European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127366
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 1.332,54 EUR (darin enthalten 222,09 EUR USt) an Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II. Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten dieses Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Nr 25/2 und der Beklagte Eigentümer des nördlich daran angrenzenden Grundstücks Nr 18, je einer bestimmten Katastralgemeinde. Im südlichen Bereich des Grundstücks des Klägers verläuft in Ost‑West‑Richtung der „Mi*weg/G*weg“. An der Grenze zwischen dem vom Osten kommenden „G*weg“ und dem in Richtung Westen anschließenden „Mi*weg“ zweigt der sogenannte „Forstweg M*“ (im Folgenden kurz: Forstweg) in nordöstliche Richtung zum Grundstück des Beklagten ab. Der Forstweg verläuft zunächst über das Grundstück des Klägers, verlässt dieses an der nordöstlichen Grenze zum Grundstück des Beklagten, führt eine Zeit lang über dessen Grundstück und tritt weiter westlich wieder in das Grundstück des Klägers ein. Dort verläuft er zunächst in südwestliche Richtung, macht eine starke Rechtskurve und führt wieder in Richtung Norden auf das Grundstück des Beklagten.
Der Forstweg wurde in zwei Abschnitten errichtet. Der erste Abschnitt vom Mi*weg/G*weg über das Grundstück des Klägers bis zum Grundstück des Beklagten im Jahr 1966 und der zweite Abschnitt (darunter auch der Bereich zwischen dem Wiedereintritt in das Grundstück und dem erneuten Verlassen des Grundstücks des Klägers) im Jahr 1969. Die Wegerrichtung erfolgte „als Forstweg“.
Zum Zeitpunkt der Errichtung des Forstwegs war der Großvater des Klägers Eigentümer des Grundstücks Nr 25/2 und der Vater der späteren Verkäuferin an den Beklagten Eigentümer des Grundstücks Nr 18. Sie errichteten den Weg zum Holztransport bzw zur forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung beider Grundstücke. Bei der Wegerrichtung trafen sie keine Vereinbarung darüber, dass der Weg auch zu jagdlichen Zwecken genutzt werden dürfe. Im Jahr 1985/1986 übergab der Vater der späteren Verkäuferin das Grundstück Nr 18 an diese, von der es der Beklagte im Jahr 2005 erwarb.
Zwischen der Wegerrichtung und 1976 hatte der Großvater des Klägers das (damalige) Gemeindejagdgebiet am Grundstück des Beklagten (Nr 18) gepachtet und übte allein das Jagdrecht auf den Liegenschaften Nr 18 und 25/2 aus. Ab (ungefähr) 1976 erfolgte die Jagd auf dem Grundstück des Beklagten durch Gemeindejäger, die sich in einer um das Jahr 1977 gegründeten (Gemeinde‑)Jagdgesellschaft organisierten. Das Grundstück des Beklagten war von einer Abzweigung vom G*weg (beim M*schranken) über das (an die Grundstücke Nr 18 und 25/2 angrenzende) Grundstück Nr 27 zu erreichen. Diesen Weg verwendete auch die Gemeindejagdgesellschaft. Am Grundstück des Klägers bestand bis ins Jahr 1985 eine in unregelmäßigen Abständen beschickte Rehwildfütterung. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Bruder des Klägers zwischen 1993 und 2006 ohne ausdrückliche Bewilligung des Klägers den Forstweg jagdlich nutzte.
Der Beklagte war und ist nicht Mitglied der Gemeindejagdgesellschaft. Der Ex‑Mann der Verkäuferin und ihr Ex‑Schwager waren jedenfalls seit dem Jahr 2000 keine Mitglieder der Gemeindejagdgesellschaft. Im Jahr 2006 begründete der Beklagte am Grundstück Nr 18 eine Eigenjagd und befuhr den Forstweg zu jagdlichen Zwecken. Mit Schreiben vom 2. 11. 2016 untersagte der Kläger dem Beklagten die Zufahrt zum Grundstück Nr 18 über den Forstweg (zu Jagdzwecken).
Der Kläger begehrt die Feststellung, dem Beklagten komme kein Recht zu, über die auf seiner Liegenschaft Nr 25/2 liegenden Teile des Forstwegs zum oder vom Grundstück Nr 18 zu jagdlichen Zwecken zu‑ oder abzufahren. Der Forstweg sei von seinem und dem Rechtsvorgänger des Beklagten als forstliche Bringungsanlage ausschließlich zum Zweck der Holzbringung hergestellt, dessen Nutzung zu anderen Zwecken dagegen nicht zugestanden worden. Dem zuwider nehme der Beklagte für sich das Recht in Anspruch, den Forstweg nicht bloß für die Holzbringung von seinem Grundstück, sondern auch zu jagdlichen Zwecken zu nutzen, was eine ungerechtfertigte Rechtsanmaßung darstelle. Soweit der Beklagte eine Ersitzung des Fahrrechts (auch) zu jagdlichen Zwecken behaupte und sich dazu auf die bisherige Ausübung des Jagdrechts berufe, sei dies nicht berechtigt, weil auf dem Grundstück Nr 18 erstmals im Jahr 2006 eine Eigenjagd begründet worden sei und die bis dahin jagdberechtigten Gemeindejäger seine (des Klägers) Forstwege bloß fallweise und zudem nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung, etwa zur Beschickung einer Rehwildfütterung im Winter, hätten benutzen dürfen. Abgesehen davon, dass der Beklagte nicht Rechtsnachfolger der Gemeindejäger sei, hätten diese seine Forstwege auch nur benutzen dürfen, um zu Fuß über das Grundstück Nr 27 zum Grundstück Nr 18 zu gelangen. Auch sein Bruder habe die persönliche Zustimmung von ihm bzw seinem Rechtsvorgänger eingeholt, als er als Gemeindejäger das Grundstück des Beklagten bejagt habe. Sofern die Gemeindejäger oder in der Folge der Beklagte ab Begründung seiner Eigenjagd den Forstweg zur Ausübung der Jagd benutzt haben sollten, sei das konsenslos und ohne sein Wissen erfolgt. Ungeachtet dessen könne der Beklagte das behauptete Recht schon deshalb nicht ersessen haben, weil am Grundstück Nr 25/2 schon im Jahr 1977, am Grundstück des Beklagten dagegen erst im Jahr 2006 eine Eigenjagd begründet worden sei und damit die zeitlichen Voraussetzungen der Ersitzung nicht erfüllt seien. Dass bei Errichtung des Forstwegs eine „Bringungsgemeinschaft“ vereinbart worden sei, sei unrichtig. Vielmehr hätten ihre Rechtsvorgänger auf jeweils eigenem Grund eine Forststraße errichtet und seien zur Erlangung der notwendigen Genehmigungen gegenüber den Behörden als Weginteressentengemeinschaft aufgetreten. Darauf aufbauend schränke schon die Definition einer Forststraße nach dem bei Errichtung des Forstwegs in Geltung stehenden Forstrechts‑Bereinigungsgesetzes und nunmehr nach § 59 Abs 2 ForstG die Nutzung auf die Holzbringung und den wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder ein. Da eine Forststraße eine Bringungsanlage sei, bestehe kein Recht zur umfassenden Nutzung, wie sie der Beklagte behaupte. Eine solche sei auch nicht von ihren Rechtsvorgängern vereinbart worden, zumal sie in diesem Fall um eine Rodungsbewilligung ansuchen hätten müssen. Zwar hätten Jagd‑ und Forstwirtschaft gewisse Berührungspunkte, daraus folge aber nicht, dass die Befugnis zur Nutzung einer Forststraße automatisch auch das Recht einschließe, diese auch zu anderen Zwecken als der Holzbringung zu befahren. Eine „agrarische“ Nutzung, die sowohl die Jagd‑ als auch die Forstwirtschaft einschließe, sei nie vereinbart oder auch nur thematisiert worden. Der Abtransport von erlegtem Wild sei nicht nur über den Forstweg möglich (gewesen), weil der Beklagte auf dem G*weg bis zu seinem Grundstück Nr 27 fahren und dort ohne Inanspruchnahme fremden Grundes auf das Grundstück Nr 18 gelangen könne.
Der Beklagte wendete ein, der Forstweg sei als Forststraße von seinem und dem Rechtsvorgänger des Klägers gemeinsam in zwei Etappen errichtet worden. Die Kosten der Herstellung und Erhaltung des ersten Teils (Strecke bis zum erstmaligen Verlassen des Grundstücks des Klägers) seien dabei im Verhältnis 60:40 geteilt worden, wogegen der zweite Teil (Strecke vom Wiedereintritt bis zum abermaligen Verlassen des Grundstücks des Klägers) allein von seinen Rechtsvorgängern hergestellt und instandgehalten worden sei. Durch die gemeinsame Wegerrichtung sei eine nach wie vor bestehende schlichte „Bringungsgemeinschaft“ begründet worden, die aufgrund der gemeinsamen Errichtung und Erhaltung der Bringungsanlage auch gleiche Rechte und Pflichten für beide Teile beinhalte. Aus den (noch) vorhandenen Unterlagen lasse sich nicht ableiten, dass ihre Rechtsvorgänger oder die Behörden von einer Einschränkung der Nutzung oder einer Trennung zwischen Jagd‑ und Forstwirtschaft ausgegangen seien. Ihre Rechtsvorgänger hätten eine umfassende Nutzung vereinbart, was sich im Übrigen schon daraus ergebe, dass Forststraßen nicht nur der (Holz‑)Bringung, sondern dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb des Waldes dienen würden. Zur Bewirtschaftung des Waldes gehöre auch die untrennbar mit dem Grund und Boden verankerte Ausübung der Jagd, ohne die eine ertragsorientierte Wirtschaftsführung nicht möglich sei. Insgesamt sei von ihren Rechtsvorgängern eine „agrarische“ – alle Bewirtschaftungsarten umfassende – Nutzung des Forstwegs vereinbart worden. Darauf aufbauend sei bei objektiver Auslegung einer auf eine solche Nutzung gerichteten Gemeinschaftsregelung davon auszugehen, dass sich redliche und vernünftige Vertragspartner wechselseitig auch das Fahrrecht für jagdliche Zwecke eingeräumt haben. Der Kläger nehme dieses Recht auf dem über das Grundstück Nr 18 verlaufenden Teil des Forstwegs für sich sehr wohl in Anspruch. Er habe das Recht zum Befahren des Forstwegs auch zu jagdlichen Zwecken schon ersessen: Der Besitz des Rechtsvorgängers des Klägers habe im Jahr 1977 die für eine Eigenjagd notwendige Größe erreicht, womit das zuvor von diesem bejagte Grundstück Nr 18 Teil der Gemeindejagd geworden sei, die eine (Gemeinde‑)Jagdgesellschaft gepachtet habe. Da sich auf seinem Grundstück bis ca 1989 zwei Rehwildfütterungen und bis 2007 zwei Hochstände befunden hätten, dieses praktisch nur über das Grundstück des Klägers erreichbar sei und damit auch das erlegte Wild nur über den Forstweg abtransportiert habe werden können, sei dieser von den Jagdberechtigten zwangsläufig auch zu Zwecken der Jagd genutzt worden. Damit hätte er ab dem Jahr 2006, als das Grundstück Nr 18 Teil seiner Eigenjagd geworden sei, und davor seine Rechtsvorgänger (ab 1977) den Forstweg zur Ausübung der Jagd befahren. In diesem Zeitraum hätten weder er oder seine Rechtsvorgänger jemals um die Genehmigung für die Nutzung zu jagdlichen Zwecken ersucht, noch hätten die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Nr 25/2 sich dieser widersetzt. Erstmals 2016 und damit nach einer mehr als 30 Jahre dauernden Ausübung des Rechts habe der Kläger diese Art der Nutzung in Frage gestellt und ihm die Zufahrt zu seinem Grundstück zu jagdlichen Zwecken untersagt.
Das Erstgericht gab der Feststellungsklage statt. Der Forstweg sei eine von den Rechtsvorgängern der Parteien im Rahmen einer „Bringungsgemeinschaft“ errichtete Forststraße, die nach den maßgeblichen Bestimmungen des Forstrechts‑Bereinigungsgesetzes und nunmehr des ForstG primär der Bringung, das heißt der Beförderung von Holz oder Forstprodukten aus dem Wald, und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb des Waldes diene. Schon aus § 52 Stmk JagdG folge, dass das Recht zur Ausübung der Jagd nicht auch das Recht zur Nutzung von Forststraßen umfasse. Die vom Beklagten behauptete gesetzliche Grundlage für das von ihm in Anspruch genommene Recht bestehe nicht. Er könne sich aber auch nicht auf eine vertragliche Grundlage stützen, weil zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien eine dahingehende Vereinbarung nicht getroffen worden sei. Letztlich habe der Beklagte das Recht auch nicht ersessen. Abgesehen davon, dass sich die behauptete Rechtsausübung durch den Ex‑Mann der Verkäuferin und deren früheren Schwager sowie den Bruder des Klägers nicht habe erweisen lassen, sei der Gemeindejagdgesellschaft die Nutzung des Forstwegs gerade nicht gestattet gewesen. Da der Beklagte den Weg erst seit 2006 selbst benutze, liege eine durchgängige Nutzung über einen Zeitraum von 30 Jahren nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und hob das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Rechtlich führte es aus, hätten die Rechtsvorgänger der Parteien selbständige Weg(teil)e auf ihren Grundstücken errichtet und dem jeweils anderen daran die Nutzung für die Holzbringung eingeräumt, wären die Parteien Halter jeweils nur der über ihr Grundstück führenden Teile des Forstwegs. Ein Grund dafür, dass sich die Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der beiden in dieser Konstellation planwidrig nicht auf alle erdenklichen Nutzungsarten erstreckt habe, sei aber weder ersichtlich, noch würden sich im festgestellten Sachverhalt dafür Anhaltspunkte finden. Der Beklagte würde in diesem Fall nur ein für ihn nunmehr günstigeres Recht einfordern, das seinem Rechtsvorgänger in diesem Umfang schlicht nicht eingeräumt worden sei. Mangels Vertragslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit, sei auch keine ergänzende Interpretation vorzunehmen. Im Fall der gemeinsamen Errichtung und Erhaltung des Forstwegs würde den Streitteilen als Mithalter „schon nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich (vgl dazu § 828 ABGB [...]) ein jeweils uneingeschränktes Fahrrecht zukommen“, sodass es von vornherein keiner ergänzenden Vertragsauslegung bedürfe. Zwar sei das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden (§ 1 Abs 1 erster Satz Stmk JagdG), trotzdem lasse sich das Jagdrecht nicht unter die Nutzungsbefugnisse im Sinn des ForstG einordnen und umfasse (daher) auch nicht das Recht, Forststraßen mit Kraftfahrzeugen zu befahren. Die Voraussetzungen für eine Ersitzung des Fahrrechts zu jagdlichen Zwecken lägen nicht vor. Beim Forstweg handle es sich um eine Forststraße im Sinn des § 2 Abs 2 Forstrechts-Bereinigungsgesetz bzw § 59 Abs 2 iVm § 184 Z 9 Abs 1 ForstG. Darauf aufbauend bedürfe nach § 33 Abs 3 ForstG jede nicht schon durch die Legalservitut des § 33 Abs 1 ForstG gerechtfertigte Nutzung der Zustimmung des Erhalters der Forststraße, der nicht mit dem Waldeigentümer ident sein muss. Eine derartige (auch individuell) erteilte Fahrerlaubnis des Straßenerhalters stehe dem Begehren des Waldeigentümers auf Unterlassen des Befahrens einer Forststraße entgegen. Mehreren Personen komme in ihrer Gesamtheit die Haltereigenschaft zu, wenn sie als Mithalter die Verfügungsmacht zur Setzung von Erhaltungsmaßnahmen hätten und sie die (Errichtungs‑ und) Erhaltungskosten gemeinsam tragen würden. Für den Fall, dass diese Voraussetzungen hier vorlägen, wären sowohl der Kläger als auch der Beklagte Mithalter des Forstwegs. Aus dem Umstand, dass sie in diesem Fall Dritten die Nutzung auch zu anderen und damit auch zu jagdlichen Zwecken erlauben könnten, folge zwingend, dass dieses Recht auch ihnen selbst zustehe. Denn es wäre absurd anzunehmen, der (Mit‑)Halter der Forststraße könnte Dritten eine Nutzung gestatten, die ihm selbst nicht erlaubt sei. Sollte sich im fortzusetzenden Verfahren herausstellen, dass der Beklagte Mithalter des Forstwegs sei, könnte ihm der Kläger das Fahren zu jagdlichen Zwecken nicht im streitigen Verfahren bzw im Wege der Eigentumsfreiheitsklage untersagen. Komme nämlich beiden Parteien die Haltereigenschaft gemeinsam zu, wäre ihr Verhältnis nach den Bestimmungen über die Eigentumsgemeinschaft zu beurteilen, weil §§ 825 ff ABGB analog auch auf nicht dingliche Gemeinschaften, also auf Mitinhaber obligatorischer Dauerrechte, anzuwenden sei. Ob die vom Beklagten behauptete Rechtsgemeinschaft mit gleichen Rechten und Pflichten bestehe, sei im fortzusetzenden Verfahren zu klären. Sofern die (Mit‑)Halterschaft des Beklagten zu bejahen sei, sei auf § 838a ABGB Bedacht zu nehmen, liege doch grundsätzlich ein im außerstreitigen Verfahren zu behandelnder Anspruch vor, wenn mit der (Verwaltung und) Benutzung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängende Rechte und Pflichten der Miteigentümer „den Kern des Begehrens“ bildeten.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil dieser zur Frage der analogen Anwendung der §§ 825 ff ABGB (auch) auf Mithalter von Forststraßen – soweit überblickbar – noch nicht Stellung genommen habe.
Dagegen richten sich die von beiden Parteien erhobenen Rekurse, die jeweils beantwortet wurden.
Der Rekurs des Beklagten ist mangels Darlegung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Der Rekurs des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Rekurs des Beklagten:
1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042776 [T6]; RS0042936). Dies gilt auch für die ergänzende Vertragsauslegung (RS0044358 [T41]). Eine derartige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt nicht vor.
2. Eine ergänzende Vertragsauslegung wird von der Rechtsprechung in zwei (nicht immer scharf ganz voneinander abgrenzbaren) Fällen vorgenommen: Einerseits ist der Vertrag zu ergänzen, wenn feststeht, dass der schriftliche Vertragsinhalt die Absicht der Parteien nicht richtig wiedergibt (RS0017791; RS0017865). Andererseits können nach Abschluss der Vereinbarung Problemfälle auftreten, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden. Wollten die Parteien in einem solchen Fall (allenfalls vorhandenes) dispositives Recht nicht angewendet wissen oder erweist sich die gesetzliche Regelung für den konkreten Fall als unangemessen, ist von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Vertrags (Vertragslücke) auszugehen. Dann ist im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien für diesen Fall vereinbart hätten (RS0017758 [T20]; RS0017791 [T9]; RS0017890 [T2]; RS0113932 [T3]). Jedenfalls setzt die ergänzende Vertragsauslegung eine „Vertragslücke“ voraus (RS0017829), also eine planwidrige Unvollständigkeit des Vertrags (RS0017829 [T2]).
3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung in dem vom Beklagten angestrebten Sinn lägen nicht vor, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall. Die Rechtsvorgänger der Parteien errichteten den Weg zum Holztransport bzw zur forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Grundstücke Nr 18 und 25/2. Bei der Wegerrichtung trafen sie gerade keine Vereinbarung darüber, dass der Weg auch zu jagdlichen Zwecken genutzt werden dürfe. Die Rechtsvorgänger der Parteien hatten dem jeweils anderen daran die Nutzung für die Holzbringung eingeräumt. Nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei ein Grund dafür, dass sich die Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien planwidrig nicht auf alle erdenklichen Nutzungsarten erstreckt habe, weder ersichtlich noch würden sich dafür im festgestellten Sachverhalt Anhaltspunkte finden. Sie hätten sich nur das gegenseitige Recht zur „Bringung“ von Forstprodukten über die Anlage eingeräumt, weitergehende Rechte dagegen nicht. Der Beklagte würde ein für ihn nunmehr günstigeres Recht einfordern, das seinem Rechtsvorgänger nach den Feststellungen in diesem Umfang schlicht nicht eingeräumt worden sei. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.
Abgesehen davon, dass der Beklagte nicht darlegt, inwiefern die 1966 und 1969 zwischen den Rechtsvorgängern getroffene Vereinbarung nunmehr auch die Streitteile binden soll, finden sich keine Anhaltspunkte für seine im Rekurs vertretene Ansicht, dass ihm die Nutzung des Forstwegs für jagdliche Zwecke im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung der damals getroffenen Vereinbarung zustehen würde. Eine „Vertragslücke“ vermag er nicht aufzuzeigen. Die Jagdausübung war bereits damals bekannt, übte doch der Großvater des Klägers bis 1976 allein das Jagdrecht auf den Liegenschaften Nr 18 und 25/2 aus. Gegen die behauptete planwidrige Unvollständigkeit spricht der eindeutig vereinbarte Zweck (zum Holztransport und zur forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung), der gegen eine unbeschränkte Nutzung des Forstwegs und damit auch zu jagdlichen Zwecken spricht. Vereinbart waren bereits damals nicht die umfassende land‑ und forstwirtschaftliche Nutzung, sondern konkrete Zwecke. Auf eine umfassende „agrarische“ Nutzung wurde gerade nicht abgestellt.
4. Da der Beklagte insgesamt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist der Rekurs nicht zulässig und daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat auf die fehlende Zulässigkeit des Rekurses des Beklagten hingewiesen.
II. Rekurs des Klägers:
5. Die behauptete Mangelhaftigkeit des (Berufungs‑)Verfahrens sowie die monierte Aktenwidrigkeit wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). In Wahrheit bekämpft der Kläger mit diesen Rechtsmittelgründen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts.
6. Die Rechtsvorgänger der Parteien errichteten 1966 und 1969 über die Grundstücke Nr 18 (nunmehr Beklagter) und 25/2 (nunmehr Kläger) einen Forstweg zum Holztransport bzw zur forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung ihrer Grundstücke. Anlässlich der Errichtung trafen sie keine Vereinbarung darüber, dass der Weg auch zu jagdlichen Zwecken genutzt werden dürfe. Selbst wenn die Rechte aus der Vereinbarung über das Befahren der Forststraße zur Holzbringung dem Beklagten übertragen worden sind (wozu es weder Behauptungen noch Feststellungen gibt), könnten ihm seine Rechtsvorgänger nicht mehr Rechte übertragen haben, als sie selbst besessen hätten (§ 442 ABGB; RS0105991 [T2]). Eine Vereinbarung zur Nutzung des Forstwegs zu jagdlichen Zwecken wurde gerade nicht getroffen, sodass seine Rechtsvorgänger dem Beklagten auch kein solches Recht übertragen hätten können.
7. Beim Forstweg handelt es sich um eine Forststraße im Sinn des (früheren) § 2 Abs 2 Forstrechts‑Bereinigungsgesetz bzw (nunmehr) § 59 Abs 2 iVm § 184 Z 9 Abs 1 ForstG. Nach der Legalservitut des § 33 Abs 1 ForstG darf jedermann, unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 2 und 3 und des § 34 ForstG, den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Eine darüber hinausgehende Benutzung, wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, ist nach § 33 Abs 3 ForstG hinsichtlich der Forststraßen nur mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. Der Straßenerhalter muss nicht mit dem Waldeigentümer identisch sein. Der in § 33 Abs 3 ForstG verwendete Begriff „Erhalter der Forststraße“ stellt auf den ab, der die Kosten für die Errichtung und Erhaltung der Forststraße trägt und entsprechende Maßnahmen setzen kann (10 Ob 36/18v mwN = RdU 2019/32, 40 [zustimmend Rammelmüller]; Jäger, Forstrecht [2003] § 33 Abs 3 Anm 10; vgl auch RS0030011). „Halter“ eines Wegs ist der für die Straße tatsächlich Verantwortliche und Verfügungsberechtigte (Brawenz/Kind/Wieser,ForstG [2015] 335).
Behauptet wird, dass eine „Rechtsgemeinschaft“ zwischen den Parteien über die Nutzung des Forstwegs auf dem Grundstück des Klägers bestehe. Mit den Parteien wird im fortzusetzenden Verfahren zu erörtern sein, aufgrund welcher konkreter Umstände sich eine solche „Rechtsgemeinschaft“ ergeben soll, und gegebenenfalls werden entsprechende Feststellungen zur Beurteilung des Bestehens einer solchen zu treffen sein.
Sollte sich herausstellen, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte Mithalter (im Sinn des § 33 Abs 3 ForstG) der über das Grundstück des Klägers führenden Forststraße sind, weil sie beide die Kosten für deren Erhaltung tragen und tatsächlich Verantwortliche für diese Straße sind, wären auf ihre Rechtsbeziehung betreffend den Gebrauch und die Nutzung der insofern „gemeinsamen Sache“ die für die Eigentumsgemeinschaft geltenden Regeln der §§ 825 ff ABGB analog anzuwenden. Diese Bestimmungen sind subsidiär in allen Gemeinschaftsfällen heranzuziehen, soweit diese weder durch Gesetz noch durch Vertrag besonders geregelt sind (RS0013155 [T1]). Die Vorschriften des 16. Hauptstücks des ABGB regeln vor allem das Innenverhältnis der Gemeinschaft. Unter „Gemeinschaft“ ist dabei das Rechtsverhältnis zwischen jenen Personen zu verstehen, denen ein Recht gemeinsam zusteht, sodass sie alle zusammen Inhaber jener Rechtsmacht sind, die den Inhalt eben dieses Rechts bildet (10 Ob 25/06h = SZ 2006/146 = RS0013155 [T4]). Wenn sowohl Kläger als auch Beklagter Mithalter der Forststraße auf dem Grundstück des Klägers wären, kann eine solche Gemeinschaft zwischen ihnen bestehen. Eine analoge Anwendung der §§ 825 ff ABGB auch auf die Rechtsbeziehung zwischen Mithaltern erscheint daher gerechtfertigt. Geht man aber davon aus, dass die Grundsätze der Eigentumsgemeinschaft auch auf diese Rechtsgemeinschaft anzuwenden sind, hätte die Regelung des Benützungsrechts zwischen den beiden Mithaltern und damit auch die Verfolgung des Anspruchs des Klägers, dass die Mitbenützung der Forststraße durch den Beklagten zu Zwecken der Jagd nicht berechtigt sei, im Außerstreitverfahren zu erfolgen (§ 838a ABGB).
8. Sollten die Parteien aber nicht Mithalter der Forststraße sein, ist zu beachten, dass § 523 ABGB das Klagerecht nicht nur gegen die (ausdrückliche) Anmaßung einer Servitut, sondern auch gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht gibt (RS0012040). Die Eigentumsfreiheitsklage steht auch gegenüber demjenigen zu, der in das Eigentumsrecht unbefugterweise eingreift, mag er ein Recht hiezu behaupten oder nicht (RS0012110 [T2]). Ein Feststellungsinteresse im Sinn des § 228 ZPO ist nach der Rechtsprechung schon dann zu bejahen, wenn der Beklagte ein solches Recht – wie hier – behauptet (6 Ob 70/14h mwN). Bei der Negatorienklage hat der Kläger sein Eigentum und den Eingriff des Beklagten, dieser hingegen die Berechtigung seines Eingriffs zu beweisen (RS0012186).
Der Kläger hat sein Eigentum am Forstweg und den Eingriff des Beklagten nachgewiesen. Der Beklagte konnte aber weder eine Ersitzung des Rechts auf Nutzung des Forstwegs auf dem Grundstück des Klägers zu jagdlichen Zwecken noch eine diesbezügliche Vereinbarung (oder Servitut) beweisen. Das Feststellungsbegehren wäre in diesem Fall daher berechtigt.
9. Dem Rekurs des Klägers ist aus den zu 7. dargelegten Gründen nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)