OGH 15Os5/24k

OGH15Os5/24k11.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Novak in der Strafsache gegen * C* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 18. September 2023, GZ 38 Hv 27/22s‑83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00005.24K.0311.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * C* im zweiten Rechtsgang (zum ersten siehe 15 Os 147/21p) des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Zeitraum von 22. bis 28. März 2018 in E*/Deutschland, M*/Italien und R* * J* mit dem Vorsatz, sich durch dessen Verhalten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe, ihm den originalen und vom bekannten Rennfahrer * H* bei diversen Renneinsätzen gefahrenen „ABARTH SIMCA 1300 GT Coupé (Typ 130S)“ mit der Chassis-Nummer ABARTH130*0099* zu verkaufen, wobei er zur Täuschung ein falsches Beweismittel, nämlich eine erst nachträglich am Fahrzeug eingeschweißte Fahrgestellnummer, verwendete, zur Zahlung des Kaufpreises von 210.000 Euro verleitet, wodurch J* im Betrag von 90.000 Euro am Vermögen geschädigt wurde, weil das tatsächlich übergebene Fahrzeug ein aus verschiedenen Fahrzeugeinzelteilen zusammengesetzter Nachbau im Wert von 120.000 Euro war.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Angeklagte durch die Abweisung seines Antrags auf Ergänzung des kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens „im Hinblick“ darauf, „dass es mittlerweile ein zweites Vergleichsfahrzeug gibt“ und der Zeuge S* gesagt habe, er habe Modifikationen am Unterboden des Fahrzeugs erst erkannt, als er sie mit einem zweiten Fahrzeug verglichen habe, sodass sich die Frage stelle, „ist jetzt dieses zweite Fahrzeug das Richtige oder das Erste?“, und „man schauen“ könne, „welches dann tatsächlich das richtige Fahrzeug gewesen wäre“ (ON 82 S 29), in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Denn der Antrag sprach keine schuld- oder subsumtionserheblichen Tatsachen an (RIS-Justiz RS0118319) und lief auf einen (im Hauptverfahren unzulässigen) Erkundungsbeweis hinaus (RIS-Justiz RS0118123, RS0099353).

[5] Das ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde ist mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

[6] Die Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter Fall) richtet sich gegen die zur subjektiven Tatseite angestellte Beweiswürdigung und kritisiert, das Erstgericht sei nicht darauf eingegangen, dass das vom Angeklagten im Jahr 2008 erworbene Fahrzeug über die Originalpapiere und Originalkennzeichen des Fahrzeugs von H* verfügt habe, wobei die damalige Farbe des Fahrzeugs aufgrund dessen Alters unerheblich und die Umlackierung auch dem Opfer bekannt gewesen sei. Auch für den kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen sei die Historie des gegenständlichen Fahrzeugs und jenes von H* nicht überprüfbar gewesen, weiters sei notorisch, dass Papiere und Kennzeichentafeln in Italien beim Fahrzeug verbleiben, bis dieses bestätigt vernichtet wurde. Warum der Angeklagte trotz originaler Kennzeichen und Papiere und dem von Abarth ausgestellten Zertifikat über die Echtheit der verwendeten Teile davon ausgehen hätte müssen, dass es sich nicht um dieses Fahrzeug, sondern um eine Fälschung handelt, obwohl selbst der Zeuge * S* zugestanden habe, dass ihm Abweichungen am Fahrzeug erst nach Überprüfung anhand eines Vergleichsfahrzeugs aufgefallen seien, habe das Erstgericht nicht begründet.

[7] Mit diesem Vorbringen wird die tatrichterliche Beweiswürdigung nur nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung bekämpft (RIS-Justiz RS0099599), ohne Unvollständigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO aufzuzeigen. Letztere liegt nämlich nur vor, wenn das erkennende Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen hat (RIS‑Justiz RS0098646 [T4]).

[8] Im Übrigen hat das Erstgericht den Umstand, dass der Angeklagte über originale Fahrzeugpapiere und Kennzeichen zum Fahrzeug „ABARTH SIMCA 1300 GT Coupé (Typ 130S)“ mit der Chassis-Nummer ABARTH130*0099* verfügte, nicht übergangen (US 7) und war es – dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht verhalten, die von der Beschwerde angesprochenen Aspekte der ohnehin umfangreich gewürdigten (US 7 ff) Aussagen des kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen * K* sowie des Zeugen S* im Einzelnen zu erörtern. Durch das Bestreben, anhand von Hervorhebungen von Passagen des Sachverständigengutachtens zu einem anderen Beweisergebnis als die Tatrichter zu gelangen, wird Unvollständigkeit im Sinn der Z 5 zweiter Fall nicht aufgezeigt (vgl RIS-Justiz RS0098362).

[9] Die von der Beschwerde ins Treffen geführten Einschätzungen des Zeugen S* zum Verbleib des Originalfahrzeugs und möglichen Reparaturen am gegenständlichen Fahrzeug sind kein Gegenstand des Zeugenbeweises und damit auch kein erörterungspflichtiges Beweisergebnis (vgl RIS-Justiz RS0097540 [T18], RS0097573).

[10] Bloß in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt wird auch durch Verweis auf Überlegungen des Zeugen S* zum Fahrzeug des Rennfahrers H*, einer allenfalls erst später an diesem Fahrzeug angebrachten Fahrgestellnummer und zur Möglichkeit, dass das Fahrzeug im Laufe der Jahre „grottenschlecht restauriert“ worden sei.

[11] Gleiches gilt für die – nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigende (vgl aber RIS-Justiz RS0119370) – Kritik, es könne mit Blick auf den Anklagevorwurf nicht ungeklärt bleiben, ob das Opfer und der Angeklagte auf der Messe in E* explizit über den Rennfahrer H* gesprochen haben (vgl dazu jedoch die Begründung des Schöffengerichts US 9).

[12] Soweit die Beschwerde vermeint, das Erstgericht hätte den Inhalt des vom Opfer erstellten schriftlichen Kaufvertrags vom 22. März 2018 würdigen müssen, weil in diesem die Gewährleistung für bestimmte Eigenschaften des Fahrzeugs ausgeschlossen wurde und lediglich die Fahrzeugpapiere, das Zertifikat von Abarth, die Nummerntafeln sowie sämtliche Dokumente, nicht aber die Nutzung durch den Rennfahrer H* als Vertragsbestandteil angeführt sind, bezieht sie sich – mit Blick auf den Vertragsgegenstand (auch) eines originalen „ABARTH SIMCA 1300 GT Coupé (Typ 130S)“ mit der Chassis-Nummer ABARTH130*0099* (US 2 f) – nicht auf ein Verfahrensergebnis, welches die Eignung hat, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung zum Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen maßgebend zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0118316 [T8]).

[13] Die als übergangen reklamierte Aussage, bei einem 60 Jahre alten Rennwagen bestünde auch die Möglichkeit, dass vor vielen Jahren das Fahrzeug einmal entweder neu aufgebaut wurde oder sonstige Veränderungen am Fahrzeug vorgenommen wurden (ON 82 S 5), stammt nicht – wie von der Rüge behauptet – vom Sachverständigen aus dem Bereich Fahrzeugtechnik, sondern vom Angeklagten. Weshalb diese unter dem Aspekt von Unvollständigkeit gesondert erörterungsbedürftig gewesen wäre, legt die Beschwerde nicht dar.

[14] Aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS-Justiz RS0099431 [T1]). Mit der Behauptung, die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, wonach aus dem Umstand, dass das Unternehmen Abarth das Fahrzeug zur Messe nach E* transportiert habe, keine Aussage darüber getroffen werden könne, ob Abarth eine nähere Überprüfung der Originalität des Fahrzeugs vorgenommen hat (US 8), sei aktenwidrig, weil im Zeitpunkt der Ausstellung auf der Messe ein gültiges Echtheitszertifikat von Abarth vorgelegen sei, wird der reklamierte Nichtigkeitsgrund daher nicht zur Darstellung gebracht.

[15] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[16] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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