OGH 10ObS137/23d

OGH10ObS137/23d13.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Birgit Riegler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C*, geboren * 1986, *, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Waisenpension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. November 2023, GZ 12 Rs 121/23 k‑23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. August 2023, GZ 15 Cgs 230/22t‑17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00137.23D.0213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 502,70 EUR (darin 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Revisionsgegenständlich ist die Kindeseigenschaft des 1986 geborenen und Waisenpension begehrenden Klägers im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG im September 2010.

[2] Der Kläger absolvierte die Pflichtschuljahre und eine berufsbildende höhere Schule, die er im Jahr 2006 mit Ablegung der Matura abschloss. Von 10. Juli 2006 bis 9. Jänner 2007 absolvierte er den Präsenzdienst. Der Kläger begann am 19. September 2008 das ordentliche Studium der Technischen Physik an der TU Graz und studierte bis zum 30. September 2017. Er war ab dem Wintersemester 2008 bis einschließlich des Sommersemesters 2017 als ordentlicher Student gemeldet, mit Ausnahme des Wintersemesters 2010 ([richtig:] Oktober 2010 bis Februar 2011), in welchem er beurlaubt war und nicht studierte.

[3] Im Laufe des Septembers 2010 begann die Erkrankung des Klägers, was dazu führte, dass der Kläger nicht in der Lage war zu studieren und sich im Wintersemester 2010 von seinem Studium beurlauben ließ. Er leidet an paranoider Schizophrenie (F20.0). Seit dem erstmaligen stationären Aufenthalt des Klägers (23. September 2010 bis 8. Oktober 2010) besteht beim Kläger durchgängig bis heute keine Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt und eine leidensbedingte regelmäßige Krankenstandsprognose von über sieben Wochen pro Jahr. Der Kläger ist seitdem nur für Arbeiten unter einfachem Zeitdruck belastbar. Ab dem 26. Juli 2022 ist das Leistungskalkül präziser darstellbar und kann der Kläger nur Arbeiten mit einfachem Zeitdruck erledigen. Weiters liegt eine mittelgradige Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit vor. Arbeiten mit erhöhtem Verletzungsrisiko und das berufsmäßige Fahren eines PKW, LKW oder auch von Baumaschinen sind aufgrund der medikamentösen Therapie zu vermeiden. Dem Kläger ist lediglich eine Tagesarbeitszeit von vier Stunden pro Tag (20 Stunden pro Woche) möglich. Ein öffentliches Verkehrsmittel kann er benützen, eine Einschränkung hinsichtlich des Anmarschweges besteht nicht, Wohnsitzverlegung und Wochenpendeln sind ihm möglich. Mit den vorgenannten Einschränkungen ist der Kläger nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit zu verrichten.

[4] Mit Bescheid vom 4. Februar 2008 hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch des Klägers auf Waisenpension nach seinem am 30. November 2007 verstorbenen Vater ab 1. Dezember 2007 anerkannt. Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid vom 20. Dezember 2010 entzog sie ihm die Waisenpension mit Ablauf des 31. August 2010, weil seine Arbeitskraft ab 1. September 2010 nicht überwiegend für die Schulausbildung beansprucht worden sei. Aufgrund eines neuerlichen Antrags erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2011 den Anspruch des Klägers auf Waisenpension ab 1. März 2011 wieder an. In der Folge bezog dieser bis 31. Oktober 2013 (bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres) eine Waisenpension.

[5] Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2022 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 26. Juli 2022 auf Gewährung der Waisenpension ab, weil Erwerbsunfähigkeit nicht gegeben sei.

[6] In seiner dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger erkennbar die Gewährung der Waisenpension im gesetzlichen Ausmaß ab Antragstellung.

[7] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger sei nicht über das 18. Lebensjahr hinaus erwerbsunfähig und auch zum Zeitpunkt des Erreichens des 27. Lebensjahres arbeitsfähig gewesen.

[8] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es bejahte die Kindeseigenschaft des Klägers nach § 252 Abs 2 Z 3 ASVG, weil er seit dem erstmaligen stationären Aufenthalt im September 2010 nicht mehr in der Lage sei, am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Während der Ferien nehme die Schulausbildung die Arbeitskraft nicht überwiegend in Anspruch. Die Kindeseigenschaft bleibe nur bestehen, wenn die Ausbildung unmittelbar nach dem Ende der Ferien aufgenommen bzw fortgesetzt werde. Der Grund für das Unterbleiben der Aufnahme bzw Fortsetzung der Ausbildung spiele keine Rolle. Unstrittig sei, dass das Studium die Arbeitskraft des Klägers bis zum Sommersemester 2010 überwiegend beansprucht habe und der Kläger im Wintersemester 2010 beurlaubt gewesen sei, also sein Studium nicht fortgesetzt habe. In dem Zeitpunkt, in dem möglicherweise Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei, habe sich der Kläger daher nicht in einer seine Arbeitskraft überwiegend beanspruchenden Schul- oder Berufsausbildung befunden. Die vom Gesetzgeber mit § 252 Abs 2 Z 3 ASVG verfolgte Absicht liege darin, Versorgungsansprüche eines Kindes zu erhalten, nicht aber Versorgungsansprüche für Personen neu zu schaffen, die erst später ihre Erwerbsfähigkeit verloren hätten. Sei daher die Kindeseigenschaft im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit nicht mehr gegeben, lebe sie dadurch nicht wieder auf. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage zu lösen sei.

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgabe des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Die Beklagte erklärte, von der Erstattung einer – ihr freigestellten – Revisionsbeantwortung Abstand zu nehmen.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zulässig und berechtigt.

[13] 1.1. Anspruch auf Waisenpension haben nach dem Tode des (der) Versicherten die Kinder im Sinn des § 252 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 2 ASVG (§ 260 ASVG). Als Kinder gelten nach § 252 Abs 1 Z 1 ASVG bis zum vollendeten 18. Lebensjahr unter anderem die Kinder der versicherten Person.

[14] 1.2. Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange sich das Kind in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wobei sich die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, nur dann verlängert, wenn für sie entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF des Bundesgesetzes BGBl 1992/311 betreiben (§ 252 Abs 2 Z 1 ASVG).

[15] 1.3. Abgesehen von dem Fall einer Schul- oder Berufsausbildung besteht die Kindeseigenschaft darüber hinaus auch, wenn und solange das Kind seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in § 252 Abs 2 Z 1 (oder Z 2) ASVG genannten Zeitraums infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist (§ 252 Abs 2 Z 3 ASVG).

[16] 2. Der Kläger vollendete das 27. Lebensjahr bereits im Jahr 2013, sodass die Kindeseigenschaft danach – und somit auch ab der Antragstellung am 26. Juli 2022 – nicht auf § 252 Abs 2 Z 1 ASVG gegründet werden kann. Das vollendete 27. Lebensjahr stellt für den auf § 252 Abs 2 Z 1 ASVG gestützten Anspruch auf Waisenpension eine Altershöchstgrenze dar (RS0124265), die auch durch die Erfüllung der Wehrpflicht, der Zivildienstpflicht, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis nicht überschritten werden kann (Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm § 252 ASVG Rz 60 [Stand: 1. 3. 2018; rdb.at]).

[17] Strittig ist zwischen den Parteien jedoch, ob die Kindeseigenschaft nach § 252 Abs 2 Z 3 ASVG besteht, weil der Kläger – nach seinem Rechtsstandpunkt – seit September 2010 erwerbsunfähig ist.

[18] 2.1. Mit der Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 3 ASVG (idF BGBl I 2012/17) beabsichtigte der Gesetzgeber, Versorgungsansprüche eines Kindes zu erhalten, nicht aber Versorgungsansprüche für Personen neu zu schaffen, die erst später ihre Erwerbsfähigkeit verloren haben (RS0113891). Ein Anspruch auf Waisenpension setzt also voraus, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit die Kindeseigenschaft (zB im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG) noch gegeben war (RS0113891 [T4]). Es ist daher zu prüfen, ob sich der Kläger im September 2010, als er erwerbsunfähig wurde, in einer Schul- und Berufsausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG befand.

[19] 2.2. Das Berufungsgericht ging – von den Parteien unbeanstandet – davon aus, dass das Studium die Arbeitskraft des Klägers bis zum Sommersemester 2010 überwiegend beanspruchte. Dies ist der Entscheidung somit zugrunde zu legen.

[20] 2.3. Der Kläger macht in der Revision aber zutreffend geltend, dass er sich – entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts und der Beklagten (in der Berufung) – auch im September 2010 noch in einer Ausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG befand.

[21] 2.3.1. Nach den Feststellungen war der Kläger im Wintersemester 2010/2011 beurlaubt (und studierte in diesem Semester nicht). Der vom Erstgericht bei dieser Feststellung aufgenommene Hinweis „(September 2010 bis Februar 2011)“ ist der dieser Feststellung zugrunde liegenden Studienzeitbestätigung vom 22. Juli 2022 (Pensionsakt ./1 Seite 5) nicht zu entnehmen und überdies – wie das Berufungsgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet bemerkte – unrichtig. Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 (in der damals geltenden Fassung BGBl I 2002/120) besteht das Studienjahr aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit; es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres, wobei der Senat nähere Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu erlassen hat. Der September 2010 befand sich danach in der lehrveranstaltungsfreien Zeit des Studienjahres 2009/2010 (Einteilung des Studienjahres 2009/2010 laut Beschluss des Senats vom 26. Jänner 2009 verlautbart im Mitteilungsblatt der TU Graz vom 4. Februar 2009, 9. Stück, 87.) und damit insbesondere vor dem Wintersemester 2010/2011, das am 1. Oktober 2010 begann (Einteilung des Studienjahres 2010/2011 laut Beschluss des Senats vom 8. März 2010 verlautbart im Mitteilungsblatt der TU Graz vom 17. März 2010, 12. Stück, 101.). Die Beurlaubung des Klägers gemäß § 67 Universitätsgesetz 2002 für das Wintersemester 2010/2011 betraf den September 2010 somit nicht.

[22] 2.3.2. Es ist daher auf Tatsachenebene davon auszugehen, dass der Kläger auch im September 2010 (noch) studierte und sich demgemäß in einer Ausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG befand.

[23] 2.3.3. Dass die behauptete Erwerbsunfähigkeit im September 2010 während der nach studienrechtlichen Vorschriften lehrveranstaltungsfreien Zeit eingetreten ist, ändert daran nichts. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass der Oberste Gerichtshof die zwischen der Ablegung der Reifeprüfung und dem Beginn des Zivildienstes bzw zwischen dem Ende des Zivildienstes und dem Beginn des Studiums gelegenen Zeiten als Ferienmonate beurteilt, während derer die Kindeseigenschaft nur dann weiter besteht, wenn im nächsten Wintersemester ein die Arbeitskraft überwiegend beanspruchendes Studium aufgenommen wird (RS0089658 [T14]). Dies ist dadurch begründet, dass es sich dann praktisch um eine durchgehende Schulausbildung handelt, die nur während der Ferien kurzfristig ausgesetzt wird (RS0089658 [T15]). Diese „Ferien“ sind aber durch eine Lücke zwischen zwei formal unterschiedlichen Ausbildungen im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG (Studium an einer höheren Schule und Studium an einer Hochschule) bedingt, in der die eine beendet und die andere noch nicht aufgenommen wurde (bzw werden konnte), sodass erst die tatsächliche Aufnahme eines Studiums die Fortsetzung der (ausgesetzten) Ausbildung bewirkt.

[24] Eine solche Lücke besteht im vorliegenden Fall, in dem der Kläger weiterhin zum Studium zugelassen war und nach den Feststellungen auch tatsächlich (noch) studierte, jedoch nicht. Der bloße Umstand, dass ein bestimmter Zeitraum nach studienrechtlichen Vorschriften als „lehrveranstaltungsfrei“ bezeichnet wird, schließt die Annahme einer Ausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG in diesem Zeitraum – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – nicht aus, zumal auch in der lehrveranstaltungsfreien Zeit dem (Selbst-)Studium nachgegangen (vgl RS0085202) und gegebenenfalls (vgl § 54 Abs 8 Universitätsgesetz 2002 in der damals geltenden Fassung BGBl I 2009/81) Lehrveranstaltungen besucht werden können. Der bloße Umstand, dass das bisher betriebene Studium zu einem späteren Zeitpunkt (hier: im darauf folgenden Semester) nicht fortgesetzt wird, steht einer Qualifikation einer lehrveranstaltungsfreien Zeit als Ausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG nicht entgegen.

[25] 2.4.1. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen besteht beim Kläger seit September 2010 durchgängig bis heute keine Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Berufungsgericht erledigte die in der Berufung gegen diese Feststellung ausgeführte Beweisrüge und verneinte eine unrichtige Beweiswürdigung durch das Erstgericht. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung ist daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

[26] 2.4.2. Erwerbsunfähig im Sinn des § 252 Abs 2 Z 3 ASVG ist, wer infolge Krankheit oder Gebrechen nicht imstande ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen nennenswerten Verdienst zu erzielen (RS0085536 [T9]). Diese Frage ist ausschließlich nach medizinischen Gesichtspunkten und ohne Bedachtnahme darauf zu beurteilen, ob und in welchem Umfang das Kind nicht dennoch – etwa auf Kosten seiner Gesundheit – weiterhin ein Einkommen aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit bezieht (RS0085570).

[27] Das Erstgericht schloss unter anderem aus der – auf das medizinische Sachverständigengutachten gestützten – Feststellung, wonach beim Kläger (seit September 2010 bis heute) keine Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt besteht, auf eine Erwerbsunfähigkeit im genannten Sinn. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.

[28] Entgegen dem Verständnis des Berufungsgerichts stützte das Erstgericht seine Beurteilung nicht bloß auf die festgestellte Krankenstandsprognose und setzte die Voraussetzungen des § 252 Abs 2 Z 3 ASVG auch nicht mit jenen des § 255 (gemeint wohl:) Abs 3 ASVG gleich. Richtig ist zwar, dass bei Prüfung der Erwerbsunfähigkeit auch auf die Möglichkeiten selbständiger Tätigkeiten (etwa Heimarbeit) Bedacht zu nehmen ist (RS0109267), in welchen Fällen einer Krankenstandsdauer keine wesentliche Bedeutung zukommt (10 ObS 37/00i; 10 ObS 446/97d). Dass das Erstgericht die festgestellte (gänzliche) Arbeitsunfähigkeit des Klägers nur hinsichtlich unselbständiger Tätigkeiten prüfte und feststellen wollte, lässt sich aber weder dem Akt noch dem Ersturteil entnehmen. Soweit das Berufungsgericht meinte, dass letztlich nicht festgestellt werden könne, ob tatsächlich Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei, sind diese Bedenken somit nicht zu teilen.

[29] 3.1. Da sich der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit in einer Ausbildung im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG befand und seit diesem Zeitpunkt durchgehend im Sinn des § 252 Abs 2 Z 3 ASVG erwerbsunfähig ist, bestand seine Kindeseigenschaft auch im Zeitpunkt der Antragstellung (und darüber hinaus). Andere Umstände, die dem Anspruch des Klägers auf Waisenpension entgegen stehen könnten, brachte die Beklagte schon in der Berufung nicht vor, soweit diese von den Feststellungen ausging. Daraus folgt die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteils.

[30] 3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Kosten für das Verfahren erster und zweiter Instanz wurden nicht verzeichnet.

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