VfGH G8/02

VfGHG8/0228.6.2002

Keine sachliche Rechtfertigung der Einbeziehung bestimmter Zusatzpensionsleistungen in die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung; verfassungswidrige Differenzierung aufgrund der Herkunft der Zusatzpension von aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs3 erster Satz
B-VG Art140 Abs5
ASVG §49 Abs3
ASVG §73 Abs1a idF BudgetbegleitG 2001
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs3 erster Satz
B-VG Art140 Abs5
ASVG §49 Abs3
ASVG §73 Abs1a idF BudgetbegleitG 2001

 

Spruch:

§73 Abs1a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, idF des Art66 Z9 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr.142/2000, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2002 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 waren Krankenversicherungsbeiträge zwar von Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung bzw. von Ruhe- und Versorgungsbezügen des öffentlichen Dienstes zu leisten, nicht aber von privaten (zB auf Einzelarbeitsvertrag oder Kollektivvertrag beruhenden) Zusatzpensionen.

2. Durch Art66 Z9 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, wurde in §73 ASVG ein neuer Abs1a eingefügt; diese Bestimmung lautet:

"Personen nach Abs1, die Zusatzpensionsleistungen von regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern beziehen, haben von diesen Zusatzpensionsleistungen einen Beitrag zu entrichten. Dabei ist

1. der jeweilige Beitragssatz nach Abs1 Z1 oder 2 anzuwenden und

2. die Zusatzpension nur in dem Ausmaß heranzuziehen, als sie zusammen mit der gesetzlichen Pension die monatliche Höchstbeitragsgrundlage nach §45 Abs3 nicht übersteigt.

Der Beitrag ist von der die Zusatzpensionsleistung auszahlenden Stelle einzubehalten und am Ende eines jeden Kalenderjahres an den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Als öffentliche Mittel im Sinne des ersten Satzes gelten insbesondere Steuern, Abgaben, Pflichtbeiträge und Umlagen."

Der Beitragssatz, dem die von §73 Abs1a ASVG erfaßten Zusatzpensionsleistungen unterliegen, ergibt sich aus §73 Abs1 ASVG. Personen, die eine Pension nach dem ASVG beziehen, haben demnach grundsätzlich 3,75 vH der auszuzahlenden Leistung als Krankenversicherungsbeitrag zu leisten (§73 Abs1 Z1 iVm §8 Abs1 Z1 lita ASVG). Für Vertragsbedienstete des Bundes, deren Dienstverhältnis nach Ablauf des 31. Dezember 1998 begründet wurde und die eine Pension nach dem ASVG beziehen (§73 Abs1 Z2 ASVG iVm §1 Abs1 Z18 B-KUVG), beträgt der Beitragssatz 3,95 vH der Zusatzpensionsleistung.

§73 Abs1a ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 steht seit dem 1. Jänner 2001 in Kraft (vgl. §589 Abs1 ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001).

3. Gem. §447f Abs12 Z1 ASVG idF des Art3 Z16 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 5/2001 sind (ua.) die sich aus den "Krankenversicherungsbeiträgen von Zusatzpensionsleistungen" ergebenden Einnahmen für die den Krankenversicherungsträgern gem. §447f Abs6 ASVG (idF des genannten Gesetzes) auferlegten Überweisungen an den Bund (Strukturfonds) zu verwenden; in jenem Ausmaß, in dem die Beitragseinnahmen den in §447f Abs6 ASVG (idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 67/2001) festgelegten Betrag von € 83,573.759,29 übersteigen, werden sie den Krankenversicherungsträgern rückerstattet (vgl. §447f Abs12 letzter Satz ASVG).

II. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine Beschwerde gem. Art144 B-VG gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid anhängig, mit dem dem Beschwerdeführer Krankenversicherungsbeiträge für die ihm von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter ausbezahlte Zusatzpensionsleistung vorgeschrieben wurden.

2. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §73 Abs1a ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 entstanden, weshalb er mit Beschluß vom 10. Dezember 2001 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung eingeleitet hat; dies aus folgenden Erwägungen:

"Wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, dürfte dem Gesetzgeber in der Beurteilung der Frage, für welche Bezüge bzw. Einkommensteile eine Krankenversicherungsbeitragspflicht vorzusehen sei, ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommen. Worauf es ankommen dürfte, ist, daß die Regelungen über die Beitragspflicht in sich dem Gleichheitssatz bzw. dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeitsgebot entsprechen. Unzulässig wäre es, würden diese Regelungen Gleiches ungleich und Ungleiches gleich behandeln.

Der Verfassungsgerichtshof hegt angesichts dessen das Bedenken, daß das in §73 Abs1a ASVG verwendete Differenzierungskriterium den Anforderungen des - auch den Gesetzgeber bindenden - Gleichheitssatzes nicht entspricht:

Der Gerichtshof vermag vorläufig eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht zu erkennen, daß seit dem 1. Jänner 2001 ausschließlich für die in §73 Abs1a ASVG umschriebenen Zusatzpensionsleistungen, nicht hingegen auch für alle übrigen Zusatzpensionsleistungen, Krankenversicherungsbeitragspflicht besteht.

a) Gemäß §44 Abs1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte der Arbeitsverdienst. Es ist dies für pflichtversicherte Dienstnehmer das Entgelt (§44 Abs1 Z1 ASVG). §49 Abs1 ASVG bestimmt, daß unter 'Entgelt' die Geld- und Sachbezüge zu verstehen seien,

'auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer ... aus dem

[Dienstverhältnis] ... Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf

Grund des [Dienstverhältnisses] vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält'.

§49 Abs3 ASVG nimmt bestimmte, im einzelnen angeführte Vorteile aus dem Dienstverhältnis (zB Auslagenersätze, Schmutzzulagen, Mankogelder, Umzugskostenvergütungen, Abfertigungen, Jubiläumsgeschenke uä) aus dem Entgeltbegriff aus.

Die Beitragsgrundlage für Personen, die eine Pension nach dem ASVG beziehen - diese Personen sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtteilversichert (§8 Abs1 Z1 lita ASVG) -, ergibt sich aus §73 Abs1 ASVG. Es ist dies die Pension (ausgenommen Waisenpensionen).

§73 Abs1a ASVG weicht also von §49 Abs1 bzw. §73 Abs1 ASVG insofern ab, als keine der zuletzt genannten Bestimmungen auf die Herkunft des beitragspflichtigen Bezugs abstellt. Das Gesetz erfaßt als Beitragsgrundlage vielmehr - vorbehaltlich der Ausnahmetatbestände des §49 Abs3 ASVG, die jedoch wiederum nicht die Herkunft, sondern ausschließlich die besondere sachliche Eigenart verschiedener Bezugsbestandteile in den Blick nehmen - jedes Entgelt (jede Pension), das (die) eine Person bezieht, ohne Ansehen des Rechtsträgers, von dem dieses Entgelt (diese Pension) bezogen wird.

b) Die Gesetzesmaterialien begründen die in Rede stehende Beitragspflicht - abgesehen von dem Streben nach zusätzlichen Beitragseinnahmen (vgl. EB 311 BlgNR XXI. GP, 152) - mit der Absicht, eine Minderung der Beitragsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung hintanzuhalten, die ihren Grund darin habe, daß (öffentliche) Dienstgeber ihren Dienstnehmern geringere (voll krankenversicherungspflichtige) Ruhebezüge, dafür aber höhere (nicht beitragspflichtige) Zusatzpensionsleistungen gewähren, wie dies nach den Gesetzesmaterialien [...] im oberösterreichischen Beamtendienstrecht der Fall sein soll.

Dazu sei vorweg bemerkt, daß eine Maßnahme, die bewirkt, daß in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Pensionsbeziehern die gesamte aus Pensionseinkünften stammende Wirtschaftskraft bis zur Grenze der Höchstbeitragsgrundlage zur Beitragsbemessung heranzuziehen ist und nicht - wie bisher - nur jene Pensionsleistung, die sich aus in der gesetzlichen Pensionsversicherung erworbenen Versicherungszeiten herleitet, sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums halten und nicht unsachlich sein dürfte.

Wenn Bezüge, die aus öffentlichen Mitteln herrühren, mit anderen solchen Bezügen zusammentreffen, dürfte dies auch Regelungen sachlich rechtfertigen, die für die Betroffenen ungünstiger sind, als sie es bei Zusammentreffen mit Bezügen sind, die nicht aus vffentlichen Mitteln stammen. In VfSlg. 7453/1974 hat der Gerichtshof etwa eine Regelung, wonach aus öffentlichen Mitteln gewährte Ruhebezüge in Fällen zu vermindern seien, in denen dem Anspruchsberechtigten neben dem Ruhebezug noch andere Ansprüche aus öffentlichen Mitteln zustehen, als verfassungskonform beurteilt (aaO S 458):

'Es ist ... offenkundig durch Unterschiede im [T]atsächlichen gerechtfertigt, wenn aus öffentlichen Mitteln, insbesondere aus Mitteln der Gebietskörperschaften, fließende Einkünfte für die Bemessung des gleichfalls aus öffentlichen Mitteln zu leistenden Ruhebezuges als anspruchsmindernd behandelt, andere Einkünfte dagegen außer Betracht gelassen werden.'

c) Der Verfassungsgerichtshof vermag aber vorläufig keinen sachlichen Grund dafür zu erkennen, bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung nur solche (zusätzlichen) Pensionsbezüge in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, die von durch §73 Abs1a ASVG erfaßten Rechtsträgern geleistet werden, zumal das Merkmal, daß der Rechtsträger regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, keinerlei Sachbezug zur Frage der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung der Pensionisten zu haben scheint. Die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt sich nämlich - nicht anders als dies bei der Einkommensbesteuerung der Fall ist - nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der beitragspflichtigen Person und begrenzt diese mit der Höchstbeitragsgrundlage. Die rechtlichen Eigenschaften jenes Rechtsträgers, der diesen Bezug gewährt, dürften daher kein sachliches Differenzierungskriterium darstellen.

Das Herbeiführen eines 'Pensionssplittings' zum Nachteil der sozialen Krankenversicherung, wie dies für das oberösterreichische Beamtendienstrecht in den Gesetzesmaterialien [...] behauptet wird, dürfte zudem überhaupt nur im Bereich des Dienstrechts der Länder (und Gemeinden) eine Rolle spielen, da den Ländern insoweit eine Regelungskompetenz (und damit Steuerungsmöglichkeit) zukommt (vgl. Art21 Abs1 B-VG). Es kann vorerst auf sich beruhen, ob dieser Gesichtspunkt zutrifft und - bejahendenfalls - ob er eine Sonderregelung im B-KUVG sachlich rechtfertigen könnte, zumal der Verfassungsgerichtshof vorerst nicht zu erkennen vermag, auf welchem Weg die vom Gesetzgeber befürchteten Wirkungen einer solchen Vorgangsweise auch für den Bereich der von der Neuregelung in gleicher Weise betroffenen sonstigen Rechtsträger bei bestehender Pflichtversicherung ihrer Dienstnehmer in der gesetzlichen Pensionsversicherung denkbarerweise herbeigeführt werden könnten.

Die Regelung scheint daher gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz (Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG) zu verstoßen."

3. Die Bundesregierung hat eine schriftliche Äußerung zum Gegenstand erstattet, in der die Verfassungsmäßigkeit des §73 Abs1a ASVG wie folgt verteidigt wird:

"... Zum rechtspolitischen Hintergrund der in Prüfung gezogenen Bestimmung erlaubt sich die Bundesregierung einleitend auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 311 BlgNR XXI. GP, 238 ff) hinzuweisen, wonach Zusatzpensionsleistungen von einem Rechtsträger, der regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanziert wird - das sind insbesondere Rechtsträger, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen -, künftig der Beitragspflicht in der Krankenversicherung unterliegen sollen, weil kein sachlicher Grund für eine Privilegierung dieser Leistungen gegenüber jenen der gesetzlichen Pensionsversicherung besteht, wenn die öffentliche Hand zur Finanzierung der Zusatzpensionsleistungen beiträgt. Im Hinblick darauf, dass die Tendenz im öffentlich-rechtlichen Bereich in Richtung Pensionskasse geht, müsse ein 'Herausschneiden eines Stücks' aus der Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung verhindert werden. Untermauert wird diese Absicht durch die Verweisung auf internationale Beispiele.

... Die Regelung basiert auf dem Endbericht der von der damaligen Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein eingesetzten Arbeitsgruppe zur Erhöhung der Treffsicherheit des Sozialsystems vom 18. September 2000. In diesem Bericht wird unter Pkt. 2.3.5. Folgendes ausgeführt:

'2.3.5. Krankenversicherung für Zusatzpensionen

Auf Grund von Erfahrungen der letzten Jahre wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass bereits jetzt und verstärkt wohl in Zukunft Leistungen aus gesetzlicher Pensionsversicherung durch Leistungen aus privat finanzierten Zusatzpensionen substituiert werden. Für diese Pensionen sind - im Gegensatz zu gesetzlichen Pensionen - keine Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Neuregelung künftiger Beamtenpensionen problematisch, auf Grund deren sich das Volumen von gesetzlichen Pensionen zugunsten von Pensionskassenleistungen verschieben wird, auch bei anderen Pensionssystemen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, wird die Freiheit von Krankenversicherungsbeiträgen für derartige Pensionsleistungen in Frage gestellt. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass in dem Fall, dass die Altersversorgung in Zukunft verstärkt über Zusatzpensionssysteme erfolgen soll, langfristig negative Struktureffekte zulasten der Finanzierung der Krankenversicherung der Pensionisten zu erwarten sind, wenn deren Beitragsleistung weiterhin nur an der gesetzlichen Pension anknüpft. Dabei liegt auf der Hand, dass ein System als nicht treffsicher gesehen werden kann, in dem die im Vergleich zur aktiv erwerbstätigen Bevölkerung immer größer werdende Gruppe der Pensionisten, bei der zudem immer stärker steigende Gesundheitskosten anfallen, die Grundlage der Beitragsleistung in die Krankenversicherung tendenziell reduziert wird. Die Möglichkeit, eine Beitragspflicht für eine Pensionskassenteistung, die an eine Verpflichtung des Dienstgebers anknüpft, für Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung zuzüglich Pensionskassenleistung bis zur Höchstbeitragsgrundlage einzuführen, wird gerade auch unter Treffsicherheitsgesichtspunkten bejaht, darauf hingewiesen wird, dass Pensionskassenleistungen zwar aus Kapitalerträgen finanziert werden, dass die Einbeziehung in die Beitragsgrundlage jedenfalls dort systemgerecht wäre, wo der Aufbau des Kapitalstocks durch Beiträge des Dienstgebers erfolgt und damit die Einkünfte letztlich auf Grund des Dienstverhältnisses zufließen. Gegen die Einbeziehung von Pensionskassenteistungen in die Beitragsgrundlage wurden vereinzelt verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht, zu bedenken ist auch, ob dadurch die '2. Säule' der Altersversorgung an Attraktivität verlieren würde. Die Beitragsfreiheit von Entgeltbestandteilen im Dienstverhältnis, die der Altersversorgung dienen, wird zwar als systemfremde Querfinanzierung der Krankenversicherung zugunsten der privaten Altersversorgung erkannt, doch werden überwiegend die positiven Steuerungseffekte zugunsten der privaten Altersversorgung angenommen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass sich für viele Staaten diese Frage mit der aus österreichischer Sicht bestehenden Problematik gar nicht stellt: So haben zB die skandinavischen Staaten eine lange Tradition, in der ein Volksrentensystem für alle Einwohner durch erwerbstätigkeitsbezogene Zusatzrentensysteme ergänzt wird. Die Krankenversicherung wird aber in der Regel ausschließlich durch Steuern finanziert. Daher ist die Heranziehung der Zusatzrenten keine Frage der Aufbringung zweckgebundener Mittel, sondern eine generelle Frage des Steuerrechts, bei der die steuerliche Behandlung der Renten und Zusatzrenten ausschlaggebend ist. Die Schweiz und Liechtenstein haben zwar ebenfalls verpflichtende Systeme der zweiten Säule. Darüber hinaus haben diese Staaten auch Krankenversicherungssysteme mit einer individuellen Beitragspflichtjedes einzelnen Einwohners. Allerdings beruht die Krankenversicherung in diesen Staaten weitestgehend auf privatversicherungsrechtlichen Überlegungen. Die Prämien für diese Versicherung richten sich nicht nach den Einkünften der Versicherten, sondern weitestgehend nach den Kosten, die der Versicherung durch die Leistungserbringung entstehen. Bei den Prämienzuschüssen durch die öffentliche Hand für bedürftige Einwohner wirkt sich allerdings das Einkommen des Betroffenen aus, so dass in diesem Zusammenhang auch die Höhe der Rente der zweiten Säule mit zu berücksichtigen ist. Aus den Systemen dieser Staaten ist somit für die österreichische Diskussion nichts zu gewinnen. Andere Staaten hingegen, deren Finanzierungssysteme mit dem österreichischen vergleichbar sind, haben ausdrücklich auch die Zusatzrenten für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen. So ist etwa in Deutschland vorgesehen, dass der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner auch auf der Grundlage jener Einnahmen zu berechnen ist, die der Rente vergleichbar sind (§237 SGB V). Als der Rente vergleichbare Einnahmen gelten ausdrücklich auch in- und ausländische Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (§229 Abs1 Nr. 5 SGB V). In Frankreich sieht das Gesetz Nr. 79-1129 vom 28.12.1979 über verschiedene Maßnahmen zur Finanzierung der Sozialversicherung vor, dass Beiträge auch von den Renten der zusätzlichen Altersversorgung und Vorruhestandsgeldem einzubehalten sind. Beim französischen Zusatzrentensystem handelte es sich zunächst um tarifvertragliche Regelungen der Kollektivertragsparteien, die jedoch vom Staat in der Folge für allgemein verbindlich erklärt worden sind. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass auch die beiden Sonderbeiträge CSG (contribution sociale gönöratisäe) und CRDS (contribution pour le remboursement de la dette sociale) von sämtlichen Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen, somit auch von den Zusatzrenten, eingehoben werden. In den Niederlanden wird ein eigener gesonderter Beitrag von den Renten der ersten Säule (AOM und den Zusatzrenten eingehoben, Beschränkt man die Einbeziehung der Zusatzpensionen in die Beitragspflicht nur auf jene Systeme, die in einem weiteren Sinn öffentlich finanziert sind, ist in quantitativer Hinsicht anzumerken, dass nach einem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 1996 die Aufwendungen von Unternehmungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes für Zusatzpensionen 8,0 Mrd ATS betrugen. 76 % dieser Aufwendungen entfielen auf die Bereiche Sozialversicherung, Geld- und Kreditwesen und Energiewirtschaft. Im Jahr 2000 werden diese Aufwendungen rund 9,0 Mrd ATS betragen. Unter der Annahme, dass 90 % dieser Zahlungen beitragspflichtig wären (die restlichen Zahlungen liegen nach Schätzungen über der Höchstbeitragsgrundlage), würden sich für das Jahr 2000 in der Krankenversicherung nach dem ASVG Mehreinnahmen von rund 300 Mio ATS ergeben; die Lohnsteuereinnahmen würden sich gleichzeitig um rund 100-130 Mio ATS reduzieren. Nicht geklärt werden konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit, welche Auswirkungen im Bereich von Untemehmungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft der Länder zu erwarten sind, sowie die Einnahmen in dem Fall, dass man - auch über die öffentliche Wirtschaft hinaus - allgemein Zusatzpensionssysteme bis zur Höchstbeitragsgrundlage in die Finanzierung der Krankenversicherung der Pensionisten einbezieht.'

Der Ministerrat hatte in der Folge mit Beschluss vom 19. September 2000 folgenden Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen, des Bundesministers für Finanzen und der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Kenntnis genommen:

'Der Endbericht zur Sozialen Treffsicherheit ist am 18. September 2000 von Prof Mazal der Regierung übergeben worden.

Ziel des Vorgangs 'Hebung der Treffsicherheit des Sozialsystems war es nicht nur, das Sozialsystem daraufhin zu untersuchen, wo Überversorgungen bzw. Unterversorgungen bestehen, sondern auch jene Themen, die in der sozialpolitischen Diskussion der letzten Jahre häufig nur plakativ geführt wurden, auf eine rationalere Grundlage zu stellen. Dadurch sollte auch das Bewusstsein über das Sozialsystem sowie seine überaus große Komplexität gestärkt werden. Die Diskussionen der letzten Wochen, die im Rahmen des Vorgangs 'Erhöhung der Treffsicherheit des Sozialsystems' geführt wurden, haben einen wichtigen Impuls in diese Richtung gegeben.

Als erster Schritt zur Hebung der Treffsicherheit des Sozialsystems werden die folgenden konkreten Maßnahmen gesetzt:

...

4. Krankenversicherungsbeitragspflicht

bis zur Höchstbeitragsgrundlage für

Zusatzpensionen aus rechnungshofgeprüften

Institutionen .................. 300 [Mehreinnahmen in Mio. ATS]

...'

... Den finanziellen Erläuterungen zu §73 Abs1a ASVG kann

Folgendes entnommen werden:

'Eine Erhebung des Rechnungshofes für das Jahr 1996 hat ergeben, dass Zusatzpensionsleistungen in der Höhe von rund acht Milliarden Schilling ausbezahlt wurden. Hochgerechnet auf das Jahr 2001 ergibt das einen Wert von rund neun Milliarden Schilling. Unter Berücksichtigung der Höchstbeitragsgrundlage sind bei einem Beitragssatz von 3,75 % jährlich Mehreinnahmen von 300 Millionen Schilling zu erwarten.''

Zu den tatsächlichen finanziellen Auswirkungen der Regelung ist zu bemerken, dass diesbezüglich noch keine konkreten Daten vorliegen, da die Abrechnung für das Jahr 2001 erst im Nachhinein vorgenommen wird und daher erst ab dem Jahr 2002 mit Einnahmen aus diesem Bereich zu rechnen ist. Die jüngsten Schätzungen der Krankenversicherungsträger gehen allerdings davon aus, dass die Einnahmen etwa bei rund 130 Millionen Schilling pro Jahr liegen werden.

... Im Zuge der Vorbereitung des Budgetbegleitgesetzes 2001 sowie im anschließenden parlamentarischen Gesetzgebungsprozess wurde deutlich, dass die Einbeziehung von Zusatzpensionsleistungen von Rechtsträgern, die regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, notwendig ist.

... Die sachliche Rechtfertigung, Zusatzpensionsleistungen, die nicht den Kriterien des §73 Abs1a ASVG entsprechen, zunächst nicht in die Krankenversicherungsbeitragspflicht einzubeziehen, kann darin erblickt werden, dass durch eine finanzielle Belastung die Attraktivität der zweiten Säule der Alterssicherung insoweit, als sie den privaten Bereich betrifft, vermindert werden könnte. Die verstärkte Förderung dieser zweiten Säule ist jedoch im Gesamtkonzept der Alterssicherung der Zukunft - auch international gesehen - von dermaßen großer Bedeutung, dass die vorübergehende Privilegierung gegenüber Zusatzpensionsleistungen, die von regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern bezogen werden, auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten sachlich gerechtfertigt erscheint. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass Zusatzpensionen von in §73 Abs1a ASVG genannten Rechtsträgern im Regelfall aufgrund eines gesetzlichen Auftrages zu gewähren sind, während von anderen Unternehmen gewährte Zusatzpensionen regelmäßig aufgrund einer freiwilligen Zusage des Arbeitgebers ausbezahlt werden.

... Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht entgegengetreten werden, wenn eine Minderung des Ruhebezuges (als Regierungsmitglied einer Landesregierung) für den Fall vorgesehen wird, dass dem Anspruchsberechtigten neben dem Ruhebezug noch andere Ansprüche aus öffentlichen Mitteln zustehen (VfSlg. 7453/1974). Danach dürfen somit hinsichtlich eines Anspruches auf Ruhebezug (zusätzliche) Einkünfte aus öffentlichen Mitteln, speziell Einkünfte aus Dienstverhältnissen zu Gebietskörperschaften, anders behandelt werden, als zusätzliche andere Einkünfte aus sonstigen Arbeitsverhältnissen. Da nach dieser Rechtsprechung eine ungünstigere Behandlung von aus öffentlichen Mitteln stammenden Einkünften - im Vergleich zu Einkünften, die aus 'privaten Mitteln' eines Arbeitgebers finanziert werden - als zulässig angesehen wird, kann nach Auffassung der Bundesregierung davon ausgegangen werden, dass auch die in Prüfung gezogene Bestimmung, die im Ergebnis ebenso eine unterschiedliche Behandlung von verschieden finanzierten Einkünften bewirkt, mit dem Gleichheitssatz der Bundesverfassung im Einklang steht.

... Abgesehen davon, dass der aufgrund von §73 Abs1a ASVG einzuhebende Betrag für die gesetzliche Krankenversicherung angesichts ihrer prekären Gebarungssituation ungemein wichtig ist, ist diese Maßnahme sinnvoll und notwendig, um eine Erosion der Beitragsgrundlagen im Bereich der Pensionisten hintanzuhalten: In den Erläuterungen zu §73 Abs1a ASVG wurde bereits auf die Entwicklung im oberösterreichischen Recht hingewiesen, wo die Tendenz im öffentlich-rechtlichen Bereich in Richtung Pensionskasse geht und zu einem 'Herausschneiden eines Stücks' aus der Beitragsgrundlage der Krankenversicherung führt. Gerade im Bereich der Senioren gibt es in der Krankenversicherung eine massive Unterdeckung: Die Beitragsleistung der Senioren - inklusive der Überweisungsbeträge der Pensionsversicherungsträger für die Krankenversicherung der Pensionisten - reicht bei weitem nicht aus, um jene Aufwendungen zu finanzieren, die diese Personengruppe aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhält. Die Gesamtaufwendungen für Pensionisten betrugen in der gesamten Krankenversicherung - ohne BVA bzw. VA der österr. Eisenbahnen - im Jahr 2000 rund 54,3 Mrd. Schilling; diesen Aufwendungen standen Gesamteinnahmen von rund 25,3 Mrd. Schilling gegenüber. Die Unterdeckung betrug somit 29 Mrd. Schilling. Eine fortschreitende Erosion der Beitragsgrundlage würde die Finanzierungslücke bei den Pensionisten noch weiter vergrößern. Darüber hinaus würden auch die Bezieher hoher Pensionsleistungen bevorzugt, da diese eher eine Zusatzpension aufzuweisen haben als die Bezieher niedriger Pensionen.

Der vorläufigen Annahme im Einleitungsbeschluss 'dass eine Maßnahme, die bewirkt, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Pensionsbeziehern die gesamte aus Pensionseinkünften stammende Wirtschaftskraft bis zur Grenze der Höchstbeitragsgrundlage zur Beitragsbemessung heranzuziehen ist und nicht - wie bisher - nur jene Pensionsleistung, die sich aus in der gesetzlichen Pensionsversicherung erworbenen Versicherungszeiten herleitet, sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums halten und nicht unsachlich sein dürfte' kann auch aus der Sicht der Bundesregierung zugestimmt werden, zumal auch diesfalls Krankenversicherungsbeiträge von Personen eingehoben werden würden, die in einer Riskengemeinschaft stehen."

Für den Fall der Aufhebung ersucht die Bundesregierung, der Verfassungsgerichtshof möge für das Außerkrafttreten eine Frist von achtzehn Monaten bestimmen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Es hat sich nichts ergeben, was an der Zulässigkeit der Beschwerde im Anlaßverfahren oder an der Präjudizialität der in Prüfung genommenen Gesetzesbestimmung zweifeln ließe. Das Verfahren ist daher insgesamt zulässig.

2. In der Sache:

Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs hat sich als begründet herausgestellt; die in §73 Abs1a ASVG vorgenommene Differenzierung ist sachlich nicht gerechtfertigt.

2.1. Die Höhe der in der gesetzlichen Sozialversicherung zu leistenden Beiträge bestimmt sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten. Diese wieder kommt in der Höhe der Beitragsgrundlage zum Ausdruck. §44 Abs1 ASVG bestimmt hiezu, daß der dem Versicherten zufließende Arbeitsverdienst die Beitragsgrundlage bildet. Wie sich aus §73 Abs1 ASVG ergibt, bemessen sich die von Pensionsbeziehern zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge von der auszuzahlenden Pension (Pensionssonderzahlung).

2.2. Dem Gesetzgeber kommt in der Frage, inwieweit er die dem Versicherten zukommenden Einnahmen in die Beitragsgrundlage einbezieht, ein gewisser rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Hievon hat der Gesetzgeber auch Gebrauch gemacht, insbesondere in §49 Abs3 ASVG, wo normiert ist, daß bestimmte, im einzelnen angeführte Vorteile aus dem Dienstverhältnis nicht als - beitragspflichtiges - Entgelt anzusehen seien, wie etwa Auslagenersätze, Schmutzzulagen, Fehlgeldentschädigungen, Abfertigungen, Jubiläumsgeschenke, freiwillige soziale Zuwendungen uva.

2.3.1. §73 Abs1a ASVG erklärt mit Wirkung vom 1. Jänner 2001 bestimmte Zusatzpensionsleistungen für beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese neu geschaffene Beitragspflicht besteht aber nur insoweit, als die Zusatzpension von "regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern" bezogen wird. Unter "öffentlichen Mitteln" sind nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle "insbesondere" Steuern, Abgaben, Pflichtbeiträge und Umlagen zu verstehen. Wie den Gesetzesmaterialien zum Budgetbegleitgesetz 2001 (EB 311 BlgNR XXI. GP, 238 f) entnommen werden kann, werden damit "insbesondere" der Rechnungshofkontrolle unterliegende Rechtsträger angesprochen.

§73 Abs1a ASVG erfaßt somit im wesentlichen jene Zusatzpensionsleistungen, die von Gebietskörperschaften und von sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, insbesondere von Selbstverwaltungskörpern (zB von den gesetzlichen beruflichen Vertretungen, aber auch - wie im Anlaßbeschwerdefall - von Sozialversicherungsträgern) bezogen werden. Zusatzpensionen, die von den durch §73 Abs1a ASVG nicht erfaßten Rechtsträgern gewährt werden, bleiben weiterhin von der Beitragspflicht ausgenommen.

2.3.2. Das Vorbringen der Bundesregierung ist nicht geeignet, das im Einleitungsbeschluß geäußerte Bedenken des Verfassungsgerichtshofs gegen das in §73 Abs1a ASVG enthaltene Differenzierungskriterium zu entkräften:

a) Die Herkunft eines Bezuges aus öffentlichen Mitteln ist nicht geeignet, jedwede Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Arbeitsentgelten und Pensionsbezügen sachlich zu rechtfertigen:

Ebensowenig wie die Herkunft eines Bezuges aus öffentlichen Mitteln zB eine höhere Einkommensbesteuerung zu rechtfertigen vermöchte, vermag sie - angesichts der vergleichbaren, an sich verfassungsrechtlich unbedenklichen gesetzgeberischen Absicht, die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betreffenden Person für die Finanzierung der Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen - die Einbeziehung nur solcher Bezüge in die Beitragspflicht zur Krankenversicherung von Pensionsbeziehern zu rechtfertigen.

b) Etwas anderes ist auch dem von der Bundesregierung zitierten Erkenntnis VfSlg. 7453/1974 (S 458) nicht zu entnehmen: In diesem Erkenntnis wurde lediglich ausgesprochen, daß es hinsichtlich eines Anspruchs auf Ruhebezug sachlich sei, Einkünfte aus öffentlichen Mitteln anders zu behandeln als andere Einkünfte. Es sei nämlich offenkundig durch Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt, wenn aus öffentlichen Mitteln fließende Einkünfte hinsichtlich der Höhe des ebenfalls aus öffentlichen Mitteln zu leistenden Ruhebezugs als anspruchsmindernd behandelt würden, andere Einkünfte dagegen außer Ansatz blieben. Beim Zusammentreffen von zwei aus öffentlichen Mitteln fließenden Einkünften wurde somit eine gewisse wechselseitige Beeinflussung der Höhe dieser Einkünfte als sachlich erachtet. Für die vorliegende Frage ist daraus jedoch nichts zu gewinnen.

c) Weder das Vorbringen der Bundesregierung, bei Einbeziehung auch privater Zusatzpensionsleistungen in die Krankenversicherungspflicht hätte sich die Attraktivität der "zweiten Säule" der Alterssicherung vermindert, weshalb die vorübergehende Privilegierung "privater" gegenüber "öffentlichen" Zusatzpensionsleistungen sachlich gerechtfertigt sei, noch der von der Bundesregierung ebenfalls hervorgehobene Mittelbedarf der Krankenversicherungsträger vermag daher die Ungleichbehandlung im wesentlichen gleichartiger Bezüge in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht zu rechtfertigen.

d) Auch der von der Bundesregierung ins Treffen geführte Umstand, daß Zusatzpensionen von in §73 Abs1a ASVG bezeichneten Rechtsträgern "im Regelfall" auf Grund eines "gesetzlichen Auftrags" zu gewähren seien, macht in bezug auf die Krankenversicherung keinen sachlichen Unterschied zu anderen Pensionsleistungen, da auf alle diese Pensionen aus der Sicht des Leistungsbeziehers ein (einzel- oder kollektivvertraglich begründeter) Rechtsanspruch besteht. Im übrigen trifft es nicht zu, wenn in der Äußerung der Bundesregierung behauptet wird, es bestehe "im Regelfall" ein "gesetzlicher Auftrag", solche Pensionen zu gewähren: Was den Bereich der Sozialversicherungsträger betrifft, so enthält das Gesetz in §460 Abs1 ASVG bloß eine Ermächtigung, im Wege der Dienstordnung (die ein Kollektivvertrag ist, s. zB OGH Arb 8913, 9581, 9200, 10.241, 10.945; jüngst VwGH 30. April 2002, Zl. 2001/08/0143) - nicht anders als dies §2 Abs2 Z2 ArbVG für Kollektivverträge ganz allgemein vorsieht - ua. die "pensionsrechtlichen Verhältnisse" der Bediensteten zu regeln (ähnlich: §55 Abs3 WirtschaftskammerG). "Im Regelfall" normieren diese Gesetze für den Fall einer Pensionszusage lediglich die Beitragspflicht der Arbeitnehmer (vgl. zB §460b und 460c ASVG, §78 Abs4 AKG, §55 Abs3 WirtschaftskammerG), woraus sich im übrigen ergibt, daß diese Pensionsleistungen keineswegs nur aus öffentlichen Mitteln bestritten werden.

e) Der bloße Hinweis, die in Prüfung gezogene Bestimmung sei "sinnvoll" und "notwendig", um eine "Erosion der Beitragsgrundlagen im Bereich der Pensionisten hintanzuhalten", ist zum einen nicht geeignet, die Annahme des Verfassungsgerichtshofs zu widerlegen, daß ein "Pensionssplitting" zum Nachteil der sozialen Krankenversicherung lediglich dort in Betracht kommen kann, wo die Gesetzgebung in größerem Umfang Pensionsansprüche umzuschichten (in der Formulierung des von der Bundesregierung zitierten "Treffsicherheitsberichtes":

Leistungen aus gesetzlicher Pensionsversicherung durch Leistungen aus privat finanzierten Zusatzpensionen zu substituieren) vermag. Dies ist außerhalb der Ingerenz des Bundes somit nur im Bereich des Dienstrechts der Länder und Gemeinden, nicht dagegen bei sonstigen "regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern", also weder bei den gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen, noch bei den Sozialversicherungsträgern, und auch nicht bei allen übrigen - dem Bund zurechenbaren - juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Fall: Deren Dienstnehmer unterliegen bis zur Grenze der Höchstbeitragsgrundlage dem Pensionsversicherungsrecht des ASVG, sodaß es dem die Zusatzpensionsleistung gewährenden Rechtsträger insoweit gar nicht möglich ist, die Beitragsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung zu seinen Gunsten zu "manipulieren". Nach der derzeitigen Rechtslage tritt im übrigen nicht einmal im Ausmaß der von den Dienstnehmern entrichteten Pensionsbeiträge für Zusatzpensionen eine Verminderung der Beitragsgrundlage (und damit der Dienstgeber- und der Dienstnehmerbeiträge) in der gesetzlichen Krankenversicherung ein (vgl. §49 Abs3 ASVG). Eine Zusatzpension dieser Art vermag somit lediglich die Einkommensersatzrate nach Wegfall des Erwerbseinkommens im Verhältnis zur gesetzlichen Pensionsversicherung zu verbessern, vor allem im Falle hoher Erwerbseinkommen den oberhalb der Höchstbeitragsgrundlage eintretenden Einkommensausfall zu vermindern. Die Höhe des gesetzlichen Pensionsanspruches bleibt davon unberührt.

2.4. Das im Einleitungsbeschluß geäußerte Bedenken des Verfassungsgerichtshofs gegen die Verfassungsmäßigkeit des §73 Abs1a ASVG hat sich damit als zutreffend herausgestellt.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof hat nach seiner ständigen Rechtsprechung im Falle der Verfassungswidrigkeit von Gesetzesbestimmungen diese in einem Umfang aufzuheben, daß die Verfassungswidrigkeit beseitigt wird, dabei aber einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand auszuscheiden, als Voraussetzung für die Entscheidung im Anlaßfall ist, und andererseits der verbleibende Teil des Gesetzes eine möglichst geringe Veränderung seiner Bedeutung erfährt. Da beide Ziele gleichzeitig nie vollständig erreicht werden können, hat der Verfassungsgerichtshof in jedem einzelnen Fall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (zB VfSlg. 11.190/1986; 14.805/1997; VfGH 19. Juni 2001, G115/00 ua. Zlen.; 7. März 2002, G219/01).

Eine Aufhebung bloß der Wortfolge "von regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern" in §73 Abs1a erster Satz ASVG sowie des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden letzten Satzes des §73 Abs1a ASVG hätte zur Folge, daß künftig jede Zusatzpensionsleistung, gleichgültig, von welchem Rechtsträger sie gewährt wird, bis zum Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage der Krankenversicherungsbeitragspflicht unterläge. Diese Maßnahme wäre zwar ebenfalls geeignet, eine verfassungskonforme Rechtslage herzustellen, sie käme jedoch einerseits einem positiven Gesetzgebungsakt gleich; zudem wäre die dadurch bewirkte - umfassende - Beitragspflicht ohne weitere gesetzgeberische Vorkehrungen nicht vollziehbar. Ein solch weitreichender Eingriff in den Rechtsbestand muß daher dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

§73 Abs1a ASVG war daher zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

2.6. Für den Fall der Aufhebung hat die Bundesregierung in ihrer Äußerung beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen, um "angesichts der Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung die Ausarbeitung der erforderlichen Ersatzregelungen zu ermöglichen". In Erwägung dieses Gesichtspunktes, jedoch auch angesichts des Umstands, daß die aufgehobene Bestimmung eine verfassungswidrige finanzielle Belastung einer Gruppe von Pensionsbeziehern bewirkt, sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht bestimmt, für das Außerkrafttreten der als verfassungswidrig erkannten Gesetzesbestimmung eine längere Frist als bis 31. Dezember 2002 festzusetzen. Der diesbezügliche Ausspruch beruht auf Art140 Abs5 vorletzter und letzter Satz B-VG.

2.7. Der Ausspruch über das Nichtwiederinkrafttreten früherer gesetzlicher Bestimmungen stützt sich auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG, jener über die dem Bundeskanzler auferlegte Kundmachungspflicht auf Art140 Abs5 erster Satz B-VG sowie auf §65 iVm §64 Abs2 VfGG.

3. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).

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