European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00006.22P.0913.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Rekurse werden zurückgewiesen.
Dem Erstgericht wird die Fällung einer Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens an den Obersten Gerichtshof aufgetragen.
Begründung:
[1] Der Drittbeklagte ist Unternehmer und war bis November 2017 Komplementär sowohl der erst‑ als auch der zweitbeklagten Kommanditgesellschaft; seither hat die Fünftbeklagte diese Position inne. Mit Sacheinlagevertrag vom 28. Mai 2014 brachte der Drittbeklagte die in seinem Eigentum stehenden und mit mehreren Pfandrechten zugunsten der viertbeklagten Bank belasteten Liegenschaften EZ 622 KG * und EZ 481 KG * in die Gesellschaften ein. Das Eigentum der Erstbeklagten an der EZ 622 und jenes der Zweitbeklagten an der EZ 418 wurde aber erst im Jahr 2017 im Grundbuch eingetragen.
[2] Bereits zuvor (im März 2015) schlossen die Erst- und die Zweitbeklagte unter Beitritt des Drittbeklagten (als damaligen bücherlichen Eigentümer) mit zwei Käufern einen (gemeinsamen) Kaufvertrag, mit dem sie die Liegenschaften um je 1,75 Mio EUR (an jeweils einen Käufer) verkauften. Der Kaufvertrag stand unter der Bedingung, dass die Viertbeklagte gegen Zahlung eines Teils des Kaufpreises von 3 Mio EUR binnen einer bestimmten Frist in die Löschung der auf den Liegenschaften haftenden Pfandrechte einwilligt und den Drittbeklagten diesbezüglich aus seiner persönlichen Haftung entlässt. Nach der Vereinbarung sollte der Kaufvertrag bei Nichterfüllung der Bedingung automatisch und ohne Setzung einer Nachfrist oder sonstigen Erklärung aufgelöst sein.
[3] Zur Abwicklung des Kaufvertrags bestellten die Käufer, die Erst-, die Zweit- und der Drittbeklagte einen Notar zum Treuhänder, der im Wesentlichen die Kaufpreise (3,5 Mio EUR) entgegennehmen und damit – sofern keine Auflösung des Kaufvertrags erfolgt – die Lastenfreistellung der Liegeschaften bewirken sowie die zur anschließenden Umsetzung des Kaufvertrags im Grundbuch notwendigen Urkunden an einen dazu beauftragten Rechtsanwalt übergeben sollte. Nachdem die Käufer insgesamt 3,5 Mio EUR an den Treuhänder überwiesen hatten, zahlte dieser noch vor Ablauf der Frist zur Erfüllung der Bedingung 3 Mio EUR an die Viertbeklagte und weitere insgesamt 41.628,85 EUR zur Begleichung von Steuern, Kosten der Vertragserrichtung etc an diverse Gläubiger. Die Bedingung trat in der Folge nicht fristgerecht ein, sodass die Einverleibung des Eigentums der Käufer scheiterte; sie erhielten auch den erlegten Kaufpreis nicht zurück. Hingegen wurden die Pfandrechte an den Liegenschaften (aufgrund der bereits erfolgten Zahlung an die Viertbeklagte) im Grundbuch gelöscht.
[4] Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz zu 39 Cg 6/16f (künftig: Vorverfahren) wurde der Treuhänder zur Zahlung eines Teilschadenersatzes von 500.000 EUR samt Zinsen nach § 456 UGB an den dort klagenden Käufer verurteilt und festgestellt, dass der Treuhänder diesem für alle weiteren Schäden aus der Verletzung seiner Treuhandpflichten hafte. Nach dem Inhalt des Urteils hat er durch die verfrühte Auszahlung eines Großteils des erlegten Kaufpreises gegen seine Pflichten als Treuhänder verstoßen. Der dadurch entstandene Schaden, dass deswegen das Eigentumsrecht der Käufer nicht im Grundbuch einverleibt werden konnte und ihnen auch der erlegte Kaufpreis nicht refundiert wurde, sei durch Zahlung eines dem Kaufpreis entsprechenden Ersatzbetrags auszugleichen.
[5] Auf Grundlage dieses Sachverhalts begehrt die Klägerin als (Berufs‑)Haftpflichtversicherer des Treuhänders nunmehr jeweils zur ungeteilten Hand von allen fünf Beklagten 3 Mio EUR sA und weitere 41.628,85 EUR sA von der Erst‑, der Zweit‑, dem Dritt‑ und der Fünftbeklagten. Soweit hier noch von Interesse brachte sie vor, aufgrund des Ausgangs des Vorverfahrens die Forderungen der Käufer eingelöst und 3.041.628,85 EUR zuzüglich Zinsen an diese gezahlt zu haben, womit sie gemäß § 67 VersVG in alle Ansprüche ihres Versicherungsnehmers eingetreten sei. Von der Legalzession seien sämtliche Forderungen erfasst, die daraus resultieren, dass die Erst‑, die Zweit‑ und (damals noch) der Drittbeklagte aufgrund der vom Treuhänder vorgenommenen Überweisung von 3 Mio EUR an die Viertbeklagte Eigentümer lastenfreier Liegenschaften und der Drittbeklagte überdies noch (persönlich) entschuldet worden seien. Infolge Auflösung des Kaufvertrags bestehe für die Leistungen allerdings kein rechtfertigender Grund mehr, sodass die Erst‑, die Zweit‑, der Dritt‑ und die Fünftbeklagte insofern bereichert und gemäß §§ 1431 ff ABGB verpflichtet seien, den ihnen zugekommenen Kaufpreisteil von 3 Mio EUR zurückzuzahlen. Die Erst‑ und die Zweitbeklagte könnten nicht den Kaufpreis behalten und zusätzlich noch die Liegenschaften lastenfrei gestellt haben. Für die weiteren Zahlungen aus dem Treuhanderlag von 41.628,85 EUR gelte nichts anderes. Zudem habe sie auch aus dem Titel des Schadenersatzes Anspruch auf Rückersatz der von ihr an die Käufer geleisteten Zahlungen. Die Haftung des Dritt- und der Fünftbeklagten ergebe sich (auch) aus ihrer Stellung als ehemaliger und derzeitiger Komplementär der Erst‑ und der Zweitbeklagten.
[6] Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und wandten dessen Unschlüssigkeit ein. Die hier interessierenden Erst- bis Drittbeklagten und die Fünftbeklagte brachten vor, dass die Klägerin nicht nachvollziehbar darlege, aus welchem Titel die Klagsforderung zustehe und worauf sich die begehrte Solidarhaftung stütze. Die Pfandrechte der Viertbeklagten seien zu Recht gelöscht worden, weil sie nicht mehr forderungsbekleidet gewesen seien. Im Übrigen erfasse § 67 VersVG nur Schadenersatzansprüche; solche seien dem Treuhänder ihnen gegenüber aber nicht zugestanden. Soweit relevant wandte die Viertbeklagte ein, dass der Drittbeklagte durch die Überweisung der 3 Mio EUR an sie entschuldet worden sei.
[7] Das Erstgericht wies die Klage ab. Die hier interessierende Entscheidung gegenüber der Erst‑, der Zweit‑, dem Dritt‑ und der Fünftbeklagten begründete es damit, dass sich die vom Treuhänder bewirkten Zahlungen an die Viertbeklagte und die Erfüllung der ihn treffenden Schadenersatzverpflichtung zwar positiv auf die finanzielle Situation der Verkäufer ausgewirkt habe. Damit allein könne das Klagebegehren aber nicht schlüssig begründet werden: Die Schadenersatzverpflichtung des Treuhänders rechtfertige die Zahlungen der Klägerin, sodass weder der Treuhänder verkürzt (§ 1041 ABGB) noch irrtümlich eine nicht bestehende (§ 1431 ABGB) Schuld beglichen worden sei. Auch eine Forderungseinlösung (§ 1422 ABGB) liege nicht vor, weil die Klägerin nicht eine Schuld beglichen habe, für die sie nicht gehaftet habe. Die Zahlungen hätten auch ihren Zweck nicht verfehlt (§ 1435 ABGB). Denkbar wäre nur ein auf § 1358 ABGB gestützter Ausgleichsanspruch, wozu die Klägerin aber trotz Anleitung kein Vorbringen erstattet habe. Aus dem Klagsvortrag erhelle auch nicht, inwieweit der Klägerin durch einen Verstoß gegen Schutz‑ und Sorgfaltspflichten ein Schaden verursacht worden sein soll.
[8] Das Berufungsgericht bestätigte mit (unbekämpft gebliebenen) Teilurteil die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Viertbeklagte. Die Klageabweisung gegenüber der Erst‑, der Zweit‑, dem Dritt‑ und der Fünftbeklagten hob es hingegen auf und verwies die Sache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Auch wenn die Subsumtionsversuche der Klägerin alles andere als gelungen seien und ihr Vorbringen nicht leicht nachvollzogen werden könne, habe sie doch ausreichend deutlich vorgebracht, die nach § 67 VersVG auf sie übergegangenen Ansprüche des Treuhänders gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten geltend zu machen, was rechtlich sehr wohl schlüssig sei: Nach Auflösung des Kaufvertrags seien den Käufern jeweils auf § 1435 ABGB gestützte Ansprüche auf Rückerstattung der rechtsgrundlos geleisteten Kaufpreise gegen die Erst‑ und die Zweitbeklagte zugekommen. Diese könne die Klägerin nach § 1358 ABGB, § 67 VersVG geltend machen, soweit sie Leistungen für den Treuhänder erbracht (und dadurch die Schuld der Erst‑ und der Zweitbeklagten getilgt) habe. Die Haftung des Dritt‑ und der Fünftbeklagten ergebe sich schon aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung respektive §§ 128, 130 UGB. Dass sich eine Solidarhaftung der Erst‑ und der Zweitbeklagten aus Bereicherungsrecht wohl nicht ableiten lasse, beeinträchtige die Schlüssigkeit der Klage nicht.
[9] Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle.
[10] Gegen diese Entscheidung richten sich die von der Klägerin beantworteten Rekurse der Erst‑, der Zweit‑ und der Fünftbeklagten sowie des Drittbeklagten, mit denen sie jeweils beantragen, den Beschluss als nichtig aufzuheben, in eventu, das Ersturteil wieder herzustellen. Hilfsweise stellen sie auch Aufhebungsanträge.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Rekurse sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[12] 1. Die Schlüssigkeit einer Klage kann nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden (RIS‑Justiz RS0037780; RS0116144 [T2]). Das Gleiche gilt für die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist und ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht (RS0042828). Die Beurteilung, ob eine Klage ausgehend vom Klagebegehren und unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens schlüssig ist, begründet daher in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die ausnahmsweise die Zulässigkeit der Rekurse begründen könnte, zeigen die Rekurswerber nicht auf.
[13] 2. Im Rekursverfahren ist nicht (mehr) strittig, dass § 67 VersVG auch in der Haftpflichtversicherung gilt (RS0080632) und nicht nur Schadenersatzansprüche im engeren Sinn, sondern alle Ersatzansprüche des Versicherten also auch Regress‑, Ausgleichs‑ und Bereicherungsansprüche erfasst (RS0080594, RS0080533 [T3, T9]).
[14] 3. Entgegen der vom Berufungsgerichtformulierten Zulassungsfrage und der Auffassung der Rekurswerber, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sei noch nicht geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Treuhänder nach einem haftungsbegründenen Verstoß gegen seine Treuhandpflichten einen Rückzahlungsanspruch geltend machen oder Regress nehmen könne und ob ein solcher Anspruch auf den Versicherer übergehe, liegt bereits Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbaren Sachverhalten vor:
[15] 3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung geht § 1358 ABGB – entgegen seinem Wortlaut – weit über die Regelung des Bürgenregresses hinaus und findet ganz allgemein auf jeden Anwendung, der eine fremde Schuld begleicht, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet (RS0112742). Fremde Schuld bedeutet dabei grundsätzlich materiell fremde Schuld, für die eine Einstehensverpflichtung besteht (RS0112742 [T2]; 8 Ob 194/01i; vgl RS0102645 ua).
[16] 3.2. Darauf aufbauend hat der Oberste Gerichtshof in Fällen, in denen ein Rechtsanwalt oder Notar als Treuhänder im Zusammenhang mit Liegenschaftstransaktionen gegen den ihm erteilten Auftrag verstoßen hatte und eine Partei des Kaufvertrags oder einen Dritten schadlos halten musste, schon wiederholt einen aus § 1358 ABGB abgeleiteten Ersatzanspruch des Treuhänders bejaht, der im Wege des § 67 VersVG auf dessen (Berufs‑)Haftpflichtversicherung übergeht (2 Ob 256/12d; 6 Ob 222/08b; 8 Ob 47/01x). Maßgeblich war dafür jeweils, dass durch die Zahlungen der Versicherung eine Bereicherung des (Ver‑)Käufers eingetreten war, die im Wege des § 1358 ABGB ausgeglichen wurde. Eine solche erkannte der Oberste Gerichtshof etwa im Entfall des dem Verkäufer obliegenden Aufwands der Lastenfreistellung, weil der Käufer zusätzlich zum Kaufpreis noch die Pfandsumme an den Pfandgläubiger oder Bürgen zahlen musste, diesen Schaden jedoch von der Versicherung ersetzt erhielt (2 Ob 256/12d; 8 Ob 47/01x). Gleiches wurde in einem Fall entschieden, in dem der Käufer durch die Zahlung der Versicherung von seiner Kreditverpflichtung gegenüber der finanzierenden Bank befreit wurde und deswegen über eine unbelastete Wohnung verfügte (6 Ob 222/08b).
[17] 4. Mit seiner Ansicht, die Klägerin habe sich ausreichend klar auf einen solchen Anspruch berufen, hat das Berufungsgericht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Auch die rechtliche Qualifikation dieses Vorbringens entspricht den dargestellten Grundsätzen.
[18] 4.1. Dabei gibt nicht den Ausschlag, dass die Erst‑ und die Zweitbeklagte den Kaufpreisteil nicht selbst erhalten haben. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass er ihnen zugekommen ist. Auch nach dem Standpunkt der Erst‑ bis Dritt‑ und der Fünftbeklagten wurden damit die Pfandrechte abgedeckt und daher zu Recht gelöscht; auch die Viertbeklagte sieht sich als vollständig befriedigt an. Demnach bewirkte die Auflösung des Kaufvertrags also (nur) einen Mangel im (Deckungs‑)Verhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien. Wenn das Berufungsgericht angesichts dessen davon ausgeht, dass demgemäß auch der – auf die Klägerin übergegangene – Anspruch auf Rückabwicklung zwischen diesen vorzunehmen ist, entspricht das der Rechtsprechung (vgl 4 Ob 184/11d; 7 Ob 123/09b; s auch RS0033737). Der Umstand, dass die Abdeckung der Pfandrechte theoretisch dem Drittbeklagten oblegen wäre oder – wie in den Rekursen erstmals behauptet wird – auch mit Eigenmitteln erfolgen hätte können, ändert daran nichts. Durch die (Schadenersatz‑)Zahlungen der Klägerin sind die Erst‑ und die Zweitbeklagte auch bereichert, zumal sie sich dadurch den Aufwand der Lastenfreistellung erspart haben, was nach der Rechtsprechung eine zumindest analoge Anwendung des § 1358 ABGB rechtfertigt. Der darauf beruhende Regressanspruch führt zu einer Zahlungspflicht, auch wenn sich nur die Sachhaftung verringert (1 Ob 42/10y); da er lediglich an den Tatbestand der Zahlung anknüpft, ist ein (mangelndes) Verschulden des Regresspflichtigen nicht relevant (RS0112742 [T2]; 2 Ob 256/12d).
[19] 4.2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Dritt‑ und die Fünftbeklagte als ehemalige und derzeitige Komplementäre für die Verbindlichkeiten der Erst‑ und der Zweitbeklagten haften, wird in den Rekursen nicht bekämpft. Einer Auseinandersetzung vor allem mit der Rolle des Drittbeklagten und der Frage, ob auch ihm gegenüber auf die Klägerin übergegangene Ansprüche der Käufer bestanden, bedarf es daher nicht. Die Argumentation, die persönliche Haftung der Gesellschafter erstrecke sich nicht auf eine dingliche Haftung, übergeht die erwähnte Rechtsprechung, wonach die Erst‑ und die Zweitbeklagte jedenfalls eine– auf § 1435 ABGB beruhende und auf die Klägerin übergegangene – Zahlungspflicht trifft.
[20] 5. Soweit die Rekurswerber meinen, die Klage sei unschlüssig, weil eine solidarische Verpflichtung ausscheide, hat dem bereits das Berufungsgericht entgegengehalten, dass eine geteilte Schuld gegenüber der Solidarschuld ein Minus und kein (anspruchsänderndes) Aliud bildet (RS0111161; RS0017552; vgl auch RS0037480).
[21] 6. Auch die behauptete Nichtigkeit sowie die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor.
[22] 6.1. Der erkennbar angezogene Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO, weil das Berufungsgericht eine „offensichtliche Neigung“ habe und nicht unparteiisch agiere, könnte nur dann vorliegen, wenn erfolgreich abgelehnte Richter (als Senatsmitglieder) an der Urteilsfällung mitgewirkt hätten (RS0007462; RS0109254; vgl RS0042046). Einen Ablehnungsantrag haben die Erst‑, die Zweit‑ und die Fünftbeklagte aber nicht gestellt; jener des Drittbeklagten blieb erfolglos (9 Ob 31/20d).
[23] 6.2. Nach der Rechtsprechung kann das Unterlassen der Erörterung eines bislang unbeachtet gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkts keine Nichtigkeit, sondern nur einen Verfahrensmangel darstellen (3 Ob 69/20y ua). Ein solcher scheidet hier aus, weil das Berufungsgericht die vermeintlich überraschende Rechtsansicht schon im Provisorialverfahren vertreten und das Erstgericht die dort ergangenen Entscheidungen in der Tagsatzung vom 7. Dezember 2018 mit den Parteien erörtert hat.
[24] 7. Zusammenfassend hält sich die Entscheidung des Berufungsgerichts in dem von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vorgegebenen Rahmen, sodass die Rekurse zurückzuweisen sind.
[25] Nach jüngerer Rechtsprechung gebührt dem Rekursgegner, der auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Rekursbeantwortung (RS0035979 [T20]; RS0123222). Im vorliegenden Fall ist allerdings fraglich, ob die im Zwischenstreit zum Kostenersatz verpflichteten erst‑, zweit‑, dritt‑, und fünftbeklagten Parteien solidarisch haften, da die Beurteilung dieser Frage von der Haftung in der Hauptsache abhängt (§ 46 Abs 2 ZPO). Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, die Kostenentscheidung einem vorinstanzlichen Gericht zu übertragen (RS0124588), hier zweckmäßigerweise dem Gericht erster Instanz (6 Ob 96/20s = RS0124588 [T13]), da das Verfahren nach Bejahung der Schlüssigkeit der Klage inhaltlich erst am Beginn steht.
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