OGH 1Ob100/20t

OGH1Ob100/20t22.7.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H* W*, und 2. C* W*, vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. W* S*, und 2. H* S*, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung und Einverleibung von Dienstbarkeiten, Entfernung und Unterlassung, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. März 2020, GZ 4 R 6/20k‑37, womit aus Anlass der Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Oktober 2019, GZ 14 Cg 102/17p‑33, im klagestattgebenden Teil betreffend die Einverleibung des Wasserbezugsrechts samt des vorangegangenen Verfahrens als nichtig aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129042

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss (Punkt I. der Entscheidung) wird einschließlich der gesamten Kostenentscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und diesem insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Begründung:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft (EZ 1), bestehend aus den Grundstücken 38/2 und 52, auf der sich ein Haus befindet. Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer einer anderen Liegenschaft (EZ 40), zu deren Gutsbestand unter anderem die Grundstücke 50/1, 55/1 und 56/2 gehören.

Bis zum Jahr 1932 standen die heutigen Liegenschaften EZ 1 und EZ 40 im Eigentum eines Ehepaares und bildeten eine wirtschaftliche Einheit. Mit Kaufvertrag vom 17. 8. 1932 verkauften die Ehegatten aus der damaligen EZ 1 verschiedene Grundstücke, für die die nunmehrige EZ 40 eröffnet wurde, an drei Geschwister und behielten unter anderem die Bauparzelle .7 mit dem darauf errichteten Haus und weitere Grundstücke. Im Punkt V. dieses Kaufvertrags wurde Folgendes vereinbart:

„Die Verkäufer behalten sich für sich und ihre Rechtsnachfolger das immerwährende und unentgeltliche Recht vor, aus der Brunnenleitung der Käufer im Hause Nr. 1 das für den Haus‑ und Gutsbedarf erforderliche Wasser zu beziehen mit der Verpflichtung, bei größeren Reparaturen zur Instandhaltung der Wasserleitung jährlich zwei Tagschichten und im Bedarfsfalle ein Drittel der notwendigen Brunnenrohre beizustellen.

...“

Mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom 7. 10. 1932 wurde unter anderem die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs im Sinn des Punkts V. des Kaufvertrags im Lastenblatt der neu eröffneten Grundbuchseinlage als dem dienenden Gut zu Gunsten der jeweiligen Besitzer der Liegenschaften EZ 1 und 33 als den herrschenden Gütern bewilligt und diese unter C‑LNr 8 der EZ 40 einverleibt. Im Gutsbestandsblatt der EZ 1 und 33 wurde die Ersichtlichmachung der diesbezüglichen Rechte bewilligt.

Mit Kaufvertrag vom 2. 1. 1970 verkaufte die Rechtsnachfolgerin des vorstehend genannten Ehepaares aus der EZ 1 die Parzellen 38/2 (Wiese) und 52 (Acker) einschließlich der Baufläche .7 samt Haus an zwei Käufer, von denen die Kläger die Liegenschaft im Jahr 1988 erwarben. Bei Abschluss des letztgenannten Kaufvertrags war im A2‑Blatt der EZ 1 die Grunddienstbarkeit des Wasserbezugs ersichtlich gemacht. Eine solche Eintragung der Grunddienstbarkeit des Wasserbezugs findet sich auch im aktuellen Grundbuchsauszug.

Das Grundstück 55/3 wurde aus dem Gutsbestand der EZ 40 beim Verkauf an einen Dritten neu gebildet und dabei auch die Dienstbarkeit des Wasserbezugs für die jeweiligen Eigentümer der EZ 1 mitübertragen und im Lastenblatt einverleibt.

Die Zweitbeklagte wurde nach dem Tod ihres Vaters im Jahr 1994 als Erbin Eigentümerin der EZ 40 und schenkte 2008 dem Erstbeklagten einen Hälfteanteil ihrer Liegenschaft.

Im C‑Blatt der EZ 40 ist die Dienstbarkeit des Wasserbezugs für die EZ 1 seit der Grundbuchsumstellung nicht mehr einverleibt. Bei der Grundbuchsumstellung in den 1980er Jahren wurde vergessen, die im Lastenblatt der EZ 40 einverleibte Dienstbarkeit des Wasserbezugs in das ADV‑Grundbuch zu übernehmen. Die vom zuständigen Bezirksgericht versuchte amtswegige Berichtigung scheiterte an den erfolgreichen Rekursen der Beklagten. Das Landesgericht Salzburg als Rekursgericht kam zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Berichtigung nach § 104 Abs 3 GBG nicht vorlägen und die nachträgliche Einverleibung der anlässlich der Umstellung vergessenen Dienstbarkeit im Wege des § 21 GUG nach Ablauf der sechsmonatigen Frist nicht mehr möglich wäre, weil dadurch in das Eigentumsrecht des Erstbeklagten, der im Jahr 2008 Hälfteeigentümer wurde, eingegriffen würde.

Im Jahr 1932 hatte nach grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrags die neugebildete EZ 40 im Nahbereich des Grundstücks 52 (der nunmehrigen Kläger) von Westen nach Osten gesehen aus den Grundstücken 53, 49, 50 und 56 bestanden. Eine gemeinsame Grenze bestand damals zwischen den Grundstücken 52 und 53, nicht jedoch zwischen dem Grundstück 52 und den Grundstücken 49, 50 und 56.

In der Folge kam es zu Veränderungen in Form, Gestaltung und Größe der ursprünglichen Grundstücke 53, 49, 50 und 56. Die heutigen Grundstücke 49/1, 50/1, 55/1, 55/4, 56/2 und 56/3 (der nunmehr Beklagten) liegen bis auf eine kleine Teilfläche aus dem jetzigen Grundstück 50/1 innerhalb der durch die vormaligen Grundstücke 49, 50, 53 und 56 gebildeten Fläche.

Die Quelle entspringt auf dem im Eigentum Dritter stehenden Grundstück 94/1, von dort führt die Wasserleitung zu einem Sammelfass auf dem Grundstück 55/3 (dieses steht im Eigentum eines weiteren Dritten), von wo die Leitung über das Grundstück 55/3 und die Parzellen 56/2 und 55/1 der Beklagten bis zum im Jahr 2002 neu errichteten Stahlsammelbehälter auf Parzelle 50/1 verläuft. Von diesem Sammelbehälter führen die Leitungen zu den einzelnen Wasserbeziehern, so auch zu den Klägern. Nach dem aktuellen Grundbuchsauszug handelt es sich beim Grundstück 55/1 weit überwiegend um Wald; die Grundstücke 56/2 und 50/1 weisen in (sehr) untergeordnetem Umfang Wald(‑flächen) auf.

Die Kläger begehren – soweit für das Rekursverfahren von Relevanz – die Einwilligung der Beklagten zur Einverleibung „des Rechts des Wasserbezugs [...], dies jeweils zu Gunsten der Grundstücke 52 sowie 38/2 im Gutsbestand der EZ 1 laut Punkt V. des Kaufvertrags vom 17. 8. 1932 auf den Grundstücken [...] 50/1, 55/1 und 56/2 im Gutsbestand der EZ 40 der Beklagten“. Die im Kaufvertrag aus dem Jahr 1932 vereinbarte Dienstbarkeit sei von ihnen und ihren Rechtsvorgängern jahrzehntelang unbeanstandet ausgeübt worden. Die Dienstbarkeit des Wasserbezugs bzw der Wasserleitung aus einer Quelle, die auf einer im Eigentum eines Dritten stehenden Liegenschaft entspringe und dann über die Liegenschaft der Beklagten verlaufe, sei zur Versorgung ihrer Liegenschaft seit jeher in der Natur ersichtlich durch Hochbehälter und Becken. Die Formulierung im Kaufvertrag aus dem Jahr 1932 beziehe sich auf die Brunnenleitung zur Versorgung des Hauses der Beklagten, die über einen Hochbehälter erfolge, von dem neben einer Reihe anderer Liegenschaften auch ihre Liegenschaft immer und seit Mitte der 1950er Jahre über eine Pumpe mit Wasser versorgt werde. Der Wasserbezug für ihre Liegenschaft sei jahrzehntelang in diesem Sinn ausgeübt worden. Zweck der Dienstbarkeit sei immer der gewesen, dass das Wasser für sie aus der Leitung, die zur Versorgung der Liegenschaft gedient habe, entnommen werden sollte. Eine mögliche Änderung des Verlaufs und der Lage der Wasserleitung im Laufe der Zeit sei in Betracht gezogen worden, weshalb die Grundlage des Dienstbarkeitsrechts gewesen sei, die gesamte Liegenschaft im Eigentum der Beklagten zu belasten und sicherzustellen, dass unabhängig vom konkreten Verlauf der Leitung im Laufe der Jahrzehnte jedenfalls immer von Klagsseite Wasser entnommen werden könne. Insofern verbiete es sich, die Dienstbarkeit auf ein bestimmtes oder mehrere bestimmte Grundstücke einzuschränken, weil der Verlauf derzeit über diese Grundstücke gehe. Es müsse auch zukünftigen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Im Zuge der Grundbuchsumstellung sei es im Verantwortungsbereich des zuständigen Bezirksgerichts ohne Zutun der Streitteile dazu gekommen, dass die bis dahin einverleibte Grundbuchsbelastung nicht in das neue Grundbuch mitübertragen worden sei. Der Versuch einer amtswegigen Berichtigung dieses Fehlers durch das Grundbuchsgericht sei an einem erfolgreichen Rekurs der Beklagten gescheitert. Durch den Grundbuchsfehler werde aber der materielle Bestand ihres Servitutsrechts nicht in Frage gestellt.

Die Beklagten wendeten ein, dass die Aufsandungserklärung im Kaufvertrag aus dem Jahr 1932 untauglich gewesen sei, um eine Grundbuchseintragung zu begründen. Im Zuge der Umstellung auf das elektronische Grundbuch beim Bezirksgericht sei die Übertragung der in EZ 40 einverleibten Dienstbarkeit des Wasserbezugs gemäß § 19 Abs 2 GUG unterblieben, weil mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen gewesen sei, dass die Dienstbarkeit gemäß § 131 Abs 2 GBG gegenstandslos geworden sei. Zum Zeitpunkt der Grundbuchsumstellung habe das Wasserbezugsrecht längst nicht mehr existiert. Das Begehren der Kläger auf Einverleibung der Dienstbarkeit an der gesamten EZ 40 zugunsten der gesamten EZ 1 sei unzulässig und widerspreche § 12 Abs 1 und 2 GBG.

Im Kaufvertrag aus dem Jahr 1932 sei den Verkäufern lediglich ein Wasserentnahmerecht aus der Brunnenwasserleitung in dem auf Bauparzelle .8 befindlichen Haus eingeräumt worden. Eine Belastung der Grundstücke 50/1 und 55/1 mit einem Wasserleitungsrecht sei 1932 nie beabsichtigt gewesen. Beim Grundstück 55/1 handle es sich um „Wald“, weshalb gemäß dem kaiserlichen Patent vom 5. 7. 1853 die Begründung von Feldservituten der Entscheidung der Agrarbehörde vorbehalten sei. Der Vertrag aus 1932 sei nie agrarbehördlich genehmigt worden, weil kein Waldgrundstück hätte belastet werden sollen. Die von den Klägern angesprochene Quelle samt Wasserfassung liege auf dem im Eigentum Dritter stehenden Grundstück 94/1. Von dort führe eine Leitung zu einem Sammelfass an der Grenze der Grundstücke 55/1 und 55/3, wo das Wasser zusammengefasst und über eine Schlauchleitung über die Grundstücke 55/1 und 50/1 zu einem vor ca 15 Jahren neu errichteten Stahlsammelbehälter führe, der insgesamt sechs Wasseranschlüsse aufweise. Aus diesem Wasserbehälter werde auch das Haus der Kläger versorgt. Diese Wasserversorgungsanlage habe mit der im Vertrag aus 1932 angesprochenen Dienstbarkeit nichts mehr zu tun. Die vertragliche Dienstbarkeit sei seit mehr als 30 Jahren nicht mehr ausgeübt worden und daher verjährt.

Das Erstgericht verpflichtete – soweit für das Rekursverfahren von Relevanz – die Beklagten, in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs gemäß Punkt V. des Kaufvertrags auf ihren Grundstücken 50/1, 56/2 und 55/1 im Lastenblatt der EZ 40 zugunsten der EZ 1 der Kläger einzuwilligen und sämtliche erforderliche Erklärungen und Unterschriften über Aufforderung und sei es auch in beglaubigter Form abzugeben (Urteilsspruch I.1.1.). Die Eigentümer der Liegenschaft EZ 1 hätten aufgrund der Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs mit Beschluss des Grundbuchsgerichts vom 7. 10. 1932 dieses dingliche Recht erworben. Diese Dienstbarkeit sei durch die irrtümlich unterbliebene Aufnahme in das Lastenblatt der EZ 40 des ADV‑Grundbuchs nicht erloschen. Die Versäumung der sechsmonatigen Frist nach § 21 Abs 3 GUG habe nur Auswirkungen auf das materielle Publizitätsprinzip. Für eine Verjährung des Wasserbezugsrechts gebe es keine Anhaltspunkte. Das Wasserbezugsrecht umfasse auch die Wasserleitungen vom Ursprung der Quelle bis zum Sammelbecken, was sich schon daraus ergebe, dass die Eigentümer der EZ 1 vertraglich zum Beitrag zur Instandhaltung der Wasserleitung verpflichtet seien. Belastete Grundstücke könnten aber auch im Sinn des Punkts V. des Kaufvertrags aus dem Jahr 1932 nur jene sein, über die die Wasserleitung führe. Das seien die nunmehrigen Parzellen 56/2, 55/1 und 50/1. Die von der Beklagten reklamierte Zuständigkeit der Agrarbehörde scheitere „schon daran, dass eine Neubegründung von Feldservituten nicht“ erfolge.

Aus Anlass der Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren zum Teil als nichtig auf und wies das Klagebegehren auf Zustimmung zur Einverleibung des Wasserbezugsrechts wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück (Spruchpunkt I.). Rechtlich führte es aus, es könne davon ausgegangen werden, dass es sich bei den dienenden Grundstücken „(zumindest überwiegend)“ um Wald oder einen der Waldkultur gewidmeten Boden handle. Die Kläger behaupteten ein räumlich nicht beschränktes Wassernutzungs- bzw Wasserleitungsrecht. Damit machten sie eine Felddienstbarkeit (vgl § 477 Z 2 ABGB) geltend. Unter Felddienstbarkeiten im Sinn des § 1 (Abs 1) Z 3 sbg EinforstungsrechteG seien Waldbodenbenützungsrechte, wie zB Wasserleitungsrechte oder Quellfassungsrechte, zu verstehen. Die Kläger behaupteten daher ein Nutzungsrecht im Sinne des sbg EinforstungsrechteG, über dessen Bestand nach § 47 Abs 2 leg cit die Agrarbehörde zu entscheiden habe. Der Rechtsweg sei daher unzulässig. Nach § 2 Abs 2 sbg EinforstungsrechteG könne die Neubegründung solcher Nutzungsrechte durch Rechtsgeschäft nur erfolgen, wenn eine Genehmigung der Agrarbehörde erteilt werde. Hier sei aber der Bestand und nicht die Neubegründung eines Nutzungsrechts im Sinn des § 1 Abs 1 Z 3 sbg EinforstungsrechteG strittig. Nach § 47 Abs 2 sbg EinforstungsrechteG sei die Agrarbehörde mit Ausschluss des Rechtswegs zur Entscheidung über die Frage des Bestands von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet seien, ausschließlich zuständig. Daher sei aus Anlass der Berufung der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO wahrzunehmen, das erstinstanzliche Urteil in diesem Umfang aufzuheben und die Zurückweisung der Klage auszusprechen (§ 478 Abs 1 ZPO).

Gegen diesen Beschluss (Punkt I. der Entscheidung) richtet sich der – richtig (siehe § 519 Abs 1 Z 1 ZPO) – Rekurs der Kläger mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Wenn (wie im vorliegenden Fall) das Berufungsgericht unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Urteils die Klage zurückweist, ist der Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls, also unabhängig vom Streitwert und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, anfechtbar (RIS‑Justiz RS0043861; RS0043886).

2. Nach § 47 Abs 2 Salzburger Einforstungsrechtegesetz (sbg EinforstungsrechteG; LGBl 1986/74) in der geltenden Fassung entscheidet die Agrarbehörde „auch außerhalb eines Verfahrens zur Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluß des Rechtsweges über die Frage des Bestandes von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind“. Diese Regelung geht auf § 2 des Gesetzes vom 2. 5. 1919 wirksam für das Land Salzburg, betreffend die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Behandlung der nach dem kaiserlichen Patente vom 5. 7. 1983, RGBl 130, der Ablösung oder Regulierung unterliegenden Rechte, LGBl 1919/57, zurück und wurde für den Bund erstmals in § 33 Abs 2 der – später mit dem WWSGG wiederverlautbarten – Verordnung BGBl 1933/307 angeordnet. Mit Art 151 Abs 63 Z 4, BGBl I 2019/14, trat das WWSGG außer Kraft. Mit dem weiterhin in Kraft stehenden § 47 Abs 2 sbg EinforstungsrechteG wird die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Bestand solcher „Nutzungsrechte“ umfassend vor die Agrarbehörde verwiesen; der Rechtsweg ist daher unabhängig davon unzulässig, ob solche Rechte aus dogmatischer Sicht zivil‑ oder öffentlich‑rechtlichen Charakter haben. Wann immer sich ein Kläger auf ein Recht stützt, das in der Sache ein „Nutzungsrecht“ im Sinn des sbg EinforstungsrechteG ist, gehört die Rechtssache vor die Agrarbehörde (RS0126194).

3. Der für die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheidende Begriff des „Nutzungsrechts“ wird in § 1 Abs 1 sbg EinforstungsrechteG definiert. Nutzungsrechte sind nach § 1 Abs 1 Z 3 leg cit „Feldservituten, bei denen das dienstbare Gut Wald oder der Waldkultur gewidmeter Boden ist, mit Ausnahme der Wegerechte“. Das 1932 in Salzburg in Geltung stehende kaiserliche Patent vom 5. 7. 1853, RGBl 1853/130 (kurz: Servitutenpatent), erfasste in § 1 Z 3 lit a „Feldservituten“, bei denen […] das dienstbare Gut, Wald oder zur Waldkultur gewidmeter Boden ist“. § 43 des Servitutenpatents ordnete an, dass solche Rechte „später überhaupt nicht anders, als durch einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, eine letzte Willens‑Erklärung, oder einen bei der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruch nur unter der Bedingung erworben werden, daß die eingeräumte Dienstbarkeit von der Behörde mit den Landesculturs‑Rücksichten vereinbar erkannt und deren Ausübung zugelassen werde“. Ähnlich bestimmt § 2 Abs 2 sbg EinforstungsrechteG, dass die Neubegründung solcher Nutzungsrechte durch Rechtsgeschäfte nur erfolgen kann, wenn sie mit den Rücksichten auf die Landeskultur vereinbar ist und von der Agrarbehörde genehmigt wird.

Die Kläger begehren als Rechtsnachfolger der Verkäuferin im Liegenschaftseigentum gemäß Punkt V. des Kaufvertrags vom 17. 8. 1932 von den Rechtsnachfolgern der Käufer (den Beklagten) die Einverleibung des Wasserbezugsrechts zugunsten ihrer Liegenschaft auf den Grundstücken 50/1, 56/2 und 55/1 der Beklagten. Das im Kaufvertragvereinbarte Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrecht besteht im Recht der Zu‑ und Ableitung von Wasser sowie der Errichtung und der Erhaltung der entsprechenden Anlagen auf eigene Kosten (vgl § 497 ABGB; 1 Ob 218/15p; Merth/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 497 Rz 2; Risak in Schwimann/Neumayr, ABGB‑TaKom4 § 497 Rz 1). Das Wasserleitungsrecht ist kraft der Legaldefinition des § 477 Z 2 ABGB eine Felddienstbarkeit.

Feldservituten im Sinn des § 1 Z 3 lit a Servitutenpatent und § 1 Abs 1 Z 3 sbg EinforstungsrechteG sind nur dann als Einforstungsrechte im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen, wenn das dienende Gut (die belastete Grundfläche) zum Zeitpunkt der Entstehung des Rechts Wald oder der Waldkultur gewidmeter Boden war.

4. Da die Kläger die Einverleibung der Feldservitut des Wasserbezugsrechts gestützt auf die Vereinbarung ihrer Rechtsvorgänger aus dem Jahr 1932 begehren, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht maßgeblich, welche Nutzungsart die Grundstücke 50/1, 56/2 und 55/1 nach dem aktuell vorliegenden Grundbuchsauszug aufweisen. Entscheidend ist allein, ob im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die durch die Dienstbarkeit belasteten Grundstücke aus Wald bzw Waldboden im Sinn der genannten Bestimmungen bestanden und daher zu diesem Zeitpunkt die Begründung einer Servitut nur unter Mitwirkung der Agrarbehörde möglich gewesen wäre (§ 2 sbg Gesetz LGBl 1919/57).

Sollte sich herausstellen, dass sich die 1932 getroffene Vereinbarung auf Grundstücke bezieht, die weder Wald noch zur Waldkultur gewidmeter Boden waren, hätten die Rechtsvorgänger der Parteien – die damaligen Vertragsparteien – weder damals ein Einforstungsrecht im Sinn von § 1 Z 3 lit a Servitutenpatent begründet noch wäre nunmehr der Bestand eines Nutzungsrechts im Sinn des § 1 Abs 1 Z 3 sbg EinforstungsrechteG zu beurteilen und damit auch nicht nach § 47 Abs 2 leg cit die Zuständigkeit der Agrarbehörde bei Ausschluss des Rechtswegs gegeben.

5. Da Feststellungen zur Beurteilung fehlen, ob sich die 1932 vereinbarte Grunddienstbarkeit des Wasserbezugs auf Wald bzw zur Waldkultur gewidmeten Boden bezog, ist das Verfahren des Berufungsgerichts ergänzungsbedürftig.

Hilfreich für diese Beurteilung könnten etwa der entsprechende Grundbuchsbeschluss, der Grundsteuerkataster und historische Orthofotos sein. Die Beurteilung kann zB auch durch Einsichtnahme in Grundstücksverzeichnisse, Chroniken, Akten der Gewerbebehörde und Sachverständigengutachten aus der Zeit der getroffenen Vereinbarung oder der Errichtung der Regulierungsurkunde erfolgen. Unter Feldservituten (im Sinn des § 1 Z 3 lit a Servitutenpatent und § 1 Abs 1 Z 3 sbg EinforstungsrechteG) sind Waldbodenbenützungsrechte wie zB Wasserleitungsrechte oder Quellfassungsrechte zu verstehen. Eine Unterscheidung zwischen Wald und Waldboden war notwendig, weil weder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Servitutenpatents noch zum Zeitpunkt der Erstfassung des Einforstungsrechtegesetzes eine Walddefinition im ForstG enthalten war (vgl Reichsforstgesetz 1852). Unter Wald im Sinn dieser Bestimmungen ist eine bestockte Fläche zu verstehen, unter Waldboden vorübergehend oder dauernd unbestockte Flächen, die im Zusammenhang mit der Waldnutzung „gestanden“ sind (vgl Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz mit Kommentar [2003], Anmerkung zu § 1 Abs 1 Z 3, S 29 f).

Nach den getroffenen Feststellungen war das nunmehrige Grundstück 55/1 1932 Teil der Grundstücke 49, 50 und 53 der Rechtsvorgänger der Beklagten. Die nunmehrigen Grundstücke 56/2 und 55/1 waren früher Teil des Grundstücks 56 der Rechtsvorgänger der Beklagten. Im Beschluss des Grundbuchsgerichts vom 7. 10. 1932 ist zur Nutzungsart der von der Dienstbarkeit betroffenen Grundstücke ausgeführt, dass es sich beim Grundstück 49 um eine Wiese, beim Grundstück 50 um einen Acker und bei den Grundstücken 53 und 56 jeweils um Weide handelte. Die Begründung im Beschlusskönnte ein Anhaltspunkt sein, dass die belasteten Grundstücke anlässlich der Vereinbarung nicht Wald oder Waldboden waren.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen (aufgrund der Erörterung mit den Parteien und eigener Erhebungen oder allenfalls im Wege eines ersuchten Richters nach § 473 Abs 2 ZPO) zu treffen und auf dieser Grundlage (in Beachtung der vorstehenden rechtlichen Vorgaben) neu zu entscheiden haben.

6. Der Kostenvorbehalt (auch hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz durch das Berufungsgericht) beruht auf § 52 ZPO.

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