European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00047.24A.0523.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Bestandrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Kläger vermieteten dem beklagten Verein ein Lokal als „Seminarzentrum für das Institut“.
[2] In dritter Instanz ist ausschließlich der Kündigungsgrund der Z 7 des § 30 Abs 2 MRG strittig, sohin die Frage, ob die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden.
Rechtliche Beurteilung
[3] Ob eine im Bestandobjekt ausgeübte betriebliche Tätigkeit mit der ursprünglich im Mietvertrag bedungenen gleichwertig ist, stellt jedoch eine Frage des Einzelfalls dar und begründet daher – außer bei grober Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS0070332 [T3, T5]).
[4] Eine solche zeigt die außerordentliche Revision der Kläger nicht auf:
[5] Die Gleichwertigkeit ist einerseits am Wesen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG, nämlich des Wegfalls eines schutzwürdigen Interesses des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses zu prüfen (vgl RS0070397, RS0070315). Andererseits ist auch das Interesse des Vermieters an Form und Umfang der Benützung der gemieteten Räumlichkeiten ein Beurteilungskriterium. Ist die neue Verwendung gegenüber der vereinbarten wesentlich belastender und mit einer größeren Belästigung verbunden, so liegt keine gleichwertige geschäftliche Betätigung vor (vgl RS0108912). Nach der Rechtsprechung kommt es auf die gleichwertige Verwendungsform der gemieteten Räumlichkeiten an, nicht aber etwa auf die Gleichwertigkeit der verkauften Gegenstände (RS0070410 [T2]). Weder geänderte Öffnungszeiten noch ein anderes „Zielpublikum“ haben für sich alleine zur Folge, dass die geschäftliche Betätigung nicht gleichwertig wäre (RS0070342). Auch wer die Geschäftsräume benützt, sohin der Mieter oder ein Dritter, ist grundsätzlich gleichgültig (vgl RS0068845, RS0069067).
[6] Nach den Feststellungen veranstaltete der Beklagte im Seminarzentrum (zunächst in Präsenz und mit Beginn der Covid‑19-Pandemie zusehends online) bis ca Ende Juni 2020 auf weltanschaulichen Grundlagen (ua Kabbala) fußende und für Nichtmitglieder kostenpflichtige Weiterbildungs- und Persönlichkeitsentwicklungs-Seminare und zelebrierte dort dem jüdischen Glauben zuordenbare Bräuche und Feste.
[7] Mit 1. 1. 2021 gab der Beklagte den Mietgegenstand sowie Einrichtungsgegenstände und Betriebsmittel an * weiter, der dort unter der Bezeichnung „*-Schule und Praxis *“ Seminare online und vor Ort sowie Einzelkurse zu nicht schulischer, esoterischer, physischer und psychischer Heilung, ganzheitlicher Psychosomatik, Psychotherapie sowie systemisches Coaching anbietet.
[8] Davon ausgehend bejahten die Vorinstanzen, die nicht auf den Inhalt, sondern nur auf die Art der Veranstaltungen abstellten, vertretbar eine gleichwertige Tätigkeit.
[9] Soweit die Kläger in ihrer Revision damit argumentieren, dass das nunmehrige Angebot „unseriös“, „nicht erfüllbar“ und überhaupt rechtswidrig wäre, entfernen sie sich – unzulässiger Weise, vgl RS0043603, RS0043312, RS0016473 – von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen und den Feststellungen. Daraus ergibt sich nämlich keineswegs, dass im Seminarzentrum nunmehr nicht etwa ein freies Gewerbe, sondern Kurpfuscherei betrieben, gegen den Ärztevorbehalt nach § 2 Abs 2 ÄrzteG verstoßen oder eine Ausbildungsstätte für Ärzte entgegen den §§ 9 ff ÄrzteG unterhalten würde.
[10] Die Revision ist sohin als unzulässig zurückzuweisen.
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