VwGH 91/08/0004

VwGH91/08/000417.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden der Aloisia Z in S, vertreten durch die Sachwalterin Emma V in K, diese vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung a) vom 28. August 1990, Zl. 13-SH-1404/1/90, und b) vom 25. Jänner 1991, Zl. 13-SH-666/1/91, betreffend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art7;
SHG Krnt 1981 §1 Abs1;
SHG Krnt 1981 §4 Abs1;
SHG Krnt 1981 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art7;
SHG Krnt 1981 §1 Abs1;
SHG Krnt 1981 §4 Abs1;
SHG Krnt 1981 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 22.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Der Sachwalter der Beschwerdeführerin beantragte am 10. April 1990 (Einlangen bei der Bezirkshauptmannschaft) für die Beschwerdeführerin die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz 1981 (in der Folge: K-SHG), LGBl. Nr. 30/1981. Nach der Begründung dieses Antrages sei die am 11. April 1959 geborene Beschwerdeführerin seit dem Jahre 1983 geschieden und seither aufgrund ihres "seelischen Gesundheitszustandes" keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nachgegangen. Sie habe sich wiederholt in stationärer Pflege in der psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses befunden und sei zuletzt aus einem solchen Aufenthalt am 31. März 1990 entlassen worden. Die Beschwerdeführerin lebe in einem Zimmer im Eigenheim ihrer Mutter und verfüge über keine Einkünfte. Da die Mutter der Beschwerdeführerin selbst nur über "geringe Einkünfte aus der Pensionsversicherung" verfüge und für ein minderjähriges Kind zu sorgen habe, sehe sie sich außerstande, für den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin aufzukommen.

1.2. Einem bei den Verwaltungsakten befindlichen Aktenvermerk über einen Hausbesuch vom 23. April 1990 zufolge wohnen im Eigenheim der Mutter der Beschwerdeführerin deren Lebensgefährte, die 1982 geborene (gemeinsame) Tochter sowie die Beschwerdeführerin. Die Mutter beziehe eine Witwenpension von S 5.068,20 sowie für die minderjährige Tochter einerseits Familienbeihilfe in der Höhe von S 1.300,--, andererseits Unterhaltszahlungen von S 2.000,--

monatlich. Der Lebensgefährte bestreite die anfallende halbjährliche Rückzahlungsrate für den Althaussanierungskredit von S 4.000,--. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe ihren Angaben zufolge die Beschwerdeführerin zu sich genommen, um eine anderweitige Unterbringung zu vermeiden, sei aber nicht in der Lage, sie aus Eigenmitteln zu versorgen.

1.3.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 24. April 1990 wurde der Beschwerdeführerin ab 1. April 1990 Hilfe zum Lebensunterhalt durch Zuerkennung einer laufenden Geldleistung von monatlich S 862,-- sowie Krankenhilfe gewährt und die Überweisung dieser Beträge an den Sachwalter verfügt. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde bei der Bemessung der richtssatzgemäßen Leistung für die Mutter der Beschwerdeführerin und die Beschwerdeführerin der "gehobene Sozialhilferichtsatz" angewendet (Hauptunterstützte S 3.650,-- und für den ersten Haushaltsangehörigen ohne Anspruch auf Familienbeihilfe S 2.280,--, zusammen S 5.930,--) und dieser Betrag dem Pensionsbezug der Mutter der Beschwerdeführerin in der Höhe von S 5.068,-- gegenübergestellt.

1.3.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Sachwalter Berufung, in der er geltend machte, daß der Beschwerdeführerin der (höhere) Richtsatz als Hauptunterstützte gebühre und die Mutter der Beschwerdeführerin nicht als Hauptunterstützte herangezogen werden dürfe, da diese nicht im Bezug von Sozialhilfe stehe.

Die Behörde erster Instanz machte dem Sachwalter daraufhin mit Schreiben vom 14. Mai 1990 u.a. den Vorschlag, die geringe Pensionsleistung der Mutter der Beschwerdeführerin außer Betracht zu lassen und der Beschwerdeführerin ab 1. April 1990 Sozialhilfe in der Höhe von S 2.280,-- (das ist gemäß § 1 Abs. 1 lit. a der Sozialhilfe-Leistungsverordnung 1990, LGBl. Nr. 69/1989, der Richtsatz für den ersten Haushaltsangehörigen) zuzuerkennen. Eine "besondere persönliche oder familiäre Situation" für eine "angemessene Abweichung von der richtsatzgemäßen Geldleistung" liege nicht vor. Der Anfall besonderer oder außergewöhnlicher Aufwendungen könne durch die Beantragung einmaliger Geldaushilfen abgedeckt werden. Eine solche Leistung in der Höhe von S 4.000,-- sei bereits mit Bescheid vom 30. April 1990 zuerkannt worden. In einer Stellungnahme dazu ersuchte der Sachwalter der Beschwerdeführerin um Ausfertigung eines entsprechenden Bescheides.

1.3.3. Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg den Bescheid vom 12. Juni 1990, mit welchem sie der Beschwerdeführerin nunmehr ab 1. April 1990 eine laufende Geldleistung von monatlich S 2.280,-- zuzüglich Sonderzahlungen in den Monaten Juni und Dezember zuerkannte.

1.3.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Sachwalter der Beschwerdeführerin Berufung, in welcher gerügt wird, der bekämpfte Bescheid gründe sich wieder auf die irrige Rechtsansicht, daß die Mutter der Beschwerdeführerin als Hauptunterstützte und die Beschwerdeführerin als Haushaltsangehörige anzusehen wäre. Die Mutter beziehe keine Sozialhilfe und könne daher nicht als Hauptunterstützte angesehen werden.

1.3.5. Mit Bescheid vom 28. August 1990 hat die belangte Behörde sowohl den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 24. April 1990 als auch jenen vom 12. Juni 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben und in der Begründung dieses Bescheides (zusammengefaßt) ausgesprochen, daß die Mutter der Beschwerdeführerin, nicht aber diese selbst als Anspruchsberechtigte nach dem K-SHG anzusehen sei; die Beschwerdeführerin sei daher Haushaltsangehörige im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. a der Sozialhilfe-Leistungsverordnung 1990, LGBl. Nr. 69/1989. Der Bescheid sei jedoch an die unterhaltspflichtige Anspruchsberechtigte zu richten. Der Beschwerdeführerin komme hingegen keine Parteistellung zu.

1.3.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 13. Oktober 1990, B 1146/90, deren Behandlung abgelehnt und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof (hier protokolliert zu Zl. 91/08/0004) zur Entscheidung abgetreten hat.

1.4.1. Mit Bescheid vom 18. September 1990 hat die Bezirkshauptmannschaft neuerlich DER BESCHWERDEFÜHRERIN Hilfe zum Lebensunterhalt ab 1. April 1990 einschließlich der Sonderzahlungen gewährt, jedoch nunmehr ausgesprochen, daß die Überweisung an die Mutter der Beschwerdeführerin zu erfolgen habe. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch die nunmehrige Sachwalterin, Berufung, in der sie - unter Hinweis auf die ihrer Meinung nach anzuwendenden Rechtsvorschriften - im Ergebnis geltend macht, daß ihr der Richtsatz für Hauptunterstützte und nicht jener für Haushaltsangehörige zustehe.

1.4.2. Mit Bescheid vom 25. Jänner 1991 hat die belangte Behörde den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben und - wie schon im Bescheid vom 28. August 1990 - ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin (nur) Haushaltsangehörige und deshalb nicht Anspruchsberechtigte sei. Auch wenn die Bezirkshauptmannschaft die Zahlung an die Mutter der Beschwerdeführerin verfügt habe, änderte es nichts daran, daß der Bescheid an die Beschwerdeführerin gerichtet sei, der aber keine Parteistellung zukomme. Der Bescheid habe daher ersatzlos behoben werden müssen, um "so den Weg freizumachen für eine an den Anspruchsberechtigten nach § 4 Abs. 1 K-SHG 1981 zu richtende Entscheidung".

1.4.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 91/08/0093 erhobene Beschwerde, die mit einem Antrag verbunden wurde, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

1.5. In den vorliegenden Beschwerden wird - der Sache nach - jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und zu beiden Beschwerden eine gemeinsame Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges wegen miteinander verbunden und darüber erwogen:

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtmäßigkeit eines bei ihm angefochtenen Bescheides nach jener Sach- und Rechtslage zu beurteilen, wie sie sich der belangten Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung dargestellt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1948, Slg. Nr. 484/A, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1967, Slg. Nr. 7227/A). Es ist daher für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des zweitangefochtenen Bescheides vom 25. Jänner 1991 ohne Bedeutung, welches weitere Schicksal der erstangefochtene Bescheid vom 28. August 1990 erleidet, weil bei Prüfung des späteren Bescheides zunächst von der formellen Rechtskraft des früheren Bescheides auszugehen ist. Der frühere Bescheid der belangten Behörde ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des späteren Bescheides der belangten Behörde (wie noch auszuführen sein wird) insoweit von Bedeutung, als mit ihm ein über die Gewährung von Sozialhilfe ab 1. APRIL 1990 absprechender Bescheid der Behörde erster Instanz gemäß § 66 ABS. 4 AVG (d.h. ersatzlos) aufgehoben und in der Begründung dieses Bescheides ausgesprochen wurde, daß der Beschwerdeführerin in dem von ihr eingeleiteten Verfahren keine Parteistellung zukomme.

2.2.1. Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Sozialhilfeleistungen ist - wie dies für Dauerrechtsverhältnisse allgemein gilt (vgl. das Erkenntnis vom 4. November 1950, Slg. Nr. 1734/A) - ein ZEITRAUMBEZOGENER Abspruch (vgl. die in diesem Sinne zu verstehenden, zum Tiroler bzw. Wiener Sozialhilfegesetz ergangenen Erkenntnisse vom 22. Februar 1983, Zl. 2753/79, und vom 18. September 1985, Zl. 84/11/0087, hinsichtlich der zeitraumbezogenen Anrechnung von Unterhaltsverpflichtungen unter Berufung auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, und das Erkenntnis vom 17. September 1986, Zl. 86/11/0036, hinsichtlich der zeitraumbezogenen Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Einsatz der eigenen Arbeitskraft möglich und zumutbar ist). Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach (vgl. etwa das jüngst ergangene Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/08/0053) dargelegt hat, gilt ein derartiger Ausspruch mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. das Erkenntnis vom 20. September 1987, Zl. 82/08/0087, u.a.). Ein im Verwaltungsverfahren ergangener Berufungsbescheid hat die aus § 66 Abs. 4 AVG resultierende Wirkung, daß der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgegangen ist und diese Berufungsentscheidung, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1977, Slg. Nr. 9379/A, uva.).

2.2.2. Ein in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG ergangener Behebungsbescheid bedeutet daher eine endgültige Erledigung der betreffenden Verwaltungssache, soweit über sie im aufgehobenen erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen wurde, mit der - aus § 68 Abs. 1 AVG folgenden - Wirkung, daß die Behörde erster Instanz über diesen Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1986, Zl. 85/08/0044). Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. August 1990 entschieden, daß der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf meritorische Erledigung ihres Antrages auf Gewährung von Sozialhilfe vom 1. April 1990 nicht zukomme, weil sie nicht Anspruchsberechtigte nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz sei. Darin liegt eine endgültige Entscheidung in jener Sache, über die der erstinstanzliche Bescheid abgesprochen hat. Da der erstinstanzliche Bescheid vom 30. April 1990 am 3. Mai 1990 (Datum der Zustellung an den Sachwalter der Beschwerdeführerin) erlassen worden ist, stand damit (zunächst) fest, daß der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. April bis 3. Mai 1990 ein eigener Sozialhilfeanspruch nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz nicht zukam.

2.2.3. Darin, daß die Behörde erster Instanz in der Folge mit Bescheid vom 18. September 1990 über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 1. April 1990 und (wieder) ohne Nennung eines Endpunktes des Zeitraumes, über den diesmal entschieden werden sollte, abgesprochen hat, liegt u.a. eine - neuerliche - meritorische Entscheidung über den gleichen Gegenstand, soweit dieser Bescheid auch den Zeitraum vom 1. April 1990 bis 3. Mai 1990 umfaßt. Damit hat die Behörde erster Instanz in einer von der belangten Behörde bereits mit Berufungsbescheid vom 28. August 1990 endgültig entschiedenen Sache entgegen § 68 Abs. 1 AVG neuerlich abgesprochen.

Die belangte Behörde hätte aus Anlaß der neuerlichen Berufung der Beschwerdeführerin den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 18. September 1990 hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. April bis 3. Mai 1990 daher AUS DIESEM GRUND gemäß § 66 Abs. 4 AVG beheben müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde bei der neuerlichen Behebung des erstinstanzlichen Bescheides sich auch hinsichtlich dieses Zeitraumes auf die mangelnde Parteistellung der Beschwerdeführerin gestützt hat, hat die belangte Behörde insoweit ihren Abspruch vom 28. August 1990 wiederholt und damit ihre eigene rechtskräftige Entscheidung in dieser Sache nicht beachtet. Dies im übrigen auch dann, wenn man annähme, daß der zweite erstinstanzliche Bescheid nicht neuerlich über den Antrag der Beschwerdeführerin absprechen wollte, sondern von Amts wegen ergangen sei (vgl. dazu das Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0054). Damit hat die belangte Behörde den zweitangefochtenen Bescheid nicht nur insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sondern die Beschwerdeführerin auch tatsächlich in ihren Rechten verletzt: Bliebe der zweitangefochtene Bescheid mit der ihm beigegebenen Begründung, soweit er den Bescheid vom 28. August 1990 wiederholt, bestehen, so stünde er auch nach einer Aufhebung des erstangefochtenen Bescheides einem neuerlichen, gegebenenfalls dem Anspruch der Beschwerdeführerin Rechnung tragenden Abspruch der belangten Behörde für den Zeitraum vom 1. April bis 3. Mai 1990 entgegen. Insoweit ist der zweitangefochtene Bescheid schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.3. Hinsichtlich des (vom ursprünglichen erstinstanzlichen Bescheid nicht umfaßten) Zeitraumes vom 4. Mai 1990 bis 19. September 1990 (Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 18. September 1990 an den Sachwalter der Beschwerdeführerin) kommt dem Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 1990 hingegen keine bindende Wirkung zu; der (mit dem zuletzt genannten Bescheid gleichlautende) diesbezügliche Abspruch im angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 1991 war daher zulässig.

2.4. Die dagegen und gegen den erstangefochtenen Bescheid geltend gemachten Beschwerdeausführungen sind aber ebenfalls berechtigt:

2.4.1. Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, verkannte die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführerin jedenfalls ein Recht auf meritorische Erledigung ihres Antrages zukam und nicht schon deshalb, weil ihr Antrag auf dem Boden der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung abzuweisen gewesen wäre, auch ihre Parteistellung in diesem Verfahren in Zweifel gezogen werden durfte. In Fällen, in denen - wie hier - über einen Parteienantrag zu erkennen ist, entspricht die Berufungsbehörde ihrer Verpflichtung zur "Entscheidung in der Sache" nicht, wenn zwar der mittels Berufung angefochtene erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wird, im übrigen aber ein Abspruch über den dem Bescheid zugrundeliegenden Parteienantrag unterbleibt (vgl. die Erkenntnisse vom 22. April 1981, Zl. 2226/79, und vom 12. September 1984, Zl. 84/09/0088).

2.4.2. Darüberhinaus trifft aber auch die Beschwerdeauffassung zu, daß der Beschwerdeführerin ein eigener Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 4 K-SHG zusteht:

2.4.2.1. Gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz K-SHG hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen und Einrichtungen erhält.

Die belangte Behörde bezweifelt nicht, daß die Beschwerdeführerin nicht in der Lage ist, ihren Lebensbedarf zu beschaffen. Sie geht ferner davon aus, daß die Mutter der Beschwerdeführerin nach deren wirtschaftlichen Verhältnissen zwar für sich selbst (und ihre acht Jahre alte Tochter), nicht aber auch für die Beschwerdeführerin sorgen kann. Aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter im gemeinsamen Haushalt lebt, leitet die belangte Behörde jedoch ab, daß der Beschwerdeführerin als "Haushaltsangehöriger" kein eigener Anspruch auf Leistungen nach dem zweiten Abschnitt des K-SHG zukommt. Diese Auffassung der belangten Behörde wäre nur dann zutreffend, wenn - wie dies die belangte Behörde offenbar tut - aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 erster Satz K-SHG abgeleitet werden könnte, daß ein an sich zustehender Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes bei unterhaltsberechtigten Personen dann untergeht, wenn diese Personen mit dem Unterhaltspflichtigen in Hausgemeinschaft leben; maW könnte ein Angehöriger, der - wie die Beschwerdeführerin - die einmal erlangte Selbsterhaltungsfähigkeit wieder verloren hat und deshalb unterhaltsberechtigt ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 4. Juni 1989, Zl. 88/11/0192, mit zahlreichen Hinweisen) für die Dauer des Bestehens eines gemeinsamen Haushaltes mit dem Unterhaltspflichtigen niemals Anspruchsberechtigter im Sinne des zweiten Abschnittes des Kärntner Sozialhilfegesetzes sein.

2.4.2.2. Unabhängig davon, ob ein konkreter Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Mutter zu bejahen ist oder - unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes - mangels Leistungsfähigkeit der Unterhaltspflichtigen nicht zum Tragen kommt, unterstellt die belangte Behörde dem Gesetzgeber, daß er dem Anliegen des Kärntner Sozialhilfegesetzes, nämlich der Leistung von "Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, für diejenigen, die hiezu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen "(§ 1 Abs. 1 K-SHG) im vollen Umfang nur dann Rechnung trägt, wenn der betreffende Hilfesuchende NICHT mit einer Person in Hausgemeinschaft lebt, die zum Kreis der (abstrakt) unterhaltspflichtigen Personen zählt: dann erhielte nämlich die betreffende Person als Anspruchsberechtigte im Sinne des § 4 Abs. 1 K-SHG die erforderlichen Geldleistungen (gegebenenfalls unter Anrechnung von tatsächlich empfangenen Unterhaltszahlungen als "eigene Mittel" im Sinne des § 6 K-SHG) direkt. Bedarf - wie im Beschwerdefall - nur der unterhaltsberechtigte Angehörige, nicht aber der Unterhaltspflichtige der Hilfe, so führt auf dem Boden der Rechtsauffassung der belangten Behörde die Aufnahme eines gemeinsamen Haushaltes dazu, daß der Hilfesuchende anstatt einer Sozialhilfeleistung auf einen - durch eine Sozialhilfeleistung an den Unterhaltspflichtigen erst ermöglichten - Unterhaltsanspruch verwiesen wird.

a) Dieses Ergebnis ist zunächst mit § 6 K-SHG betreffend den Einsatz der eigenen Mittel des Hilfesuchenden (wozu auch Unterhalt zählt) nicht zu vereinbaren: Eigene Mittel sind tatsächlich vorhandene bzw. (als Einkommen) tatsächlich zufließende Mittel, nicht aber unrealisierte Ansprüche (vgl. PFEIL, Österreichisches Sozialhilferecht 408 mwN; vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1949, Slg. Nr. 930/A). Dem Hilfesuchenden ist allerdings zuzumuten, den Unterhaltspflichtigen zur Leistung des Unterhaltes zumindest aufzufordern und gegebenenfalls auch von bereits vorhandenen und realisierbaren Exekutionstiteln Gebrauch zu machen (vgl. die Erkenntnisse vom 14. Juni 1988, Zl. 87/11/0244, und vom 9. Mai 1989, Zl. 89/11/0029). Letzteres liegt im Beschwerdefall nicht vor, geht doch die Behörde davon aus, daß die Mutter der Beschwerdeführerin keinen Unterhalt leisten kann. Selbst ein bestehender, aber nur schwer realisierbarer Unterhaltsanspruch könnte jedoch nicht zu den eigenen Mitteln im Sinne des § 6 K-SHG gezählt werden, weil ihm die Eignung abgeht, den nach dem Sozialhilfegesetz relevanten Bedarf UNVERZÜGLICH zu decken und er daher einer Sozialhilfeleistung nicht gleichwertig ist. Die Sozialhilfe hat daher in solchen Fällen - vorbehaltlich allfälliger Regreßansprüche - in Vorlage zu treten (vgl. in diesem Sinne auch PFEIL, aaO 413 f). Umsoweniger kann es danach aber zulässig sein, statt der Leistung direkter Hilfe an den (abstrakt) Unterhaltsberechtigten durch Gewährung von Hilfe an den (abstrakt) Unterhaltsverpflichteten dessen - sonst gar nicht konkret bestehende - Unterhaltspflicht erst herzustellen und den (eigentlich) Hilfesuchenden so mit dem Risiko der Einbringlichmachung der von ihm benötigten Mittel zu belasten.

b) Der zuletzt genannte Gesichtspunkt würde aber nicht nur einen Wertungswiderspruch zu den Grundsätzen des § 6 K-SHG bedeuten: Der Unterschied im Tatsächlichen zwischen einem Unterhaltsberechtigten mit eigenem Haushalt und jenem, der mit dem Unterhaltsverpflichteten einen gemeinsamen Haushalt führt, rechtfertigt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dem Hilfesuchenden im zweitgenannten Fall nur wegen des gemeinsamen Haushaltes den Sozialhilfeanspruch - ohne Bedachtnahme auf die konkreten Verhältnisse - ZUR GÄNZE zu nehmen, sodaß die Auslegung der belangten Behörde auch im Verdacht stünde, unsachlich zu differenzieren und damit dem Gesetz einen gleichheitswidrigen (Art. 7 Abs. 1 B-VG) Inhalt zu unterstellen (vgl. dazu WALTER-MAYER, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes, RdZ 1346 ff).

c) Die Formulierung des § 4 Abs. 1 erster Satz des K-SHG (bzw. die im wesentlichen gleichartigen Bestimmungen in den Sozialhilfegesetzen der übrigen Länder) stammt im Prinzip aus § 5 der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge DRGBl. 1924/I, 765, in Österreich in Geltung gestanden zufolge der Verordnung über die Durchführung fürsorgerechtlicher Vorschriften im Lande Österreich, GBlfdLÖ Nr. 397/1938; vgl. HELLER-RINGHOFER, Das österreichische Fürsorgerecht2, 116 ff). Nach den "Amtlichen Erläuterungen" sollte dann, wenn ein UnterhaltsBERECHTIGTER unterstützt wird, DIESER und nicht der UnterhaltsVERPFLICHTETE als hilfsbedürftig gelten. Bei der Schwierigkeit zu unterscheiden, inwieweit die einer Familie geleistete Hilfe "dem Familienhaupt oder den übrigen Familienmitgliedern zuteil wird, wer also von ihnen als hilfsbedürftig anzusehen ist, soll jemand auch schon dann als hilfsbedürftig gelten, wenn seine Mittel und Kräfte nicht ausreichen, den notwendigen Lebensbedarf für den unterhaltsberechtigten Angehörigen zu beschaffen" (zitiert nach HELLER-RINGHOFER, aaO, 120). Die Einbeziehung der unterhaltsberechtigten Angehörigen in die Bedarfsprüfung sollte - als Ausnahme von dem Grundsatz der personenbezogenen Prüfung der Hilfsbedürftigkeit - die Hilfeleistung für Familien erleichtern, wenn die isolierte Betrachtung einer zu unterstützenden Person - wie dies häufig der Fall ist - nicht möglich ist. Es handelt sich - bei bewußter Abkehr von der früheren "armenrechtlichen Familiengemeinschaft" - um eine "durch die praktische Notwendigkeit erzwungene Ausnahme vom reinen Personalsystem" (so FLEISCHMANN-JAEGER-JEHLE, Die öffentliche Fürsorge4, 1939, 27) und nicht umgekehrt, um eine dem Grundsatz der individuellen Hilfe VORGEHENDE Regel.

2.4.2.3. Der Grundsatz der Individualität liegt als Wesensmerkmal auch der modernen Sozialhilfe zugrunde (vgl. dazu PFEIL, aaO, 362 f). Er hat nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes daher auch im Falle eines gemeinsamen Haushaltes jedenfalls dann vorrangig zu gelten, wenn - wie hier - der Hilfebedürftige volljährig ist, seine bereits erlangte Selbsterhaltungsfähigkeit jedoch wieder verloren hat und der unterhaltsverpflichtete Angehörige zwar selbst nicht hilfebedürftig, jedoch zur Reichung des Unterhaltes gegenüber dem Unterhaltsberechtigten nicht in der Lage ist.

2.5. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde steht der Beschwerdeführerin somit auch unter den von der belangten Behörde festgestellten Umständen ein eigener Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zu. Da die angefochtenen Bescheide dies verkannt haben, waren sie auch in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.6. Aus verfahrensökonomischen Gründen verweist der Verwaltungsgerichtshof in der zwischen der Behörde und der Beschwerdeführerin weiters strittigen Frage des anzuwendenden Richtsatzes auf die - bei vergleichbarer Rechtslage zum Tiroler bzw. zum Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz ergangenen - Erkenntnisse vom 24. Februar 1989, Zl. 87/11/0267, und vom 4. März 1991, Zl. 90/19/0238, wonach in derartigen Fällen dem Hilfebedürftigen - ungeachtet der Hausgemeinschaft mit einem Elternteil - der Richtsatz für Alleinstehende zusteht. Die für die rechtliche Begründung der zitierten Erkenntnisse maßgebenden Bestimmungen des § 1 Abs. 3 lit. a des Tiroler Sozialhilfegesetzes bzw. des § 9 Abs. 1 des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes entsprechen im wesentlichen der Formulierung des § 4 Abs. 1 des Kärntner Sozialhilfegesetzes, sodaß die dort dargelegten Grundsätze auch im Beschwerdefall gelten. Der Verwaltungsgerichtshof verweist aber - wie auch schon im erwähnten Erkenntnis vom 24. Februar 1989, Zl. 87/11/0267, - darauf, daß aus der Anwendung des Richtsatzes für Alleinstehende noch nicht zwingend folgt, daß die konkret zu bestimmende Hilfeleistung auch tatsächlich diesen Richtsatzbetrag erreichen muß. Sollte sich nämlich ergeben, daß bei der Beschwerdeführerin in Ansehung einzelner vom Richtsatz erfaßter Komponenten kein Bedarf besteht - was gegebenenfalls zu begründen wäre - so ist für das Ausmaß der Geldleistung ein unter dem Richtsatz gelegener Betrag in Betracht zu ziehen (etwa wenn die Mutter der Beschwerdeführerin diese tatsächlich verköstigt hätte und damit auch in Zukunft gerechnet werden kann). Aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, daß die Behörde mittlerweile der Mutter der Beschwerdeführerin Hilfe zum Lebensunterhalt in Form einer laufenden Geldleistung in Höhe des Richtsatzes für Haushaltsangehörige zuerkannt hat. Soweit diese Geldleistungen an die Mutter der Beschwerdeführerin zur Auszahlung gelangten, jedoch der Beschwerdeführerin (bzw. dem Sachwalter der Beschwerdeführerin) tatsächlich zugekommen sind, wären sie jedenfalls auf die der Beschwerdeführerin zu gewährende Leistung anzurechnen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das über die Pauschalsätze der genannten Verordnung hinausgehende Kostenbegehren war abzuweisen, da die geltend gemachte Umsatzsteuer bereits in den Pauschalsätzen enthalten ist.

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