Normen
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995;
VwRallg;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der türkischen Republik, stellte mit Schreiben vom 19. Dezember 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 20. Dezember 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz einlangte. Der Antrag war als Antrag auf "Verlängerung" bezeichnet, als Aufenthaltszweck gab der Beschwerdeführer "unselbständige Tätigkeit" sowie "Familiengemeinschaft mit Familienangehörigen" an. Bereits im Antrag wies der Beschwerdeführer darauf hin, sich seit seinem 6. Lebensjahr ständig in Österreich aufgehalten zu haben. Sein Vater habe für ihn jeweils die erforderlichen Aufenthaltsberechtigungen (Verlängerung seiner Sichtvermerke) erwirkt. Zuletzt habe ihm die Bezirkshauptmannschaft Bregenz im Mai 1991 einen bis April 1993 befristeten Sichtvermerk ausgestellt. Er sei davon ausgegangen, daß sein Vater wie in den vergangenen Jahren sich neuerlich um die Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung kümmern werde, habe aber feststellen müssen, daß dies versehentlich nicht geschehen sei, sodaß er offenkundig seit April 1993 ohne Aufenthaltsberechtigung für Österreich sei. Dieses Versehen rechtfertige es jedoch auf Grund der aufgezeigten Umstände nicht, von einem Erstantrag auszugehen, weshalb der Beschwerdeführer um die Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung ersuche.
Mit Bescheid vom 21. März 1995 wies die Bezirkshauptmannschaft Bludenz den Antrag des Beschwerdeführers namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg (§ 6 Abs. 4 AufG) "gemäß den §§ 1, 6 Abs. 2 und 13 Abs. 1" des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend führte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz aus, eine Anwendung des § 13 Abs. 1 AufG komme im Falle des Beschwerdeführers schon deshalb nicht in Betracht, weil sie voraussetze, daß sich der Antragsteller zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, am 1. Juli 1993, rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe und vor Ablauf der Geltungsdauer seiner Berechtigung um Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften ansuche. Da der Antragsteller seit 7. April 1993 nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung sei, sei eine Überleitung gemäß § 13 Abs. 1 AufG nicht möglich. Der Antrag sei daher als Erstantrag zu behandeln. Infolge Antragstellung vom Inland aus sei dem Formerfordernis des § 6 Abs. 2 AufG nicht entsprochen worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen sein Vorbringen aus dem Antrag wiederholte. Darüber hinaus wies der Beschwerdeführer darauf hin, es stehe ihm auf Grund der unmittelbar anzuwendenden Bestimmungen des Assoziationsabkommens EWG-Türkei vom 12. September 1963 das Recht zu, die von ihm beantragte Aufenthaltsbewilligung zu erhalten.
Mit Bescheid vom 24. August 1995, zugestellt am 4. September 1995, wies der Bundesminister für Inneres die Berufung "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG" ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nicht vor seiner Einreise in das Bundesgebiet eingebracht habe. Dieser Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Zwar sei nicht jeder im Inland gestellte Antrag unzulässig, weil es einerseits Fälle gebe, bei denen eine Erstantragstellung im Inland durch Gesetz vorgesehen sei, andererseits sich in Ausnahmefällen die Antragstellung im Inland "durch Judikatur" ergebe. Beides treffe im vorliegenden Fall jedoch nicht zu.
Es stehe weiters fest, daß sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seiner Aufenthaltsberechtigung unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar, weil sein Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könne. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG finde durch § 5 Abs. 1 AufG "direkte Anwendung".
Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Familie im Bundesgebiet unabsprechbare private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien § 6 Abs. 2 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK verfassungskonform auszulegen. Lediglich eine kurzfristige Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG berechtige den Fremden trotzdem zur Inlandsantragstellung, wenn er sich jahrelang bzw. seit Geburt rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Es stehe aber fest, daß der Beschwerdeführer die Frist zur Stellung des Antrages auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung um 20 Monate versäumt habe, weshalb eine analoge Heranziehung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG ausgeschlossen sei, und dies auch mit Art. 8 MRK vereinbar sei. Im Hinblick darauf, daß in seinem Fall eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG geboten sei und weiters auf Grund seines illegalen Aufenthaltes sei die Inlandsantragstellung am 19. Dezember 1994 ausgeschlossen. Auf "obrige Überlegungen bezogen" sei die Ablehnung des Antrages bezüglich des Art. 8 MRK verfassungskonform.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 13. Oktober 1995, B 3045/95-3, abgelehnt und diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich verletzt und macht inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister seien seit vielen Jahren in Österreich aufenthaltsberechtigt. Er selbst sei mit ca. 6 Jahren nach Österreich gekommen und habe hier die Schulen besucht. Seit seinem 6. Lebensjahr halte er sich ständig in Österreich auf. Sein Vater habe für ihn jeweils die Aufenthaltsberechtigungen (Verlängerung seiner Sichtvermerke) erwirkt. Nach seinen Unterlagen habe ihm zuletzt die Bezirkshauptmannschaft Bregenz im Mai 1991 einen bis April 1993 befristeten Sichtvermerk ausgestellt. Er habe feststellen müssen, daß sein Vater sich nach Ablauf dieses letzten Sichtvermerkes nicht um die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung gekümmert habe, sodaß er offenkundig seit April 1993 ohne Aufenthaltsberechtigung für Österreich sei. Die belangte Behörde gehe jedoch zu Unrecht davon aus, daß der Antrag als Erstantrag zu werten sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Sowohl nach dem Beschwerdevorbringen als auch nach der Aktenlage wurde der angefochtene Bescheid am 4. September 1995 erlassen. Zu diesem Zeitpunkt lauteten die §§ 6 Abs. 2 und 13 Abs. 1 AufG, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995, wie folgt:
"§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
...
§ 13. (1) Die Berechtigung zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."
Der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde am 20. Dezember 1994 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt lautete § 6 Abs. 2 AufG in der Stammfassung (BGBl. Nr. 466/1992) wie folgt:
"§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung kann auch vom Inland aus gestellt werden."
1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur seit seinem Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, zu § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 (im folgenden § 6 Abs. 2 AufG aF) die Auffassung, daß § 6 Abs. 2 AufG aF jene Fälle nicht erfasse, in denen sich Fremde bereits im Inland befänden oder sogar schon hier geboren seien und - aus welchen Gründen auch immer - über keine aufrechte Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügten. Derartige Fälle seien vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, es handle sich daher um eine unbeabsichtigte Unvollständigkeit des Gesetzes, eine sogenannte "echte" Gesetzeslücke, die durch Analogie zu schließen sei. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes liege eine analoge Anwendung der Regelung des zweiten Satzes im § 6 Abs. 2 AufG aF nahe, der die Fallgruppe der Verlängerungsanträge betreffe. Die in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AufG bedachten Fälle seien anders zu behandeln. So werde im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage (525 BlgNR, 18. GP, 7) ausgeführt, daß damit der Mißbrauch von Besuchssichtvermerken bzw. der Berechtigung zur sichtvermerksfreien Einreise zu Besuchszwecken und insbesondere die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung eines Asylantrages verhindert werden solle. In den vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fällen würde nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine Analogie zur Regel, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, der Rechtsvorschrift nicht nur einen geradezu schikanösen Inhalt zumessen, ein solches Interpretationsergebnis käme vielmehr auch mit Art. 8 MRK in Widerspruch, weil es im Sinne des Gesetzesvorbehaltes des Abs. 2 dieses Konventionsartikels - anders als in Mißbrauchsfällen - keinesfalls als notwendig angesehen werden könne, um eines der dort genannten Ziele zu erreichen, daß Antragsteller, die sich jahre- bzw. jahrzehntelang, ja teilweise sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten hätten, wegen einer "relativ kurzen Versäumung einer Frist" zur Ausreise aus dem Bundesgebiet gezwungen würden, nur damit sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland stellen könnten (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1995, Slg. Nr. 14.306).
Unter Zugrundelegung dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vertrat auch der Verwaltungsgerichtshof - insbesondere um divergierende Rechtsprechungen der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu verhindern - die Auffassung, daß Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten hätten und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügten, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 AufG aF geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen seien. Solche Bewilligungsanträge sind nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0759) - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten, die auch vom Inland aus gestellt werden können.
1.2. Im Erkenntnis vom 13. Juni 1997, B 676/96-7, vertrat der Verfassungsgerichtshof (nunmehr) die Auffassung, daß § 6 Abs. 2 AufG aF auch in jenen Fällen heranzuziehen sei, in denen der Antrag vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 gestellt worden sei, selbst wenn die behördliche Entscheidung erst nach dem Inkrafttreten dieser Novelle ergehe. Der Verfassungsgerichtshof begründet dies damit, daß sich die Zulässigkeit eines Antrages jedenfalls dann, wenn - wie im Falle der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 - die Gesetzesnovelle (etwa in einer Übergangsvorschrift) nichts anderes bestimme, nach der zum Zeitpunkt der Antragseinbringung bestandenen Gesetzeslage richte. Ein anderes Gesetzesverständnis erwiese sich im Hinblick darauf, daß § 6 Abs. 2 AufG in der novellierten Fassung die Möglichkeit der Antragstellung vom Inland aus gegenüber der früheren Rechtslage zumindest teilweise einschränke, als "sachfremd" und daher unter dem Aspekt des Verfassungsgebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander (der Verfassungsgerichtshof zitiert hiezu Slg. Nr. 14.191/1995) als verfassungswidrig; es führe nämlich zum Ergebnis, daß bei bestimmten Fallkonstellationen rechtswirksam eingebrachte, vor einem Endtermin zu stellende Anträge ohne zwingenden Grund rechtsunwirksam würden.
In ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. November 1997, Zl. 95/19/0804 und Zl. 95/19/0934) vertritt hingegen der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß für die Überprüfung eines bei ihm angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit das AufG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung maßgeblich ist. Dies gilt auch in solchen Fällen, in denen die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen - wie im Falle des Beschwerdeführers - bereits vor dem Inkrafttreten der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 gestellt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aus folgenden Gründen nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen:
1.2.1. Nach dem u.a. aus den Gesetzesmaterialien ableitbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG verlangt diese Vorschrift vom Antragsteller nicht nur, den Bewilligungsantrag im Ausland zu stellen, sondern auch grundsätzlich, die Entscheidung über diesen Antrag im Ausland abzuwarten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703, mwH). § 6 Abs. 2 AufG regelt daher - wie sich aus dem Normzweck klar ergibt - nicht bloß die formellen Modalitäten der als Prozeßhandlung verstandenen Antragstellung, sondern das für den Antragserfolg erforderliche Verhalten des Antragstellers vom Zeitpunkt der Antragseinbringung bis zur Entscheidung der Aufenthaltsbehörde. Die Norm ist daher so zu verstehen, daß die Aufenthaltsbehörde die Rechtsgestaltung durch Bewilligungserteilung nur vornehmen darf, wenn der Fremde den Antrag im Ausland stellt und - grundsätzlich - die Entscheidung dort auch abwartet.
Das Motiv des Gesetzgebers für die Ermöglichung der ausnahmsweisen Antragstellung im Inland dürfte insbesondere gewesen sein, daß bei bestimmten Fremden eine besondere Integration in Österreich angenommen werden kann (vgl. etwa die diesbezüglichen Vorschriften für Angehörige österreichischer Staatsbürger sowie Inhaber ausländerbeschäftigungsrechtlicher Bewilligungen und deren Familienangehörige).
Sinnvollerweise soll eine besondere Begünstigung durch die Möglichkeit zur Antragstellung im Inland jenen Fremden zugutekommen, bei denen die besondere Nahebeziehung im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vorliegt. Eher bedeutungslos erscheint es hingegen, ob eine solche Integration bei Antragstellung (noch) vorlag. Es erscheint auch nicht "sachfremd", Antragstellern, die im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland noch integriert waren, es jedoch im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr sind (etwa weil die Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen geschieden oder eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung nicht verlängert wurde), die Begünstigung der Bewilligungserteilung trotz Antragstellung im Inland zu verwehren. Stellt die in Rede stehende Bestimmung aber - wie dargelegt - auf die integrationsspezifische Situation des Bewilligungswerbers im Entscheidungszeitpunkt ab, so hat dies wohl auch für die anzuwendende Rechtslage zu gelten.
Andererseits wäre es auch nicht einzusehen, daß ursprünglich nicht zulässigerweise im Inland gestellte Anträge weiterhin nach der alten Rechtslage behandelt würden, eine Konvalidierung solcher Anträge durch die Novellierung des § 6 Abs. 2 AufG und die auf der novellierten Fassung beruhenden Verordnungen also abgelehnt würde, weil dies - folgerichtiges Handeln der Antragsteller vorausgesetzt - zu einem bloßen "Umschichten" von Anträgen, also zu einer Rückziehung des ursprünglich gestellten Antrages unter gleichzeitiger Einbringung eines inhaltlich gleichen Antrages führen müßte.
1.2.2. Untersucht man die Auswirkungen der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 zu § 6 Abs. 2 AufG näher, so zeigt sich folgendes:
Gemäß § 6 Abs. 2 vierter Satz AufG in der novellierten Fassung (im folgenden: AufG nF) kann der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden. Anders als § 6 Abs. 2 AufG aF enthält § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nF nunmehr eine ausdrückliche Regelung für bestimmte Fälle, in denen eine Antragstellung ausnahmsweise im Inland zulässig ist, auch wenn kein Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung oder auf Änderung des Aufenthaltszwecks vorliegt. Bestimmte Konstellationen, in denen ausnahmsweise eine Antragstellung im Inland zulässig ist, werden in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nF selbst ausdrücklich angeführt (z.B. der Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft oder des Asyls). Weitere Fälle zulässiger Inlandsantragstellungen werden durch § 6 Abs. 2 dritter Satz (letzter Halbsatz) AufG nF einer Verordnung der Bundesregierung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG nF vorbehalten, nach der im Bundesgebiet aufhältigen Personen ebenfalls die Antragstellung im Inland ermöglicht werden darf. Gestützt auf diese Verordnungsermächtigung erging die am 27. Juni 1995 im Bundesgesetzblatt kundgemachte Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, in deren § 3 weitere Fälle zulässiger Inlandsantragstellungen geregelt sind. Wie die Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. Nr. 351/1995
(125 BlgNR 19. GP, 7) erkennen läßt, sollte dadurch die Möglichkeit geschaffen werden, die Inlandsantragstellung in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen dies zuwanderungspolitisch vertretbar ist, etwa in bestimmten Fällen der Fristversäumnis nach längerem legalen Inlandsaufenthalt sowie bei Geburt eines Fremden im Inland. Eine Durchschnittsbetrachtung zeigt, daß (im Regelfall) die Rechtslage nach der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995, somit § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nF, für Fremde günstiger ist als die Fassung vor der erwähnten Novelle. Gerade in den zahlreichen Fällen, in denen Fremde früher über eine Aufenthaltsbewilligung verfügten, eine Verlängerung dieser Bewilligung aber verabsäumten, wird nach § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 eine Inlandsantragstellung dann ermöglicht, wenn für den Fremden eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist. Damit trägt die Verordnung der Bundesregierung typischen "Verfristungsfällen" Rechnung. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß auf Grund des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nF sowie der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung der Bundesregierung im Großen und Ganzen für diejenigen Personen eine Inlandsantragstellung ermöglicht wird, deren Anträge nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (im Sinne des Erkenntnisses Slg. Nr. 14.148) infolge einer verfassungskonformen Interpretation des § 6 Abs. 2 AufG aF als Verlängerungsanträge zu deuten waren. Da das in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung darüber auch im Ausland abzuwarten, nicht als bloßes Formerfordernis, sondern als Erfolgsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten ist, führt die vom Verwaltungsgerichtshof bisher vertretene Auffassung, wonach für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides die Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung, somit § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sowie § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 (sowie die - wenngleich im vorliegenden Fall nicht anzuwendenden - entsprechenden späteren Verordnungen), maßgeblich sind, nach dem bisher Gesagten zu keinem "sachfremden" oder sonst verfassungswidrigen Ergebnis. Die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wäre danach nicht rechtswidrig, wenn der Antrag die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung normierten Erfolgsvoraussetzungen nicht erfüllte.
1.3. Bei Zugrundelegung der unter Punkt 1.2. dargelegten Auffassung ergäbe sich im Falle des Beschwerdeführers, daß sein Antrag nicht als Verlängerungsantrag zu qualifizieren wäre, weil er noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.
Auch eine Anwendung des § 13 Abs. 1 AufG käme im Falle des Beschwerdeführers nicht in Betracht, weil er sich
- unbestritten - im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AufG am 1. Juli 1993 nicht rechtmäßig auf Grund einer Berechtigung in Österreich aufhielt.
Die Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung ergäbe sich für den Beschwerdeführer somit nur, wenn er zu jenem Personenkreis zählte, der auf Grund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nF sowie der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 zu einer solchen Inlandsantragstellung ermächtigt wäre. Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch diesbezügliche Hinweise. Insbesondere ergäbe sich die Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung für den Beschwerdeführer nicht aus § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995, weil er zwar nach seinem Vorbringen und nach der Aktenlage über einen am 15. Juli 1992 ausgestellten, bis 14. Juli 1997 gültigen Befreiungsschein verfügte, aber - wie dargelegt - noch nie eine Aufenthaltsbewilligung hatte. Der Antrag des Beschwerdeführers wäre demnach von der belangten Behörde an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nF zu messen gewesen. Der darin enthaltenen Erfolgsvoraussetzung der Antragstellung vom Ausland aus hätte der Beschwerdeführer - unbestritten - nicht entsprochen.
1.4. Nun teilt der Verwaltungsgerichtshof zwar nicht die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß sich die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit - soweit es um die Modalität der Antragstellung vom Inland oder vom Ausland aus geht - nach der im Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen Rechtslage richtet, der Verwaltungsgerichtshof hält daher, wie dargelegt, die Heranziehung der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides für geboten. Ungeachtet dessen übersieht der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht, daß § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sowie die auf Grund des § 6 Abs. 3 dritter Satz AufG erlassene Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 408/1995 nach wie vor nicht alle Personen erfaßt, die sich - im Sinne des Erkenntnisses Slg. Nr. 14.148 - schon im Inland befinden (oder sogar schon hier geboren sind) und - aus welchen Gründen auch immer - über keine aufrechte Aufenthaltsbewilligung bzw. -berechtigung (mehr) verfügen. Dies trifft etwa für diejenigen Personen zu, die zwar über keine Aufenthaltsbewilligung, sehr wohl aber über gewöhnliche Sichtvermerke verfügten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes liegt - folgt man dem im Erkenntnis Slg. Nr. 14.148 entwickelten Gedanken des Verfassungsgerichtshofes - auch in diesen Fällen, die von § 6 Abs. 2 AufG auch in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 nicht ausdrücklich erfaßt sind, eine unbeabsichtigte Unvollständigkeit des Gesetzes, somit eine sogenannte "echte Gesetzeslücke" vor, die durch Analogie zu schließen ist. Gegen diesen Befund kann auch nicht eingewendet werden, daß der Bundesgesetzgeber ohnehin mit der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 eine von ihm erkannte Gesetzeslücke habe schließen wollen, weshalb die Annahme einer weiteren, verbleibenden Lücke nicht nachvollziehbar erscheine, weil die Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 bereits am 19. Mai 1995 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, somit zu einem Zeitpunkt, in dem das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 14.148, in welchem die in der alten Rechtslage auftretende Lücke aufgezeigt wurde, noch nicht ergangen war.
1.5. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß der letzte Sichtvermerk des Beschwerdeführers nur bis zum 6. April 1993 gültig gewesen sei. Der von ihm erst am 20. Dezember 1994 (mit Schreiben vom 19. Dezember 1994) gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erweise sich demnach als um 20 Monate verspätet. Die belangte Behörde hat es allerdings unterlassen festzustellen, für welchen Zeitraum dem Beschwerdeführer bereits Sichtvermerke ausgestellt worden waren. Dazu bestand für sie schon deswegen Veranlassung, weil der Beschwerdeführer bereits im seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (ebenso in seiner Berufung) darauf hingewiesen hatte, sich seit seinem 6. Lebensjahr rechtmäßig in Österreich aufgehalten zu haben. Auch aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergeben sich Hinweise darauf, daß dem Beschwerdeführer für den Zeitraum zwischen dem 16. April 1987 und dem 6. April 1993 - von geringfügigen Unterbrechungen abgesehen - Wiedereinreisesichtvermerke ausgestellt worden waren.
Träfe das Vorbringen des Beschwerdeführers zu, er habe sich bereits seit seinem 6. Lebensjahr rechtmäßig in Österreich aufgehalten, hätte der Beschwerdeführer also vor Ablauf seines letztgültigen Sichtvermerkes am 6. April 1993 bereits jahrelang über Wiedereinreise-Sichtvermerke verfügt (die Aktenlage deutet auf derartige Sichtvermerke zumindest für eine Zeitdauer von 6 Jahren hin), so zählte der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis, der nach dem bisher Gesagten auch von § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 nicht erfaßt wäre. Es wäre daher auch in seinem Fall eine Norm anzuwenden, die durch Analogie zu finden ist und mit der die aufgewiesene Regelungslücke geschlossen wird.
1.6. Überträgt man die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes - ausgesprochen im Erkenntnis Slg. Nr. 14.148 -, daß bei Fremden, die sich seit vielen Jahren rechtmäßig auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich aufgehalten haben, eine Analogie nicht zu § 6 Abs. 2 erster Satz AufG aF in Betracht kommt, vielmehr eine solche zu § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG aF geboten ist, auf die Rechtslage nach der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995, so ist es zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Auslegungsergebnisses geboten, Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung mehr verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung den Bestimmungen über rechtzeitig gestellte Verlängerungsanträge zu unterstellen. Solche Bewilligungsanträge sind daher - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten.
1.7. Hätte die belangte Behörde demnach Feststellungen darüber getroffen, ob der Beschwerdeführer - seinem Antragsvorbringen entsprechend - bereits jahrelang über gewöhnliche Sichtvermerke verfügte, so hätte sie, das Vorliegen derartiger gewöhnlicher Sichtvermerke etwa für die aus dem Verwaltungsakt ersichtliche Dauer von ca. 6 Jahren vorausgesetzt, ungeachtet einer Fristversäumung von ca. 20 Monaten zum Ergebnis (vgl. zum Fall einer Fristversäumung von ca. 2 Jahren bei nur 4-jährigem rechtmäßigen Voraufenthalt das hg. Erkenntnis vom 18. April 1997, Zl. 95/19/1007) gelangen müssen, daß der Antrag des Beschwerdeführers bei zutreffender, auf verfassungskonforme Lückenschließung bedachter Auslegung des § 6 Abs. 2 AufG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) als Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu qualifizieren wäre. Ein solcher Antrag hätte freilich zu Recht im Inland gestellt werden können.
Indem die belangte Behörde, von einer unrichtigen Beurteilung der Rechtslage ausgehend, entsprechende Feststellungen unterließ, hat sie den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt. Bei Unterlassung dieses Verfahrensfehlers hätte die belangte Behörde nach dem bisher Gesagten zu einem anderen Bescheid gelangen können.
2. Die belangte Behörde stützte ihren abweisenden Bescheid auch auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG).
§ 5 Abs. 1 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautet (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:
§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen,
wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Die belangte Behörde legte ihrer rechtlichen Beurteilung einen Aufenthalt des Beschwerdeführers ab dem 6. April 1993 (dem Zeitpunkt des Ablaufens seines letztgültigen Sichtvermerkes) zugrunde. Bei der Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG unterlief der belangten Behörde jedoch ebenfalls ein Fehler in der rechtlichen Beurteilung, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein an den Ablauf einer Aufenthaltsbewilligung oder eines gewöhnlichen Sichtvermerkes anschließender Aufenthalt eines Antragstellers für sich allein nicht die Annahme rechtfertigt, der weitere Aufenthalt des Antragstellers auf Grund der von ihm angestrebten Bewilligung werde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Bundesgebiet gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/0907).
3. Auf Grund der Verkennung der Rechtslage war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
4. Soweit sich der Beschwerdeführer (erkennbar) auf ein ihm als türkischem Staatsangehörigen behauptetermaßen zustehendes Recht auf Grund des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates, somit auf einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft beruft, stünde ihm ein solches Recht im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG unabhängig von einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zu. In ein danach allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch den bekämpften Bescheid nicht eingegriffen worden. Andererseits zeigt schon die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG, welche die Bundesregierung ermächtigt, Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufenthaltsberechtigt sind, unter näher umschriebenen Voraussetzungen von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen, daß auch für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG erfüllen, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt werden kann. Es ist daher die Frage, ob den Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897).
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil schon die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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