die Zuständigkeit muss im Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung (zB der Zustellung des Bescheides) gegeben sein; sie richtet sich daher nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Amtshandlung.
Die Zuständigkeit ist von Amts wegen wahrzunehmen (§ 50 Abs. 1 erster Satz BAO). Eine allfällige Unzuständigkeit ist somit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (vgl. zB VwGH 11.12.1992, 88/17/0104; VwGH 26.1.1995, 92/16/0145).
Die Partei kann die Unzuständigkeit insbesondere mit Berufung gegen den von einer nicht zuständigen Behörde erlassenen Bescheid geltend machen.
Unter Erhebung (im Sinn der BAO und des AVOG) sind alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen (§ 49 Abs. 2 BAO, § 16 AVOG). Dazu gehört die Ermittlung des Sachverhaltes, die Festsetzung der Abgabe, ihre Einhebung und zwangsweise Einbringung (vgl. zB VwGH 25.4.1996, 96/16/0068). Die Erlassung von Haftungsbescheiden ist eine Einhebungsmaßnahme (zB VwGH 17.12.2003, 99/13/0036).
1.1.2. Einreichung von Anbringen
Anbringen der Partei sind grundsätzlich bei der für die betreffende Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde einzureichen.
Einige Abgabenvorschriften erlauben für bestimmte Anbringen auch die Einreichung bei einer anderen Behörde. Solche Vorschriften sind beispielsweise § 3 Abs. 2 AVOG, § 73 letzter Satz BAO, § 52a Abs. 1 BAO, § 303 Abs. 3 BAO, § 308 Abs. 4 BAO.
Nach § 3 Abs. 2 AVOG können Gebührenanzeigen (§ 31 GebG), Anzeigen der Schenkungen unter Lebenden (§ 22 ErbStG 1955) und Abgabenerklärungen gemäß § 10 GrEStG 1987 außer bei dem für die Erhebung der betreffenden Abgabe zuständigen Finanzamt auch bei Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis, innerhalb des Amtsbereiches des für die Abgabenerhebung zuständigen Finanzamtes eingebracht werden. Dies gilt als Folge des letzten Satzes des § 3 Abs. 2 AVOG nicht für Finanzämter, die ihren Sitz in Wien haben; daher sind die betreffenden Eingaben nur beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien einzureichen.
Solange die Verständigung (des § 73 zweiter Satz BAO) über den Übergang der örtlichen Zuständigkeit nicht ergangen ist, können Anbringen auch noch bei der bisher zuständig gewesenen Abgabenbehörde eingebracht werden (§ 73 letzter Satz BAO).
Gleiches gilt für den Übergang der sachlichen Zuständigkeit nach § 52a Abs. 1 BAO. Auch in diesem Fall können, solange die Verständigung vom Zuständigkeitsübergang nicht erfolgt ist, Anbringen bei der bisher zuständig gewesenen Abgabenbehörde eingebracht werden.
Ein Wiederaufnahmsantrag ist nach § 303 Abs. 2 BAO bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist, eingebracht werden (§ 303 Abs. 3 BAO).
Gleiches gilt nach § 308 Abs. 4 BAO für die Einbringung von Wiedereinsetzungsanträgen. Auch sie können nicht nur bei der im § 308 Abs. 3 BAO genannten Behörde, sondern auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist, eingebracht werden.
Für einige Anbringen (insbesondere Anzeigen) ist geregelt, bei welcher Abgabenbehörde sie einzubringen sind. Solche Bestimmungen sind beispielsweise § 41 Abs. 3 BAO, § 120 BAO, § 13 UmgrStG, § 43 Abs. 1 UmgrStG, § 15 Abs. 1 Z 1 lit. c letzter Satz ErbStG 1955, § 15a Abs. 7 ErbStG 1955.
Wird eine Satzungsbestimmung, die eine Voraussetzung der Abgabenbegünstigung betrifft, nachträglich geändert, ergänzt, eingefügt oder aufgehoben, so hat dies die Körperschaft binnen einem Monat jenem Finanzamt bekannt zu geben, das für die Festsetzung der Umsatzsteuer der Körperschaft zuständig ist oder es im Falle der Umsatzsteuerpflicht der Körperschaft wäre (§ 41 Abs. 3 BAO).
Nach § 120 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen ihrem zuständigen Finanzamt (§§ 55, 56 oder 58 BAO) alle Umstände anzuzeigen, die hinsichtlich einer Abgabe vom Einkommen, Vermögen, Ertrag oder Umsatz die persönliche Abgabepflicht begründen, ändern oder beendigen. Sie haben dem Finanzamt auch den Wegfall von Voraussetzungen für die Befreiung von einer Abgabe vom Einkommen, Vermögen oder Ertrag anzuzeigen.
Nach § 120 Abs. 2 BAO hat, wer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, einen gewerblichen Betrieb (eine Betriebsstätte) oder eine sonstige selbständige Erwerbstätigkeit begründet oder aufgibt, dies dem für die Erhebung der Abgaben vom Umsatz zuständigen Finanzamt anzuzeigen.
§ 13 UmgrStG betrifft Meldungen der Einbringung bei dem gemäß § 58 BAO für die übernehmende Körperschaft zuständigen Finanzamt. Erfolgt die Einbringung in eine im Ausland ansässige übernehmende Körperschaft, für die bis zur Einbringung kein inländisches Finanzamt zuständig ist, so hat (nach dem letzten Satz des § 13 Abs. 1 UmgrStG) die Meldung an das für den Einbringenden zuständige Wohnsitz-, Sitz- oder Lagefinanzamt zu erfolgen.
Wer Vermögen durch eine Umgründung überträgt oder übernimmt und nicht schon nach dem ersten Hauptstück des UmgrStG zu einer Meldung verpflichtet ist, hat die Umgründung abweichend von der Frist des § 121 BAO innerhalb der im ersten Hauptstück genannten Frist unter Nachweis der Rechtsgrundlage dem Betriebsfinanzamt oder dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Vermögen zuständigen Finanzamt anzuzeigen (§ 43 Abs. 1 UmgrStG).
Die Anzeigepflichten in § 15 Abs. 1 Z 1 lit. c letzter Satz ErbStG 1955 und in § 15a Abs. 7 ErbStG 1955 bestehen gegenüber "dem" Finanzamt (daher gegenüber dem für die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt).
1.1.3. Gesamtrechtsnachfolge
Bei Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge, Spaltung nach § 1 SpaltG) gehen bereits entstandene Abgabenschulden auf den Gesamtrechtsnachfolger (bzw. auf die Gesamtrechtsnachfolger) über. Die Geltendmachung solcher Ansprüche gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger (den Gesamtrechtsnachfolgern) obliegt dem für den Rechtsvorgänger zuständig gewesenen Finanzamt (vgl. VwGH 18.3.1987, 86/13/0165).
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betroffene Normen: | § 50 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
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