OGH 10ObS4/21t

OGH10ObS4/21t27.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer)als weitere Richter in der Sozialrechtssache derklagenden Partei MMag.Dr.in J*, *, vertreten durch Mag. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 2020, GZ 10 Rs 88/20 i‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131735

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für die Zeiträume von 1. 5. 2016 bis 31. 8. 2016 und von 1. 3. 2017 bis 4. 5. 2017 infolge der Geburt ihrer Tochter A* am 5. 3. 2016 sowie von 3. 8. 2019 bis zum 31. 12. 2019 infolge der Geburt ihrer Tochter L* am 7. 6. 2019.

[2] Strittig ist in dritter Instanz nur noch die Frage, ob das Dienstverhältnis der Klägerin zu ihrem Dienstgeber (ORF) mit Ablauf des 4. 1. 2016 und mit Ablauf des 5. 4. 2019 endete. Dabei handelt es sich jeweils um den Tag vor Beginn des Wochengeldbezugs der Klägerin.

[3] Die Rechtsvorgängerin der Beklagten erließ zwei an die Klägerin gerichtete Bescheide vom 21. 11. 2019. Mit dem einen Bescheid widerrief sie die Zuerkennung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes für das Kind A* für die oben angeführten Zeiträume und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes von insgesamt 10.740,44 EUR. Dagegen richtet sich die zu 39 Cgs 184/19p des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien erhobene Klage.

[4] Mit dem zweiten Bescheid wies die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Antrag auf Zuerkennung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes für das Kind L* ab. Dagegen richtet sich die zu 39 Cgs 183/19s des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien erhobene Klage. Die Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

[5] Die Beklagte vertritt – soweit für das Revisionsverfahren relevant – die Auffassung, es seien zwei Dienstverhältnisse vorgelegen, die jeweils vor Beginn des Beschäftigungsverbots geendet hätten. Deshalb liege keine anspruchsunschädliche Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG) im Sinn des § 24 Abs 2 KBGG vor.

[6] Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Es sprach aus, dass die Klägerin nicht zur Rückzahlung des anlässlich der Geburt des Kindes A* für die Zeiträume von 1. 5. 2016 bis 31. 8. 2016 und von 1. 3. 2017 bis 4. 5. 2017 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes verpflichtet sei (Spruchpunkt 1) und verpflichtete die Beklagte zur Leistung eines einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes anlässlich der Geburt des Kindes L* für den Zeitraum von 3. 8. 2019 bis 31. 12. 2019 unter Anrechnung der ausgezahlten Sonderleistung; das auf den Zeitraum von 7. 6. 2019 bis 2. 8. 2019 bezogene Mehrbegehren wies es unbekämpft ab.

[7] Es traf detaillierte Feststellungen zur Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin und zu den zum Zweck der Abrechnung ihrer Leistungen errichteten Vertragsurkunden. Darüber hinaus traf es (auszugsweise) folgende Feststellungen:

„Der [Dienstgeber] meldete die Klägerin von 30. 9. 2014 bis 4. 1. 2016 durchgehend als Angestellte zur Sozialversicherung an.

Im Zuge der Schwangerschaft besprach die Klägerin mit ihren Vorgesetzten, dass sie mit Beginn des Beschäftigungsverbots nicht mehr arbeiten würde. Es wurde jedoch bereits ein Datum festgelegt, an dem die Klägerin die Arbeit wieder aufnehmen sollte. Die Klägerin behielt ihren Dienstausweis, ihren E-Mail-Account sowie den elektronischen Zugang zu den Redaktionssystemen. Niemand erklärte der Klägerin, dass ihr Vertragsverhältnis zum [Dienstgeber] beendet würde.

Mit 5. 1. 2016 stellte die Klägerin (vorübergehend) ihre Tätigkeit für den [Dienstgeber] ein. Im Zeitraum von 5. 1. 2016 bis 30. 4. 2016 bezog sie Wochengeld. Der [Dienstgeber] meldete die Klägerin mit 4. 1. 2016 und dem Abmeldegrund „Zeitablauf“ von der Sozialversicherung ab. Außerdem bezahlte er eine Urlaubsabfindung aus. Die Klägerin war von dieser Abmeldung nicht informiert.

[...]

Von 2. 5. 2017 bis 5. 4. 2019 war die Klägerin wiederum in der bereits geschilderten Form für den [Dienstgeber] tätig. Es hatte sich weder an den organisatorischen noch an den inhaltlichen Umständen ihrer Arbeit etwas geändert. Insbesondere wurde der Klägerin auch in diesem Zeitraum niemals mitgeteilt, dass mit jedem Arbeitsauftrag eine neue Zusammenarbeit oder ein neues Vertragsverhältnis begründet würde, welches mit Erledigung des Auftrags befristet sei oder sonst zu einem bestimmten Zeitpunkt enden würde. Vielmehr wurden der Klägerin wiederum regelmäßig und fortlaufend Arbeitsaufträge erteilt. Von 2. 5. 2017 bis 5. 4. 2019 hatte der [Dienstgeber] die Klägerin auch wieder durchgehend als Angestellte zur Sozialversicherung gemeldet.

Aufgrund der neuerlichen Schwangerschaft der Klägerin vereinbarte sie mit ihren Vorgesetzten wiederum, dass sie mit Beginn des Beschäftigungsverbots nicht mehr arbeiten würde. Auch diesmal wurde bereits ein Zeitpunkt festgelegt, an dem die Klägerin die Arbeit wieder aufnehmen sollte. Die Klägerin behielt ihren Dienstausweis, ihren E‑Mail-Account sowie den elektronischen Zugang zu den Redaktionssystemen. Niemand erklärte der Klägerin, dass ihr Vertragsverhältnis zum [Dienstgeber] beendet würde.

Mit 5. 4. 2019 beendete die Klägerin (vorübergehend) die Arbeitsleistungen für den [Dienstgeber]. Von 6. 4. 2019 bis 2. 8. 2019 bezog sie Wochengeld in Höhe von 78,35 EUR täglich. Der [Dienstgeber] meldete die Klägerin mit 6. 4. 2019 und dem Abmeldegrund „Zeitablauf“ von der Sozialversicherung ab. Außerdem bezahlte er eine Urlaubsabfindung aus.“

[8] Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, die Klägerin habe eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Aus dem jahrelangen Verhalten der Vertragspartner könne ein fortdauernder Bindungswille der Parteien abgeleitet werden. Es bestehe ein unbefristetes Rahmendienstverhältnis, das von keinem der Vertragspartner vor den Geburten der Kinder der Klägerin beendet worden sei. Die Vereinbarungen über die Aussetzung der Arbeitsleistungen und der Entgeltpflicht im Zusammenhang mit den Geburten der Kinder seien als Karenzierungsvereinbarungen zu werten, wobei bei Antritt der Karenz die Weiterbeschäftigung jeweils bereits festgelegt gewesen sei. Die einseitig vom Dienstgeber vorgenommene Abmeldung von der Sozialversicherung und Auszahlung einer Urlaubsabfindung führe nicht zur Beendigung des Dienstverhältnisses. Daher habe ab 5. 1. 2016 bis zur Geburt der Tochter A* und ab 6. 4. 2019 bis zur Geburt der Tochter L* jeweils bei aufrechtem Dienstverhältnis bloß ein Beschäftigungsverbot nach dem MSchG bestanden.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es ließ die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.

[10] Rechtlich bestätigte es die Auffassung des Erstgerichts, die Klägerin habe ihre Tätigkeiten in einem unbefristeten Dienstverhältnis erbracht, in dessen Rahmen sie konkrete Arbeitsaufträge erhalten habe und nach diesen entlohnt worden sei. Es seien weder Befristungen mit 4. 1. 2016 bzw 5. 4. 2019 noch die Abgabe von Beendigungserklärungen festgestellt worden. Auf die Regelung der Mehrfachbefristung in § 32 Abs 5 ORF‑G komme es daher nicht an. Selbst bei Vorliegen einer Befristung wäre die Zeit des Wochengeldbezugs nach der Ablaufhemmung des § 10a MSchG der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach § 24 Abs 2 KBGG gleichgestellt.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die dagegen von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

[12] 1. Vorauszuschicken ist, dass der Anspruch der Klägerin auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld aus Anlass der Geburt des Kindes A* nach § 24 KBGG in der Fassung BGBl I 2013/117 (§ 50 Abs 7 KBGG) und aus Anlass der Geburt des Kindes L* nach § 24 KBGG in der Fassung BGBl I 2016/53 zu beurteilen ist (§ 50 Abs 14 KBGG betreffend § 24 Abs 1 Z 2 und Abs 2 KBGG). Das Erstgericht wies bereits zutreffend darauf hin, dass die Änderungen in den hier anzuwendenden Bestimmungen des § 24 Abs 1 Z 2 KBGG (Ersatz der Wortfolge „6 Monate“ durch „182 Tage“) und des § 24 Abs 2 KBGG (Einfügung des Klammerausdrucks „[kranken‑ und pensionsversicherungspflichtigen]“ nach dem Wort „sozialversicherungspflichtigen“) im vorliegenden Fall nicht relevant sind.

[13] 2. Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens setzt nach § 24 Abs 1 Z 2 KBGG voraus, dass „dieser Elternteil in den letzten 6 Monaten (BGBl I 2016/53: 182 Tagen) unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs 2 war, sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken“.

[14] Die Legaldefinition der Erwerbstätigkeit in § 24 Abs 2 KBGG lautet:

„Unter Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes versteht man die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (BGBl I 2016/53: kranken- und pensionsversicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit. Als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt gelten Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 6 Monate (BGBl I 2016/53: 182 Kalendertage) andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz 1979 [...] oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften [...].“

[15] 3. Der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit sind Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG (oder nach gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften) nicht schlechthin gleichgestellt, sondern nur „Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser Erwerbstätigkeit“ während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG (oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften). Daraus leitet der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass während dieser Zeit des Beschäftigungsverbots eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit, etwa ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis oder ein aufrechtes Gewerbe, bestehen muss, da nur eine bestehende Erwerbstätigkeit unterbrochen werden könne (10 ObS 170/11i SSV‑NF 26/16; 10 ObS 110/12t; 10 ObS 42/13v SSV‑NF 27/29; 10 ObS 49/13y; 10 ObS 52/20z). Die Erwerbstätigkeit muss daher während des Beschäftigungsverbots aufrecht bleiben (10 ObS 52/20z; vgl Burger/Ehrenhofer, KBGG und FamZeitbG3 § 24 KBGG Rz 7; Holzmann-Windhofer/Weißenböck, KBGG [2017] § 24 Pkt 2.2.5.1.).

[16] Die für den Bezug einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nach § 24 Abs 1 Z 2 KBGG erforderliche durchgehende Erwerbstätigkeit in den sechs Monaten bzw (seit BGBl I 2016/53) 182 Tagen unmittelbar vor der Geburt des Kindes wurde daher in Fällen verneint, in denen ein individuelles Beschäftigungsverbot noch zur Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses begonnen, das Dienstverhältnis (10 ObS 170/11i SSV‑NF 26/16; 10 ObS 110/12t) oder die selbständige Erwerbstätigkeit (10 ObS 42/13v SSV‑NF 27/29; 10 ObS 49/13y) aber noch vor der Geburt geendet hatten (RIS‑Justiz RS0127745).

[17] 4. Im vorliegenden Fall kamen die Vorinstanzen zum Ergebnis, dass die Klägerin bereits seit dem Jahr 2014 in einem unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zu ihrem Dienstgeber gestanden ist, das weder vor der Geburt des ersten noch vor der Geburt des zweiten Kindes geendet hat. Daraus leiteten sie die Berechtigung des Anspruchs der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für die strittigen Zeiträume ab.

[18] 5. Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, ob in den Fällen, in denen ein Beschäftigungsverhältnis in den Anwendungsbereich des ORF‑G, insbesondere von § 32 Abs 5 ORF‑G falle, eine durchgehende sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit im Sinn des § 24 Abs 1 Z 2, Abs 2 KBGG vorliege.

[19] § 32 Abs 5 ORF‑G enthält eine Sonderregel für befristete Arbeitsverhältnisse journalistischer und programmgestaltender Mitarbeiter des ORF, deren Arbeitszeit ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreitet. Nach § 32 Abs 5 Z 1 ORF‑G können befristete Arbeitsverhältnisse solcher Mitarbeiter ohne zahlenmäßige Begrenzung unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass dadurch ein unbefristetes Dienstverhältnis entsteht (die Unionsrechtskonformität dieser Bestimmung offen lassend 9 ObA 25/20x, Pkt 7.). § 32 Abs 5 Z 2 ORF‑G sieht eine Verständigungspflicht des Unternehmens für den Fall vor, dass dieses beabsichtigt, ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht mehr abzuschließen; die Verletzung der Verständigungspflicht zieht einen Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers nach sich.

[20] Ein befristetes Arbeitsverhältnis ist durch die Vereinbarung eines objektiv feststellbaren Endzeitpunkts charakterisiert (vgl RS0028403; RS0109439), dessen Erreichen als solches die Beendigung auslöst, ohne dass es eines weiteren Beendigungsschritts – etwa in Gestalt einer Willenserklärung – bedarf (Reissner in ZellKomm Arbeitsrecht I³ [2018] § 19 AngG Rz 8).

[21] Dass die Vertragsparteien in der von den Vorinstanzen angenommenen Rahmenvereinbarung über die Tätigkeit der Klägerin bereits einen Beendigungstermin vereinbart hätten (konkret den 4. 1. 2016 oder den 5. 4. 2019), behauptet die Revisionswerberin nicht. Dafür bietet der festgestellte Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte, weil die Abmeldung der Klägerin von der Sozialversicherung und das Aussetzen ihrer Tätigkeit nach den Feststellungen jeweils erst infolge des Eintritts einer Schwangerschaft erfolgten.

[22] Die Revisionswerberin steht in ihrem Rechtsmittel – folgerichtig – auch nicht auf dem Standpunkt, es seien ein oder mehrere befristete Dienstverhältnisse vorgelegen, auf die § 32 Abs 5 ORF‑G direkt zur Anwendung käme. Sie sieht in § 32 Abs 5 ORF‑G lediglich einen Anhaltspunkt dafür, dass zwischen den Vertragsparteien hintereinander mehrere – wenn auch nicht befristete – Dienstverhältnisse bestanden hätten.

[23] § 32 Abs 5 ORF‑G setzt aber das Vorliegen befristeter Dienstverhältnisse voraus; diese Bestimmung kommt daher – wie bereits das Erstgericht erkannte – im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Die Beantwortung in der außerordentlichen Revision angesprochene Frage der Beurteilung von befristeten, nach § 32 Abs 5 ORF‑G aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen im Lichte des § 24 KBGG ist daher für die Lösung des vorliegenden Falls nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang wird daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt (vgl RS0088931 [T4]).

[24] 6. Das Revisionsvorbringen zielt im Übrigen darauf ab, die Vorinstanzen hätten jeweils eine Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin mit Ablauf des 4. 1. 2016 und des 5. 4. 2019 annehmen müssen, die sich aus der Abmeldung der Klägerin von der Sozialversicherung unter Angabe des Grundes „Zeitablauf“ anstatt „Karenz nach Mutterschutzgesetz 1979“, sowie aus der Auszahlung einer Urlaubsabfindung und deren Annahme durch die Klägerin ableite. Dieses Vorbringen zielt auf das Vorliegen einer konkludenten Arbeitgeberkündigung oder einer konkludenten einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses ab. Die Vorinstanzen gingen hingegen davon aus, dass die Parteien lediglich eine Karenzierungsvereinbarung bei aufrechtem Bestand des Arbeitsverhältnisses (vgl RS0028497) getroffen hätten.

[25] Die Arbeitgeberkündigung kann auch durch schlüssige Handlungen im Sinn des § 863 ABGB ausgesprochen werden (RS0031654; RS0028633). Auch eine einvernehmliche Auflösung eines Dienstverhältnisses kann schlüssig vereinbart werden. Stets gilt, dass kein vernünftiger Grund bestehen darf, daran zu zweifeln, dass ein ganz bestimmter Rechtsfolgewille vorliegt, wobei die gesamten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind (RS0109021 [T1]).

[26] Ob eine konkludente Willenserklärung vorliegt und welchen Inhalt sie gegebenenfalls hat, ist regelmäßig einzelfallbezogen und begründet daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RS0109021 [T5, T6]). Im vorliegenden Fall stützten die Vorinstanzen ihre Beurteilung, dass keine Auflösung stattgefunden habe, sondern die Vertragsparteien lediglich den Zeitraum festgelegt hätten, während dessen die Klägerin infolge der Geburten ihre Arbeitsleistungen aussetzen würde, maßgeblich darauf, dass jeweils der Zeitpunkt festgelegt wurde, zu dem sie ihre Arbeit wieder aufnehmen sollte und sie bis dahin ihren Dienstausweis, ihren E‑Mail‑Account und ihren elektronischen Zugang zu den Redaktionssystemen des Dienstgebers behielt. Diese Beurteilung bewegt sich im Rahmen der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Grundsätze.

[27] Es trifft zwar zu, dass die Auszahlung einer Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG die Beendigung des Dienstverhältnisses voraussetzt. Selbst wenn dies der Klägerin bekannt gewesen sein sollte, ist die erfolgte Auszahlung aber nicht isoliert, sondern im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen, die auch die auf einen Verbleib der Klägerin im aufrechten Dienstverhältnis hindeutenden Umstände einbezieht.

[28] Auch der in der Abmeldung von der Sozialversicherung angegebene Grund („Zeitablauf“) schließt als bloße Wissenserklärung die Qualifikation der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung als Karenzierung bei aufrechtem Dienstverhältnis nicht aus (vgl 8 ObA 216/96).

[29] 7. Dass die Klägerin bei aufrechtem Weiterbestand ihres Dienstverhältnisses jeweils einen Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld hatte, zieht auch die Revisionswerberin nicht in Zweifel.

[30] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

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