Normen
LMG 1975 §7 Abs1 litc;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975;
LMSVG 2006 §5 Abs2 Z1;
LMSVG 2006 §5 Abs2;
LMG 1975 §7 Abs1 litc;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975;
LMSVG 2006 §5 Abs2 Z1;
LMSVG 2006 §5 Abs2;
Spruch:
1. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den erstangefochtenen Bescheid richtet, als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Im Zuge einer am 30. April 2008 in einer im Betrieb der X GmbH in H. durchgeführten Kontrolle wurde von einem Lebensmittelaufsichtsorgan eine Probe einer in folierter Tasse (Vakuumverpackung) verpackten aufgeschnittenen Fleischwurst ("Lyoner") entnommen.
Aus dem Prüfbericht der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) vom 9. Juni 2008 ergibt sich, dass die Probe bis zum Ende der auf der Packung angegebenen Mindesthaltbarkeitsfrist (4. Mai 2008) gelagert worden sei. Der Geruch nach dem Lagerversuch sei nicht auffallend gewesen, ebenso der Geschmack.
Das Gutachten der AGES führt aus, die vorliegende Probe weise nach sachgemäßer Lagerung bis zum Ende der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist eine unakzeptabel überhöhte mesophile aerobe Gesamtkeimzahl (200 Mio KBE/g) auf, die Zahl der Milchsäurebakterien sei mit 20 Mio KBE/g leicht erhöht. Im Vergleich zu den Empfehlungen der Arbeitsgruppe "Mikrobiologische Richt- und Warnwerte" der Fachgruppe "Lebensmittelmikrobiologie und-hygiene" der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM - Stand Juni 2007) und der Arbeitsgruppe "Lebensmittelmikrobiologie" (Stand 16. November 2004) zur Beurteilung von Brät- und Fleischwürsten ("Brühwurst") auf Handelsebene (Aufschnittware), liege die mesophile aerobe Gesamtkeimzahl der Probe mit 200 Mio KBE/g beim 40-fachen des Richtwertes (5 Mio KBE/g). Richtwerte gäben eine Orientierung, welches produktspezifische Mikroorganismenspektrum zu erwarten und welche Mikroorganismengehalte in den jeweiligen Lebensmitteln bei Einhaltung einer guten Hygienepraxis akzeptabel und bis zum Erreichen des jeweiligen Haltbarkeitsdatums einzuhalten seien. Die Probe habe, objektiviert durch den im Vergleich (zu Aufschnittware einer Fleischwurst) überschrittenen Richtwert, mit Erreichen der Mindesthaltbarkeitsfrist (zumindest) eine erhebliche Minderung der spezifischen wertbestimmenden Eigenschaft "Frische" erfahren. Sie erreiche nicht die laut Deklaration zu erwartende Haltbarkeit und werde entgegen § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG mit einer unzutreffenden / zu lange bemessenen Haltbarkeitsfrist, d.h. mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe über die Haltbarkeit, in Verkehr gesetzt.
Mit im Instanzenzug nach Durchführung einer Verhandlung ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (UVS) vom 29. Oktober 2008 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als nach § 9 VStG für die Betriebsstätte in H. bestelltes Organ der X GmbH zu verantworten, dass am 30. April 2008 im gekühlten Selbstbedienungsbereich nahe der Kasse ein Lebensmittel, nämlich aufgeschnittene Fleischwurst ("Lyoner") für den Verkauf bereitgehalten worden sei, wobei die Ware bei sachgemäßer Lagerung am Ende der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist eine unakzeptabel überhöhte mesophile aerobe Gesamtkeimzahl (200 Mio KBE/g) und eine leicht überhöhte Zahl an Milchsäurebakterien (20 Mio KBE/g) aufgewiesen habe. Das Lebensmittel habe nicht die laut Deklaration zu erwartende Haltbarkeit erreicht und sei somit entgegen § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG mit einer unzutreffenden bzw. zu lange bemessenen Haltbarkeitsfrist, mithin mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe über die Haltbarkeit, in Verkehr gesetzt worden. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG begangen; über sie werde gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG eine Geldstrafe von EUR 350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen) verhängt.
Begründend führte der UVS nach Wiedergabe des erstbehördlichen Straferkenntnisses und des Berufungsvorbringens aus, die in Rede stehende Fleischwurst sei als Großhandelsgebinde (ca drei kg) von der Zentrale der X GmbH direkt an die Filiale in H. ausgeliefert und dort weiterverarbeitet worden, wobei unter Weiterverarbeitung das maschinelle Schneiden des Fleischwurstblockes und das Verpacken der geschnittenen Wurstwaren unter Vakuumbedingungen zu verstehen sei. Die AGES habe festgestellt, dass die Probe nach sachgemäßer Lagerung bis zum Ende der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist eine Gesamtkeimzahl von 200 Mio KBE/g mesophiler aerober Gesamtkeime und gleichzeitig 20 Mio KBE/g Milchsäurebakterien aufgewiesen habe. Gutachterlich sei die AGES zum Ergebnis gekommen, dass die Probe durch diese unakzeptabel überhöhte Gesamtkeimzahl mit Erreichen der Mindesthaltbarkeitsfrist (zumindest) eine erhebliche Minderung der spezifischen wertbestimmenden Eigenschaft "Frische" erfahren habe. Nicht festgestellt habe hingegen werden können, dass die von der Beschwerdeführerin und der Zeugin E. geschilderten Abläufe innerhalb der Betriebsstätte in H. hinsichtlich der hygienischen Standards bei Weiterverarbeitung der aus der Zentrale angelieferten Fleischwurst hygienisch bedenklich wären.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften führte der UVS weiter aus, aerobe mesophile Keime seien Darmbakterien aus der Umwelt, welche sich in Anwesenheit von Luft vermehren können und die bei mittleren Temperaturen (mesophil, 20 - 45 Grad C) am besten wachsen. Die aerobe Keimzahl sei ein Maß für den allgemeinen mikrobiellen Zustand eines Lebensmittels. Keimzahlen, die über das normale Maß hinausgingen, wiesen auf schlechte Ausgangsprodukte, unsaubere Produktion oder unsachgemäße Lagerung hin. Eine zu hohe Zahl dieser Keime bedeute eine verminderte Haltbarkeit des Lebensmittels, hohe Koloniezahlen dieser Bakterien dienten als Indikator für mögliche schädliche Bakterien oder für zu lange Stagnationszeiten.
Zwar gebe es für die Konzentration der aeroben mesophilen Keime in Lebensmitteln keine gesetzliche Höchstgrenze, die Frage, ab welcher Anzahl aerober mesophiler Keime es zu einer Beeinträchtigung von Lebensmitteln im weitesten Sinne bzw. zu einer relevanten Beeinträchtigung der "Frische" einer Fleischwurst komme, sei einem Sachverständigenbeweis zugänglich. Insofern komme dem Gutachten der AGES wesentliche Bedeutung zu.
In welchem Produktionsstadium Fehler passiert seien bzw. welche Parameter im Allgemeinen einen Hinweis auf mangelnde Hygiene liefern, sei im vorliegenden Zusammenhang nicht relevant. Es sei auch nicht relevant, warum lediglich die aerobe mesophile Keimzahl erhöht sei, die der Milchsäurebakterien hingegen verhältnismäßig gering geblieben sei. Die Zunahme der aeroben mesophilen Keime stehe in keinem wesentlichen Zusammenhang zur Entwicklung von (anaeroben bzw. aerotoleranten) Milchsäurebakterien. Auch aus fehlender Organoleptik könne nicht auf Mängelfreiheit geschlossen werden.
Der UVS gehe davon aus, dass die angebotene Fleischwurst nicht den Vorgaben des LMSVG entsprochen habe. Da das Anbieten der beprobten Fleischwurst in einer Selbstbedienungskühlvitrine in der Betriebsstätte in H. als Inverkehrbringen iSd. § 3 Z. 9 LMSVG iVm. der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu verstehen sei, gehe der UVS davon aus, dass der festgestellte Sachverhalt die objektive Tatseite erfülle.
Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, sie sei zwar als verantwortlich Beauftragte iSd. § 9 VStG bestellt worden, allerdings fehle ihr die Möglichkeit, mikrobiologische Beprobung bei der AGES in Auftrag zu geben. Seitens der Zentrale sei ihr diese Berechtigung nicht eingeräumt worden. Die einzige Möglichkeit für sie sei es, das Produkt hinsichtlich seiner Kennzeichnung und Verpackung zu kontrollieren und eine grobphysikalische Überprüfung, durch Besichtigen, Verkosten und Beriechen vorzunehmen.
Diesem Vorbringen komme jedoch keine Bedeutung zu, weil ein verantwortlicher Beauftragter nicht verpflichtet sei, betriebsinterne Anweisungen zu befolgen, solche seien für die Wirksamkeit der Bestellung ohne Bedeutung. Die Beschwerdeführerin habe mit 3. Dezember 2007 ihrer Bestellung als verantwortliche Beauftragte für einen klar abgegrenzten Tätigkeitsbereich in der Betriebsstätte in H. zugestimmt, damit habe sie jedoch alle sie treffenden gesetzlichen Verpflichtungen ohne weitere Einschränkung übernommen und für die in ihrem Aufgabenbereich vorgefallenen Übertretungen einzustehen.
Unter anderem gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragt aber die kostenpflichtige Abweisung der Beschwere als unbegründet.
I.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, soweit sie sich gegen den erstangefochtenen Bescheid richtet, erwogen:
1.1. Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des LMSVG (dieses idF. der Novelle BGBl. I Nr. 112/2007) lauten (auszugsweise):
"Begriffsbestimmungen
§ 3. Für dieses Bundesgesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. Lebensmittel: Lebensmittel gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 .
…
9. Inverkehrbringen: Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 . Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß auch für Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel. Für Wasser für den menschlichen Gebrauch gilt auch die Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung als Inverkehrbringen, sofern diese nicht im Rahmen des familiären Verbandes erfolgt.
Davon abweichend ist als Inverkehrbringen bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, erlassenen Verordnungen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittelrechtlichen Vorschriften gemäß Z 13 nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 bleiben davon unberührt.
…
2. Abschnitt
Lebensmittel
Allgemeine Anforderungen
§ 5.
…
(2) Es ist verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere
1. zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;
2. Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;
3. Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.
…
2. Abschnitt
Verwaltungsstrafbestimmungen
Tatbestände
§ 90. (1) Wer
1. Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung,
…
in Verkehr bringt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
…"
1.2. Nach dem Art. 3 Z. 8 der in § 3 Z. 9 LMSVG zitierten Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das "Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst".
1.3. Im Beschwerdefall sind weiters folgende Bestimmungen der Leebnsmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) idF. BGBl. II Nr. 8/2008 von Interesse (auszugsweise):
"§ 4. (1) Verpackte Waren sind wie folgt zu kennzeichnen, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen:
…
5. der Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält (Mindesthaltbarkeitsdatum) mit den Worten:
"mindestens haltbar bis ...", wenn der Tag genannt wird; "mindestens haltbar bis Ende ...", wenn nur Monat oder Jahr
genannt werden, bestimmt nach
a) Tag und Monat, wenn deren Haltbarkeit weniger als drei Monate,
b) Monat und Jahr, wenn deren Haltbarkeit zwischen drei und 18 Monaten und
c) dem Jahr, wenn deren Haltbarkeit mehr als 18 Monate beträgt;
in Verbindung mit der Angabe "mindestens haltbar ..." ist
entweder das Datum selbst oder die Stelle, an der es in der Etikettierung angegeben ist, einzusetzen;
…
§ 5. Anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums (§ 4 Abs. 1 Z 5) ist bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Waren, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, das Verbrauchsdatum mit den Worten: "verbrauchen bis ..." anzugeben; es ist das Datum selbst oder die Stelle, an der es in der Etikettierung angegeben ist, einzusetzen.
…
§ 9.(1) Eine Verlängerung der Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsfrist ist nicht zulässig.
(2) Ist die Mindesthaltbarkeitsfrist bereits abgelaufen, ist dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich zu machen.
(3) Ist die Verbrauchsfrist abgelaufen, darf die Ware nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
…"
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1. Nach der hg. Rechtsprechung zum LMG 1975 lag eine Falschbezeichnung vor, wenn die Angaben über die Mindesthaltbarkeitsfrist in Verbindung mit den angegebenen Lagerbedingungen von Anfang an falsch waren, wobei Lebensmittel auch dann falsch bezeichnet waren, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über ihre Haltbarkeit in Verkehr gebracht wurden. Ob dies vorlag, hing allein davon ab, ob die seinerzeit deklarierte Haltbarkeitsfrist in Verbindung mit den angegebenen Lagerbedingungen für die betreffende Ware objektiv und generell betrachtet unrichtig - d.h. zu lange bemessen - war (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1998, Zl. 94/10/0132).
An die Stelle des im LMG 1975 enthaltenen Verbotes, falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr zu bringen, ist nach § 5 Abs. 2 LMSVG das Verbot getreten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen. Als "irreführend" wird eine Angabe anzusehen sein, wenn die Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise über ihre Bedeutung mit den wahren Verhältnissen nicht im Einklang stehen (vgl. Blass ua., LMR3, § 5 LMSVG Rz 10).
Dass auch Angaben über die Mindesthaltbarkeit eines Lebensmittels als Angaben iSd. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG in Betracht kommen, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
2.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf ihre Annahme, die Angabe über die Mindesthaltbarkeitsfrist sei insofern zur Irreführung geeignet gewesen, als das Produkt am Ende der Mindesthaltbarkeitsfrist einen Zustand aufgewiesen habe, der, wie sich aus der Gesamtzahl der nachgewiesenen aeroben mesophilen Keime ergebe, nicht dem üblicherweise zu erwartenden Zustand entsprochen habe, im Ergebnis also weniger frisch gewesen sei, als dies zu erwarten gewesen wäre.
2.3.1. Dies verkennt die Beschwerde, wenn sie aufzuzeigen versucht, dass gesetzliche Grenzwerte für die Gesamtzahl der aeroben mesophilen Keime nicht existierten und auch die im Gutachten der AGES erwähnten Richtlinien nicht normativ verbindlich seien.
2.3.2. Die belangte Behörde ist im Beschwerdefall nicht vom Überschreiten verbindlicher Grenzwerte ausgegangen, weil sie zutreffend erkannte, dass solche nicht bestehen. Sie ist vielmehr, gestützt auf das Gutachten der AGES, davon ausgegangen, dass ein Lebensmittel, dass bei Ablauf der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist einen Zustand aufweist, in dem die Gesamtzahl aerober mesophiler Keime das 40fache des durch Richtlinien, die die übliche Verbrauchererwartung widerspiegeln, grundgelegten Wert erreicht, nicht den zu erwartenden Zustand aufweist, dass mithin die deklarierte Mindesthaltbarkeitsdauer zur Irreführung über die wesentlichen Eigenschaften des Lebensmittels - hier: die Frische - geeignet ist. Diese Einschätzung der belangten Behörde ist aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden.
2.3.3. Soweit die Beschwerde versucht, das Gutachten der AGES als nicht tauglich zu erweisen, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens die Gelegenheit hatte, diesem Gutachten auf gleicher Ebene konkret entgegenzutreten. Solches ist jedoch unterblieben. Auch die dem Berufungsschriftsatz beigeschlossene Abhandlung Dris K. enthält weder konkrete Ausführungen zum Gutachten der AGES noch Ausführungen dazu, dass Lebensmittel wie das in Rede stehende noch einen Zustand aufgewiesen hätte, der gemessen an der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist üblicherweise (noch) zu erwarten gewesen wäre.
2.3.4. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, die in Rede stehende Fleischwurst sei als Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr gebracht worden, ist demnach nicht als rechtswidrig zu erkennen.
2.4.1. Zum Tatbestand der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116, und vom 26. April 2010, Zl. 2008/10/0169, mwN.).
2.4.2. Die Beschwerde bringt vor, die Beschwerdeführerin sei zwar zur verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG bestellt worden, eine Befugnis zur Anordnung biochemischer Untersuchungen der Lebensmittel sei ihr vom Unternehmen jedoch nicht erteilt worden. Sie habe sämtliche Maßnahmen getroffen, zu denen sie ermächtigt sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
2.4.3. Die Beschwerdeführerin hat, wie sich nicht zuletzt aus den Verwaltungsakten ergibt, ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten am 3. Dezember 2007 zugestimmt. Sie wurde per 3. Dezember 2007 zur verantwortlichen Beauftragten bestellt, welche in ihrer Funktion als Feinkost-Abteilungsleiterin für die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften (darunter des LMSVG und der LMKV) für die Filiale in H. verantwortlich sei. Aus der Urkunde ergibt sich weiters, dass der verantwortlich Beauftragten für den Verantwortungsbereich eine Anordnungsbefugnis zugewiesen sei, die ihr die Einhaltung der übernommenen Verpflichtung ermöglicht.
Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, von sich aus der Behörde darzulegen, dass sie sich durch eine entsprechende Kontrolle vergewissert hat, dass die deklarierte Mindesthaltbarkeitsfrist der in ihren Verantwortungsbereich fallenden Lebensmittel so gewählt ist, dass sie Gewähr für die Mängelfreiheit der Lebensmittel bis zum Ablauf der Aufbrauchsfristen bietet. Dass sich die Beschwerdeführerin laufend davon überzeugt und die Richtigkeit der nach ihrem Vorbringen schon von der Zentrale vorgegebenen Mindesthaltbarkeitsfristen überprüft hätte, hat sie nicht behauptet. Schon in ihrer Rechtfertigung im erstinstanzlichen Strafverfahren hat sie vielmehr vorgebracht, dass sie sich für die Keimzahlen der Lebensmittel nicht verantwortlich fühle. Die belangte Behörde musste dies dahin verstehen, dass die Beschwerdeführerin, die offenbar die Bedeutung der deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist und die Eignung einer unrichtig deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist zur Irreführung iSd. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG verkannte, damit nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, das sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muss ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwartet lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im Einzelnen darzulegen hatte. Davon, dass der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, dass Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw. Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den oben dargelegten Anforderungen nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0186 und die beiden erwähnten hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1996 und vom 26. April 2010 mwN.). Ein derartiges taugliches Kontrollsystem hat jedoch die Beschwerdeführerin, die sich nach ihren Angaben gänzlich auf die ihr von der Zentrale vorgegebenen Mindesthaltbarkeitsfristen verließ, weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde dokumentiert. Sie hat auch nicht offengelegt, weshalb ungeachtet des behaupteten "Kontrollsystems" Verstöße gegen die Bestimmungen des LMSVG unbemerkt geblieben sind.
2.5. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.6. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Verhandlung durchgeführt hat, gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
II.
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines Unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Mit den im Instanzenzug ergangenen zweit- und drittangefochtenen Bescheiden wurde die Beschwerdeführerin jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG schuldig erkannt und über sie jeweils eine Geldstrafe von EUR 350,-- verhängt.
Das Beschwerdevorbringen zeigt vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Pkt. I. nicht auf, dass die Entscheidung über die Beschwerde diesbezüglich von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 33a VwGG abhängt.
Somit konnte in dem im Spruch genannten Umfang von der Ermächtigung gemäß § 33a VwGG Gebrauch gemacht werden und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt werden.
Wien, am 21. Mai 2012
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