OGH 5Ob122/20g

OGH5Ob122/20g30.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers A*, vertreten durch Mag. Christian Durrani, Notar in Ebreichsdorf, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob der EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Erbin A*, vertreten durch die Christian Rabl Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. März 2020, AZ 17 R 14/20k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 12. Dezember 2019, TZ 8930/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129847

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die am 14. 8. 2019 verstorbene E* war Alleineigentümerin einer Liegenschaft. Mit Notariatsakt vom 14. 7. 2017 hat sie als Geschenkgeberin dem Antragsteller als Geschenknehmer diese Liegenschaft auf den Todesfall geschenkt, ausdrücklich auf den Widerruf der Schenkung verzichtet und sich verpflichtet, die Liegenschaft ohne Zustimmung des Geschenknehmers weder zu belasten noch zu veräußern. Die Vertragsparteien erteilten ihre ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund des Vertrags nach dem Ableben der Geschenkgeberin unter Vorlage einer amtlichen Sterbeurkunde das Eigentumsrecht für den Geschenknehmer einverleibt werden könne.

Zuvor hatte die Geschenkgeberin mit Testament vom 9. 2. 2009 die Revisionsrekurswerberin zur Alleinerbin eingesetzt. Diese war aufgrund der Amtsbestätigung vom 23. 9. 2019 berechtigt, die Verlassenschaft im Sinn des § 810 ABGB allein zu vertreten. Mit Einantwortungsbeschluss vom 10. 12. 2019 wurde ihr die Verlassenschaft nach der Geschenkgeberin eingeantwortet.

Der Antragsteller begehrte die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob der geschenkten Liegenschaft und legte zur Begründung dieses Begehrens den Schenkungsvertrag auf den Todesfall, die Sterbeurkunde der Geschenkgeberin und eine Grundstückswertberechnung vor.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Einverleibung.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Erbin gab das Rekursgerichtnicht Folge. Die Erbin sei bis zur Einantwortung nach § 810 ABGB ex lege zur Vertretung der Verlassenschaft berechtigt gewesen und behaupte, durch die Einantwortung der Liegenschaft zur außerbücherlichen Eigentümerin geworden zu sein. Sie sei daher rechtsmittellegitimiert. Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall sei taugliche Grundlage zur Einverleibung des Eigentumsrechts des Antragstellers. An der in ständiger Rechtsprechung schon zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 bejahten Möglichkeit zur Eigentumseinverleibung auf den Todesfall Beschenkter durch Vorlage des Vertrags samt Sterbeurkunde ändere sich durch § 603 ABGB nF nichts. Auch wenn diese Bestimmung nun die Anwendung des § 1253 ABGB anordne, sodass dem Schenker ein reines Viertel der Verlassenschaft zur freien Verfügung bleiben müsse, habe der Grundbuchsrichter bei seiner Entscheidung nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten oder sein Amtswissen heranzuziehen. Die Entscheidung strittiger Tat‑ und Rechtsfragen könne nur im kontradiktorischen Verfahren erfolgen. Auch wenn man davon ausgehe, dass bei einem Wert des Schenkungsgegenstands auf den Todesfall von mehr als drei Viertel des Werts des Reinnachlasses jener Teil der Schenkung, der diesen Wert übersteige, rechtsunwirksam und der Umfang der geschenkten Sache entsprechend zu kürzen sei, sei nicht von einer grundbuchswidrigen Eintragung infolge unheilbarer Nichtigkeit oder Rechtsunwirksamkeit auszugehen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil die über den Einzelfall hinaus bedeutsame Frage, ob im Unterschied zur früheren Rechtslage neben dem mit einer Aufsandungserklärung versehenen Schenkungsvertrag auf den Todesfall und der Sterbeurkunde im Hinblick auf das freie Viertel nun die Vorlage einer weiteren Urkunde zu verlangen sei, noch nicht höchstgerichtlich geklärt sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Erbin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Einverleibungsantrag abgewiesen werde. Im Wesentlichen macht sie geltend, das Rekursgericht habe die neue zwingende gesetzliche Regelung des § 603 Satz 2 ABGB verkannt, wonach der Schenkungsvertrag auf den Todesfall soweit unwirksam sei, als dem Erben des Geschenkgebers kein reines Viertel verbleibe. Dass sich der Beschenkte nur eine Ausgleichszahlung gefallen lassen müsse, sei unrichtig. Nach der Vorgabe des Gesetzgebers sei die seit Jahrzehnten bestehende Möglichkeit, eine Schenkung auf den Todesfall bei Fälligkeit einseitig verbüchern zu können, nunmehr unzulässig. Es bedürfe der Vorlage eines verlassenschaftsgerichtlichen Beschlusses nach § 182 Abs 3 AußStrG oder einer Zustimmung der Verlassenschaft zur Verbücherung, beides fehle hier.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass die Revisionsrekurswerberin bereits zum Zeitpunkt der Rekurserhebung rechtskräftig eingeantwortete Alleinerbin nach der Geschenkgeberin war, sodass an ihrer Rechtsmittellegitimation nicht zu zweifeln ist. Sie erwirbt das Eigentum an Nachlassgrundstücken – in Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes (RIS‑Justiz RS0011263; RS0013002) – schon mit Rechtskraft der Einantwortung. Wäre der Schenkungsvertrag auf den Todesfall, den der Antragsteller als Eintragungsgrundlage für sich in Anspruch nimmt, keine taugliche Eintragungsgrundlage, würde durch die Bewilligung unzulässig in ihr Eigentumsrecht eingegriffen. Zur Klärung dieser – die meritorische Berechtigung des Rechtmittels betreffenden – Frage ist die Erbin daher rechtsmittellegitimiert (5 Ob 250/01b; 5 Ob 39/14t).

2. Grundlage des Einverleibungsbegehrens des Antragstellers ist ein in Notariatsaktsform abgeschlossener Schenkungsvertrag auf den Todesfall, der nach dem 31. 12. 2016 errichtet wurde. Gemäß § 1503 Abs 7 Z 5 ABGB sind die §§ 577591 und 603 ABGB idF des ErbRÄG 2015, BGBl I Nr 87/2015, hier bereits anzuwenden.

3. Das Rechtsinstitut der Schenkung auf den Todesfall war bereits vor Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 als eine unbedingte, mit dem Tod des Erblassers als Anfangstermin terminisierte Schenkung anerkannt, die aus dem Nachlass erfüllt werden soll (RS0019129). Die geschenkten, dem Beschenkten aber noch nicht übergebenen Sachen sind Teil des Nachlassvermögens, sie gehen mit dem Tod des Erblassers (in der Diktion des ErbRÄG 2015: Verstorbenen) nicht ohne Übergabe in das Eigentum des Beschenkten über (RS0019082). Bei Liegenschaften war und ist nach wie vor zum Eigentumserwerb des Beschenkten die Einverleibung erforderlich (RS0103394). Nach der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats zur alten Rechtslage konnte diese aufgrund des mit der Aufsandungserklärung versehenen Schenkungsvertrags und der Sterbeurkunde begehrt werden, ohne dass es eines besonderen Beschlusses des Abhandlungsgerichts bedurfte (RS0019080 = 1 Ob 586/92; RS0103394 = 4 Ob 2029/96b; RS0103393; 5 Ob 114/02d; 5 Ob 39/14t). Seit der Entscheidung 1 Ob 82/62 (die zum RS0019082 führte) wurde dies dogmatisch mit einer Ermächtigung des Beschenkten durch den Schenker begründet, auf den Sterbefall die Eigentumsübertragung zu erwirken. Auch wenn sich insbesondere 4 Ob 2029/96b der Auffassung anschloss, wonach die Schenkung auf den Todesfall nach dem Erbanfall für die Pflichtteilsberechnung wie ein Vermächtnis zu behandeln sei, hielt der Fachsenat (5 Ob 114/02d; 5 Ob 39/14t) – von der Literatur überwiegend unbeanstandet – an der Möglichkeit fest, die Einverleibung des Eigentumsrechts des auf den Todesfall Beschenkten aufgrund des mit einer Aufsandungserklärung versehenen Schenkungsvertrags und der Sterbeurkunde zu begehren.

4. Im Gegensatz zur Auffassung der Revisionsrekurswerberin bietet die neue Rechtslage keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Gemäß § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 ist eine Schenkung auf den Todesfall nunmehr auch nach dem Tod des Geschenkgebers als Vertrag anzusehen, wenn er sich kein Widerrufsrecht vertraglich vorbehalten hat und der Vertrag als Notariatsakt aufgenommen wurde. Die Bestimmungen des 18. Hauptstücks von Schenkungen und § 1253 ABGB sind anzuwenden. Gemäß der letztgenannten Bestimmung kann ein Vertragspartner auf das Recht zu testieren nicht gänzlich verzichten. Ein reines Viertel, das weder durch Pflichtteile noch durch andere Forderungen belastet sein darf, muss zur freien letztwilligen Verfügung stehen. Die „Vertragslösung“ setzte sich erst als Ergebnis des Begutachtungsverfahrens durch (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP  12). Die Anwendung des § 1253 ABGB – die der Ministerialentwurf noch nicht vorgesehen hatte (vgl ME 100 25. GP 39) – wird in den Materialien nicht näher begründet. Mit Fischer‑Czermak (in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge2 § 20 Rz 46) ist aber davon auszugehen, dass die Neuregelung der Schenkung auf den Todesfall in diesem Sinn nicht dafür spricht, von der bisherigen Rechtsprechung des Fachsenats zur Möglichkeit der Einverleibung auf Basis des Schenkungsvertrags und der Sterbeurkunde abzugehen. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Behandlung des Schenkungsvertrags auf den Todesfall als Vertrag auch nach dem Tod des Geschenkgebers anordnet, spricht dagegen, nunmehr die Vorlage einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG als Voraussetzung für eine Einverleibung zu verlangen. Eine derartige, vom Verlassenschaftsgericht auszustellende Bestätigung dient nur dem Nachweis, dass dem Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstehen. Da ein derartiger gerichtlicher Beschluss nicht gegen den Willen des Erben oder bei unklarer Sach‑ und Rechtslage ausgestellt werden darf, ersetzt erbeim Erwerb durch Legat eine ansonsten notwendige Aufsandungserklärung der Erben sowie eine notarielle Beurkundung der Unterschrift (RS0125697). Da aber schon bis zum Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 zu § 956 ABGB aF für den Schenkungsvertrag auf den Todesfall von einer Ermächtigung des Geschenkgebers an den Geschenknehmer nach dem Tod aufgrund der bereits abgegebenen Aufsandungserklärung die Einverleibung zu beantragen auszugehen war, muss dies umso mehr für die neue Rechtslage und die nunmehr ausdrücklich angeordnete Vertragslösung gelten. Zu prüfen bleibt, ob die angeordnete Anwendung des § 1253 ABGB und des „freien Viertels“ daran etwas ändern kann.

5. Die Literatur, die die Entscheidung des Gesetzgebers, § 1253 ABGB auch auf die Schenkung auf den Todesfall anzuwenden, nahezu einhellig als systemwidrig kritisiert (Fischer‑Czermak, Verträge auf den Todesfall, EF‑Z 2016/107 [231]; Umlauft, Die Anwendung des § 1253 ABGB auf die Schenkung auf den Todesfall. Ein Auslegungsvorschlag zur Rechtslage nach dem ErbRÄG 2015, EF‑Z 2017/2; Apathy/Neumayr in KBB6 § 603 ABGB Rz 3), nimmt zu dieser Problematik nicht ausdrücklich Stellung. Die zur neuen Rechtslage erstellten Beiträge von Welser (Erbrechts‑Kommentar § 603 ABGB Rz 11) und Fischer‑Czermak (in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge2 § 20 Rz 46) sowie Nemeth (in ABGB‑TaKomm4 § 603 Rz 13) verweisen zum Eigentumserwerb auf die bisherige Rechtsprechung, ohne diese aufgrund der geänderten Rechtslage in Frage zu stellen oder ein Abgehen zu fordern (kritisch zur alten Rechtslage hingegen unter Hinweis auf die Vermächtnislösung Rabl, Das Nachlassinventar – Inhalt und Zweck, NZ 1999, 129, und Cohen, Rechtserwerb der auf den Todesfall geschenkten Sache außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens, JEV 2011, 114). Lediglich aus den Ausführungen von Bruckbauer (Die Schenkung auf den Todesfall und das reine Viertel nach dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 – praktische Anwendung der neuen Regelungen durch das Notariat, NZ 2017/103) kann im Umkehrschluss die Auffassung abgeleitet werden, die Möglichkeit der Verbücherung durch Vorlage der Sterbeurkunde sowie des Schenkungsvertrags samt Aufsandungserklärung verbleibe nur bei vor dem 1. 1. 2017 errichteten Verträgen. Nach Auffassung des erkennenden Senats spricht aber insbesondere die bereits vom Rekursgericht zutreffend hervorgehobene eingeschränkte Kognitionsbefugnis des Grundbuchsgerichts dafür, dieses bei der Entscheidung über ein Einverleibungsbegehren aufgrund eines Schenkungsvertrags auf den Todesfall nicht zu verpflichten, eine aus der Urkundenlage nicht erkennbare allfällige Verletzung des reinen Viertels iSd §§ 603 iVm 1253 ABGB in seine Überlegungen miteinzubeziehen:

6. Grundsätzlich hat das Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 1 GBG das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, dass er nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiell‑rechtlichen Fragen irgendwelche Zweifel nicht aufkommen lässt (RS0060878). Allerdings ist im – als reines Akten‑ und Urkundenverfahren ausgestalteten (5 Ob 185/08d; 5 Ob 214/14b) – Grundbuchsverfahren in der Regel die Prüfung rechtshindernder oder rechtsvernichtender Tatsachen der Kognitionsbefugnis des Grundbuchsrichters entzogen (5 Ob 191/07k; 5 Ob 214/14b). Aus außervertraglichen Umständen abgeleiteten Bedenken in Richtung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags kann im Grundbuchsverfahren nicht nachgegangen werden (RS0040040 [T12]). Würde sich ein Eintragungshindernis erst aus einer ergänzenden oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichenden Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ergeben, ist dessen Wahrnehmung dem Grundbuchsrichter verwehrt (5 Ob 82/08g). Die Prüfungsmöglichkeit und Prüfungsbefugnis des Grundbuchsrichters ist auf die die positive Gesuchserledigung tragenden rechtserzeugenden Tatsachen beschränkt. Ein Antrag ist daher zu bewilligen, wenn die einzutragenden Rechtstatsachen aufgrund der Urkunden, wie sie in ihrer Gesamtheit vorliegen, den formgerechten Anschein der Rechtsbeständigkeit für sich haben und die sonstigen nach Lage des Falls in Betracht kommenden Erfordernisse des formellen Grundbuchsrechts erfüllt sind. Rechtsvernichtende Tatsachen dürfen nur ausnahmsweise (etwa im Rahmen des § 94 Abs 1 Z 2 GBG) verwertet werden. Ob ein nach den vorgelegten Urkunden nicht auszuschließender außerbücherlicher Rechtsübergang stattgefunden hat, der die bei der Entscheidung zu berücksichtigende Grundbuchsordnung als nicht mehr zutreffend erweisen könnte, ist aus Anlass eines Gesuchs um Anmerkung einer Firmenänderung daher nicht zu prüfen (RS0122601). Keine Beschränkung des Untersuchungsgrundsatzes bestünde nur bei aus dem Grundbuchstand hervorgehenden Hindernissen (RS0122601 [T1]).

7. Daraus folgt:

Unabhängig davon, ob man mit dem Rekursgericht und einzelnen Autoren (vgl Umlauft aaO; A. Tschugguel in Klang3 § 603 ABGB nF Rz 21) von einer (Teil‑)Unwirksamkeit einer Schenkung auf den Todesfall, die das freie Viertel verletzt, ausgehen will, wäre ein derartiger Umstand vom Grundbuchsgericht nur dann wahrzunehmen, wenn sich darauf Hinweise in den dem Grundbuchsgericht vorgelegten Urkunden oder im Grundbuchsstand selbst bieten, weil der Grundbuchsrichter bei seiner Entscheidung grundsätzlich nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten (wie etwa den Verlassenschaftsakt) oder sein Amtswissen heranzuziehen hat (RS0040040). Ergibt sich hingegen – wie im hier zu beurteilenden Fall – daraus kein Hinweis darauf, durch den in der gebotenen Notariatsaktform abgeschlossenen und einen Widerrufsverzicht enthaltenden Schenkungsvertrag auf den Todesfall werde das freie Viertel des § 1253 ABGB allenfalls verletzt, scheidet eine Wahrnehmung dieses Umstands durch das Grundbuchsgericht aus. Ein derartiger rechtsvernichtender Einwand, der nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht strittig ist, ist dem streitigen Verfahren vorbehalten. Der Erbe ist daher insoweit auf die Erhebung einer Löschungsklage zu verweisen (vgl RS0124445).

8. Dass der Beschenkte auf den Todesfall – im Gegensatz zu anderen Verlassenschaftsgläubigern – aus eigenem die Erfüllung seines Vertrags erwirken und die Befriedigung seiner Forderung erlangen kann, obwohl dies im Fall der Überschuldung der Verlassenschaft nicht seinem Rang entsprechen würde, ändert daran nichts. Insoweit blieb die Rechtslage durch das ErbRÄG 2015 unverändert. Dem Erben bzw einem Masseverwalter steht im Fall der Verlassenschaftsinsolvenz – wie schon nach bisheriger Rechtslage – die Möglichkeit unverändert offen, den Schenkungsvertrag nach den Bestimmungen der IO anzufechten oder unter Berufung auf § 58 Z 3 IO geltend zu machen, dass Ansprüche aus Schenkungen keine Insolvenzforderungen sind.

9. Zusammenfassend gilt:

Die Anordnung der Anwendung des „freien Viertels“ nach § 1253 ABGB auch auf den Schenkungsvertrag auf den Todesfall in § 603 ABGB durch den Gesetzgeber des ErbRÄG 2015 hat nichts daran geändert, dass es dem Beschenkten auf den Todesfall zusteht, beim Grundbuchsgericht unmittelbar aufgrund des in Notariatsaktsform errichteten und mit einem ausdrücklichen Widerrufsverzicht versehenen Schenkungsvertrags auf den Todesfall und der Sterbeurkunde die Einverleibung seines Eigentumsrechts zu beantragen. Rechtsvernichtende Einwände – wie etwa, dass der Schenkungsvertrag mehr als drei Viertel des Nachlasses erfasst – sind nicht im Grundbuchsverfahren, sondern in einem über Löschungsklage einzuleitenden streitigen Verfahren zu klären. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich der Umstand der Verletzung des „freien Viertels“ unmittelbar aus den dem Grundbuchsgericht vorgelegten Urkunden oder dem Grundbuchsstand ergeben sollte.

10. Damit war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

11. Im Grundbuchsverfahren findet kein Kostenersatz statt (RS0035961), die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

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