European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00050.23V.0425.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Gegenstand des Rekursverfahrens ist allein die Frage, ob ein die Ersitzung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung hinderndes Verbot dadurch vorliegt, dass die Kläger als Eigentümer des herrschenden Grundstücks nicht über die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nach § 10 Abs 2 WRG verfügen.
[2] Die Kläger sind jeweils zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, die an die im Miteigentum der Beklagten stehende Liegenschaft angrenzt. Die Rechtsvorgänger der Beklagten errichteten in Absprache mit den Rechtsvorgängern der Kläger auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück einen Brunnen, mit dem die beiden Nachbargrundstücke mit Wasser versorgt werden sollten. Der Schachtbrunnen auf dem Grundstück der Beklagten weist eine Tiefe von mehr als 10 m und einen Durchmesser von ca 1 m auf; mit ihm wird der „seicht liegende Grundwasserspiegel“ genutzt. Im Brunnen sind zwei Leitungen mit jeweils einer Stromversorgung für die im Brunnen montierte Unterwasserpumpe installiert. Eine Steigleitung führt über die Liegenschaft der Beklagten zum Haus der Kläger. Die Entnahme von Wasser aus diesem Brunnen durch die Kläger und ihre Rechtsvorgänger und dessen Leitung über den nunmehrigen Grund der Beklagten erfolgte über einen Zeitraum von weit mehr als 30 Jahren und im guten Glauben, dazu berechtigt zu sein.
[3] Die Kläger begehren die Feststellung, dass ihnen als Eigentümer des herrschenden Grundstücks und ihren Rechtsnachfolgern gegenüber den Beklagten als Eigentümern des dienenden Grundstücks und deren Rechtsnachfolgern „die Dienstbarkeit des Wasserbezuges und der Wasserleitung“ zustehe und die Beklagten schuldig seien, in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen. Soweit für das Rekursverfahren von Relevanz, brachten sie vor, es sei unrichtig, dass die Entnahme von Wasser verwaltungsrechtlich rechtswidrig sei. Daraus ergebe sich kein Ersitzungshindernis, weil die verwaltungsrechtlichen Vorschriften unabhängig von jenen des Zivilrechts zur Geltung kämen.
[4] Die Beklagten wendeten – soweit für das Rekursverfahren von Bedeutung – ein, für die Entnahme des Wassers durch die Kläger sei eine bescheidmäßige Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich, die nicht vorliege. Die Entnahme von Wasser aus dem Brunnen auf ihrer Liegenschaft sei rechtswidrig. Durch die fehlende wasserrechtliche Bewilligung für die Entnahme von Wasser durch die Kläger liege ein rechtlich unmöglicher Sachgebrauch vor, sodass die Dienstbarkeit nicht ersitzungsfähig im Sinn des § 1460 ABGB sei.
[5] Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Es bejahte die Voraussetzungen für die Ersitzung der Dienstbarkeit, der Brunnen bedürfe keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Eine Ersitzung sei nur dann nicht möglich, wenn es ein gesetzliches Verbot der Nutzungsausübung gebe, weil bei einem rechtlich unmöglichen Sachgebrauch kein ersitzungsfähiger Gegenstand im Sinn des § 1460 ABGB vorliege. Ein derartiges Ersitzungshindernis betreffend das öffentliche Wassergut sei in § 4 Abs 6 WRG normiert. Für Privatgewässer – wie den Brunnen – enthalte das Wasserrechtsgesetz keine entsprechende Norm, weshalb insoweit Ersitzung möglich sei. § 9 Abs 2 WRG stelle keine die Ersitzung hindernde Sondervorschrift dar.
[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das Ersturteil zur Verfahrensergänzung auf, weil im Klagebegehren die Lage des Brunnens und der Wasserleitung nicht näher konkretisiert sei und dies von den Klägern im fortgesetzten Verfahren zu präzisieren sei.
[7] Rechtlich führte es aus, die Mitbenutzung eines Brunnens auf fremdem Grund erfordere eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 10 Abs 2 WRG. Anders als nach § 4 Abs 6 WRG, nach dem durch Ersitzung das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht am öffentlichen Wassergut nicht mehr erworben werden könne, enthalte das Wasserrechtsgesetz für Privatgewässer keine entsprechende Norm, sodass insoweit Ersitzung möglich sei. Das Fehlen der nach § 10 Abs 2 WRG erforderlichen Bewilligungen hindere die Ersitzung nicht. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs führe die Bewilligungspflicht nach § 9 Abs 2 WRG nicht dazu, dass bei Fehlen der Bewilligung eine Ersitzung ausgeschlossen wäre. Die fehlende Bewilligung nach § 10 (Abs 2) WRG sei nicht anders zu beurteilen als jene nach § 9 (Abs 2) WRG. Die fehlende wasserrechtliche Bewilligung sei demnach kein Ersitzungshindernis. Das ergebe sich auch aus § 138 Abs 2 WRG, wonach die Wasserrechtsbehörde bei fehlender Bewilligung eine angemessene Frist zu bestimmen habe, in der entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen sei oder eine „Neuerung“ beseitigt oder eine unterlassene Arbeit nachgeholt werden müsse.
[8] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte gemäß § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO den Rekurs für zulässig, weil die Frage, ob eine fehlende wasserrechtliche Bewilligung nach § 10 Abs 2 WRG eine Ersitzung hindere, bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht geklärt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
[9] Der dagegen von den Beklagten erhobene Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
[10] 1. Das Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrecht besteht im Recht der Zu‑ und Ableitung von Wasser sowie der Errichtung und der Erhaltung der entsprechenden Anlagen auf eigene Kosten (§ 497 ABGB; 1 Ob 100/20t mwN; vgl 1 Ob 218/15p; Merth/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 497 Rz 2). Das Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrecht ist eine Felddienstbarkeit im Sinn des § 473 und des § 477 Z 2 ABGB (1 Ob 145/98z).
[11] 2. Im Rekursverfahren ist nur strittig, ob die fehlende wasserrechtliche Bewilligung nach § 10 Abs 2 WRG ein Ersitzungshindernis bildet oder nicht. Dass die sonstigen Voraussetzungen für die Ersitzung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrechts durch die Kläger vorliegen und die Klagebegehren mangels Festlegung der Lage des Brunnens und der Wasserleitung (zutreffend) einer Präzisierung bedürfen, ist kein Streitthema.
3. Rechtlicher Rahmen:
[12] 3.1. Zu den Privatgewässern gehört gemäß § 3 Abs 1 lit a WRG das in einem Grundstück enthaltene unterirdische Wasser (Grundwasser) und das aus einem Grundstück zu Tage quellende Wasser. Entscheidend für die Unterscheidung ist das Austreten (Zutagequellen) des Wassers aus dem Boden. Bei der Benutzung eines Wasservorkommens bzw bei dessen Erschließung wird zumeist darauf abgestellt, wie die Fassung erfolgt. Je nach technischer Gestaltung der Wasserfassung (oberflächennahe Fassung oder Tiefenfassung durch erhebliches Nachgraben oder durch Bohren) wird demnach entweder Tag‑ oder Grundwasser genutzt (1 Ob 69/18f; 1 Ob 134/21v, jeweils mwN).
[13] Die Kläger beziehen aus dem Brunnen das im Grundstück der Beklagten enthaltene unterirdische Wasser und damit Grundwasser (§ 3 Abs 1 lit a erster Fall WRG).
[14] 3.2. Gemäß § 5 Abs 2 WRG steht die Benutzung der Privatgewässer mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen denjenigen zu, denen sie gehören. Nutzungsbefugnisse nach dieser Bestimmung müssen nicht auf dem Eigentum am Grund, zu dem das Privatgewässer gehört, beruhen, sondern können auch auf andere Titel, wie etwa eine verbücherte Dienstbarkeit, gestützt sein (vgl 1 Ob 220/21s). Nicht in Betracht kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine bloß obligatorische Nutzungsberechtigung (VwGH 2008/07/0099 VwSlg 17884 A/2010 ua).
[15] 3.3. § 10 Abs 2 WRG normiert eine Bewilligungspflicht für die Erschließung oder Benutzung von Grundwasser und die damit im Zusammenhang stehenden Eingriffe in den Grundwasserhaushalt sowie für die Errichtung oder Änderung dafür dienender Anlagen. Bewilligungsfrei ist dabei die Entnahme von Grundwasser in gewissem Umfang durch den Grundeigentümer selbst für seinen notwendigen Haus‑ und Wirtschaftsbedarf. Die Benutzung von Grundwasser durch einen anderen als den Grundeigentümer, also etwa durch einen Servitutsberechtigten, bedarf gemäß § 10 Abs 1 und 2 WRG zusätzlich zur Einwilligung des Grundeigentümers der Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde (1 Ob 69/18f mwN; VwGH 2008/07/0099; 2013/07/0074 VwSlg 18706 A/2013). Die Kläger verfügen nicht über eine solche wasserrechtliche Bewilligung. Die Nutzung des Hausbrunnens erfolgt daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf der Grundlage des § 5 Abs 2 WRG und stellt auch keine rechtmäßig ausgeübte Wassernutzung dar (VwGH 2013/07/0074).
[16] 3.4. Bei der Nutzung eines Privatgewässers kommt einer erteilten wasserrechtlichen Bewilligung daher konstitutive Wirkung zu, das heißt, das Recht zu einer über die bewilligungsfreie Nutzung des Privatgewässers hinausgehenden Nutzung entsteht erst durch die Erteilung der Bewilligung (vgl Bachler in Oberleitner/Berger, WRG4 § 5 Rz 5; Ramsebner in Kerschner, Wasserrechtsgesetz [2022] § 5 Rz 11, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Judikatur des VwGH).
[17] 3.5. Der Dienstbarkeitsberechtigte einer Grundwassererschließung oder ‑nutzung ist berechtigt, einen Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 10 Abs 2 WRG zu stellen. Die Behörde hat im Wasserrechtsverfahren bei der Bewilligung zur Errichtung einer Wasserversorgungsanlage durch einen Dienstbarkeitsberechtigten (dieser hat gemäß § 5 Abs 2 WRG eine Nutzungsbefugnis am Grundwasser des dienenden Gutes, bedarf jedoch hiezu einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 10 WRG) den Inhalt und den Umfang der bestehenden Dienstbarkeitsberechtigung zu prüfen. Dies ergibt sich aus § 12 Abs 1 WRG, wonach das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen ist, dass das öffentliche Interesse nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden (VwGH 2008/07/0099; Merth/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 497 Rz 3).
[18] 4. Die fehlende wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 10 Abs 2 WRG hindert nicht die Ersitzung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrechts.
[19] 4.1. Ein „rechtlich unmöglicher Sachgebrauch“ ist kein ersitzungsfähiger Gegenstand im Sinn des § 1460 ABGB. Ein Dienstbarkeitsrecht, das zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts widerspricht, kann nicht ersessen werden (RS0109028 [T6]; RS0113071). Das erfordert jedoch ein unmissverständlich und zwingend angeordnetes Verbot jener Nutzungsausübung, die andernfalls zum Erwerb des dinglichen Rechts durch Ersitzung führen könnte (RS0109028 [T5]; RS0113071 [T3]). Dem ist ein ausdrückliches Ersitzungsverbot gleichzuhalten. Ein solches enthält § 4 Abs 6 WRG, der die Ersitzung von Servituten am öffentlichen Wassergut ausschließt. Beim gegenständlichen Brunnen, der Grundwasser fördert und dessen Wasser von den Klägern genutzt wird, handelt es sich jedoch um ein Privatgewässer (§ 3 Abs 1 lit a WRG).
[20] 4.2. In den Fällen, in denen gesetzliche Vorschriften kein ausdrückliches Ersitzungsverbot festlegen, hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits klargestellt, dass ein „rechtlich unmöglicher Sachgebrauch“ als Ersitzungshindernis dann vorliegt, wenn die Nutzung während des Ersitzungszeitraums gegen gesetzliche Verbote (1 Ob 262/97d: nach § 1 Abs 1 Tiroler Landes‑Polizeigesetz unzulässige Lärmentwicklung; 7 Ob 226/01p: Bausperre nach § 8 Abs 1 Wiener Bauordnung bei einem fehlenden rechtsgültigen Flächenwidmungs‑ und Bebauungsplan) oder gegen in einem Verwaltungsbescheid enthaltene Anordnungen (1 Ob 225/99s = SZ 72/162: bescheidwidrige Einleitung ungeklärter Abwässer) verstößt.
[21] 4.3. Ein die Ersitzung hinderndes Verbot liegt aber nicht schon immer dann vor, wenn gegen eine Bewilligungspflicht verstoßen wurde. Es ist vielmehr eine Wertungsfrage, ob ein konkreter Verstoß gegen eine Bewilligungspflicht einer rechtlich unmöglichen Nutzung gleichzusetzen ist. Das Verbot muss sich außerdem unmittelbar auf das ausgeübte Recht beziehen (9 Ob 52/13g = RS0113071 [T6]; 7 Ob 158/14g; Gusenleitner‑Helm in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1455 ABGB Rz 35; Ehgartner/Winkler in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 1455 Rz 4).
[22] Einschlägig ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung zu 1 Ob 89/10k. Sie betraf die Feststellung des Bestehens einer Servitut des Badestegs auf einer im Privateigentum befindlichen Grundfläche. Die Errichtung derartiger Steganlagen war zwar nach § 38 Abs 1 WRG und – seit 1. 1. 2003 (also ca zehn Jahre nach Ablauf der Ersitzungszeit) – nach § 4 lit a Kärntner Naturschutzgesetz 2002, LGBl 2002/79, bewilligungspflichtig, aber nicht verboten. Die Auffassung, diese Bewilligungspflicht sei einer gegen zwingende öffentliche Vorschriften verstoßenden und damit rechtlich unmöglichen Nutzung nicht gleichzusetzen, wurde vom Obersten Gerichtshof geteilt.
[23] 4.4. Für Privatwässer enthält das Wasserrechtsgesetz keine § 4 Abs 6 WRG entsprechende Norm, sodass insoweit Ersitzung möglich ist. So wurde etwa bereits ausgesprochen, dass die Ersitzung des Fischereirechts, soweit es sich nicht um öffentliches Wassergut handelt, grundsätzlich möglich ist (RS0010998). Gleiches gilt auch für Wasserbenutzungs‑ und Wasserleitungsrechte an privaten Tagwässern, weil § 9 Abs 2 WRG – der ebenfalls unter gewissen Umständen eine Bewilligungspflicht vorsieht – nicht als eine die Ersitzung hindernde Sondervorschrift anzusehen ist. Durch die Ersitzung wird nämlich nicht in fremde Rechte im Sinn dieser Gesetzesstelle eingegriffen, weil die Ersitzung als Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit im Sinn des § 480 ABGB anerkannt und daher nicht widerrechtlich ist (1 Ob 275/03b mwN).
[24] 4.5. Nutzungsbefugnisse gemäß § 5 Abs 2 WRG müssen nicht auf dem Eigentum am Grund beruhen, sondern können auch auf andere Titel gestützt werden. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anerkennt beispielsweise auch ein ersessenes Wasserbezugsrecht (VwGH 2000/07/0042). Gemäß § 11 Abs 1 WRG sind bei der Erteilung einer nach § 10 Abs 2 WRG – wie hier – erforderlichen Bewilligung jedenfalls der Ort, das Maß und die Art der Wasserbenutzung zu bestimmen. Gemäß § 12 Abs 1 leg cit ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105 WRG) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Nach Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung sind als bestehende Rechte im Sinn des Abs 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauchs (§ 8 WRG), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs 2 WRG und das Grundeigentum anzusehen. Gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 WRG ist bei der Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung auf den Bedarf des Bewerbers sowie auf die bestehenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere auf das nach Menge und Beschaffenheit vorhandene Wasserdargebot mit Rücksicht auf den wechselnden Wasserstand, beim Grundwasser auch auf seine natürliche Erneuerung, sowie auf möglichst sparsame Verwendung des Wassers Bedacht zu nehmen.
[25] Aus diesen Bestimmungen über die wasserrechtliche Bewilligung des Wasserbezugs- und Wasserleitungsrechts der Kläger ergibt sich kein generelles Verbot der Nutzung des Grundwassers aus dem Hausbrunnen auf der Liegenschaft der Beklagten. Vielmehr ist bei Vorliegen der Voraussetzungen eine wasserrechtliche Bewilligung durch die zuständige Wasserrechtsbehörde zu erteilen. Die fehlende wasserrechtliche Bewilligung ist demnach einer gegen zwingende öffentliche Vorschriften verstoßenden und damit rechtlich unmöglichen Nutzung nicht gleichzusetzen.
[26] 4.6. Nichts anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – aus § 138 WRG.
[27] Gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinn dieser Gesetzesstelle ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung – sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind – erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt wurde (VwGH 92/07/0098). Damit erfasst diese Bestimmung auch das Fehlen der wasserrechtlichen Bewilligung entsprechend § 10 Abs 2 WRG. In diesem Fall hätte aber, sofern die Voraussetzungen des § 138 Abs 1 WRG nicht vorliegen, die Wasserrechtsbehörde gemäß Abs 2 leg cit eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb der entweder nachträglich um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist. Damit wäre im Fall des § 10 Abs 2 WRG entsprechend § 138 Abs 2 WRG auch der Auftrag der Wasserrechtsbehörde, um eine nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen, möglich. Auch diese Bestimmung spricht gegen ein die Ersitzung hinderndes allgemeines Verbot.
4.7. Als Ergebnis ist daher festzuhalten:
[28] Das Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 10 Abs 2 WRG hindert nicht die Ersitzung eines Wasserbenutzungs‑ und Wasserleitungsrechts an einem Hausbrunnen auf einer benachbarten Liegenschaft.
[29] 5. Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.
[30] 6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO (RS0035976).
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