VwGH 2010/12/0133

VwGH2010/12/013330.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, 1. über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Erledigung des Bundesministers für Finanzen vom 23. Juni 2010, Zl. BMF-322500/0051-I/1/2010, sowie über die damit verbundene Beschwerde gegen diese Erledigung (protokolliert unter den Zlen. 2010/12/0193 und 2010/12/0194) und 2. über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 8. Juli 2010, unter der gleichen Geschäftszahl (protokolliert unter Zl. 2010/12/0133), betreffend Antrag nach § 18a B-GlBG, jeweils erhoben von HK in V,

Normen

BDG 1979 §21;
B-GlBG 1993 §18a;
B-GlBG 1993 §20 Abs3 idF 2009/I/153;
B-GlBG 1993 §20 Abs5;
B-VG Art19 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs2;
DVG 1984 §2 Abs5;
DVG 1984 §2 Abs6;
DVPV BMF 2009 §1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BDG 1979 §21;
B-GlBG 1993 §18a;
B-GlBG 1993 §20 Abs3 idF 2009/I/153;
B-GlBG 1993 §20 Abs5;
B-VG Art19 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs2;
DVG 1984 §2 Abs5;
DVG 1984 §2 Abs6;
DVPV BMF 2009 §1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Der Wiedereinsetzungsantrag sowie die damit verbundene Beschwerde gegen die oben unter 1. angeführte Erledigung werden zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Der oben unter 2. angeführte Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis 31. März 2010 als Hofrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Großbetriebsprüfung K, bei der er seit 11. Jänner 1996 als Gruppenleiter dienstverwendet wurde. Mit Schreiben vom 28. Februar 2010 erklärte der Beschwerdeführer gemäß § 21 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), seinen Austritt aus dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis mit Ablauf des 31. März 2010. Seit 1. April 2010 steht er in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Marktgemeinde V. Er ist rechtskundiger Beamter im Verständnis des § 24 Abs. 2 Z. 2 VwGG.

Im Juli 2008 wurde die Funktion des Vorstandes des Finanzamtes S ausgeschrieben. Der Beschwerdeführer bewarb sich um diese Stelle, welche jedoch an einen Mitbewerber verliehen wurde.

In der Folge stellte der Beschwerdeführer (nach Befassung der Bundes-Gleichbehandlungskommission) mit Schreiben vom 28. Februar 2010 an die Großbetriebsprüfung als seine (damalige) Dienstbehörde einen Antrag auf Entschädigung gemäß § 18a des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993 idF BGBl. I Nr. 65/2004 (im Folgenden: B-GlBG), wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 13 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. Die belangte Behörde richtete sodann am 23. Juni 2010 die oben unter 1. zitierte Erledigung an den Beschwerdeführer, mit welcher seinem Antrag vom 28. Februar 2010 auf Zuerkennung von Schadenersatz gemäß § 18a B-GlBG idF BGBl. I Nr. 65/2004 nicht stattgegeben wurde.

Nach Maßgabe des darüber errichteten Rückscheines erfolgte der erfolglose Versuch einer eigenhändigen Zustellung an den Beschwerdeführer an seiner Adresse am 25. Juni 2010. Eine Verständigung über die Hinterlegung der Postsendung beim Postamt 9220 sei an der Abgabestelle zurückgelassen worden. Beginn der Abholfrist sei der 28. Juni 2010.

Nach dem Akteninhalt wurde diese Sendung jedoch in der Folge am 28. Juni 2010 auf Grund einer "Absenderverfügung" an die belangte Behörde zurückgemittelt.

Am 8. Juli 2010 erging schließlich an den Beschwerdeführer der oben unter 2. angeführte Bescheid, mit welchem seinem Antrag vom 28. Februar 2010 auf Zuerkennung von Schadenersatz gemäß § 18a B-GlBG idF BGBl. I Nr. 65/2004 nicht stattgegeben wurde.

Zu ihrer Zuständigkeit zum Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers in erster Instanz führte die belangte Behörde nach auszugsweiser Zitierung des § 20 B-GlBG sowie des § 2 Abs. 1, 2 und 6 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29 (im Folgenden: DVG; Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 119/2002), sowie des § 1 der Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung - BMF 2009, BGBl. II Nr. 343/2008 (im Folgenden: DVPV-BMF 2009), Folgendes aus (Hervorhebung im Original):

"Gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG sind die vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten nachgeordneten Dienststellen - hier gemäß § 1 Z 4 DVPV-BMF 2009 die Großbetriebsprüfung - 'innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig'. Zum Wirkungsbereich der Großbetriebsprüfung zählt aber nicht die Entscheidung über Ersatzansprüche gemäß § 18a B-GlBG, die von einem bei ihr verwendeten Beamten wegen einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 13 Abs. 1 Z 5 aus Anlass der Nichtbetrauung mit der Funktion des Vorstandes eines Finanzamtes gestellt werden. Vielmehr ist für eine derartige Maßnahme der Bundesminister für Finanzen als oberste Dienstbehörde zuständig."

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juli 2010 erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 2010/12/0133 protokollierte Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Dort brachte er u.a. vor, ihm sei die Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010 "erstmals durch Hinterlegung beim Postamt Velden am Wörthersee zugestellt" worden, in der Folge aber die Ausfolgung seitens der Post mit dem Verweis verweigert worden, dass der Absender eine Rücksendung des Briefes gefordert hätte. Die Zustellung des zweitangefochtenen Bescheides sei dann am 12. Juli 2010 erfolgt. Die Erledigungen unterschieden sich neben dem Datum auch durch die Person des Genehmigenden.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. August 2010, Zl. 2010/12/0133-4, wurde über die genannte Beschwerde das Vorverfahren eingeleitet. Den Streitteilen wurde es freigestellt, sich binnen acht Wochen vor dem Hintergrund der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0128, und vom 3. Oktober 1996, Zl. 96/06/0208, ergänzend zur Frage der Rechtswirksamkeit der Zustellung der Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010 bzw. dem Beschwerdeführer darüber hinaus zur Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Bescheides vom 8. Juli 2010 zu äußern.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Verwaltungsakten vor, wobei sie ausführte, sie habe die Post um eine Rückübermittlung der Briefsendung ersucht. Zur Frage ihrer Zuständigkeit verwies sie ergänzend zu ihren Ausführungen im Bescheid vom 8. Juli 2010 auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2008, B 97/07 = VfSlg. Nr. 18.380). Sie beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer brachte in einer ergänzenden Äußerung vom 17. Oktober 2010 vor, dass eine Hinterlegung der Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010 nicht erfolgt sei; vielmehr sei die Sendung an die belangte Behörde zurückgesandt worden. Dies sei dem Beschwerdeführer am Montag, dem 28. Juni 2010, seitens der Österreichischen Post AG, Zustellbasis Villach, wohin er von der Postfiliale 9220 Velden verwiesen worden sei, schriftlich bestätigt worden. Er gehe daher davon aus, dass es sich bei der Erledigung vom 23. Juni 2010 nicht um einen wirksam erlassenen Bescheid handle.

In Ansehung der Zuständigkeitsfrage vertrat der Beschwerdeführer in diesem Schriftsatz die Auffassung, für die Beurteilung seines Anspruches nach § 18a B-GlBG sei seine Dienstbehörde, die Großbetriebsprüfung, zuständig gewesen. Der angefochtene Bescheid vom 8. Juli 2010 sei daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde belastet.

Über ergänzende Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde mit, die Postsendung mit der Erledigung vom 23. Juni 2010 sei durch eine näher genannte Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen am 24. Juni 2010 zurückgerufen worden.

Die Zustellbasis Villach der Österreichischen Post AG teilte auf Grund einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes am 2. März 2011 mit, dass die Hinterlegung der Sendung mit der Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010 bei der Filiale unterblieben sei, da ein Vertreter der Zustellbasis Villach den Zusteller telefonisch über die Absenderverfügung unterrichtet hat. Zu diesem Zeitpunkt sei die Hinterlegung schon auf dem RSa beurkundet und die Hinterlegungsanzeige eingeworfen worden.

Mit einer am 11. November 2010 zur Post gegebenen, zur hg. Zl. 2010/12/0193 WE, protokollierten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer sodann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Erhebung einer Beschwerde gegen die Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010. Mit diesem Wiedereinsetzungsantrag verband er eben diese Beschwerde, welche zur hg. Zl. 2010/12/0194 protokolliert wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Eingaben erwogen:

§ 5 und § 11 Abs. 1 DVG, die erstgenannte Bestimmung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 362/1991, die zweitgenannte Bestimmung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 165/2005, lauten:

"Zu § 21 AVG

§ 5. Im Dienstrechtsverfahren ist das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Hinterlegung von Schriftstücken, die Bediensteten des Dienststandes zuzustellen sind, auch beim Leiter der Dienststelle des Bediensteten oder beim Stellvertreter des Leiters zulässig ist.

...

Zu § 62 AVG

§ 11. (1) Bescheide in Dienstrechtsangelegenheiten sind, abgesehen von den Fällen des § 9, schriftlich zu erlassen und, wenn sie an Beamte des Dienststandes gerichtet sind, jedenfalls zu eigenen Handen zuzustellen."

§ 17 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung dieser Bestimmung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 5/2008, lautet:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus- , Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Gemäß § 21 ZustellG idF BGBl. I Nr. 5/2008 dürfen dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Dokumente nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

Gemäß § 20 Abs. 3 dritter Satz B-GlBG idF BGBl. I Nr. 153/2009 sind Ansprüche von Beamtinnen oder Beamten gegenüber dem Bund nach § 18a binnen sechs Monaten mit Antrag bei der für sie zuständigen Dienstbehörde geltend zu machen. Gemäß Abs. 5 leg. cit. sind das DVG und die dazu ergangenen Verordnungen auf die Zuständigkeit der Dienstbehörden zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Beamtinnen oder Beamte anzuwenden.

§ 2 Abs. 1, 2, 5 und 6 DVG 1984 (Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 119/2002, Abs. 6 idF BGBl. Nr. 665/1992, die übrigen Absätze in der Stammfassung) lautet:

"Zu den §§ 2 bis 6 AVG

§ 2. (1) Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze.

(2) Die obersten Verwaltungsorgane des Bundes sind für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentralstelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig. In zweiter Instanz sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde zuständig. In Dienstrechtsangelegenheiten eines Beamten, der eine unmittelbar nachgeordnete Dienstbehörde leitet oder der der obersten Dienstbehörde ununterbrochen mehr als zwei Monate zur Dienstleistung zugeteilt ist, ist jedoch die oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig.

...

(5) Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Sofern es sich um die Begründung eines Dienstverhältnisses handelt, ist für die Zuständigkeit jene Dienststelle maßgebend, bei der er die Anstellung anstrebt. Ist die Dienststelle nicht gleichzeitig Dienstbehörde, so ist jene Dienstbehörde zuständig, zu der die Dienststelle auf Grund der Organisationsvorschriften gehört.

(6) Bei Personen, die aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand ausgeschieden sind, und bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen und Angehörigen ist zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrühren, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten sind, die Dienstbehörde berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist. In allen übrigen pensionsrechtlichen Angelegenheiten ist die Dienststelle Dienstbehörde, die über den Pensionsaufwand verfügt. § 135 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, bleibt unberührt."

Gemäß § 1 Z. 4 DVPV-BMF 2009, BGBl. II Nr. 343/2008, ist die Großbetriebsprüfung eine nachgeordnete Dienststelle gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG 1984 (Dienstbehörde erster Instanz).

I. Zur Frage der Zustellung der Erledigung der belangten Behörde vom 23. Juni 2010:

Der Verwaltungsgerichtshof geht von der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Auskunft der Zustellbasis Villach der Österreichischen Post AG vom 2. März 2011 aus, wonach eine Hinterlegung der die genannte Erledigung enthaltenden Briefsendung beim Zustellpostamt infolge des Rückrufes derselben durch die belangte Behörde nicht erfolgt ist. Damit handelte es sich bei dieser Erledigung aber auch nicht um ein hinterlegtes Dokument im Verständnis des § 17 Abs. 3 zweiter Satz ZustellG, für das die dort umschriebene Zustellfiktion gilt. Insofern liegt auf Basis des nunmehrigen Ermittlungsergebnisses keine Sachverhaltskonstellation vor, welche jenen vergleichbar wäre, die den hg. Erkenntnissen vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0128, bzw. vom 3. Oktober 1996, Zl. 96/06/0208, zu Grunde lagen. Mangels wirksamer Zustellung an den Beschwerdeführer handelte es sich bei der genannten Erledigung daher nicht um einen Bescheid.

Dies hat wiederum zur Konsequenz, dass der vom Beschwerdeführer erhobene Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen diese Erledigung gemäß § 46 Abs. 1 VwGG unzulässig war, weil es mangels wirksamer Zustellung der Erledigung an der Versäumung einer Frist zur Erhebung einer Beschwerde dagegen mangelt.

Die fehlende Bescheidqualität der genannten Erledigung hat weiters zur Folge, dass die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Beschwerde unzulässig ist.

Die genannten Eingaben waren daher in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

II. Zur Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 8. Juli 2010:

Gemäß § 20 Abs. 3 dritter Satz B-GlBG war der hier vom Beschwerdeführer gegenüber dem Bund erhobene Anspruch nach § 18a leg. cit. bei der für den Beschwerdeführer zuständigen Dienstbehörde geltend zu machen. Aus dem Grunde des § 20 Abs. 5 B-GlBG richtet sich die Zuständigkeit nach dem DVG und den dazu ergangenen Verordnungen, hier also der DVPV-BMF 2009. Der Beschwerdeführer ist infolge Erklärung gemäß § 21 BDG 1979 aus dem Dienststand ausgeschieden; der geltend gemachte Anspruch rührt aus Tatsachen her, die vor diesem Ausscheiden eingetreten sind. Gemäß § 2 Abs. 6 DVG ist daher die Dienstbehörde zur Entscheidung berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand im Bereich der gemäß § 1 Z. 4 DVPV-BMF 2009 als nachgeordnete Dienstbehörde eingerichteten Großbetriebsprüfung verwendet wurde. Die belangte Behörde vertritt jedoch die Auffassung, eine Zuständigkeit dieser nachgeordneten Dienstbehörde bestehe deshalb nicht, weil sich deren Zuständigkeit nur auf Angelegenheiten "innerhalb ihres Wirkungsbereiches" im Verständnis des § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG erstrecke. Die Nichtbetrauung mit der Funktion des Vorstandes eines Finanzamtes sei aber nicht innerhalb des Wirkungsbereiches der Großbetriebsprüfung erfolgt.

Dem ist jedoch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach der "Wirkungsbereich" einer Dienstbehörde im Verständnis des § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG sich insbesondere aus § 2 Abs. 5 erster und letzter Satz leg. cit. ergibt. Demnach ist bei Bediensteten des Dienststandes maßgeblich, welcher Dienststelle der Bedienstete "angehört" (bzw., im Falle des Beschwerdeführers, welcher er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienststand angehört hat). Darunter ist grundsätzlich jene Dienststelle zu verstehen, welcher er in dienstrechtlich wirksamer Weise zur Dienstleistung zugewiesen ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Ansehung vorübergehender Personalmaßnahmen (Dienstzuteilungen) besteht lediglich in der Anordnung des § 2 Abs. 2 letzter Satz, letzter Fall DVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, Zl. 2009/12/0087).

Wenn sich die belangte Behörde zur Stützung ihrer Rechtsansicht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2008, B 97/07 = VfSlg. Nr. 18.380, beruft, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

In dem genannten Erkenntnis vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, eine Zuständigkeit einer nachgeordneten Dienstbehörde zur Vornahme einer Versetzung in den Bereich einer anderen Dienstbehörde bestehe nicht, weil durch eine solche Maßnahme der Wirkungsbereich einer anderen Dienstbehörde berührt werde. Diese These des Verfassungsgerichtshofes, aus welcher in der Folge die Unzuständigkeit der nachgeordneten Dienstbehörde und die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde zur Setzung einer solchen Personalmaßnahme abgeleitet wurde, wird in dem zitierten Erkenntnis nicht näher begründet. Sie könnte auf der Überlegung beruhen, dass eine Versetzung unmittelbar den in § 2 Abs. 5 erster Satz DVG umschriebenen Wirkungsbereich einer anderen Dienstbehörde betrifft, weil er diesen durch die Zuweisung des Beamten an sie verändert. In diesem Verständnis läge hier keine Konstellation vor, welche jener vergleichbar wäre, die dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, dessen Richtigkeit insofern dahingestellt bleiben könnte, zu Grunde lag.

Sollte das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes freilich dahingehend zu verstehen sein, dass § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG mit dem Begriff "Wirkungskreis" nicht auf § 2 Abs. 5 erster Satz leg. cit. Bezug nehmen, sondern vielmehr anordnen würde, dass von Fall zu Fall, je nach den konkreten Auswirkungen der zu entscheidenden Dienstrechtssache durch Auslegung des dann völlig unbestimmten (§ 1 DVV 1981 wurde ja aufgehoben) Begriffes des "Wirkungsbereiches" einer nachgeordneten Dienstbehörde die jeweils zuständige Behörde zu ermitteln wäre, wäre einer solchen Rechtsauffassung aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes freilich nicht zu folgen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010).

Gegen die Richtigkeit der (gegenteiligen) Auffassung spricht überdies, dass dem § 2 Abs. 2 DVG diesfalls eine Zuständigkeitsregelung für derartige Angelegenheiten überhaupt nicht zu entnehmen wäre. Wie sich aus den diesbezüglichen Materialien ergibt, wollte der Gesetzgeber des "Deregulierungsgesetzes-Öffentlicher Dienst 2002" die dienstbehördlichen Zuständigkeiten aber - ausgenommen jene für die der Zentralstelle angehörenden Beamten und die Leiter der unmittelbar nachgeordneten DBeh - "generell" den nachgeordneten DBeh übertragen.

Diese Umstände sprechen jedenfalls gegen die Übertragung der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 3. März 2008 auf die hier vorliegende Fallkonstellation.

Im Übrigen hegt der Verwaltungsgerichtshof auch keine Bedenken in Ansehung der Vereinbarkeit der hier vorliegenden Auslegung mit Art. 19 Abs. 1 B-VG, zumal die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Betrauungsaktes unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbotes bei der Entscheidung über einen Schadenersatzanspruch nach § 18a B-GlBG lediglich als vorweg zu beurteilende Frage erfolgt und nicht dazu führt, dass die Rechtsanschauung der zur Beurteilung von Ansprüchen nach § 18a B-GlBG zuständigen Behörde etwa im Sinne einer Verpflichtung zu einer Abänderung des Betrauungsaktes durchgesetzt werden könnte. Insofern liegt auch kein dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1993, G 139/93 u.a. = VfSlg. Nr. 13.626, vergleichbarer Fall vor (zur Zuständigkeit der erstinstanzlichen Dienstbehörde zur Beurteilung von - auch aus der Rechtswidrigkeit eines Betrauungsaktes der obersten Dienstbehörde abgeleiteten - Ansprüchen auf Schadenersatz nach dem B-GlBG und zur Vereinbarkeit derselben mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2005, Zl. 2004/12/0171 = VwSlg. Nr. 16.650 A/2005).

Aus diesen Erwägungen war die belangte Behörde zur Beurteilung des Anspruches des Beschwerdeführers nach § 18a B-GlBG in erster Instanz nicht zuständig, weshalb der Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juli 2010 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 48 Abs. 1 Z. 1 iVm § 24 Abs. 3 VwGG.

Wien, am 30. März 2011

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