Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb idF 1983/047;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10 idF 1983/047;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg impl;
BauRallg;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs2;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1973 §20 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb idF 1983/047;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10 idF 1983/047;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg impl;
BauRallg;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs2;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1973 §20 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 4. April 1985 beantragte der Zweitmitbeteiligte die Erteilung einer Abbruch- und Baubewilligung für eine Erweiterung bzw. Errichtung eines Schreinereibetriebes und Spänesilos gemäß den beigeschlossenen Plänen auf den Gp. Nr. n1, n2 und den Bauparzellen Nr. nn1, nn2 und nn3 der KG X; nach der aus der ebenfalls beigeschlossenen Baubeschreibung ersichtlichen Aufstellung über die Ausmaße des Bauvorhabens sollten von einem Altbestand mit einer umbauten Fläche von ca. 420 m2 der Großteil im Umfang von ca. 339 m2 abgebrochen und ein Neubau im Ausmaß von ca. 573 m2 errichtet werden; dadurch sollte sich der umbaute Raum von 3082 m3 (alt) auf 6058 m3 (neu) erhöhen.
Der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde beraumte über dieses Bauvorhaben eine mündliche Verhandlung für den 20. November 1986 an, zu der auch die Beschwerdeführerin als Nachbarin unter ausdrücklicher Belehrung über die Bestimmungen der §§ 40 bis 42 AVG geladen wurde. Nach der über diese Verhandlung angefertigten Niederschrift wurde dabei nach einer Beschreibung des Bauvorhabens festgestellt, daß nach dem vorgelegten Lage- und Abstandsflächenplan die gesetzlich vorgechriebenen Abstände und Bauabstandsflächen u.a. gegenüber der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Gp. n3 nicht eingehalten würden und Ausnahmegenehmigungen bisher nicht erteilt worden seien. Die Baugrundstücke seien im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde als "Baufläche-Mischgebiet" eingetragen. Der Beschwerdevertreter stellte sodann in Vertretung der Beschwerdeführerin den Antrag, "sämtliche vorhandene Bewilligungen und Genehmigungen nach dem Baugesetz, der Gewerbeordnung und dem Landschaftsschutzgesetz vorzulegen und die derzeit bestehende (allenfalls auch nicht bewilligte) Bausubstanz baubehördlich zu erheben, da es auf die Veränderung zwischen der gegebenen und der künftigen Bausubstanz sowohl baubehördlich als auch raumordnungsrechtlich entscheidend" ankomme. Es werde daher ausdrücklich beantragt, die Verhandlung bis zur Beibringung "dieser Mindestunterlagen" zu vertagen. Nach Zurückweisung dieses Antrages lehnte die Beschwerdeführerin den Verhandlungsleiter wegen Befangenheit ab. Sodann erstattete der bautechnische Amtssachverständige sein Gutachten, worin er u.a. darauf hinwies, daß die Einhaltung des Bauabstandes gegenüber der Gp. n3 im Eigentum der Beschwerdeführerin noch nachzuweisen sei. Der Beschwerdevertreter rügte sodann die Protokollierung des Gutachtens des Amtssachverständigen insoweit, als nach dessen erstem Satz gegen die Erteilung der Baubewilligung (bei Vorschreibung zahlreicher, im einzelnen näher beschriebener Auflagen) kein Einwand bestehe; dies stehe im Widerspruch zu der Feststellung des Sachverständigen, daß das Objekt von drei Seiten die gesetzlichen Bauabstände nicht einhalte. Dies bedeute im Ergebnis ein negatives Gutachten. Zur Beseitigung dieses Mangels sei praktisch ein neuer Bauplan erforderlich, zu dem dann eine neuerliche Begutachtung unter Zuziehung oder Anhörung der Nachbarn stattzufinden hätte. Nach Erstattung des Gutachtens des brandschutztechnischen Sachverständigen unter Einholung einer Stellungnahme des Arbeitsinspektorates und der Vorarlberger Kraftwerke AG erhob der Beschwerdevertreter namens der Beschwerdeführerin u.a. folgende weitere Einwendungen:
"Es hat sich gezeigt, daß das Verfahren nicht bescheidreif ist. Eine abschließende Stellungnahme wäre daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfrüht. Die ganzen Verfahrensergebnisse sprechen aber eindeutig gegen eine Erteilung der Baubewilligung. Die Nachbarin spricht sich ausdrücklich gegen die Erteilung der beantragten Bewilligung aus. Bereits das derzeit bestehende Objekt ist brand- und explosionsgefährdet. Ein Silobrand hat im heurigen September stattgefunden. Beim Brand hat es sich gezeigt, daß im Silo kein Holz liegt, sondern alle Arten von chemischen Produkten, die nicht ordnungsgemäß brennen und nicht definierbare Verbrennungsrückstände hinterlassen. Es wird beantragt, ein Protokoll der Feuerwehr über diesen Vorfall einzuholen. Der Bauantrag ist mit den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes und des Flächenwidmungsplanes nicht vereinbar. Im Mischgebiet dürfen nur nicht STÖRENDE Betriebe errichtet werden. Der
Betrieb der Tischlerei ... erfüllt diese Anforderungen nicht.
Ich beantrage daher die Einholung eines Raumplanungsgutachtens zur Frage der Verträglichkeit des Bauprojekts mit der bestehenden Flächenwidmung. Das Objekt steht zudem zu nahe an mehreren öffentlichen Verkehrsflächen. Es kommt ständig zu verkehrstechnischen Schwierigkeiten und oft gefährlichen Situationen, deren Auswirkungen auf das Grundstück der Nachbarin nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Ich beantrage daher die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens dahingehend, daß das vorgesehene Bauprojekt mit den Erfordernissen der Straßenverkehrsordnung und des Straßengesetzes nicht in Einklang zu bringen ist.
...
Aus den Plänen ergibt sich wiederum, daß die Tischlerei ... nicht jene Materialien verarbeitet, die sie seinerzeit angegeben hat, weshalb auch im Silo sich ganz andere Abfälle befinden, als seinerzeit dazu erklärt worden ist. Die verbrannten Spanplatten sind aus gesundheitlicher Sicht besonders schwerwiegend. Da die Heizung Teil des Bauobjektes ist und eine Vergrößerung des Bauobjektes zu mehr Heizleistung notgedrungen führen muß, kommt es zu einem erhöhten Ausstoß an gesundheitsgefährdenden Substanzen."
Am 14. Jänner 1988 erging seitens des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde an die Parteien und Beteiligten des Verfahrens (darunter auch an die Beschwerdeführerin) folgendes Schreiben:
"Im o.a. Bauverfahren hat am 20.11.1986 die mündliche Verhandlung stattgefunden. Zwischenzeitlich hat der Antragsteller geringfügige Veränderungen am geplanten Projekt vorgenommen. Zudem hat am 21.7.1987 die mündliche Verhandlung im gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahren stattgefunden.
Die Stadt ... beabsichtigt, die in diesem Verfahren
aufgenommenen Beweise im Bauverfahren ebenfalls zu
berücksichtigen. Im Sinne der Wahrung des Parteiengehörs werden
sie eingeladen, binnen zwei Wochen in die bisherigen
Aktenvorgänge beim Bauamt der Stadt ... Einsicht zu nehmen und
allfällige Stellungnahmen abzugeben."
Dazu erstattete der Beschwerdevertreter am 2. Februar 1988 eine Äußerung in der es u.a. heißt:
"Bei der Verhandlung vom 20.11.1986 hat sich eindeutig gezeigt, daß das Projekt des Antragstellers nicht gesetzeskonform war. Um auf die elementarsten Mängel zurückzukommen, das Projekt war beispielsweise auf drei Seiten wegen Nichteinhaltung der Bauabstände nicht konsensfähig. Darüberhinaus gab es größere Probleme mit der Flächenwidmung, weil Baumischgebiet jedenfalls ungeeignet ist, eine so dichte und so immissionsträchtige Bebauung zu tragen.
...
Sollten nunmehr, aus dem Bezugsschreiben ergibt sich nicht, ob dies der Fall ist, die Bauabstände eingehalten sein, würde es sich um ein fundamental neues Projekt des Antragstellers handeln, das eine neuerliche Bauverhandlung bedingen würde. ... Sollte es sich daher bei der geänderten Baueingabe um ein aus
der Sicht der Stadt ... überhaupt denkmöglich konsensfähiges
Projekt handeln, wäre demnach eine neuerliche Bauverhandlung durchzuführen. Eine Anhörung wie im Bezugsschreiben, in dem zudem keinerlei Sachverhaltsdarstellung erfolgte, vermag eine zwingend gebotene Bauverhandlung auf keinen Fall zu ersetzen."
Nach dem aktenkundigen Auszug aus der Stadtratsitzung vom 11. April 1988 wurde in dieser Sitzung beschlossen, dem Zweitmitbeteiligten für den Umbau des bestehenden Tischlereibetriebes eine Bauabstandsnachsicht gegenüber den öffentlichen Straßen an zwei Grundgrenzen jeweils von 3 m auf 2,50 m zu erteilen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. September 1988 wurde gemäß § 12 Abs. 1 Baugesetz die Schaffung von zwei PKW-Abstellplätzen anstelle von zwei PKW-Garagen zugelassen (Spruchpunkt I), gemäß § 5 Abs. 7 Baugesetz die Erleichterung von der Verpflichtung zur Schaffung von 16 PKW-Abstellplätzen dahin erteilt, daß für 7 PKW-Abstellplätze die Errichtung in einer Entfernung von mehr als 200 m zugelassen wurde (Spruchpunkt II). Weiters wurde gemäß §§ 6 Abs. 9, 31 Abs. 3 und 32 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 lit. b und lit. k Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, mit Genehmigung des Stadtrates vom 11. April 1988 eine Ausnahme vom gesetzlich vorgeschriebenen Bauabstand zu zwei näher bezeichneten öffentlichen Verkehrsflächen jeweils von 3 m auf 2,5 m zugelassen und die beantragte baupolizeiliche Bewilligung nach Maßgabe des vorstehenden Sachverhaltes und der vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen, welche zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt wurden und auf die verwiesen wurde, unter zahlreichen Auflagen und Bedingungen erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Spruchpunkten IV. und V. dieses Bescheides wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin vom 20. November 1986 (mündliche Verhandlung) und der Einwand vom 2. Februar 1988 (Schriftsatz des Beschwerdevertreters) "als unzulässig zurückgewiesen bzw. wegen Präklusion gemäß § 42 AVG 1950 abgewiesen". Mit Spruchpunkt VI. wurde schließlich eine Ausnahme vom vorgeschriebenen Straßenabstand zu den bereits genannten öffentlichen Verkehrsflächen von 4 m auf 2,5 m gemäß § 36 Abs. 2 Straßengesetz, LGBl. Nr. 8/1969, erteilt.
In der Begründung dieses Bescheides (soweit diese für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist) wird zunächst unter Bezugnahme auf den in der Berufung aufrechterhaltenen Ablehnungsantrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Verhandlungsleiters näher ausgeführt, aus welchen Gründen die Behörde diesen Antrag teils für unbegründet, teils für unzulässig hält. Auf die Einhaltung der Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes bestünde kein in § 30 Abs. 1 Baugesetz genanntes subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn. Im übrigen habe die Behörde die Widmungsverträglichkeit geprüft. Beim Betrieb des Zweitmitbeteiligten handle es sich unbestritten um einen Mittelbetrieb, der bereits vor Erlassung des derzeit gültigen Flächenwidmungsplanes in der heutigen Form und Größe (Ausnahme Silo, Verwaltungsgebäude bzw. Geschäft und Heizungsanlage) bestanden habe. Der Verordnungsgeber wie auch die Landesregierung hätten bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes den bestehenden Betrieb "in der Widmungskategorie "Mischgebiet" akzeptiert (desgleichen auch weitere Tischlereibetriebe)", weshalb davon ausgegangen werden könne, daß die Betriebsform "Tischlerei" in der Widmungskategorie "Mischgebiet" grundsätzlich zulässig sei. Eine Prüfung der möglichen Immissionen des konkreten Projektes durch die Baubehörde sei nicht erforderlich. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz habe im übrigen im parallel zum Bauverfahren durchgeführten (gewerberechtlichen) Betriebsanlagengenehmigungsverfahren aufgrund der Gutachten der entsprechenden Amtssachverständigen festgestellt, "daß durch die vorgesehenen Um- und Zubauten beim konkreten Projekt eine Annäherung des "Ist-Maßes" an das widmungsgemäße "Soll-Maß" erfolgt, bzw. daß nach dem Um- und Zubau die möglichen Belästigungen ein zumutbares Maß aufweisen werden." Zudem habe die Bezirkshauptmannschaft als zuständige Behörde nach dem Landschaftsschutzgesetz mit Bescheid vom 9. August 1985 "bekundet", daß bei der Prüfung des Vorhabens ein Widerspruch mit dem Raumplanungsgesetz nicht gefunden worden sei. Die Frage der Widmung erscheine daher ausreichend geprüft. Die Nichteinhaltung des Bauabstandes gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen begründe kein Einspruchsrecht der Nachbarin im Sinne des § 30 Abs. 1 Baugesetz, weshalb dieser Einwand der Beschwerdeführerin ebenso als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei, wie der Einwand der langen Bauzeit, welche die Beschwerdeführerin belaste und ihr Antrag auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Absiedlungskosten des Betriebes des Zweitmitbeteiligten. Eine neuerliche mündliche Verhandlung über die vorgenommenen "Planabweichungen" (gemeint wohl: Projektänderungen) sei im Baugesetz nicht zwingend vorgeschrieben, weshalb die schriftliche Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme vom 14. Jänner 1988 die ausreichende Wahrung des Parteiengehörs gewährleiste. Die erst im Zuge des abschließenden Parteiengehörs erhobene Einwendung, daß die Bauabstände auf drei Seiten nicht eingehalten seien, sei grundsätzlich verspätet, weil diese Einwendung in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben worden sei. Die "vorgenommenen Planänderungen" hätten dazu geführt, daß die Abstandsflächen auf der dem Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzenden Seite vollständig eingehalten würden. Soweit daher dem Vorbringen des Beschwerdevertreters vom 2. Februar 1988 der Inhalt beigemessen werden könne, er habe einen diesbezüglichen Einwand erheben wollen, sei dieser Einwand abzuweisen gewesen. Da hinsichtlich der dem Grundstück der Beschwerdeführerin abgewendeten Grundstücksgrenzen Auswirkungen im Sinne des § 30 Abs. 1 lit. b Baugesetz denkunmöglich seien und das Baugesetz keine "pauschale Parteistellung" von Nachbarn zur Einhaltung von gesetzlich vorgeschriebenen Bauabständen bzw. Abstandsflächen kenne, seien die Einwendungen der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob (u.a.) die Beschwerdeführerin Berufung, wonach sie (u.a.) Einwendungen nach § 4 Baugesetz, ferner wegen Verstoßes des Bauprojektes gegen den Flächenwidmungsplan, gegen die Erteilung der Nachsicht nach § 6 Abs. 9 Baugesetz sowie nach § 6 Abs. 10 Baugesetz und § 12 Abs. 1 Baugesetz erhoben hat.
Nach Einholung einer Gegenäußerung des Zweitmitbeteiligten hat die Stadtvertretung der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 9. Jänner 1989 die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Zur Frage der Auswirkungen des Betriebes des Zweitmitbeteiligten wird darin begründend ausgeführt, daß der Amtsarzt als gesundheitspolizeilicher Amtssachverständiger, der gewerbetechnische Amtssachverständige, der Amtssachverständige für Luftreinhaltung und der brandschutztechnische Amtssachverständige "in schlüssigen Gutachten und Erklärungen" zum Ergebnis gekommen seien, daß "bei projektgemäßer Ausführung des Vorhabens und bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn auszuschließen" sei. Deshalb bestehe kein Anlaß, von Amts wegen größere Abstandsflächen oder Abstände gemäß § 6 Abs. 10 Baugesetz festzusetzen. Im übrigen stünden den Nachbarn gemäß § 30 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 4 Baugesetz kein Recht hinsichtlich allenfalls veränderter Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen zu. Ebensowenig könne die Beschwerdeführerin durch die Anordnung einiger Parkplätze entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze oder durch die Zulassung von Parkplätzen in einem Abstand von mehr als 200 m Entfernung von der Bauliegenschaft beschwert werden. Überdies bestünden diesbezüglich keine Nachbarrechte. Der Schutz des § 30 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Baugesetz bestehe nur für Einrichtungen wie Schulen, Kirchen, Krankenanstalten u.ä., wie sie die Beschwerdeführerin nicht betreibe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie im wesentlichen und sinngemäß ihr Berufungsvorbringen wiederholte.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 1990 hat die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Nach der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Einwendung der Nichteinhaltung der gesetzlichen Bauabstände zwar - im Gegensatz zur Auffassung der Gemeindebehörden - nicht präkludiert sei; durch die unzutreffende Auffassung der Gemeindebehörden sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht beschwert, weil sich die Gemeindeinstanzen mit der Frage der Bauabstände auseinandergesetzt und zutreffenderweise festgestellt hätten, daß eine Vorschreibung größerer Abstände nach § 6 Abs. 10 des Baugesetzes nicht möglich sei. Aus den im Bauverfahren mitverwerteten Gutachten des gewerbebehördlichen Verfahrens ergebe sich, daß bei projektgemäßer Ausführung des Vorhabens und bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung und eine Gefährdung der Nachbarn auszuschließen sei. § 6 Abs. 10 Baugesetz räume (gemeint offenbar: den Nachbarn) keinen allgemeinen Immissionsschutz zur Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes ein, sondern stelle eine Ausnahmeregelung für Bauwerke mit einem aus dem Ortsüblichen herausfallenden Verwendungszweck dar. Das ortsübliche Ausmaß der Belästigungen sei anhand der flächenplanmäßigen Widmung zu beurteilen. Sei daher eine bestimmte Widmungskategorie festgesetzt, so seien Immissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, als ortsüblich anzusehen und zwar auch dann, wenn sie das Ausmaß der in der unmittelbaren Umgebung eines Wohnhauses feststellbaren Immissionen übersteigen. Die Grundstücke des Zweitmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin seien im Flächenwidmungsplan der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde als "Baufläche-Mischgebiet" ausgewiesen. Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung habe für die Baubehörde eine nach Art der üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutze vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesem Merkmal in herkömmlicher Weise entfalteten Tätigkeiten auf das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Emissionen zu beurteilende Betriebstype zu sein (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 9382/A). Die Vorstellungsbehörde könne (unter dem Gesichtspunkt einer Betriebstypenbetrachtung) nicht erkennen, warum der gegenständliche Betrieb, der insgesamt 28 Mitarbeiter beschäftige, als störend im Sinne des § 14 Abs. 4 des Raumplanungsgesetzes angesehen werden solle, zumal der Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes an dem in Rede stehenden Ort eine Tischlerei vorgefunden habe. Ein solcher Betrieb, der die von einem zulässigen Betriebstyp zu erwartenden Emissionen nicht überschreite - dies ergebe sich für den Anlaßfall aus den unangefochten gebliebenen Gutachten - lasse aber eine das ortsübliche Ausmaß im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn nicht erwarten. Auf die konkrete Ortsüblichkeit des Betriebes im Mischgebiet komme es daher nicht an (Hinweis auf das Erkenntnis vom 25. Juni 1987, Zl. 86/06/0057, richtig:
86/06/0037). Abgesehen von diesen Überlegungen stünde Nachbarn im Bauverfahren kein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung des Flächenwidmungsplans oder von Baubemessungszahlen zu. Sonstige Verfahrensmängel lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser hat mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 1322/90-13, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und sie über Antrag der Beschwerdeführerin mit einem weiteren Beschluß vom 31. Juni 1991, B 1322/90-15, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
In der von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung behauptet sie eine Verletzung ihrer Rechte nach den §§ 4 und 6 Baugesetz und ihres Rechtes auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hinsichtlich des angefochtenen Bescheides geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Baubewilligungsverfahren ist das Mitspracherecht der Nachbarn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Weise beschränkt: es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, und seither ständige Rechtsprechung).
Aus der Vielzahl von Einwendungen, welche die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung und noch in ihrer Vorstellung erhoben hat (und hinsichtlich derer die Behörden zutreffend teils das Fehlen subjektiv-öffentlicher Rechte, teils Präklusion angenommen haben) hält die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde (abgesehen von Verfahrensrügen) nur mehr jene der Widmungswidrigkeit und der Verletzung von Abstandsvorschriften aufrecht.
Die Rechte der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 47/1981 werden im § 30 Abs. 1 und 2 leg. cit. wie folgt umschrieben:
"(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:
a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;
b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;
c) § 9 Abs. 1 hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;
d) § 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;
e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;
f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient.
(2) Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlicher-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen."
Die Aufzählung der Nachbarrechte in § 30 Abs. 1 Baugesetz ist - wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt - eine taxative (vgl. das Erkenntnis vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10514/A, vom 26. April 1984, Zl. 82/06/0110, BauSlg. Nr. 250, u.a.).
Daraus ergibt sich zunächst, daß weder hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes noch hinsichtlich eines allgemeinen Schutzes vor Immissionen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10514/A, und vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0106, u. a.), wohl aber - fallbezogen - gemäß § 30 Abs. 1 lit. b Baugesetz hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des § 6 leg. cit. über die Abstandsflächen (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1982, Zlen. 82/06/0062, 0063, Slg. Nr. 10815/A - nur Leitsatz).
Nur soweit in den Vorschriften über die Abstandsflächen auch an jene über die Flächenwidmung bzw. an die in diesem Zusammenhang jeweils zulässigen Immissionen (worauf noch zurückzukommen ist), angeknüpft wird, sind diese auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 Baugesetz von Bedeutung.
§ 6 Baugesetz lautet im hier interessierenden Zusammenhang auszugsweise:
"(7) Von der Nachbargrenze müssen oberirdische Gebäude mindestens 3 m entfernt werden.
(8) ...
(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden.
(10) Die Behörde kann auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten läßt."
Ausgehend vom Beschwerdevorbringen ist daher zunächst die Frage zu untersuchen, ob die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Abstandsvorschriften wirksam geltend gemacht hat. Gemäß § 42 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AVG können nämlich im Falle einer mündlichen Verhandlung Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden; in diesen Fällen wird angenommen, daß (diese) Beteiligten dem jeweiligen Vorhaben, welches den Gegenstand der Verhandlung bildet, zustimmen.
Die zur mündlichen Bauverhandlung vom 20. November 1986 unter Bekanntgabe des Gegenstandes und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin brachte im hier maßgebenden Zusammenhang - wie aus obiger auszugsweiser Wiedergabe der Niederschrift über diese Verhandlung ersichtlich - unter Bezugnahme auf das Gutachten des bautechnischen Sachverständigen vor, daß das Objekt des Erstmitbeteligten an drei Seiten die gesetzlichen Bauabstände nicht einhalte und daher ein negatives Gutachten vorliege, welches eine Planänderung und danach eine neue Begutachtung erfordere. Dies, in Verbindung mit ihrer späteren Äußerung, wonach die ganzen Verfahrensergebnisse gegen die Erteilung einer Baubewilligung sprächen, läßt deutlich erkennen, daß die Beschwerdeführerin eine (schon vom Sachverständigen festgestellte und - entgegen den Behauptungen der erstmitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift - auch die Abstände zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin betreffende) Verletzung von Abstandsvorschriften in ihrer das Projekt des Zweitmitbeteiligten ablehnenden Haltung ausgedrückt hat, womit zumindest eine auf § 6 Abs. 7 BauG bezogene Nachbareinwendung wirksam erhoben wurde. Die (weitere) Rüge, der Bauantrag sei mit den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes und des Flächenwidmungsplanes nicht vereinbar, da im Mischgebiet störende Betriebe nicht errichtet werden dürfen, in Verbindung mit der geltend gemachten Gesundheitsgefährdung durch Immissionen inkludiert im Zusammenhang mit dem vorstehend zitierten Vorbringen aber auch die Einwendung, sich durch das Vorhaben des Zweitmitbeteiligten in unmittelbarer Nachbarschaft unzumutbar belästigt zu fühlen. Die auch in diesem Zusammenhang erhobene Behauptung der Unzulässigkeit des Vorhabens aus diesen Gründen schließt jedenfalls das (weniger weitreichende) Begehren auf Festsetzung größerer Seitenabstände gemäß § 6 Abs. 10 Baugesetz wegen unzumutbarer Belästigung mit ein, können doch das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen, denen durch Festsetzung eines größeren Abstandes im Sinne dieser Bestimmung nicht mehr gesteuert werden kann, durchaus auch zur Versagung der Baubewilligung führen (vgl. das Erkenntnis vom 14. Jänner 1987, Slg. Nr. 12373/A).
Da somit hinsichtlich der Einwendungen aus § 6 Abs. 7 und 10 Baugesetz Präklusion im Sinne des § 42 AVG in Ansehung der Beschwerdeführerin nicht eingetreten ist, kann die Frage auf sich beruhen, ob die Beschwerdeführerin angesichts der bereits in der mündlichen Bauverhandlung festgestellten Verletzung von Abstandsvorschriften des § 6 Abs. 7 Baugesetz auch eine in Richtung § 6 Abs. 10 Baugesetz gehende Einwendung erheben mußte oder ob dazu erst nach der (den Mindestabstand zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin nunmehr gewährleistenden) Planänderung (also nach der mündlichen Verhandlung) Anlaß bestanden hat, sodaß auch eine erstmalige Geltendmachung der aus § 6 Abs. 10 Baugesetz sich ergebenden Nachbarrechte in der Berufung ausreichend gewesen wäre, um sie zum zulässigen Gegenstand des weiteren Verwaltungsverfahrens zu machen.
Bei Beurteilung der Frage, ob durch das Bauvorhaben das im § 6 Abs. 10 genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigung überschritten wird oder nicht, ist insbesondere auch die bestehende Flächenwidmung maßgebend, ob es sich also um ein Wohngebiet, ein Kerngebiet usw. handelt (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Juni 1988, Zl. 86/06/0161, BauSlg. 1138, mit weiteren Hinweisen und vom 23. Jänner 1990, Zl. 87/06/0001). Aus dem Blickwinkel des § 6 Abs. 10 Baugesetz sind daher Immissionen hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen des nach der Widmungsart Zulässigen halten und zwar auch dann, wenn sie die bisher vorliegenden Immissionsverhältnisse auf dem Grundstück der Nachbarn verschlechtern (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. Juni 1988, Zl. 86/06/0161, BauSlg. 1138 mwH). Bauführungen, deren Emissionen nach der Widmungsart unzulässig wären, können andererseits daher nicht als ortsüblich im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz angesehen werden.
Dem Nachbarn steht jedoch (nach dem vorstehend Gesagten) nicht von vornherein das Recht zu, schon deshalb die (bloße) Widmungswidrigkeit der Bauführung (und damit deren Unzulässigkeit) schlechthin geltend zu machen, solange die Immissionen bezogen auf die Grundstücksgrenze dieses Nachbarn durch Festsetzung größerer Abstände im Sinne des § 6 Abs. 10 BauG auf das zulässige Maß reduziert werden können. Nur insoweit dies entweder aufgrund der Beschaffenheit des Grundstückes oder der mangelnden Bereitschaft des Bauwerbers zu einer entsprechenden Projektänderung nicht möglich ist, hat der Nachbar auch im Rahmen des § 6 Abs. 10 Baugesetz einen Rechtsanspruch auf Versagung der Baubewilligung.
Im Beschwerdefall ist danach die Frage entscheidungswesentlich, ob ein Tischlereibetrieb, wie er dem Projekt des Zweitmitbeteiligten entspricht, im Gebiet der (hier unbestrittenermaßen vorliegenden) Widmungsart "Baufläche-Mischgebiet" zulässig ist.
Die in diesem Zusammenhang maßgebenden Bestimmungen des § 14 Abs. 2 bis 5 des Raumplanungsgesetzes (RPG), Vorarlberger LGBl. Nr. 15/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 61/1988 lauten:
"(2) Kerngebiete sind Gebiete, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude und Gebäude für Dienstleistungen, Bildungssowie sonstige Kulturelle und soziale Einrichtungen bestimmt sind. In Kerngebieten können auch Wohnungen errichtet werden.
(3) Wohngebiete sind Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringt. Unter den gleichen Voraussetzungen dürften in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden.
(4) Mischgebiete sind Gebiete, in denen Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig sind, und nicht störende Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden dürfen. In Mischgebieten können Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen.
(5) Betriebsgebiete sind Gebiete, in denen nur gewerbliche und industrielle Betriebsanlagen errichtet werden dürfen. ..."
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich zunächst, daß Produktionsbetriebe gewerblicher Art in Kern- und Wohngebieten unzulässig und in Mischgebieten nur insoweit zulässig sind, als es sich um Klein- oder Mittelbetriebe handelt (dies ist im Beschwerdefall nicht strittig) und sie "nicht störend" sind.
Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung (hier: Baufläche-Mischgebiet) ist für die Baubehörde - anders als für die Gewerbebehörde - nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins einzelne fest umrissener Betrieb, sondern die Baulichkeit IHRER TYPE NACH (vgl. das grundlegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1977, Slg. Nr. 9392/A, und das Erkenntnis vom 19. November 1985, Slg. Nr. 11944/A, jeweils zum Steiermärkischen Raumordnungsgesetz, die Erkenntnisse vom 20. März 1984, Slg. Nr. 11367/A, und vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0015, u.a. zum Niederösterreichischen Raumordnungsgesetz, das Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0012 zum Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz, das Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/05/0062 zum Kärntner Gemeindeplanungsgesetz, und das Erkenntnis vom 17. Jänner 1984, Slg. Nr. 11291/A zur Wiener Bauordnung). Auch bei Beurteilung der Frage, ob Immissionen eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarschaft im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz herbeiführen, ist von einem sich an der für das zu bebauende Grundstück im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungskategorie orientierenden Durchschnittsmaßstab auszugehen (vgl. das Erkenntnis vom 13. April 1989, Zlen. 87/06/0003, 0004).
Diese Rechtslage hat die belangte Behörde - wie aus den oben wiedergegebenen Rechtsätzen in der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht - zwar erkannt, aber nicht angewendet: Sie begründet die Zulässigkeit des Betriebsbauwerkes des Zweitmitbeteiligten (im geplanten Umfang) nämlich zunächst damit, daß der Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes am in Rede stehenden Ort eine Tischlerei (nämlich den Altbestand des Zweitmitbeteiligten, der teilweise abgebrochen werden soll) vorgefunden habe. Der Umstand, daß ein Betrieb im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes bereits besteht, läßt jedoch nicht den Schluß zu, daß er schon deshalb mit dieser Widmungskategorie übereinstimmt. Die Behörde hat vielmehr bei jeder späteren bewilligungspflichtigen Bauführung die Übereinstimmung der Betriebstype mit dem Flächenwidmungsplan von neuem zu prüfen und zwar selbst bei nicht immissionsträchtigen Erweiterungen eines solchen Betriebes (vgl. dazu das Erkenntnis vom 21. Februar 1980, Zl. 1007/77, betreffend einen Tischlereibetrieb im Wohngebiet nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz und das Erkenntnis vom 20. April 1982, Zl. 05/0615, 3078/79, betreffend eine Großtischlerei im Wohngebiet nach der Wiener Bauordnung). Das zweite Argument der belangten Behörde, ein Betrieb, der die von einem zulässigen Betriebstyp zu erwartende Emission nicht überschreite, lasse eine das ortsübliche Ausmaß im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz übersteigende Belästigung der Nachbarn nicht erwarten, wobei es auf die konkrete Ortsüblichkeit des Betriebes im Mischgebiet nicht ankomme, enthält, soweit es vom "zulässigen Betriebstyp" bereits ausgeht, obwohl es dessen Zulässigkeit erst unter Beweis stellen will, einen Zirkelschluß. Soweit es sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1987, Zl. 86/06/0057 (richtig: 0037) stützt, enthält dieses Argument hingegen ein Fehlzitat; in dem zuletzt zitierten Erkenntnis stand nämlich - im Gegensatz zum Beschwerdefall - die widmungsmäßige Zulässigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes im dafür gewidmeten Gebiet "Freifläche-Landwirtschaft" nicht in Zweifel. Aber auch der - an anderer Stelle der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene - Hinweis der belangten Behörde, aus den im gewerbebehördlichen Verfahren eingeholten Gutachten ergebe sich, daß bei projektgemäßer Ausführung und bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn auszuschließen sei, erweist sich - selbst wenn damit auch die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "nicht störend" im Sinne des § 14 Abs. 4 RPG umschrieben werden sollte - als rechtlich unzutreffend, weil es bei der raumordnungsrechtlichen Beurteilung der Betriebstype auf die im gewerberechtlichen Verfahren maßgebenden Emissionen des konkreten Betriebes unter Einhaltung der konkret erteilten Auflagen gerade nicht ankommt. Nun bestehen zwar keine Bedenken, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens eines gewerbebehördlichen Verfahrens im Baubewilligungsverfahren berücksichtigt werden (sofern, wie im Beschwerdefall, dazu ausreichend Parteiengehör gewährt worden ist), jedoch müssen dabei die unterschiedlichen Aufgabenstellungen für Baubehörde und Gewerbebehörde beachtet werden (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0012 mit weiteren Hinweisen).
Als Maßstab für die Widmungsverträglichkeit der zu beurteilenden Betriebstype im Baubewilligungsverfahren ist vielmehr nach Art der in solchen Betrieben üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutze vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen, sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfaltenden Tätigkeit das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Emissionen maßgebend (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 13. September 1977, Slg. Nr. 9382/A, vom 15. Mai 1990, Zl. 89/05/0183 u.a.).
Diesbezügliche, für die typenmäßige Zulässigkeit eines Tischlereibetriebes im Mischgebiet wesentliche Feststellungen wurden von den Verwaltungsbehörde im Beschwerdefall aufgrund ihrer verfehlten Rechtsauffassung nicht getroffen. Die Behörden erster Instanz hielt sie sogar ausdrücklich für entbehrlich. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben aber auch nicht geprüft, ob der geplante Tischlereibetrieb des Zweitmitbeteiligten (unter Zugrundelegung der Immissionen dieses Betriebstyps) als STÖREND im Sinne des § 14 Abs. 4 RPG anzusehen ist. Bei Prüfung dieser Frage wird im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen sein, daß im Mischgebiet im Sinne des § 14 Abs. 4 RPG Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig sind, ohne Einschränkung, Gewerbebetriebe jedoch mit der Einschränkung, daß sie nicht störend sind, zulässig sind, sodaß die (typischerweise zu erwartenden) Emissionen eines projektierten Betriebes je nach der Art der das Baugrundstück umgebenden Nutzung mehr oder weniger störend sein können; dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt des von Holzbearbeitungsmaschinen üblicherweise entfalteten Lärmes. Ob ein solcher Betrieb stört, wird in der Umgebung von Gebäuden, wie sie für das Kerngebiet typisch sind, anders zu beurteilen sein, als in Fällen, in denen ein solcher Betrieb im Bereich von Wohngebäuden errichtet werden soll. Andererseits wird eine Immission dann nicht als störend angesehen werden können, wenn das Haus des Nachbarn durch eine vorbeiführende Straße schon mit einer relativ hohen Lärmimmission belastet sein sollte, welche den vom projektierten Betrieb typischerweise zu erwartenden Lärm REGELMÄSSIG überdeckt (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 86/06/0169, BauSlg. 1200) und nicht nur etwa zu Zeiten besonders hoher Verkehrsbelastung. Bei Beurteilung der Frage, ob die betriebstypisch zu erwartenden Immissionen als störend zu erachten sind, wird die Behörde daher sowohl die konkrete Nutzung in der näheren Umgebung als auch das Ausmaß allenfalls bereits aus anderen Quellen stammenden einschlägigen Vorbelastungen festzustellen und zu berücksichtigen haben.
Da die belangte Behörde die dargelegten Mängel des Verfahrens auf Gemeindeebene nicht erkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren für die in vierfacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerdeergänzung Stempelgebühren von viermal S 120,--, insgesamt somit S 480,-- erforderlich. Das darüber hinausgehende, auf ursprünglich insgesamt S 2.130,-- an Ersatz für Stempelmarken gerichtete Kostenbegehren mußte daher abgewiesen werden.
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