VwGH 2009/12/0087

VwGH2009/12/008728.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des HB in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 17. März 2009, Zl. 137.708/2-I/1/e/09, betreffend Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs7;
DPÜ-VO 2005 §1 Z2;
DPÜ-VO 2005 §1;
DVG 1984 §12 Abs2;
DVG 1984 §2 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs5;
GehG 1956 §77a;
SPGNov 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs7;
DPÜ-VO 2005 §1 Z2;
DPÜ-VO 2005 §1;
DVG 1984 §12 Abs2;
DVG 1984 §2 Abs1;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs5;
GehG 1956 §77a;
SPGNov 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Er wurde mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2004 mit der Funktion des stellvertretenden Leiters des Ermittlungsbereichs Wirtschaftsdelikte des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich betraut. Dieser Arbeitsplatz war der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe E2a zugeordnet.

Der zuständige Ermittlungsbereichsleiter, dessen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 7, zugeordnet war, wurde mit 1. Februar 2005 auf Grund seiner Personalvertretungstätigkeit gänzlich vom Dienst freigestellt. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer mit gleichem Datum vom Abteilungsleiter der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich die Führung des Ermittlungsbereiches für die Dauer der Abwesenheit des Funktionsinhabers übertragen.

Im Zuge der mit 1. Juli 2005 erfolgten Zusammenlegung der Wachkörper Polizei und Gendarmerie wurde von Seiten der Dienstbehörde die Auffassung vertreten, dass beide genannte Arbeitsplätze als Folge der damit verbundenen Organisationsänderungen untergegangen sind. Die im Zuge der Neuorganisation geschaffenen - nach Auffassung der Dienstbehörden neuen - Arbeitsplätze mit Leitungs- bzw. stellvertretender Leitungsfunktion im Fachbereich Wirtschaftsdelikte beim Landeskriminalamt Oberösterreich wurden im Zuge dieser Reform neu ausgeschrieben und besetzt, wobei der Beschwerdeführer nicht zum Zug kam.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 2005 (zugestellt am 21. November 2005) wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. Dezember 2005 von Amts wegen von seiner Funktion als stellvertretender Leiter des Fachbereiches Wirtschaftsdelikte der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich abberufen und zum Landeskriminalamt des Landespolizeikommandos Oberösterreich versetzt, wo er mit der Funktion eines Sachbearbeiters im Ermittlungsbereichs-Pool, Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 3, betraut wurde.

Auf Grund einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde der zitierte Bescheid von der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 17. März 2006 gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erstinstanzliche Behörde zurückverwiesen.

Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 2006 wurde die schon mit dem Bescheid vom 14. November 2005 vorgenommene Versetzung neuerlich, diesmal mit Wirkung vom 1. Oktober 2006 verfügt.

Über Berufung des Beschwerdeführers hob die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 25. Jänner 2007 den Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 2006 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erstinstanzliche Behörde.

Mit Eingabe vom 8. Mai 2007 beantragte der Beschwerdeführer, ihm rückwirkend ab 1. Februar 2005 eine Ergänzungszulage gemäß § 77a des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), "zuzuerkennen". Auf Grund seiner - seines Erachtens nach wie vor aufrechten - vorläufigen Betrauung mit dem vakanten Arbeitsplatz eines Leiters des Ermittlungsbereiches 7 (Wirtschaftsdelikte) der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich stehe ihm eine solche Zulage in der Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Gehalt der Gehaltsstufe 12 der Funktionsgruppe 7 und jenem des Gehalts der Gehaltsstufe 12 der Funktionsgruppe 5 zu.

Mit Bescheid des Landespolizeikommandos Oberösterreich vom 20. Juli 2007 wurde dieser Antrag gemäß § 77a GehG abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2009 keine Folge gegeben wurde. In der Begründung dieses Bescheides wurde im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die "vorläufige Betrauung" des Beschwerdeführers im Verständnis des § 77a GehG mit der Funktion des Leiters des Ermittlungsbereichs Wirtschaftsdelikte des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich schon durch den infolge der Organisationsänderung eingetretenen Wegfall dieses Arbeitsplatzes geendet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 und 2 sowie Abs. 5 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29 (im Folgenden:

DVG; Abs. 1 und 5 in der Stammfassung, Abs. 2 in der Fassung des Deregulierungsgesetzes-Öffentlicher Dienst, BGBl. I Nr. 119/2002), lautet:

"§ 2. (1) Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze.

(2) Die obersten Verwaltungsorgane des Bundes sind für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentralstelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig. In zweiter Instanz sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde zuständig. In Dienstrechtsangelegenheiten eines Beamten, der eine unmittelbar nachgeordnete Dienstbehörde leitet oder der der obersten Dienstbehörde ununterbrochen mehr als zwei Monate zur Dienstleistung zugeteilt ist, ist jedoch die oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig.

...

(5) Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Sofern es sich um die Begründung eines Dienstverhältnisses handelt, ist für die Zuständigkeit jene Dienststelle maßgebend, bei der er die Anstellung anstrebt. Ist die Dienststelle nicht gleichzeitig Dienstbehörde, so ist jene Dienstbehörde zuständig, zu der die Dienststelle auf Grund der Organisationsvorschriften gehört."

Gemäß § 1 Z. 2 der Dienstrechtsverfahrens-, Personalstellen- und Übertragungsverordnung 2005, BGBl. II Nr. 205 (im Folgenden: DPÜ-VO 2005), sind nachgeordnete Dienststellen gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG u.a. die Landespolizeikommanden mit Ausnahme des Landespolizeikommandos Wien.

Vorliegendenfalls ist das Landespolizeikommando Oberösterreich als erstinstanzliche Dienstbehörde eingeschritten. Dieses ist zwar aus dem Grunde des § 1 Z. 2 DPÜ-VO 2005 als nachgeordnete Dienstbehörde eingerichtet. Weitere Voraussetzung für seine Zuständigkeit als erstinstanzliche Dienstbehörde wäre aber auch, dass es "innerhalb seines Wirkungsbereiches" gehandelt hätte. Der "Wirkungsbereich" einer Dienstbehörde ergibt sich insbesondere aus § 2 Abs. 5 erster und letzter Satz DVG. Demnach ist bei Bediensteten des Dienststandes maßgeblich, welcher Dienststelle der Bedienstete "angehört". Darunter ist grundsätzlich jene Dienststelle zu verstehen, welcher er in dienstrechtlich wirksamer Weise auf Dauer zur Dienstleistung zugewiesen ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Ansehung vorübergehender Personalmaßnahmen (Dienstzuteilungen) besteht lediglich in der Anordnung des § 2 Abs. 2 letzter Satz, letzter Fall DVG, welche hier jedoch keine Anwendung findet.

Nun hat die belangte Behörde zwar dem Beschwerdeführer durch die zweifache Erlassung von Versetzungsbescheiden zunächst auf Dauer Arbeitsplätze im Bereich des Landespolizeikommandos Oberösterreich zugewiesen; allerdings wurden beide Bescheide von der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben. Ein weiterer Versetzungsbescheid ist nicht ergangen.

Zur Wirkung einer Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG wird insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 28. März 2008, Zl. 2005/12/0178, verwiesen. Demnach tritt die Rechtssache infolge der Zurückverweisung in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen (erstinstanzlichen) Bescheides befunden hat. Diese Rechtswirkung tritt nach Maßgabe dieses Erkenntnisses ungeachtet des durch § 12 Abs. 2 erster Satz DVG bewirkten Fehlens der aufschiebenden Wirkung der Berufung ein. Entsprechendes gilt für das hier durch § 38 Abs. 7 zweiter Satz BDG 1979 bewirkte Fehlen der aufschiebenden Wirkung der Berufungen gegen die Versetzungsbescheide. Eine wirksame Versetzung des Beschwerdeführers zu einer Dienststelle im Bereich des Landespolizeikommandos Oberösterreich (oder zu diesem selbst) ist daher bislang nicht erfolgt.

Infolge des Untergangs seiner früheren Dienstbehörde, des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, kommt daher als erstinstanzliche Dienstbehörde des Beschwerdeführers vorliegendenfalls nur die belangte Behörde in Betracht (vgl. für die Frage der Zuständigkeit zur Versetzung selbst in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2008, B 1913/06).

Aus dem Vorgesagten folgt, dass die vorliegendenfalls in erster Instanz eingeschrittene Behörde unzuständig war. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben und sodann als zuständige erstinstanzliche Dienstbehörde selbst über den Antrag zu erkennen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Auf die im (erstinstanzlichen) Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers von der belangten Behörde nunmehr im Einzelnen zu lösenden materiellen Rechtsfragen braucht derzeit nicht detailliert eingegangen werden. Wenn sich die belangte Behörde jedoch erstmals in der Gegenschrift darauf beruft, dass die vorläufige Betrauung (auch) durch eine (schlüssige) Personalmaßnahme (Weisung) rückgängig gemacht wurde, wird darauf verwiesen, dass es sich diesfalls - unbeschadet der Frage, ob die Abberufung überhaupt in Weisungsform verfügt werden durfte - empfiehlt, den entsprechenden Sachverhalt, aus dem die (ausdrückliche oder schlüssige) Erteilung einer bestimmten Weisung abgeleitet wird, konkret zu ermitteln und im Bescheid festzustellen. Darzustellen wäre diesfalls auch, auf welche Arbeitsplätze (Aufgaben nur des vertretenen Leiterarbeitsplatzes oder auch jene des Stellvertreterarbeitsplatzes, die nicht in der Vertretung des Leiters bestehen) sich diese (ausdrückliche oder schlüssige) Weisung bezogen haben sollte und wann sie erteilt wurde. Von Bedeutung könnte überdies sein, ob der Stellvertreter-Arbeitsplatz auch im Falle der Anwesenheit des Leiters mit der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben verbunden war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Jänner 2010

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