OGH 9Ob90/22h

OGH9Ob90/22h24.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Thunhart in der Rechtssache der klagenden Partei E* GmbH, FN *, vertreten durch Dr. Michaela Moser-Maschke, Rechtsanwältin in Radstadt, gegen die beklagte Partei A* S*, vertreten durch Mag. Alois Pirkner, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen 5.609,40 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 30. Mai 2022, GZ 53 R 71/22f‑18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Tamsweg vom 20. Jänner 2022, GZ 2 C 142/21k‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00090.22H.1124.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Beklagte ist Eigentümer von 1.166/1.870 Anteilen der Liegenschaft KG * EZ * Bezirksgericht Tamsweg mit der Liegenschaftsadresse *, M* (im Folgenden kurz Liegenschaft).

[2] Über Ersuchen des Beklagten besichtigte der Geschäftsführer der Klägerin, ein Bauunternehmen, die auf der Böschung der Liegenschaft befindliche, aus Holzstämmen gefertigte Stützwand. An dieser Besichtigung nahm nur der Beklagte teil, weitere Miteigentümer der Liegenschaft nahmen nicht teil. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte dem Beklagten mit, dass die Stützwand seiner Ansicht nach abgerissen werden müsse. Im Zuge dieser Gespräche teilte der Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin weder mit, dass die Liegenschaft im Eigentum weiterer Miteigentümer stehe, noch dass er im Namen der Miteigentümer der Liegenschaft auftrete.

[3] Am 3. 2. 2020 übermittelte der Beklagte von seiner E-Mail-Adresse „a*.s*@aon.at “ ein E-Mail an die Klägerin mit dem Ersuchen um eine unverbindliche Kostenschätzung für die Abtragung der Stützwand an der Südseite seines Parkplatzes. Auf dieser Parzelle befänden sich die Parkplätze der Miteigentümer, die bei ihm Wohnungen gekauft hätten. Die Kosten für die Abtragungseien von den Besitzern der dort eingetragenen Parkplätze zu leisten. Er benötige eine Kostenschätzung, weil er mit den Miteigentümern die Kostenaufteilung, sowie die Vergabe der Neuerrichtung der Stützwand besprechen wolle.

[4] Am 17. 2. 2020 übermittelte die Klägerin dem Beklagten ein Angebot, adressiert an „Gasthof S*, z.Hd. Hr. A* S*“. In einem E-Mail vom 5. 4. 2020 ersuchte der Beklagte um eine Bestätigung, dass die Stützwand so instabil sei, dass eine Sanierung nicht machbar und nur ein Abtragen und Wiederaufbau wirtschaftlich sinnvoll sei. Die Kosten würden von den Wohnungseigentümern aus dem Reparaturfonds getragen werden. Mit E-Mail vom 7. 4. 2020 übermittelte die Klägerin dem Beklagten ein an ihn gerichtetes Antwortschreiben. Mit E-Mail vom 9. 4. 2020 ersuchte der Beklagte die Klägerin, die Rechnung an die Eigentümergemeinschaft M* auszustellen.

[5] Nach Auftreten von Starkregen im Juni 2020 erteilte der Beklagte der Klägerin telefonisch den Auftrag zum Abriss der Stützwand. Zwischen 16. und 18. 6. 2020 führte die Klägerin ordnungsgemäß die entsprechenden Arbeiten zur Abtragung der Stützwand aus. Der Ansprechpartner vor Ort für die Mitarbeiter der Klägerin war der Beklagte, welcher auch die Arbeitsscheine der Klägerin, ausgestellt auf den Empfänger „S* A*“, unterzeichnete.

[6] Über Ersuchen des Beklagten stellte die Klägerin in der Folge an alle Miteigentümer je eine Rechnung über 1.200 EUR brutto aus. Da jedoch nur der Beklagte die Rechnung bezahlte, stellte die Klägerin am 17. 4. 2021 eine an den Beklagten adressierte Rechnung über den Gesamtbetrag von 6.809,40 EUR brutto aus. Der Beklagte leistete keine weitere Zahlung an die Klägerin. Für dieBauarbeiten haftet ein Werklohn von restlich 5.609,40 EUR offen aus.

[7] Die Vorinstanzengaben dem Klagebegehren, soweit es auf die Zahlung des offenen Werklohns gerichtet war, statt. Da der Beklagte weder ausdrücklich offengelegt habe, dass er den Werkauftrag für die Eigentümergemeinschaft erteilt habe, noch der Geschäftsführer der Klägerin aus den Gesamtumständen vom behaupteten Vertretungsverhältnis ausgehen habe müssen, sei – im Zweifel – von einem Eigengeschäft des Beklagten auszugehen.

[8] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich zugelassen, weil es die Frage, inwiefern das behauptete Vertretungsverhältnis aus den Umständen erkennbar gewesen wäre, insbesondere auch ob eine Anweisung des Beklagten zur Adressierung der Rechnungslegung an alle Miteigentümer auf einen Auftrag seitens der Wohnungseigentümer schließen lasse, falsch gelöst haben könnte.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision des Beklagten ist entgegen dem– den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

[10] 1. Der Wille, im Namen eines Anderen zu handeln, muss im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (Offenlegungsprinzip; RS0088884; RS0019558; RS0019427). Ist der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar, kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten, das Geschäft kommt dann – im Zweifel – mit ihm selbst zustande (RS0019540 [T9]). Liegt – wie hier – ein ausdrückliches Handeln im fremden Namen nicht vor, bedarf es in jedem Einzelfall der sorgfältigen Prüfung, wie der Dritte – von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen – das Auftreten des Handelnden verstehen musste (RS0019516; vgl RS0113932; RS0014156). Die Beurteilung der Frage, ob nach den festgestellten Umständen im eigenen oder fremden Namen gehandelt wurde, bildet im Hinblick auf ihre Einzelfallbezogenheit im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 2 ZPO (vgl RS0108494). Dies ist auch hier der Fall.

[11] 2. In seiner Revision sieht der Beklagte insofern ein Abweichen des Berufungsgerichts von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Offenlegungsgrundsatz, weil die Klägerin trotz gegenteiliger Korrespondenz vor der Auftragserteilung und trotz ursprünglicher Rechnungslegung erkennen hätte müssen, dass er für die Eigentümergemeinschaft gehandelt habe. Dabei lässt der Beklagte aber die festgestellten Gesamtumstände der Auftragserteilung außer Acht, wonach er immer alleine und persönlich mit der Klägerin in Kontakt getreten war. Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, reicht es grundsätzlich weder für die Offenlegung der Vollmacht noch für die (objektive) Erkennbarkeit eines Vertretungsverhältnisses aus, wenn der Vertragspartner den Wunsch äußert, dass die Rechnung an einen anderen gesendet werden soll (2 Ob 236/14s Pkt 3.3 mwN). Umstände, die die Klägerin verpflichtet hätten, sich über den Namen ihres Geschäftsherrn zu erkundigen, lagen entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers im konkreten Fall nicht vor. Ein mit der Entscheidung 6 Ob 69/04x vergleichbarer Sachverhalt ist nicht gegeben.

[12] 3. Die in der Revision gewünschte Anwendung der Rechtsprechung, wonach der Vertrag auch dann mit dem Vertretenen zustande kommt, wenn der Vertreter zwar Auftrag und Vollmacht hat, den Vertrag im Namen des Vertretenen abzuschließen, das Vertretungsverhältnis aber erst nach Erstellung der Rechnung dadurch offenlegt, dass er den Geschäftspartner auffordert, die Rechnung an den Vertretenen zu adressieren, sofern der Geschäftspartner dieser Aufforderung nachkommt (RS0114656), scheitert hier schon daran, dass gar nicht feststeht, dass der Beklagte Auftrag und Vollmacht der Eigentümergemeinschaft hatte, den Werkauftrag für die Abbrucharbeiten der Stützwand zu erteilen.

[13] Die Revision des Beklagten ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[14] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 4150 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).

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