OLG Linz 7Bs14/25w

OLG Linz7Bs14/25w13.3.2025

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende und die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen der Angeklagten A*, B* , C* sowie D* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 27. September 2024, Hv1*-99, sowie über die Beschwerden des D* und der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler LL.M., der Angeklagten A*, B*, C* und D* sowie deren Verteidigerinnen und Verteidiger Mag. Lanzinger, Mag.a Offenthaler-Hoscher, Mag.a Glück und Mag. Meringer durchgeführten Berufungsverhandlung vom 13. März 2025

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00014.25W.0313.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Den Berufungen des B* und des D* wird nicht Folge gegeben.

Den Berufungen des A* und des C* wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen dahin abgeändert, dass über A* unter zusätzlicher Anwendung der §§ 31, 40 StGB bei Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Wels vom 5. November 2024 zu Hv2* eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verhängt und die über C* verhängte Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt wird.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil in dem D* betreffenden Strafausspruch dahin abgeändert, dass die Freiheitsstrafe auf vier Jahre erhöht wird.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen allen Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den Beschluss gefasst:

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der D* mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. April 2023, Hv3*, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, jedoch gemäß § 494a Abs 6 StPO die dort bestimmte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Mit ihren (implizierten) Beschwerden werden D* und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

 

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden

der am ** geborene A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu A./1./I./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (zu A./1./II./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (zu A./2./);

der am ** geborene B* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu B./1./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG, § 12 „dritter“ Fall StGB (zu B./2./I./), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz, erster und zweiter Fall SMG (zu B./2./II./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (zu B./3./);

der am ** geborene C* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu C./1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (zu C./2./) und

der am ** geborene D* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (zu D./1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (zu D./2./) und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (zu D./3./)

schuldig erkannt.

Sie wurden jeweils unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu Freiheitsstrafen, nämlich A* zu sieben Jahren, B* unter zusätzlicher Anwendung von § 39 Abs 1a StGB zu sieben Jahren, C* zu drei Jahren und D* zu drei Jahren verurteilt. Ferner erging in Ansehung des D* der Beschluss auf Absehen vom Widerruf der zu Hv3* des Landesgerichts Linz gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO).

Inhaltlich des Schuldspruchs haben in ** und andernorts

Allein gegen die Strafaussprüche (und nicht gegen die vermögensrechtlichen Anordnungen [vgl § 294 Abs 2 vierter Satz, zweiter Halbsatz StPO]) richten sich – nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden von A*, B* und C* durch den Obersten Gerichtshof (15 Os 150/24h-4) – die rechtzeitig angemeldeten und ausgeführten Berufungen der Angeklagten, mit denen sie eine Herabsetzung der jeweiligen Freiheitsstrafe, A*, C und D* außerdem zumindest teilweise bedingte Strafnachsicht anstreben, sowie der Staatsanwaltschaft, die auf eine Erhöhung der über D* verhängten Strafe abzielt. Die Anklagebehörde bekämpft außerdem mit einer Beschwerde das Absehen vom Widerruf der D* gewährten bedingten Strafnachsicht; dessen Rechtsmittel dagegen impliziert eine Beschwerde gegen die Probezeitverlängerung (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Berufungen von B* und D* bleiben erfolglos, während jener des A*, des C* und der Staatsanwaltschaft im spruchgemäßen Umfang Folge zu geben ist.

 

1. zur Berufung des A*:

Bei ihm wertete das Erstgericht den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), das teilweise Geständnis, dem es allerdings nur untergeordnete Bedeutung zumaß (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB), die Sicherstellung von Teilen des tatverfangenen Suchtgifts (US 14; RIS-Justiz RS0088797, zuletzt: 12 Os 132/24i; Riffel in WK² StGB § 34 Rz 33) und den Umstand, dass das unter Punkt A./1./II./e./ des Schuldspruchs umschriebene Verhalten beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB), mildernd, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen dagegen erschwerend (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessung berücksichtige es die Ausrichtung des Suchtgifthandels auf Gewinnerzielung (RIS-Justiz RS0088292) und das Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge um ein Vielfaches (konkret zu Punkt A./1./I./ und A./1./II./ des Schuldspruchs die 117-fache Grenzmenge; RIS-Justiz RS0106648).

Dieser Strafzumessungskatalog bedarf keiner Korrektur. Er ist allerdings infolge des zwischenzeitig ergangenen (rechtskräftigen) Urteils des Landesgerichts Wels vom 5. November 2024 zu Hv2*, auf welches im Rahmen dieser Berufungsentscheidung Bedacht zu nehmen ist (§ 31 Abs 1 StGB; RIS-Justiz RS0090964), um das Zusammentreffen mit zwei weiteren strafbaren Handlungen (idealkonkurrierende Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB und der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB) zu ergänzen, die zum Teil beim Versuch blieben und die der Berufungswerber reumütig eingestand. Dass er die dort abgeurteilten Aussagedelikte beging, während er sich in diesem Verfahren in Untersuchungshaft befand, zeugt von einem erhöhten Gesinnungsunwert und aggraviert den Schuldvorwurf (zur Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe aus dem Vor-Verfahren: Ratz in WK² StGB § 40 Rz 2).

Der Berufungswerber spricht in seinem Rechtsmittel – auch mit der Forderung, seine (zukünftige) Lebenssituation stärker zu gewichten (dazu Riffel aaO § 32 Rz 27) – vorwiegend spezial- und generalpräventive Aspekte an. Derartige Überlegungen sind zwar durchaus (schon) bei der Auswahl der Strafart und Festsetzung der Strafhöhe (Strafzumessung im engeren Sinn, vgl dagegen RIS-Justiz RS0113407) mitzuberücksichtigen (Riffel aaO § 32 Rz 23); allerdings nur innerhalb jenes Spielraums, der nach unten durch die schon schuldangemessene und nach oben durch die noch schuldangemessene Strafe begrenzt wird (RIS-Justiz RS0090592, RS0090600). Soweit er in diesem Zusammenhang auf sein sozial stabiles Umfeld und seine Berufstätigkeit hinweist, ist dem Berufungswerber außerdem zu entgegnen, dass diese Umstände in der Vergangenheit gerade nicht ausreichten, um ihn von massiver Suchtgiftkriminalität abzuhalten, und er sich ungeachtet seiner komfortablen finanziellen Situation (vgl ON 23, ON 98, 2: monatliches Einkommen von EUR 5.500,00 als selbstständiger Zeitungszusteller, namhafte Vermögenswerte, eine Sorgepflicht) zu seinem ausschließlich profitorientierten (US 25) Verhalten veranlasst sah. Außerdem kommt gerade im Fall grenzüberschreitenden Suchtgifthandels der generalpräventiven Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen eine entscheidende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0087849).

Trotzdem erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe einer moderaten Reduktion zugänglich. Zwar werden der Unrechtsgehalt der Taten und die personale Täterschuld ganz wesentlich vom Zusammentreffen zweier Verbrechen nach § 28a Abs 4 SMG und dem jeweils mehr als vierfachen Überschreiten der Übermenge geprägt. Trotzdem wäre – insbesondere in Hinblick auf den bisher ordentlichen Lebenswandel – bei gemeinsamer Aburteilung sowohl der diesem Verfahren als auch der dem vorerwähnten Urteil des Landesgerichts Wels vom 5. November 2024 zugrunde liegenden Straftaten ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe eine solche von sechseinhalb Jahren angemessen. Zieht man davon die im Vor-Urteil verhängte (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von vier Monaten ab, ergibt sich mit der Differenz von sechs Jahren und zwei Monaten die über den Berufungswerber zu verhängende (Zusatz-)Freiheitsstrafe (vgl zur Straffestsetzung in Anwendung von § 40 StGB: RIS-Justiz RS0090661).

Auch nur teilweise bedingte Strafnachsicht ist bei diesem Strafmaß gesetzlich ausgeschlossen.

 

2. zur Berufung des B*:

Ihm wurden das teilweise Geständnis von untergeordneter Bedeutung (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) sowie die Sicherstellung von Suchtgift (US 14; RIS-Justiz RS0088797, zuletzt: 12 Os 132/24i; Riffel aaO § 34 Rz 33) mildernd zugute gehalten. Erschwerend wurden demgegenüber zwei einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) sowie das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) gewertet. Unter dem Aspekt des § 32 StGB fanden das Gewinnstreben beim Suchtgifthandel (RIS-Justiz RS0088292) und das zweifache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge (zu Punkt B./1./; RIS-Justiz RS0106648) einerseits sowie (erkennbar: US 25) seine Gewöhnung an Suchtmittel (Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG3 § 27 Rz 109; RIS-Justiz RS0087956) andererseits Berücksichtigung.

Dieser Strafzumessungskatalog ist ausschließlich zum Nachteil des Berufungswerbers zu ergänzen:

Denn auch die Verurteilung des Bezirksgerichts Freistadt vom 2. Dezember 2015 (die zwar zu zwei weiteren Urteilen im Zusatzstrafenverhältnis steht, nicht aber zu den beiden bereits vom Erstgericht als erschwerend gewerteten [RIS-Justiz RS0090759]) erfolgte wegen (zumindest) einer strafbaren Handlung nach dem Suchtmittelgesetz (vgl Pos 02 der Strafregisterauskunft), weshalb richtigerweise drei einschlägige Vorstrafen vorliegen, die trotz Anwendung der (bloßen) Strafrahmenvorschrift des § 39 Abs 1a StGB allesamt im Rahmen des § 33 Abs 1 Z 2 StGB in Anschlag zu bringen sind (RIS-Justiz RS0091527).

Außerdem begann er nach den erstgerichtlichen Feststellungen (US 11) bereits im Jänner 2020 mit seinem erneuten Suchtgifthandel (vgl dazu: C* ON 14.4, 5; der Berufungswerber dagegen spricht von Ende 2020/Anfang 2021: ON 14.3, 6). Er setzte damit sein vom Schuldspruch im Verfahren des Landesgerichts Wels zu Hv4* erfasstes Verhalten (Tatzeitraum bis 7. Jänner 2020; ON 65) nahtlos fort; dies offenbar völlig unbeeindruckt von dem bis 29. Mai 2020 anhängigen Strafverfahren und danach im raschen Rückfall bei offenen Probezeiten zu gleich zwei Verurteilungen (Pos 04 und 05 der Strafregisterauskunft), letztlich über einen ein Jahr deutlich übersteigenden und demnach langen (Riffel aaO § 33 Rz 4) Tatzeitraum hinweg. Während der äußerst rasche Rückfall (Riffel aaO § 33 Rz 11; RIS-Justiz RS0091527 [T1], RS0091619, RS0090973) und der lange Tatzeitraum (RIS-Justiz RS0096654) besonders erschwerend ins Gewicht fallen, belastet die Tatbegehung bei anhängigem Verfahren und offenen Probezeiten die Spezialprognose (§ 32 Abs 2 StGB; Riffel aaO § 33 Rz 9 f; RIS-Justiz RS0090597, RS0090954).

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Berufungsargument, er habe sich „seit 2020 bis zu den verfahrensgegenständlichen Taten überhaupt nichts zu Schulden kommen“ lassen, als nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon sind die in diesem Zusammenhang angestellten rechtlichen Erwägungen unrichtig (vgl nur Riffel aaO § 34 Rz 7; § 1 Abs 1, 2 und 4 TilgG; Kert in WK StPO § 1 TilgG Rz 31).

Auch diesem Berufungswerber ist zuzubilligen, dass er vor seiner Festnahme einer geregelten Arbeit (als Koch [ON 25, 1]) nachging. Das hinderte ihn jedoch nicht an seinen kriminellen Aktivitäten, weshalb dieser Umstand keinen günstigen Einfluss auf die Strafzumessung nehmen kann.

Das Geständnis wurde deswegen zu Recht nicht als umfassend gewertet, weil es sich bezüglich der (hier für die Strafrahmenbildung maßgeblichen) Weitergaben von Cannabiskraut bloß auf rund 4 kg (ON 14.3, 6; ON 25, 3; ON 98, 16) erstreckte (was bei den festgestellten Reinheitsgraden der 17-fachen Grenzmenge entspricht), während er tatsächlich fast drei Mal so viel (nämlich 11,6 kg) überlassen hat (und damit mehr als 50 Grenzmengen; zum Teilgeständnis: Riffel aaO § 34 Rz 38).

Seine Suchtgiftergebenheit wurde vom Erstgericht ohnehin berücksichtigt und ausschließlich gewinnorientiertem Handeln gegenübergestellt (US 25). Zutreffenderweise sah es darin einen den Schuldgehalt der Taten einschränkenden Umstand. Das von der Berufung kritisierte Wort „etwas“ ist auch vor dem Hintergrund der übrigen Strafzumessungsgründe und der Tatsache zu sehen, dass der Berufungswerber durch seinen Suchtgifthandel über einen Zeitraum von immerhin vier Jahren (auf Basis der im Urteilsspruch festgehaltenen Mengen und Preise) Einnahmen von EUR 116.240,00 erzielte. Bei dieser Ausgangslage relativiert die eigene Gewöhnung an Suchtgift das Gewinnstreben zwar, ohne diesen schuldaggravierenden Umstand jedoch völlig aufzuheben.

Unerwünschte Folgen einer Freiheitsstrafe für Angehörige des Rechtsbrechers liegen in der Natur derselben und lassen sich nicht vermeiden. Eine Bedachtnahme auf vollzugsspezifische Nachteile, die unterhaltsberechtigten Familienmitgliedern regelmäßig aus der Bestrafung erwachsen, ist außerdem vom Gesetzgeber des Jahres 1975 bei Freiheitsstrafen mit der Begründung bewusst abgelehnt worden, dass die Strafe unter diesem Aspekt in der Regel weiter verkürzt werden müsste, als dies mit einer sachgerechten Strafzumessung vereinbart werden könnte. Gleiches gilt für das mit der Verbüßung einer Freiheitsstrafe verbundene seelische Leid dieser Personengruppe. Davon abgesehen widerspräche die Berücksichtigung der angeführten Nachteile als mildernd sowohl dem für die Strafbemessung geltenden Vorrang der Schuldbezogenheit (§ 32 Abs 1 StGB) als auch dem Gleichbehandlungsgebot; Häftlinge mit einer stabileren Vollzugsverträglichkeit und (beziehungsweise) solche ohne (intakte) Beziehungen zu Angehörigen würden grundsätzlich schlechtergestellt (RIS-Justiz RS0090905). Bleibt anzumerken, dass es der Berufungswerber selbst in der Hand gehabt hätte, von kriminellen Aktivitäten abzustehen.

Dass die doppelte Überschreitung der in § 28a Abs 4 Z 3 SMG normierten Übermenge den Schuldgehalt nicht erhöhen würde, ist schon logisch nicht nachvollziehbar, erschöpft sich in einer bloßen Rechtsbehauptung und widerspricht der ständigen Judikatur (nicht nur) des Obersten Gerichtshofs, wonach ein vielfaches Überschreiten der Mengengrenze als besonderer Erschwerungsgrund zu beachten ist (Matzka/Zeder/Rüdisser aaO § 27 Rz 106; RIS-Justiz RS0088028, RS0131986), während vergleichsweise moderate Mengenüberschreitungen – nicht zuletzt aufgrund des Gebots, die Strafe auch nach der Größe der mit der Tat einhergehenden Gefährdung zu bemessen – im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigen sind (Riffel aaO § 32 Rz 77; RIS-Justiz RS0106648). Hier hat sich das Erstgericht in nicht zu beanstandender Weise für die letztgenannte Variante entschieden.

Ausgehend von dem gemäß § 39 Abs 1a StGB erweiterten Strafrahmen von einem bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe und dem zum Nachteil des Berufungswerbers korrigierten Strafzumessungskatalog ist die konkret gewählte siebenjährige Freiheitsstrafe jedenfalls nicht zu hoch gegriffen. Sie ist auch im Vergleich zu A* sachgerecht, der zwar einerseits zwei nach Abs 4 des § 28a SMG qualifizierte Verbrechen bezogen auf eine noch größere Menge an Suchtgift zu verantworten hat, bei dem andererseits aber mangels Rückfallsqualifikation eine geringere Strafobergrenze zur Anwendung gelangt, der mit seinem im Tatzeitpunkt ordentlichen Lebenswandel einen weiteren bedeutenden Milderungsgrund für sich in Anspruch nehmen kann und der gerade nicht bei offenen Probezeiten rasch rückfällig wurde.

 

3. zur Berufung des C*:

Das Ersturteil zählt an Milderungsgründen sein umfassendes und reumütiges Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) auf, als Erschwerungsgrund nennt es das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessung wird auf die weitergegebene Suchtgiftmenge, die an das Doppelte der Übermenge heranreicht (konkret zu Punkt C./1./ des Schuldspruchs die 47-fache Grenzmenge; RIS-Justiz RS0106648), verwiesen.

Der Berufungswerber benennt in seiner Rechtsmittelschrift noch weitere mildernde Umstände, die ihm zugute kommen:

Seine Verantwortung beschränkte sich nämlich nicht auf die reumütige Preisgabe der eigenen Verfehlungen (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB), sondern leistete darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung in Bezug auf den Erst- und den Zweitangeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB; vgl dazu Riffel aaO § 34 Rz 38, RIS-Justiz RS0091510). Allein seinen Angaben ist es nämlich zu verdanken, dass die tatsächlich zwischen den beiden verhandelten Mengen festgestellt werden konnten (vgl die beweiswürdigenden Erwägungen auf US 15 ff), was seinem Geständnis ein noch stärkeres Gewicht verleiht.

Außerdem wirken sich auch bei ihm die Gewöhnung (vgl dazu RIS-Justiz RS0124621) an Suchtgift (dazu ON 14.4, 5; Matzka/Zeder/Rüdisser aaO Rz 109; RIS-Justiz RS0087417 [T 19], RS0087956) und die – wenngleich in seinem Fall mit 1,42 g Kokain (US 14) minimale – Sicherstellung von Suchtgift (RIS-Justiz RS0088797, zuletzt: 12 Os 132/24i; Riffel aaO § 34 Rz 33) zu seinen Gunsten aus.

Materiellrechtlich hat er zwar eigenes Überlassen zu verantworten. In dem hier zu beurteilenden Gesamtgefüge sind seine Tathandlungen – soweit sie für die Subsumtion wesentlich sind (Punkt C./1./a./ des Schuldspruchs, der für sich bereits die knapp 46-fache Grenzmenge erreicht) – jedoch als untergeordnet zu beurteilen. Sie beschränken sich nämlich auf die dreimalige Übernahme von für B* bestimmtem Suchtgift vor dessen Wohnhaus und den Transport in dessen Wohnung (ON 14.4, 6; ON 14.3, 6; ON 26, 2). Er setzte damit einen Zwischenschritt im Rahmen der Suchtgiftweitergaben von A* (final) an B*, zu denen es ansonsten – nur eben zu einem anderen Zeitpunkt – auch ohne sein Zutun dann durch direkte Übergabe gekommen wäre. Nun ist zwar der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 6 StGB keineswegs auf Beitragstäterschaft im Sinn von § 12 dritter Fall StGB beschränkt (RIS-Justiz RS0124194), sondern erfasst er kausales Verhalten, welches nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich ist (vgl Riffel aaO § 34 Rz 16). Unmittelbar anwendbar ist er allerdings nur auf denjenigen, der an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung bloß in untergeordneter Weise beteiligt war. Das ist hier unzweifelhaft nicht der Fall, weil der Berufungswerber alleine Suchtgift überlassen hat und das dadurch verwirklichte Verbrechen gerade nicht von mehreren begangen wurde. Trotzdem ist sein Handeln in dem hier speziellen Kontext zu sehen und jedenfalls mit Blick auf § 32 Abs 3 StGB von einem gegenüber typischen Fällen von Suchtgifthandel deutlich reduzierten Handlungsunwert auszugehen.

Eine von der Berufung in Abrede gestelltes Bereicherung im Sinne eines Gewinnstrebens wurde ihm ohnehin nicht vorgeworfen.

Alles in allem ist der Strafzumessungskatalog ausschließlich zum Vorteil des Berufungswerbers zu korrigieren, wobei noch einmal sein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung hervorgehoben werden soll. Die auch bei ihm innerhalb des von § 28a Abs 4 SMG mit einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vorgegebenen Rahmens auszumittelnde Strafe kann demnach in Stattgebung seines Rechtsmittels auf zwei Jahre und sechs Monate reduziert werden.

Eine darüber hinaus angestrebte (teilweise) bedingte Strafnachsicht scheitert dagegen insbesondere an generalpräventiven Hindernissen, wäre doch eine solche Rechtswohltat bei der Weitergabe von mehr als 10 kg Cannabiskraut für die Allgemeinheit wenig verständlich und mit einem falschen Signal an die Rechtsunterworfenen verbunden.

 

4. zu den Berufungen und Beschwerden des D* sowie der Staatsanwaltschaft:

Das Erstgericht berücksichtigte das umfassende und reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) mildernd, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), zwei einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) und den raschen Rückfall (Riffel aaO § 33 Rz 11; RIS-Justiz RS0091041) dagegen erschwerend. Allgemein schuldaggravierend wertete es die Tatbegehung bei offener Probezeit (Riffel aaO § 33 Rz 10; RIS-Justiz RS0090597, RS0090954).

Zusätzlich kommt auch ihm die Sicherstellung von Suchtgift, konkret von 108 g Cannabiskraut, 67 g Cannabisharz, MDMA-haltigem Ecstasy und Amphetamin (US 14), zugute (RIS-Justiz RS0088797, zuletzt: 12 Os 132/24i; Riffel aaO § 34 Rz 33).

Und er kann ebenfalls den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 17 StGB in seinen beiden Ausprägungen (RIS-Justiz RS0091510) für sich in Anspruch nehmen, legte er doch in seinem reumütigen Geständnis von Beginn an den Tatzeitraum, weitere Suchtgiftlieferanten und seine Abnehmer offen (ON 14.5).

Der Strafzumessungskatalog ist damit ausschließlich zu seinem Vorteil zu korrigieren. Dessen ungeachtet hat allein die Berufung der Anklagebehörde Erfolg.

Dazu muss man vor allem die zeitliche Abfolge beachten: Erstmals am 19. Oktober 2017 wurde der Berufungswerber auch wegen Überlassen von Suchtgift (zu einer Geldstrafe) verurteilt, wobei das Urteil am 14. Dezember 2017 Rechtskraft erlangte (Pos 03 der Strafregisterauskunft). Davon zeigte er sich allerdings wenig beeindruckt, sondern setzte er bereits im Jänner 2018 im raschen Rückfall seine Weitergaben über einen langen Tatzeitraum hinweg bis Juni 2022 fort. Dafür verhängte das Landesgericht Linz mit Urteil vom 17. April 2023 eine dreimonatige Freiheitsstrafe, die gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen wurde (ON 66). Trotzdem wurde er erneut, jetzt bei offener Probezeit, innerhalb von rund zwei Monaten ab Juni 2023 (US 11, vgl ON 14.5, 15) mit den hier urteilsgegenständlichen Taten einschlägig rückfällig.

Vor diesem Hintergrund ist die vom Erstgericht verhängte Sanktion, welche den Strafrahmen des § 28a Abs 4 SMG lediglich zu einem Fünftel ausschöpft, zu gering bemessen. Erst eine Freiheitsstrafe von vier Jahren wird dem einschlägig belasteten und von wiederholt raschen Rückfällen gekennzeichneten Vorleben des Berufungswerbers gerecht.

Bedingte Strafnachsicht ist bei einem solchen Strafmaß den Fällen außerordentlicher Strafmilderung vorbehalten (§ 41 Abs 3 StGB), deren Voraussetzungen nicht einmal im Ansatz vorliegen.

Die Abänderung des Strafausspruchs hat die Aufhebung des zu diesem Berufungswerber gefassten Beschlusses nach § 494a StPO zur Folge und ist diesbezüglich eine neue Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht zu treffen (vgl Jerabek/Ropper in WK StPO § 498 Rz 8). Allerdings ist der Vorinstanz beizupflichten, dass neben der nun erstmals verhängten und gleich mehrjährigen unbedingten Freiheitsstrafe vom Vollzug von weiteren drei Monaten aus dem vorerwähnten Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. April 2023 keine zusätzliche spezialpräventive Wirkung zu erwarten ist (vgl aber § 53 Abs 1 erster Satz StGB). Demgemäß ist vom Widerruf der dazu gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und – um für die Zeit nach der Haft (vgl § 49 zweiter Satz StGB) einen möglichst langen Beobachtungszeitraum zu schaffen – die damit verbundene Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (§ 53 Abs 3 StGB).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte