VwGH 99/19/0052

VwGH99/19/005225.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde 1.) des 1982 geborenen ML, 2.) des 1984 geborenen AL und 3.) des 1984 geborenen BL und über die Beschwerde 4.) des 1983 geborenen FL, sämtliche in Decani, Jugoslawien, sämtliche vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide je vom 19. Februar 1999, Zlen. 1.) 302.635/4-III/11/99, 2.) 302.635/6-III/11/99,

3.) 302.635/7-III/11/99 und 4.) 302.635/5-III/11/99, sämtliche betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §3 Abs1 Z2 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 impl;
AVG §37;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §113 Abs10;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18 Abs1 Z3;
FrG 1997 §19 Abs5;
FrG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §21 Abs1;
FrG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §21 Abs4;
FrG 1997 §21 Abs5;
FrG 1997 §8 Abs5;
EMRK Art14;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8;
VwRallg;
AufG 1992 §3 Abs1 Z2 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 impl;
AVG §37;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §113 Abs10;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18 Abs1 Z3;
FrG 1997 §19 Abs5;
FrG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §21 Abs1;
FrG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §21 Abs4;
FrG 1997 §21 Abs5;
FrG 1997 §8 Abs5;
EMRK Art14;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 7.291,66, dem Viertbeschwerdeführer hingegen Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ausnahme des Drittbeschwerdeführers beantragten sämtliche Beschwerdeführer am 8. Februar 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien vom 27. April 1995 gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. In den im Wesentlichen gleich lautenden Begründungen dieser Bescheide stützte sich der Landeshauptmann von Wien insbesondere darauf, dass "keine wirkliche Familienzusammenführung" vorliege, weil andere Geschwister der Antragsteller, darunter der Drittbeschwerdeführer, sich nach wie vor in ihrem Heimatland aufhielten. Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

Am 23. Mai 1997 (beim Landeshauptmann von Wien eingelangt am 4. Juni 1997) beantragten sämtliche Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen. Weitere Anträge wurden von der Mutter der Beschwerdeführer, sowie von fünf weiteren unmündigen Geschwistern gestellt.

Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien je vom 14. April 1998 wurden diese nach Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gewerteten Anträge mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft gemäß § 8 Abs. 5 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) sowie mangels ausreichender eigener Mittel zum Unterhalt der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde in diesen Bescheiden im Wesentlichen gleich lautend aus, die der Familie der Beschwerdeführer zur Verfügung stehende Wohnung bestehe aus zwei Zimmern, einem Kabinett und einer Küche und habe eine Fläche von 74,89 m2. In dieser Wohnung sollten neben den vier Antragstellern noch fünf weitere Geschwister wohnen. Dies entspreche nicht einer ortsüblichen Unterkunft. Überdies verfüge der Vater der Beschwerdeführer über ein Monatseinkommen von lediglich S 16.500,-- netto. In Anbetracht der anfallenden Mietkosten von S 3.783,-- erscheine der Lebensunterhalt für eine 11-köpfige Familie keinesfalls als gesichert.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Darin führten sie aus, es möge zutreffen, dass für das Kriterium der ortsüblichen Unterkunft bei erwachsenen Personen eine Nutzfläche von 10 m2 pro Person zu verlangen sei, um das Unwesen der Bettgeher und des Mietenwuchers in so genannten Gastarbeiterquartieren zu verhindern. Derartige Überlegungen träfen jedoch nicht auf den engen Familienkreis, bestehend aus Eltern und Kindern, zu. Würde man diese Ansicht nämlich weiter verfolgen, so würde auch der überwiegende Teil kinderreicher österreichischer Familien nicht in ortsüblichen Unterkünften wohnen. In Ansehung ihrer Beurteilung der Frage des gesicherten Unterhaltes habe die erstinstanzliche Behörde außer Acht gelassen, dass dem Familienerhalter auch Sonderzahlungen zustünden und er überdies im Falle der Anwesenheit der Beschwerdeführer im Bundesgebiet für diese Familienbeihilfe beziehen würde.

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden vom 19. Februar 1999 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer jeweils gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens in den angefochtenen Bescheiden Folgendes aus:

Der Vater der Beschwerdeführer verfüge über einen unbefristeten Sichtvermerk sowie über einen bis 7. Februar 2001 gültigen Befreiungsschein. Er bringe ein monatliches Nettodurchschnittseinkommen in der Höhe von S 22.900,-- inklusive Überstunden und Zulagen ins Verdienen. Es sei auch ein neuer Mietvertrag vorgelegt worden, aus dem hervorgehe, dass nunmehr ein Wohnraum mit einer Gesamtnutzfläche von 150 m2 zur Verfügung stehe und die Mietkosten geringfügig seien.

Aus der Aktenlage sei ersichtlich, dass der Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführer im Schuljahr 1993/94 und im Schuljahr 1996/97 in Österreich zur Schule gegangen seien. Dies allerdings, ohne im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels zu sein. Diese Aufenthalte seien unrechtmäßig gewesen. In Ansehung des Viertbeschwerdeführers führte die belangte Behörde überdies aus, dass er am 29. September 1998 seitens des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten bei der Ausübung einer mangels Vorliegens eines Aufenthaltstitels sowie mangels Vorliegens einer arbeitsrechtlichen Bewilligung unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit betreten worden sei. Diese Beschäftigung sei seit 13. August 1998 ausgeübt worden. Auch die Arbeitsaufnahme sei unrechtmäßig erfolgt.

Sämtliche Beschwerdeführer hätten das 14. Lebensjahr überschritten. Gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 sei jedoch der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 21 Abs. 3 FrG 1997 seien die Anträge abzuweisen gewesen, wobei die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer - in Ansehung des Viertbeschwerdeführers auch weil er nicht gewillt sei, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen - im Sinne des Art. 8 MRK überwögen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 20, § 21 Abs. 1, 2 und 3, § 22 und § 113 Abs. 10 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 18. (1) Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die

  1. 1. Führungs- und Spezialkräften (Abs. 6) und deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern,
  2. 2. anderen Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern, sowie
  3. 3. Familienangehörigen Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassen haben,

höchstens erteilt werden dürfen (Niederlassungsverordnung). ...

...

§ 19. (1) Fremden, die sich auf Dauer niederlassen wollen, kann auf Antrag eine Erstniederlassungsbewilligung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des 2. Abschnittes über die Erteilung von Aufenthaltstiteln bis auf weiteres gesichert scheinen. Sie darf - außer in den Fällen des Abs. 2 - nur im Rahmen der Niederlassungsverordnung erteilt werden (Quotenpflicht).

...

§ 20. (1) Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern solcher Fremder, die rechtmäßig in Österreich auf Dauer niedergelassen sind, ist auf deren Antrag eine Erstniederlassungsbewilligung zu erteilen, sofern sie ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). ...

(2) Für das Ende der Minderjährigkeit gemäß Abs. 1 ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Kindes österreichisches Recht maßgeblich (§ 21 ABGB).

§ 21. (1) Bei Einbringung eines Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung haben quotenpflichtige Fremde anzugeben, ob sie Anspruch auf Familiennachzug des Ehegatten sowie der minderjährigen unverheirateten Kinder erheben. Ist dies der Fall, so sind sie aufzufordern, die Identitätsdaten dieser Angehörigen bekannt zu geben. Sie haben außerdem einen Rechtsanspruch auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft für sich und diese Angehörigen nachzuweisen.

(2) Sofern Fremde ihren Anspruch nach Abs. 1 geltend gemacht haben und ihnen eine Erstniederlassungsbewilligung erteilt wurde, ist ihrem Ehegatten sowie den minderjährigen unverheirateten Kindern eine Erstniederlassungsbewilligung zu erteilen, sofern diese Angehörigen dies spätestens im folgenden Kalenderjahr beantragen.

(3) Der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, ist auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Dasselbe gilt für den Familiennachzug quotenpflichtiger Drittstaatsangehöriger, der nicht gemäß Abs. 2 erfolgte.

...

§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. ...

...

§ 113. ...

...

(10) Bei Erlassung der Niederlassungsverordnung für die Jahre 1998 bis 2000 kann die Bundesregierung zusätzlich eine Anzahl an Niederlassungsbewilligungen festlegen, die minderjährigen unverheirateten Kindern Drittstaatsangehöriger im Rahmen des Familiennachzuges zusätzlich erteilt werden dürfen, sofern diese Drittstaatsangehörigen sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer in Österreich niedergelassen haben, die Kinder das 14. Lebensjahr vollendet haben und erwiesen ist, dass der Nachzug bislang bloß deshalb unterblieben ist, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Verfügung stand. Für den Familiennachzug solcher Jugendlicher gilt im übrigen § 21."

In den Erläuterungen zum Fremdengesetz (RV: 685 BlgNR 20. GP) zu § 21 heißt es (auszugsweise):

"Die Sonderbestimmungen für den Familiennachzug im Rahmen der Quotenpflicht gehen vom Grundsatz aus, dass der zuwanderungswillige Fremde bei der Einbringung seines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu jeglichem Aufenthaltszweck der Behörde mitteilt, ob er den Anspruch auf Familiennachzug erhebt. Dieser Anspruch kann erhoben werden bei Ehegatten und bei minderjährigen unverheirateten Kindern. Wenn der Fremde mit seiner Familie in Österreich leben will, teilt er die Identitätsdaten dieser Angehörigen der Behörde mit. Eine der Voraussetzungen - nämlich der Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft für die ganze Familie - spielt bei der Zuwanderungsentscheidung der Behörde eine wesentliche Rolle, die entscheidet, ob pro futuro die ganze Familie oder niemand nach Österreich zuwandern darf. Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass für die gesamte Familie Lebens- und pro futuro auch Arbeitsraum sein wird, erteilt sie unter der Voraussetzung, dass in der Niederlassungsquote die für die Familie erforderliche Anzahl an Quotenplätzen vorhanden ist, dem Fremden die Niederlassungsbewilligung. Die Quotenplätze für die nachzugswillige Familie werden ebenfalls bereits abgebucht. Die Familienangehörigen haben dann innerhalb des auf die Erteilung der Bewilligung für den "Ankerfremden" folgenden Kalenderjahres die Möglichkeit, ihren Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu stellen. Ihnen ist - da sie einen Rechtsanspruch hierauf haben - die Niederlassungsbewilligung zu erteilen. ...

Die Regelungen des Abs. 3 sollen jenen Fremden, die sich bereits in Österreich auf Dauer niedergelassen haben, den Nachzug ihrer Ehegatten und Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres innerhalb der Quote ermöglichen. ..."

Durch die Änderungen des § 113 im Zuge der Beratungen im Ausschuss für innere Angelegenheiten erhielt der bisherige Abs. 7 der Regierungsvorlage die Absatzbezeichnung 10. In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung heißt es:

"Abs. 7 normiert, dass die Bundesregierung bei der Erlassung der nächsten drei Niederlassungsverordnungen zusätzlich zur Quote für den Familiennachzug niedergelassener Fremder eine Quote für jene Kinder Fremder festlegen kann, die zwar das 14. Lebensjahr bereits überschritten haben und somit nicht in die Privilegierung des § 21 Abs. 3 fallen, aber erwiesen ist - etwa durch vorgängige Antragstellung -, dass der Familiennachzug bis dato etwa am nicht vorhandenen Quotenplatz gescheitert ist."

Die Beschwerdeführer machen gegen den von der belangten Behörde hier angewendeten § 21 Abs. 3 FrG 1997 folgende Normbedenken geltend:

Die in Rede stehende Bestimmung verstoße gegen Art. 8 Abs. 1 MRK, weil sie bewirke, dass eine Familie "zerrissen" werde, könne doch nur unmündigen Kindern Fremder, die sich vor dem 1. Jänner 1998 niedergelassen hatten, eine Bewilligung zum Zwecke des Familiennachzuges erteilt werden. Bei mündigen Minderjährigen sei nicht einmal die Erteilung einer solchen Bewilligung im Rahmen einer Ermessensentscheidung möglich. Dies bewirke, dass zwar unmündige Minderjährige den Eltern nachziehen dürften, mündige Minderjährige hingegen in ihrem Heimatstaat zu verbleiben hätten. Auch diskriminiere die in Rede stehende Bestimmung mündige Minderjährige gegenüber unmündigen Kindern. Schließlich stehe minderjährigen Kindern Fremder, die sich nach dem 1. Jänner 1998 in Österreich niederlassen, ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 21 Abs. 2 FrG 1997 zu. Dies führe zu einer Diskriminierung des Familiennachzuges zu bereits länger niedergelassenen Fremden gegenüber jenem zu Neuzuwanderern. Für letztere seien sogar Quotenplätze "zu reservieren", obwohl gar nicht gesichert sei, dass diese tatsächlich ausgenutzt würden. Es könne daher keine Rede von einer ausgewogenen Verteilung der Quotenplätze sein. Schließlich lasse § 21 Abs. 3 FrG 1997 nicht erkennen, ob die Bestimmung auf das Alter des Fremden im Antrags-, oder aber im Entscheidungszeitpunkt abstelle. Wollte man auf das Alter im Entscheidungszeitpunkt abstellen, erhielte das der Behörde eingeräumte Ermessen den "Rang einer Willkürhoheit". Der Viertbeschwerdeführer bringt überdies vor, ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass seitens der erstinstanzlichen Behörde für das Jahr 1999 die Weisung erlassen worden sei, wonach die Anträge all derjenigen Minderjährigen, welche innerhalb der Quote 1999 das 14. Lebensjahr vollenden würden bzw. welche auf die Quote 2000 warten müssten und zwischenzeitig das 14. Lebensjahr vollenden, noch innerhalb der Quote 1999 bevorzugt zu behandeln und zu erledigen seien, damit die "verfassungswidrige" Bestimmung des § 21 Abs. 3 FrG 1997 umgangen werden könne. Dies führe aber dazu, dass die Bewilligung anderer Anträge unterbleibe, welche sonst berücksichtigt werden könnten.

Diesen Normbedenken ist Nachstehendes entgegenzuhalten:

Die Bestimmung des § 21 Abs. 3 FrG 1997 verstößt schon deshalb nicht gegen Art. 8 Abs. 1 MRK, weil die letztgenannte Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung des Staates, einem Fremden einen Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung zur Niederlassung zum Zwecke des Familiennachzuges zu gewähren, normiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0651). Überdies ist die Auffassung der Beschwerdeführer, die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an mündige minderjährige Kinder (die nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 fallen) im Wege einer Ermessensentscheidung sei ausgeschlossen, unrichtig. Solche Kinder können im Rahmen der gemäß § 19 Abs. 5 FrG 1997 festgesetzten Quote im Wege einer Ermessensentscheidung berücksichtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 99/19/0044). Insoweit aber Art. 8 Abs. 1 MRK in einer besonderen Konstellation die Erteilung einer Bewilligung an mündige minderjährige Kinder geböte, wäre dem im Rahmen einer derartigen Ermessensentscheidung Rechnung zu tragen. Das "Zerreissen" der Familie wird im Übrigen nicht durch die Versagung des Familiennachzuges an einen Teil der Kinder eines bereits niedergelassenen Fremden bewirkt, sondern hatte seine Ursache im freien Entschluss eines (des ersten) Familienmitgliedes (in weiterer Folge in Anknüpfung an die RV: des "Ankerfremden"), sich noch vor Erteilung von Bewilligungen an seine Familienangehörigen in Österreich unter Trennung von seiner Familie niederzulassen.

Die Beschwerdeführer vermögen jedoch auch keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend zu erwecken, dass § 21 Abs. 3 FrG 1997 gegen Art. 8 i.V.m. 14 MRK oder gegen das bundesverfassungsgesetzliche Gebot der Gleichbehandlung Fremder untereinander verstieße:

Zunächst liegt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes innerhalb des Gestaltungsspielraumes des einfachen Gesetzgebers, den Familiennachzug unmündiger Kinder zu Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, gegenüber jenem von mündigen minderjährigen Kindern zu privilegieren, weil bei typisierender Betrachtung die Bindung an und die Abhängigkeit von den Eltern bei unmündigen Kindern stärker ausgeprägt ist als bei mündigen Kindern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 99/19/0044).

Es trifft zwar zu, dass § 21 Abs. 2 FrG 1997 den Familiennachzug zu Drittstaatsangehörigen, die sich nach dem 1. Jänner 1998 niederlassen, gegenüber jenem zu Fremden, die sich vor dem 1. Jänner 1998 niedergelassen haben, insoweit bevorzugt, als dieser Familiennachzug auch mündigen Minderjährigen offen steht. Hiefür ist allerdings vorausgesetzt, dass der Fremde seinen diesbezüglichen Anspruch in der gemäß § 21 Abs. 1 FrG 1997 vorgesehenen Weise geltend gemacht hat. Dies hat - wie aus den zitierten Gesetzesmaterialien zu § 21 FrG 1997 ersichtlich ist - zur Folge, dass in einem solchen Fall die Zuwanderungsentscheidung für die gesamte Familie des Antragstellers (des "Ankerfremden") getroffen wird. Demgegenüber hatte die Behörde nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des FrG 1997 die Zuwanderungsentscheidung lediglich in Ansehung der Person, die den Niederlassungsantrag gestellt hatte, zu treffen gehabt. Aufgrund dieses unterschiedlichen Prüfungsrahmens für die Bewilligungserteilung für den "Ankerfremden" erscheint auch die vom Gesetzgeber des FrG 1997 getroffene Differenzierung in Ansehung der Möglichkeit des Familiennachzuges mündiger Minderjähriger als sachlich gerechtfertigt.

Insofern die Beschwerdeführer nun ins Treffen führen, dass beim Familiennachzug gemäß § 21 Abs. 1 und 2 FrG 1997 eine Abbuchung von der Quote auch dann erfolgt, wenn der Angehörige des Fremden von seinem Recht gemäß § 21 Abs. 2 FrG 1997 nicht Gebrauch macht, so ist ihnen zu entgegnen, dass sich dieser Umstand lediglich auf die Bewirtschaftung der gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 2 FrG 1997 erlassenen Quoten auswirkt, nicht jedoch bei der Verwaltung der für den Familiennachzug zu am 1. Jänner 1998 in Österreich bereits niedergelassenen Fremden relevanten Quote gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997.

Wenn die Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertreten, § 21 Abs. 3 FrG 1997 verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, weil nicht ersichtlich sei, ob die Regelung auf die Vollendung des 14. Lebensjahres im Antragszeitpunkt oder aber im Bescheiderlassungszeitpunkt abstellt, ist ihnen zu entgegnen, dass der Gesetzestext keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt für die erste Lösung bietet. Wenn in dieser Bestimmung davon die Rede ist, dass der Familiennachzug auf die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt ist, so ist damit klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Bewilligung (nur darauf, nicht etwa auf den tatsächlichen Nachzug kann es ankommen) des Familiennachzuges nach dieser Bestimmung nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung unmündigen Kindern erteilt werden kann.

Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer, der Behörde werde dadurch "gesetzlich gedeckte Willkürhoheit" eingeräumt, hat die Niederlassungsbehörde bei der Festlegung der Reihenfolge der Bearbeitung offener Anträge nicht nach Willkür, sondern nach pflichtgebundenem Ermessen vorzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 98/19/0282, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Von der Einräumung von "Willkürhoheit" kann daher keine Rede sein. Das Abstellen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ist auch nicht als unsachlich zu erkennen, ist doch für die Entscheidung, ob einem Fremden die Zuwanderung zu gestatten ist oder nicht, die persönliche Situation (hier: das Alter) des Fremden im Entscheidungszeitpunkt wichtiger als jene im Antragszeitpunkt (vgl. in diesem Zusammenhang auch das zu § 6 Abs. 2 AufG ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475). Allerdings wäre der Umstand, dass ein vor Erreichen der Mündigkeit gestellter Antrag gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 bloß deshalb nicht bewilligt werden kann, weil sich die Entscheidung darüber bis zur Erreichung des 14. Lebensjahres des Antragstellers verzögert hat, auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 113 Abs. 10 FrG 1997 bei einer im Rahmen der Quote gemäß § 19 Abs. 5 FrG 1997 zu treffenden Ermessensentscheidung entsprechend zu berücksichtigen (vgl. für den Fall der Erreichung der Volljährigkeit während des Niederlassungsverfahrens auch das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 98/19/0236).

Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Normbedenken der Beschwerdeführer gegen § 21 Abs. 3 FrG 1997 nicht.

Auch gegen § 113 Abs. 10 FrG 1997 führen die Beschwerdeführer solche ins Treffen. Sie vertreten die Auffassung, diese Bestimmung sei unsachlich, weil es "außer der Quotenregelung des § 2 AufG" unzählige andere Gründe gebe, weshalb der Stichtag zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung überschritten sein könne. Es würden durch diese Bestimmung all diejenigen benachteiligt, welche ihren Antrag vor Vollendung des 14. Lebensjahres gestellt hatten, deren Verfahren jedoch vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht zu einer positiven Erledigung geführt habe. Schließlich sei auch der letzte Satz des § 113 Abs. 10 FrG 1997 völlig sinnwidrig, weil durch den Verweis auf § 21 FrG 1997 wiederum die Altersgrenze des Abs. 3 leg. cit. eingezogen werde, wodurch die Regelung "jedweden Inhalts entkleidet" sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zlen. 98/19/0225, 0226, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zum Verständnis des § 113 Abs. 10 FrG 1997 Folgendes ausgeführt:

Ausgehend vom Zweck dieser Bestimmung ist die dort umschriebene Voraussetzung, "dass der Nachzug bislang bloß deshalb unterblieben ist, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Verfügung stand", dahin zu interpretieren, dass sie im Falle einer Antragstellung vor Inkrafttreten des FrG 1997 nur dann fehlt, wenn der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG entgegenstand, also auch unter der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes in Wahrheit gar kein Anspruch auf Familiennachzug bestand.

Maßgebend für die Frage, ob die Voraussetzungen des § 113 Abs. 10 FrG 1997 vorliegen, ist daher nicht ein konkretes Verhalten oder die hinter einem solchen Verhalten stehende Motivation der Aufenthaltsbehörde (für die Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung), sondern allein die Frage, ob während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes dem Anspruch auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Versagungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG entgegenstand.

Auf Basis dieses von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geprägten Verständnisses des § 113 Abs. 10 FrG 1997 treffen die Bedenken der Beschwerdeführer, dass die bloße Verzögerung der Erledigung eines Verfahrens während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes zu einer Benachteiligung des Fremden auch im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgesetzten Quote führen könnte, nicht zu.

Schließlich sind die Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass nach dem Gesetzeswortlaut für den Familiennachzug der in § 113 Abs. 10 erster Satz FrG 1997 umschriebenen Fremden "im Übrigen" § 21 FrG 1997 gilt. Damit ist aber klargestellt, dass die in § 21 Abs. 3 FrG 1997 für den Familiennachzug gesetzte Altersgrenze im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgelegten Quote keine Anwendung findet. Der Verweis in § 113 Abs. 10 letzter Satz FrG 1997 ist daher insbesondere als solcher auf die Bestimmungen des § 21 Abs. 4 und 5 FrG 1997 zu verstehen.

Gleichwohl ist der Beschwerde Erfolg beschieden:

Die belangte Behörde hat, wie in Spruch und Begründung deutlich zum Ausdruck kommt, sämtliche angefochtenen Bescheide jeweils ausschließlich auf § 21 Abs. 3 FrG 1997 gestützt. Sie hat aus den in den diesbezüglichen Bescheiden erwähnten unrechtmäßigen Aufenthalten des Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführers und aus der dem Viertbeschwerdeführer überdies zur Last gelegten ausländerbeschäftigungsrechtlich unzulässigen Erwerbstätigkeit keine konkret auf § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 bezugnehmende Prognose abgeleitet. Es kann daher aus der bloßen Erwähnung dieser Umstände nicht geschlossen werden, die belangte Behörde habe sich auf die in § 10 Abs. 2 FrG 1997 enthaltene Ermächtigung, die Erteilung der Niederlassungsbewilligung wegen Gefährdung öffentlicher Interessen zu versagen, gestützt.

Ausgehend von den obigen Ausführungen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Mündigkeit der Beschwerdeführer davon ausging, dass diese nicht mehr in der gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 festgelegten Quote zu berücksichtigen waren.

Zutreffend rügen die Beschwerdeführer jedoch vorliegendenfalls, dass es die belangte Behörde unterlassen hat zu prüfen, ob ihnen im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgelegten Quote eine Bewilligung gemäß §§ 20, 21 Abs. 3 bis 5 FrG 1997 hätte erteilt werden können.

Wie oben ausgeführt, hätte die belangte Behörde zu prüfen gehabt, ob während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes dem Anspruch der Beschwerdeführer auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Versagungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG entgegenstand. Sie hätte bei der Beurteilung der Frage, ob § 113 Abs. 10 FrG 1997 angewendet werden kann, die entsprechenden Feststellungen zu treffen gehabt. Die belangte Behörde war daher nicht berechtigt, allein aufgrund der Tatsache, dass die erstinstanzliche Behörde in ihren Bescheiden vom 14. April 1998 die Versagungsgründe des § 8 Abs. 5 und des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 zur Anwendung brachte, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 113 Abs. 10 FrG 1997 (stillschweigend) zu negieren.

In Verkennung der oben dargestellten Rechtslage unterließ es die belangte Behörde Feststellungen darüber zu treffen, ob im Falle der Beschwerdeführer zwischen ihrer Antragstellung und dem 1. Jänner 1998 ein Versagungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorlag.

Verneinendenfalls wäre auf die Beschwerdeführer die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 anzuwenden gewesen. Sie wären dann berechtigt gewesen, ihren Anspruch auf Familiennachzug gemäß § 20 Abs. 1 FrG 1997 im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgelegten Quoten durchzusetzen. Ein Raum für eine Ermessensübung der belangten Behörde hinsichtlich der Erteilung der Niederlassungsbewilligung bestünde diesfalls nicht.

Schon aus dieser Erwägung leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Im Übrigen wäre - wie oben dargestellt - auch bei Verneinung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 eine Prüfung des Antrages unter dem Gesichtspunkt des § 19 Abs. 5 FrG 1997 geboten gewesen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen gründen sich - in Ansehung des Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführers im Rahmen des insgesamt gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 1999

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