OGH 2Ob256/12d

OGH2Ob256/12d14.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** B*****, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, wegen 50.932,89 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2012, GZ 4 R 158/12a‑20, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juni 2012, GZ 5 Cg 119/11m‑14, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.001,24 EUR (darin enthalten 333,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Im Mai 2007 verkaufte der Beklagte eine Liegenschaftshälfte. Der Kaufvertrag wurde von einem Notarsubstituten, dem Versicherungsnehmer der Klägerin, verfasst. Ein Teil des Kaufpreises wurde auf ein Treuhandkonto überwiesen und der Notarsubstitut erhielt den Auftrag, den Treuhanderlag auszuzahlen, sobald die lastenfreie Eintragung möglich sei. In Bezug auf eine Hypothek teilte der Beklagte mit, dass der Kredit abgedeckt sei. Er verschwieg aber, dass der Kreditbetrag von einem Bürgen bezahlt wurde. In den Kaufvertrag wurde sodann die Zusatzvereinbarung aufgenommen, dass der Verkäufer den Käufer für allfällige offene Forderungen aus dem Pfandrecht vollkommen schad‑ und klaglos zu halten habe. In der Folge zahlte der Notarsubstitut den restlichen Pfandgläubigern die hypothekarisch gesicherten Beträge aus, obwohl die geldlastenfreie Eintragung des Eigentumsrechts des Käufers wegen der offenen Bürgenforderung nicht gesichert war. Der Bürge forderte vom Käufer im Klagsweg die Zahlung von 66.618,15 EUR sA bei Exekution in den Hälfteanteil der Liegenschaft. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 5. 5. 2009 zu 1 Ob 54/09m wurde der Klage stattgegeben. Die Liegenschaftshälfte wurde sodann versteigert. Schließlich erhielt der Käufer durch das rechtskräftige Urteil des Landesgerichts Linz vom 23. 11. 2010 gegen den Notarsubstituten einen Betrag von 50.982,89 EUR ‑ die aus dem Treuhanderlag ausgezahlten Beträge ‑ zugesprochen, weil dieser abredewidrig Schulden getilgt hatte, bevor die geldlastenfreie Eintragung des Eigentumsrechts des Käufers möglich war. Hätte der Beklagte vor Abschluss des Kaufvertrags dem Notarsubstituten und dem Käufer mitgeteilt, dass die durch das Pfandrecht gesicherte Kreditverbindlichkeit durch den Bürgen bezahlt wurde und daher eine Löschungsquittung für das Pfandrecht nicht zu erhalten sein werde, hätte sich der Notarsubstitut gegen eine Unterfertigung des Kaufvertrags ausgesprochen und hätte auch der Käufer den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Hätte der Notarsubstitut keine weiteren Zahlungen aus dem Treuhanderlag vorgenommen, wäre dem Käufer der Schaden von 50.982,89 EUR ebenfalls nicht entstanden.

Das Erstgericht gab der Klage des Berufshaftpflichtversicherers des Notarsubstituten auf Zahlung des genannten Betrags gegen den beklagten Verkäufer zur Hälfte statt. Es liege ein vorwerfbares Verhalten beider Personen (Beklagter und Versicherungsnehmer der Klägerin) vor, und im Fall der kumulativen Kausalität trete eine Solidarhaftung beider Schädiger ein.

Das Berufungsgericht gab der Klage zur Gänze statt. Aus dem Inhalt des Kaufvertrags ergebe sich, dass der Beklagte die Pflicht gehabt habe, für die Lastenfreistellung zu sorgen und den Käufer im Falle noch aushaftender Forderungen klag‑ und schadlos zu halten. Dies habe der Beklagte unterlassen, wodurch der Schaden des Käufers überhaupt erst entstanden sei. Der Beklagte sei um den Aufwand der Lastenfreistellung bereichert, sodass die Klägerin als Berufshaftpflichtversicherung des Vertragserrichters gemäß § 1358 ABGB iVm § 67 VersVG einen Regressanspruch in Höhe ihrer Leistung gegen den Beklagten habe. Aufgrund der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs spiele ein allfälliges Verschulden des Vertragserrichters im Verhältnis zum Beklagten keine Rolle, sodass auch keine Schadensteilung zu erfolgen habe. Die Forderung sei auch nicht verjährt, weil der Regressanspruch erst durch die tatsächliche Zahlung des Regressierenden ‑ hier der 30. 12. 2010 ‑ fällig werde. Die Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass in der höchstgerichtlichen Judikatur im Zusammenhang mit dem Regressrecht nach § 1358 ABGB nur Fälle behandelt worden seien, wo Beträge ohne vorherige Lastenfreistellung vom Treuhänder an den Verkäufer ausbezahlt wurden.

Der Beklagte greift diese Thematik in seiner Revision nicht auf, sondern beschäftigt sich ausschließlich mit ‑ hier nicht erheblichen ‑ Fragen aus dem Schadenersatzrecht.

Rechtliche Beurteilung

§ 1358 ABGB geht ‑ entgegen seinem Wortlaut ‑ weit über die Regelung des Bürgenregresses hinaus und findet ganz allgemein auf jeden Anwendung, der eine fremde Schuld begleicht, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet (RIS‑Justiz RS0112742). Der Oberste Gerichtshof hat etwa bei einem Sachverhalt, in dem der Vertragserrichter verabsäumte, für die Lastenfreistellung anlässlich des Verkaufs einer Liegenschaft Vorsorge zu treffen, die Haftpflichtversicherung des Vertragserrichters die Käuferin schadlos halten und der Vertragserrichter seinerseits seiner Haftpflichtversicherung den Selbstbehalt bezahlten musste, einen Ersatzanspruch des Vertragserrichters hinsichtlich seines Selbstbehalts gegen die Verkäuferin der Liegenschaft bejaht. Der Regressanspruch setzt kein Verschulden des Regresspflichtigen voraus, da § 1358 ABGB allein an den Tatbestand der Zahlung anknüpft (8 Ob 32/02t).

Verabsäumt es ein Rechtsanwalt oder Notar, entgegen dem Treuhandvertrag für die Lastenfreistellung der erworbenen Liegenschaft Vorsorge zu treffen und ersetzt die Berufshaftpflichtversicherung dem Käufer den so erlittenen Schaden, dann gehen die Ansprüche des Käufers gegen den um den Aufwand der Lastenfreistellung bereicherten Verkäufer gemäß § 1358 ABGB iVm § 67 VersVG auf die Haftpflichtversicherung über (8 Ob 47/01x; 6 Ob 222/08b).

Das Berufungsgericht hat sich auf diese Rechtsprechung berufen. Seine Beurteilung, welcher der Revisionswerber nichts (im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO) Erhebliches entgegenzusetzen vermag, ist somit jedenfalls vertretbar.

Die Revision des Beklagten ist daher in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Ihre Revisionsbeantwortung diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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