VwGH 93/03/0128

VwGH93/03/012816.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der G in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 4. März 1993, Zl. UVS 30.9 18/93-5, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung in Angelegenheit der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen die Strafverfügung der politischen Expositur Bad Aussee der Bezirkshauptmannschaft Liezen als verspätet zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe zwar vorgebracht, die Strafverfügung erst am 26. Februar 1992 in ihrem Hausbriefkasten gefunden zu haben, sodaß der am 27. Februar 1992 zur Post gegebene Einspruch rechtzeitig eingebracht worden sei. Die Strafverfügung sei aber nach zwei am 7. und 10. Februar 1992 durchgeführten, erfolglosen Zustellversuchen am 10. Februar 1992 beim Postamt hinterlegt und damit (zu eigenen Handen) zugestellt worden. Am 7. Februar 1992 - die Beschwerdeführerin sei an diesem Tag von 8.00 bis 18.00 Uhr aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht an der Abgabestelle (Wohnung) anwesend gewesen - sei eine Mitteilung über die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches in den Briefkasten eingelegt worden. Am Tag des zweiten Zustellversuches sei die Beschwerdeführerin aufgrund eines Zahnarztbesuches in München gewesen und daher in der Zeit von 6.00 bis 23.00 Uhr nicht an der Abgabestelle anwesend gewesen. In der Folge (laut Aktenlage am 11. Februar 1992) habe die Beschwerdeführerin die Empfangsbestätigung (Rückseite des Formulars betreffend die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes) dem Postbediensteten unterschrieben übergeben und mit ihm vereinbart, daß er die Sendung wiederum vom Postamt mitnehmen und in ihren Briefkasten einwerfen werde. Der Postbedienstete habe die Sendung sodann am 12. Februar 1992 in den Briefkasten der Beschwerdeführerin gegeben.

Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Kann eine dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist gemäß § 21 Abs. 2 Zustellgesetz der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist dieser erfolglos, ist nach § 17 Zustellgesetz zu hinterlegen.

§ 17 Zustellgesetz lautet:

"(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholung anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, eine Hinterlegung, wie sie in § 17 Abs. 2 Zustellgesetz vorgesehen sei, sei nicht erfolgt. Das Zustellorgan habe die Sendung nämlich, wie mit ihr vereinbart, in den Hausbriefkasten eingeworfen. Daher hätte die Beschwerdeführerin die Sendung am Postamt, wo sie hinterlegt hätte sein müssen, nicht beheben können. Voraussetzung für die Zustellwirkung der Hinterlegung sei, daß sich das zu hinterlegende Schriftstück während der Dauer der Abholfrist tatsächlich am Ort der Hinterlegung befinde. Da dies nicht der Fall gewesen sei, sei die rechtswirksame Zustellung erst mit dem tatsächlichen Zukommen der Sendung am 26. Februar 1992 erfolgt.

Unbestritten ist, daß sich die Empfängerin regelmäßig an der Abgabestelle (Wohnung) aufhielt, sodaß gemäß § 17 Abs. 1 eine Hinterlegung vorzunehmen war. Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Anwendung des letzten Satzes des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz nach sich ziehen würde, liegt nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie z.B. im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes. Die (berufliche) Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist keine vorübergehende Abwesenheit (vgl. hg. Erkenntnis vom 12. September 1985, Slg. 11.850/A). Es ist weiters unbestritten, daß eine derartige vorübergehende Abwesenheit am Tag des ersten Zustellversuches nicht vorgelegen hat; daher bewirkt die Hinterlegung nach dem zweiten erfolglosen Zustellversuch die rechtswirksame Zustellung (vgl. Hauer - Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Seite 1.230). Im übrigen war auch am Tag des zweiten erfolglosen Zustellversuches eine vorübergehende Abwesenheit in diesem Sinne unbestrittenermaßen nicht gegeben.

Die hinterlegte Sendung galt somit gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist, das war der 10. Februar 1992, als zugestellt. Die bereits eingetretene Zustellwirkung kann aber nicht dadurch in Wegfall gebracht werden, daß der Empfänger der Sendung mit dem Zustellorgan vereinbart, letzteres möge die Sendung beheben und in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einwerfen. Das Zustellgesetz sieht nämlich nicht vor, daß die Wirkung einer Zustellung durch zeitlich nachfolgende Handlungen wieder beseitigt werden kann. Es erweist sich somit nicht als rechtswidrig, daß der Einspruch der Beschwerdeführerin, der erst nach Ablauf der Frist des § 49 Abs. 1 VStG und damit verspätet eingebracht wurde, zurückgewiesen wurde.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandsersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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