OGH 1Ob84/20i

OGH1Ob84/20i23.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T* Bank AG *, vertreten durch Dr. Stefan Geiler, Mag. Briska Seeber‑Parth und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. (FH) A* R*, vertreten durch Dr. Stefan Kornberger, Rechtsanwalt in Völs, wegen 183.387,22 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse 34.739,80 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 138.073,42 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Februar 2020, GZ 4 R 2/20f‑17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 7. November 2019, GZ 6 Cg 118/18s‑12, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129721

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

I. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidung des Berufungsgerichts dahin abgeändert, dass es lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 138.073,42 EUR samt 4 % Zinsen ab 26. 10. 2018 binnen 14 Tagen zu zahlen und ihr die mit 9.097,60 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.

2. Das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 45.313,80 EUR zu zahlen, und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 849,75 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.427,48 EUR (darin enthalten 412,08 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe

und

Begründung:

Der Beklagte ist in der Immobilienbranche tätig und unter anderem 100 % Gesellschafter einer Holding GmbH. Im Jahr 2011 wurde eine Vertriebs‑ und Verwaltungs‑GmbH & Co KG (idF auch GmbH & Co KG) gegründet, an deren Komplementär‑GmbH unter anderem ebenfalls der Beklagte beteiligt war, der auch als Kommanditist mit einer übernommenen Haftungssumme von 7.500 EUR fungierte. Als alleiniger Geschäftsführer der Komplementär‑GmbH vertrat der Beklagte diese Kommanditgesellschaft nach außen.

Unternehmensgegenstand der GmbH & Co KG war die Beratung, Planung, Errichtung und der Betrieb von Baulichkeiten aller Art auch in Form von Bauwerken nach dem Baurechtsgesetz sowie von Superädifikaten. Aufgrund ihres Antrags eröffnete die Klägerin für diese zur Durchführung eines Projekts das Girokonto 03301‑050039. Die Klägerin räumte der GmbH & Co KG einen Überziehungsrahmen ein, wobei der Beklagte persönlich eine Garantieerklärung zur Besicherung abgab. In der Folge gewährte die Klägerin der GmbH & Co KG am 22. 3. 2012 einen Betriebsmittelkredit mit einem wiederholt ausnutzbaren Rahmen von 350.000 EUR, zu dessen Besicherung der Beklagte wiederum eine Garantieerklärung über ursprünglich 350.000 EUR abgab, die später einvernehmlich auf 240.000 EUR eingeschränkt wurde. Mit Zusage vom 28. 2. 2013 erfolgte eine Ausweitung des Betriebsmittelkredits auf 400.000 EUR, wobei eine fixe Verzinsung von 2 % per anno über dem „3‑Monats‑Refinanzierungssatz“ pro Zinsperiode (drei Monate), mindestens jedoch 2,5 % per anno sowie eine Überziehungsprovision zusätzlich zum jeweiligen Zinssatz von 7,2 % per anno vereinbart wurde. Am 7. 3. 2013 unterfertigte der Beklagte eine ihm von der Klägerin übermittelte Garantieerklärung, die er an diese retournierte. Diese Garantieerklärung lautet auszugsweise:

„Ich habe davon Kenntnis, dass die [Klägerin] mit [GmbH & Co KG] in Geschäftsverbindung steht. Zur Besicherung aller Forderungen aus dieser Geschäftsverbindung wurde die Beibringung einer Garantie vereinbart.

Dies vorausgesetzt verpflichte ich mich, im Auftrag von [der Vertriebs‑ und Verwaltungs‑GmbH & Co KG] der [Klägerin] gegenüber unwiderruflich, über erste schriftliche Aufforderung der [Klägerin] – unter Verzicht auf alle Einwendungen und Einreden sowie ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses – den uns namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch insgesamt 290.000 EUR [...] zu überweisen.“

Im Mai 2014 zerschlug sich das von der GmbH & Co KG betriebene Projekt, weswegen die gegenüber der Klägerin bestehenden Verbindlichkeiten getilgt werden sollten, damit ein zu deren Gunsten an einer Baurechtseinlage eingeräumtes Pfandrecht gelöscht werden konnte. Für den Verzicht auf ihr Baurecht und als Ablöse für die Projektvorlaufkosten stellte die GmbH & Co KG gegenüber zwei weiteren Gesellschaften Rechnungen über 96.000 EUR inklusive USt und 144.000 EUR inklusive USt aus, worauf die erfolgten Zahlungen letztlich über ein Treuhandkonto an die Klägerin weitergeleitet wurden. Darüber hinaus wurde zur Tilgung der Verbindlichkeiten der GmbH & Co KG ein von dritter Seite verpfändetes Guthaben realisiert. Den dann noch ausstehenden Betrag von 89.614,50 EUR leistete der Beklagte am 26. 8. 2014, nachdem er von der Klägerin mit seiner Garantieerklärung vom 7. 3. 2013 konfrontiert worden war. Damit war das Kreditkonto der GmbH & Co KG – vorläufig – ausgeglichen.

Am 10. 9. 2014 wurde über das Vermögen der GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter brachte am 15. 7. 2015 gegen die Klägerin eine Anfechtungsklage über 144.000 EUR sA ein, mit der er letztlich obsiegte. Die Klägerin belastete die GmbH & Co KG auf dem neu eröffneten Konto Nr 03302‑097690 mit dem an den Insolvenzverwalter nach rechtskräftiger Beendigung des Anfechtungsverfahrens bezahlten Betrag. Samt Zinsen und den weiters verbuchten Prozesskosten wies dieses Konto abzüglich einer im Insolvenzverfahren der GmbH & Co KG der Klägerin bezahlten Quote von 30.505,02 EUR am 20. 6. 2018 einen Negativsaldo von 172.813,22 EUR auf. Auf diesem Konto verrechnete die Klägerin 11,8 % Sollzinsen per anno ab 1. 4. 2018 bei vierteljährlicher Kapitalisierung.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten unter Berufung auf die von diesem übernommene Garantie die Zahlung von 183.387,22 EUR samt 11,8 % Zinsen aus 172.813,22 EUR jährlich ab 1. 4. 2018, jeweils kapitalisiert (am Ende eines jeden Kalendervierteljahres) und 4 % Zinsen aus 10.574 EUR seit 1. 2. 2018. Der Beklagte schulde jene angemessenen Zinsen, die sie derzeit laut Aushang für ungeregelte Überziehungen verrechnen würde. Das seien 11,8 % per anno vierteljährlich kapitalisiert. Überdies habe der Beklagte die Rechtsverteidigungskosten im Anfechtungsverfahren von 10.574 EUR zu ersetzen. Mit Schreiben vom 25. 9. 2018 habe sie die Garantie des Beklagten formell in Anspruch genommen.

Der Beklagte bestritt das Zustandekommen eines Garantievertrags, weil die Klägerin seine Garantieerklärung vom 7. 3. 2013 nicht angenommen habe. Die Inanspruchnahme aus einer (allenfalls wirksam zustande gekommenen) Garantiehaftung erfolge missbräuchlich, weil er die Haftung ausschließlich für den zu Konto Nr 03301‑050039 der GmbH & Co KG zur Verfügung gestellten Kredit übernommen habe, nicht jedoch für den auf dem Konto Nr 03302‑097690 bestehenden Außenstand. Der der GmbH & Co KG zu erstgenanntem Konto gewährte Kredit sei im Jahr 2014 zur Gänze zurückbezahlt worden, womit seine Garantiehaftung geendet habe. Nach dem Wortlaut der Garantieerklärung setze die Inanspruchnahme der Garantie einen Auftrag der GmbH & Co KG voraus, welcher nicht vorliege. Die Haftung für Prozesskosten sei nie vereinbart gewesen, sodass deren Geltendmachung missbräuchlich erfolge. Rechtsverteidigungskosten seien keinesfalls von der Garantie umfasst, weswegen die Inanspruchnahme derselben insofern ebenso rechtsmissbräuchlich erfolge wie hinsichtlich der Zinsen von 11,8 %, vierteljährlich kapitalisiert. Darüber hinaus sei die Forderung verjährt.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 172.813,22 EUR samt 11,8 % Zinsen per anno seit 1. 4. 2018, vierteljährlich kapitalisiert, und wies das Mehrbegehren rechtskräftig ab. Die Klägerin habe die Garantieerklärung des Beklagten vom 7. 3. 2013 schlüssig angenommen, indem sie die Kreditvaluta, zu deren Besicherung die Erklärung abgegeben worden sei, bereitgestellt habe. Nach dem Inhalt der Erklärung liege eine abstrakte, vom gesicherten Grundverhältnis unabhängige Garantie vor, wobei die anfechtbare Zahlung der Kreditnehmerin die Forderung der Klägerin nicht endgültig, sondern lediglich „provisorisch“ zum Erlöschen gebracht habe. Nach erfolgreicher Anfechtung der Zahlung durch den Insolvenzverwalter sei sowohl die Hauptschuld als auch die zu ihrer Besicherung gegebene Garantieerklärung wieder aufgelebt. Selbst unter Berücksichtigung der Zahlung des Beklagten vom 26. 8. 2014 in der Höhe von 89.614,50 EUR finde der von der Klägerin begehrte Betrag in der durch die Erklärung garantierten Summe Deckung. Nicht berechtigt sei die Inanspruchnahme des Beklagten aus der Garantieerklärung jedoch hinsichtlich des von der Klägerin an ihren Rechtsvertreter im Anfechtungsverfahren geleisteten Honorarbetrags von 10.574 EUR. Hingegen entspreche das Zinsenbegehren den festgestellten Standardkonditionen für Kommerzfinanzierungen.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht gab dessen Rechtsmittel teilweise Folge. Es bestätigte die Ansicht des Erstgerichts, dass der Garantievertrag wirksam zustande gekommen sei. Die Garantieerklärung enthalte keine Effektivklausel, sondern sei abstrakt, weswegen ein Auftrag der GmbH & Co KG zur Inanspruchnahme der Garantie nicht erforderlich gewesen sei. Das Wiederaufleben der Hauptschuld aufgrund erfolgreicher Anfechtung ihrer Befriedigung (Zahlung) betreffe auch die Haftung des Bürgen, sodass dieser nach der Rechtsprechung wiederum in Anspruch genommen werden könne. Gleiches müsse für den Garanten gelten. Der Umstand, dass die Klägerin nach der erfolgreichen Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ein Verrechnungskonto eröffnet habe, von welchem Zahlungen an den Insolvenzverwalter geleistet worden seien, und damit GmbH & Co KG als Kreditnehmerin belastet habe, stelle keine neue Geschäftsverbindung dar, weil eine Geschäftsverbindung (zwischen Bank und Kunden) erst dann beendet sei, wenn diese tatsächlich und nicht nur scheinbar abgewickelt sei. Bei Abstraktheit einer Garantie seien nur solche Einwendungen zulässig, die sich aus der Auslegung des Garantietextes selbst ergeben. Nachdem in der Kreditzusage (in dem Kreditvertrag) vom 28. 2. 2013 7,2 % Überziehungszinsen vorgesehen gewesen seien, ebenso eine vierteljährliche Kapitalisierung, danach Kontoführungsprovisionen laut Aushang zu leisten seien, könne nicht gesagt werden, dass die Geltendmachung der verrechneten Zinsen und Gebühren rechtsmissbräuchlich erfolgten. Demgegenüber handle es sich bei den Kosten des Anfechtungsverfahrens (Zahlung an den Insolvenzverwalter von 24.129,80 EUR, Gerichtsgebühren 10.610 EUR) nicht um eine Kreditforderung, sondern um die Kosten eines Prozesses, den die Klägerin aus eigenem Entschluss geführt habe. Daraus resultiere keine Forderung der Klägerin gegenüber der GmbH & Co KG als Kreditnehmerin, sodass das Klagebegehren im Umfang von 34.739,80 EUR sA abzuweisen sei. Forderungen aus einem echten Garantievertrag würden in drei Jahren verjähren, weil die Garantieverpflichtung Schadenersatzfunktion habe. Erst mit rechtskräftigem Abschluss des Anfechtungsverfahrens sei festgestanden, dass der Klägerin weiterhin eine offene Forderung aus dem Kreditverhältnis mit der GmbH & Co KG zustehe, die von der Garantie des Beklagten umfasst sei. Die Inanspruchnahme des Beklagten aufgrund seiner Garantieerklärung sei daher weder rechtsmissbräuchlich erfolgt, noch komme seinem Verjährungseinwand Berechtigung zu.

Die dagegen vom Beklagten erhobene und von der Klägerin beantwortete außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Beurteilung des Zinsenbegehrenszu korrigieren ist; sie ist in diesem Umfang teilweise berechtigt.

Hingegen ist die außerordentliche Revision der Klägerin mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:

1. Der echte Garantievertrag ist im Gesetz nicht näher geregelt, er kann nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit verschiedenem Inhalt geschlossen werden (RIS‑Justiz RS0016963). Ob ein Vertrag (hier eine Garantie) im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn das Berufungsgericht in wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielte (RS0042936). Das ist nicht der Fall:

2.1 Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge ist nicht Selbstzweck, sondern kommt nur soweit zum Tragen, als dies dem Willen der Vertragsparteien entspricht. Die im Rahmen eines Garantievertrags abgegebene Erklärung des Garanten unterliegt daher zwar den Auslegungsregeln der §§ 914, 915 ABGB (RS0033002; RS0017670). Für eine Abweichung vom eindeutigen Wortsinn der Garantieerklärung bedarf es jedoch massiver Anhaltspunkte (RS0033002 [T16]).

2.2 Die Klägerin will die Kosten des von ihr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co KG verlorenen Anfechtungsprozesses von der Garantie erfasst wissen. Sie sei zur Führung des nicht aussichtslosen Anfechtungsverfahrens „geradezu verpflichtet“ gewesen. Der von ihr insoweit getragene „Rettungsaufwand“ stelle daher eine Forderung aus ihrer Geschäftsbeziehung zur GmbH & Co KG als Kreditnehmerin dar.

3. Die vom Beklagten abgegebene Garantie diente nach dem Wortlaut der Erklärung der Besicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung der Klägerin mit der GmbH & Co KG als Kreditnehmerin, der späteren Gemeinschuldnerin. Dass der Insolvenzverwalter die Zahlung der Kreditnehmerin (der GmbH & Co KG) erfolgreich angefochten hatte, führte zwar zum Wiederaufleben eines Teils der Forderungen aus dieser Geschäftsverbindung und damit zu einer Insolvenzforderung der Klägerin. Die von der Klägerin aufgrund des verlorenen Anfechtungsprozesses getragenen Prozesskosten beruhen aber auf einem Anspruch des in diesem Verfahren erfolgreichen Insolvenzverwalters aus dem (öffentlich-rechtlichen) Prozessverhältnis und können schon deshalb keine weitere Forderung der Klägerin (auf Vergütung von Verfahrenskosten), die ihr die GmbH & Co KG aus dem Kreditverhältnis geschuldet hätte, begründen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass es sich bei den der Klägerin als der im Anfechtungsprozess unterlegenen Partei auferlegten Verfahrenskosten nicht um Forderungen aus dem vom Beklagten besicherten Geschäftsverhältnis handelt, ist daher nicht zu beanstanden. Für ein Abweichen vom Wortlaut, der für die Interpretation der Garantieerklärung in erster Linie maßgeblich ist, bieten die Überlegungen der Revisionswerberin, die darauf beruhen, sie habe den Anfechtungsprozess auch im Interesse des Beklagten („Rettungsaufwand“) geführt, keine Anhaltspunkte. Sie behauptet nicht einmal, sich auf den Prozess in Absprache mit dem Beklagten eingelassen zu haben.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es insoweit nicht.

II. Zur Revision des Beklagten:

1. Mit einer Garantie für die Leistung eines Dritten übernimmt der Garant eine von der Hauptschuld des Dritten – und damit von ihrem Bestand – unabhängige Haftung für den Erhalt der Leistung des Dritten. Die Garantieverpflichtung ist losgelöst vom Valutaverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Dritten, und auch unabhängig vom Deckungsverhältnis zwischen dem Garanten und dem Dritten (vgl RS0005081). Diese Abstraktheit einer Garantie ergibt sich vor allem aus Formulierungen wie „auf erstes Anfordern“ oder „ohne Einwendungen“ (RS0016992; P. Bydlinski in KBB6 § 880a Rz 2 mwN).

2. Nach den Feststellungen hat der Beklagte die ihm von der Klägerin ausgehändigte Garantieerklärung am 7. 3. 2013 unterfertigt und die unterfertigte Erklärung an die Klägerin zurückgestellt. Am Zustandekommen eines Garantievertrags (dazu 3 Ob 275/00p) kann bei dieser Sachlage entgegen dem vom Beklagten auch noch im Revisionsverfahren aufrecht gehaltenen Standpunkt kein Zweifel bestehen.

Nach der Rechtsprechung (RS0107060) kann im Schweigen des Begünstigten eine Zustimmung zur Garantieerklärung erblickt werden, wenn dies nicht ohnehin allein deshalb gilt, weil die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringt. Hier steht fest, dass die Klägerin die Kreditvaluta, für die sie die Besicherung durch die Garantie einforderte, bereitstellte, die dann von der GmbH & Co KG auch in Anspruch genommen wurde. Für die Frage des Zustandekommens des Garantievertrags ist es aber unerheblich, ob man – wie das Erstgericht - in der Bereitstellung der Kreditvaluta eine schlüssige Willenserklärung, nämlich die Annahme durch die Klägerin, sieht, oder aber - wie das Berufungsgericht - davon ausgeht, dass bereits die Unterfertigung der Garantieerklärung durch den Beklagten die Annahme eines diesem von der Klägerin gestellten Anbots darstellte.

3. Die vom Beklagten angestrebte Auslegung der Garantieerklärung, diese enthalte eine Effektivklausel, nach der er zur Zahlung nur über Auftrag der Kreditnehmerin verpflichtet wäre, findet im (vernünftig verstandenen) Wortlaut der Vereinbarung keine Deckung und wäre auch wirtschaftlich unsinnig. Danach verpflichtete er sich unwiderruflich, über erste schriftliche Aufforderung der Klägerin und unter Verzicht auf alle Einreden und Einwendungen sowie ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses zur Zahlung an die Klägerin. Mit seinen Ausführungen zum Satzaufbau kann er die von ihm behauptete Effektivklausel (dazu RS0016984) nicht begründen und damit auch keine Fehlbeurteilung dieser Frage durch das Berufungsgericht aufzeigen.

4.1 Bei einer abstrakten Garantie ist der Garantievertrag vom Bestand der gesicherten Hauptschuld grundsätzlich unabhängig. Einwendungen sind nur soweit zulässig, als sie sich aus der Auslegung des Garantietextes selbst ergeben (6 Ob 105/05t = RS0016984 [T2]).

4.2 Der Begünstigte aus einer Garantie ist nur dann nicht schutzwürdig, wenn er eine Leistung des Garanten in Anspruch nimmt, obwohl eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und ihm die Inanspruchnahme des Garanten deshalb als Rechtsmissbrauch (§ 1295 Abs 2 ABGB) vorzuwerfen ist (RS0018006; vgl RS0018027 [T8]). Ist hingegen der Abruf der Garantie aufgrund einer vertretbaren Auslegung des im Valutaverhältnis abgeschlossenen Vertrags erfolgt, liegt kein Rechtsmissbrauch vor (RS0016950). Unstrittig und vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt ist, dass die Hauptschuld aufgrund erfolgreicher Anfechtung ihrer Befriedigung (Zahlung) in bestimmtem Umfang wieder auflebte (vgl RS0032229). Mit rechtskräftigem Abschluss des durch den Insolvenzverwalter angestrengten Anfechtungsverfahrens stand fest, dass der Klägerin weiterhin eine offene Forderung aus dem Kreditverhältnis zustand. Damit hat das Berufungsgericht die Inanspruchnahme der vom Beklagten übernommenen Garantie zu Recht nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet.

4.3 Übernimmt der Versprechende, wie der Beklagte mit der vorliegenden Garantie, die Haftung für die Leistung eines Dritten, liegt eine Erfolgszusage vor. Tritt der garantierte Erfolg nicht ein, hat der Garant dem Versprechensempfänger verschuldensunabhängig das Erfüllungsinteresse zu gewähren (P. Bydlinski aaO § 880a Rz 2; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 880a). Bereits das Berufungsgericht hat daher zutreffend darauf hingewiesen, dass nach dem Grundverhältnis Zinsen, eine vierteljährliche Kapitalisierung sowie Kontoführungsprovisionen zu leisten waren. Soweit sich der Beklagte gegen diese, im Kapitalbetrag enthaltenen Positionen wendet, kann keine Rede davon sein, dass das Nichtbestehen eines Anspruchs der Klägerin evident wäre, sodass seine Ausführungen, die Klägerin würde insoweit rechtsmissbräuchlich handeln, ins Leere gehen. Ein Vorbringen, dass im geltend gemachten Kreditsaldo nicht auf das Grundverhältnis rückführbare Positionen enthalten wären, hat der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Soweit die Revision derartige Ausführungen enthält, liegt eine im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerung vor (§ 504 Abs 2 ZPO).

5. Ansprüche aus Garantieverträgen verjähren zwar, wenn die Garantieverpflichtung Schadenersatzfunktion hat, als Entschädigungsansprüche gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren (RS0017007; Schwimann/Kodek, Praxiskommentar4 § 880a ABGB; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 880a ABGB [Stand 1.8.2019, rdb.at]). Hängt die Leistungspflicht des Verpflichteten aber von einer Erklärung des Berechtigten, wie hier dem Abrufen der Garantie, ab, beginnt die Verjährungsfrist erst dann zu laufen, wenn die Garantieinanspruchnahme erstmals (ohne Rechtsmissbrauch) erfolgen kann (RS0017007 [T7]). Das war im vorliegenden Fall erst nach rechtskräftigem Abschluss des Anfechtungsverfahrens möglich, sodass die Verneinung der vom Beklagten auch noch im Revisionsverfahren behaupteten Verjährung durch das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum erfolgte.

6.1 Letztlich wendet sich der Beklagte gegen die von der Klägerin begehrten Zinsen im Ausmaß von 11,8 % per anno (vierteljährlich kapitalisiert). Ein derartiges Zinsenbegehren stehe mit der Geschäftsverbindung der Klägerin zur GmbH & Co KG in keiner Beziehung und sei daher rechtsmissbräuchlich. Wollte man annehmen, dass er für einen solchen Zinssatz in aller Zukunft zu haften habe, hätten die Vorinstanzen berücksichtigen müssen, dass seine Garantieerklärung mit 290.000 EUR begrenzt sei, worauf er bereits einen Betrag von 89.614,50 EUR geleistet habe. Erst mit Garantieabruf würde der abgerufene Betrag zur Schuld des Garanten selbst, sodass ab Abruf, der (so der Beklagte mit Verweis auf das Vorbringen der Klägerin) mit Schreiben vom 25. 9. 2018 erfolgt sei, Zinsen von 4 % per anno gerechtfertigt seien. Diesem Einwand kommt grundsätzlich Berechtigung zu.

6.2 Bereits im Verfahren erster Instanz hat der Beklagte geltend gemacht, dass die Verrechnung von Zinsen in dieser Höhe rechtsmissbräuchlich sei, weil sie nicht der Vereinbarung mit der GmbH Co KG entsprechen und daher nicht der Geschäftsbeziehung mit dieser entspringen würden.

6.3 Kenntnis der fehlenden Berechtigung zur Inanspruchnahme einer Leistung aus einem Garantieversprechen begründet jedenfalls Rechtsmissbrauch; maßgeblich ist der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Garantie (Graf in Kletečka/Schauer aaO § 880a). Die Klägerin hat ihr Zinsenbegehren auf den „aktuellen Konditionenaushang“ gestützt; es handle sich um Zinsen, die sie bei ungeregelten Kontoüberziehungen zu verrechnen berechtigt sei. Damit bezieht sie sich ganz offensichtlich auf das nach ihren aktuellen Vertragsbedingungen für die Überziehung eines Kontos verrechnete Entgelt. Daraus folgt aber, dass diese Zinsenforderung keine Grundlage in einer geschäftlichen Verbindung mit der GmbH & Co KG hat. Da die vom Beklagten abgegebene Garantie nach ihrem Wortlaut zur Besicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung der Klägerin mit der GmbH & Co KG als Kreditnehmerin dient und sich darin selbst auch keine Vereinbarung über Zinsen, die der Beklagte zu zahlen hätte, findet, kann die Klägerin diese Zinsenforderung nicht auf die Haftungserklärung des Beklagten stützen; in ihrer Revisionsbeantwortung versucht sie auch gar nicht, dieses Begehren zu verteidigen.

6.4 Auf eine andere Anspruchsgrundlage für ihr Zinsenbegehren hat sich die Klägerin ungeachtet des Bestreitungsvorbringens nicht berufen. Eine gänzliche Abweisung des Zinsenbegehrens kommt dennoch nicht in Betracht, weil der Beklagte in seiner Revision selbst von einer Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen (aufgrund seines eigenen Zahlungsverzugs) in der (gesetzlichen) Höhe von 4 % ausgeht. Dazu nimmt er auf den Garantieabruf mit Schreiben vom 25. 9. 2018 Bezug. Nach dem Inhalt dieses Schreibens war ihm eine Zahlungsfrist bis (einlangend) 25. 10. 2018 eingeräumt, sodass der Klägerin 4 % Zinsen aus dem berechtigten Kapitalbegehren ab 26. 10. 2008 zuzuerkennen sind.

7. Der Revision des Beklagten ist damit teilweise stattzugeben und das Zinsenbegehren in dem 4 % übersteigenden Ausmaß abzuweisen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 2 erster Fall iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte ist im Revisionsverfahren mit seinem Begehren lediglich geringfügig durchgedrungen, sodass die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen aufrecht bleiben konnten und er der Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung schuldet.

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