OGH 4Ob80/19x

OGH4Ob80/19x5.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss‑Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) L***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in Wien, und 2) E***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek und Dr. David Plasser, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 43.200 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse sowohl der erstbeklagten Partei als auch der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. März 2019, GZ 1 R 27/19a‑21, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. Jänner 2019, GZ 53 Cg 22/18h‑14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00080.19X.0705.000

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen der erstbeklagten Partei und der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er insgesamt lautet:

„Der Sicherungsantrag des Inhalts, es werde den beklagten Parteien mittels einstweiliger Verfügung ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr

1) Speiseeis, insbesondere Stieleis, zu produzieren und/oder produzieren zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen sowie zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen,

wobei das Speiseeis eine dem MAGNUM DOUBLE verwechslungsfähige Form hat, die durch einen ovalen Eiskörper, der von insgesamt drei Schichten ummantelt ist, nämlich einer kakaohaltigen Fettglasur, einer weichen Schichtfüllung, wie insbesondere in den Geschmacksrichtungen Himbeere, Kokos, Karamell oder Erdnuss, und einer Schicht Schokolade, gekennzeichnet ist,

und/oder

die Bezeichnung ‘Gelatelli DOUBLE‘ und/oder die Bezeichnung ‘DOUBLE‘ in einer dem MAGNUM DOUBLE verwechslungsfähigen Schriftart und Schriftfarbe führt

und/oder

eine verwechslungsfähige ähnliche Form hat;

2) Speiseeis zu produzieren und/oder produzieren zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen sowie zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen in einer verwechslungsfähigen Einzelverpackung;

3) Speiseeis zu produzieren und/oder produzieren zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen sowie zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen in einer verwechslungsfähigen Multi‑Verpackung,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 4.322,62 EUR (darin enthalten 690,17 EUR USt) und der zweitbeklagten Partei die mit 4.455,95 EUR bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz sowie der erstbeklagten Partei die mit 2.902,36 EUR (darin enthalten 372,16 EUR USt und 571,50 EUR Pauschalgebühren) und der zweitbeklagten Partei die mit 1.539,60 EUR bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 2.114,94 EUR (darin enthalten 223,44 EUR USt und 715,50 EUR Pauschalgebühren) und der zweitbeklagten Partei die mit 1.203,10 EUR (darin enthalten 681 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die in Österreich ansässige Klägerin vertreibt und bewirbt auf dem österreichischen Markt unter der Dachmarke MAGNUM unter anderem das Stieleis MAGNUM DOUBLE, das einen ovalen Speiseeiskörper aufweist, der dreifach ummantelt ist, und zwar zunächst mit einer Schicht kakaohaltiger Fettglasur, dann mit einer Füllung unterschiedlichen Geschmacks (Karamell, Himbeere, Kokos und [bis Ende 2016] Erdnussbutter) und darüber mit einer Schicht Schokolade. MAGNUM DOUBLE wird in Einzelpackungen und in Vorratspackungen zu jeweils vier Stück vertrieben und beworben. Diese Verpackungen weisen die Bezeichnung „DOUBLE“ in goldener Schrift in einer Schriftart mit einer mehrfachen Linienführung auf; die jeweilige Geschmacksrichtung ist in blau, rosa, gelb oder orange angegeben. MAGNUM DOUBLE hat einen hohen Bekanntheitsgrad; die Verkehrsgeltung dieser Produktbezeichnung oder der Aufmachung allein ist aber nicht bescheinigt.

Die beschriebenen Vorratspackungen der Klägerin weisen folgende Aufmachung auf:

Die Erstbeklagte mit Sitz in Deutschland vertreibt in Österreich unter der Eigenmarke Gelatelli unter anderem die Speiseeisvariante Gelatelli DOUBLE. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein Stieleis mit ovalem Speiseeiskörper, der denselben dreifachen Schichtaufbau und dasselbe Zutatenverzeichnis (prozentuelle Zusammensetzung) wie das Produkt der Klägerin aufweist und in denselben Geschmacksrichtungen angeboten wird. Die ovale Form eines Speiseeiskörpers, der drei Ummantelungen hat, ist produktionsbedingt.

Das Produkt der Erstbeklagten wird nur in Vorratspackungen zu jeweils vier Stück Stieleis in den Diskontsupermärkten der Erstbeklagten angeboten, wobei die Bezeichnung „DOUBLE“ ebenfalls in goldener Schrift und in einer Schriftart mit mehrfacher Linienführung gehalten ist; die jeweilige Geschmacksrichtung wird ebenfalls in den Farben blau, rosa, gelb oder orange angegeben. Das Wort „DOUBLE“ auf der Verpackung der Erstbeklagten hat dieselbe Linienführung wie auf der Verpackung der Klägerin. Die rechteckige Form einer Vorratspackung ist auf dem österreichischen Eismarkt üblich. Gelatelli DOUBLE wird nicht beworben.

Die Vorratspackungen der Erstbeklagten weisen folgende Aufmachung auf:

Die Zweitbeklagte mit Sitz in Deutschland stellt das Stieleis der Erstbeklagten her und verpackt dieses, wobei ihr die Verpackungen von der Erstbeklagten vorgegeben werden. Den Verpackungen der Erstbeklagten ist kein Hinweis zu entnehmen, dass diese in Österreich verkauft werden. Es ist nicht bescheinigt, dass der Zweitbeklagten bewusst war, dass die Verpackungen für den österreichischen Markt bestimmt sind. Die Klägerin hat nur die Erstbeklagte auf eine Verwechslungsgefahr von Gelatelli DOUBLE mit MAGNUM DOUBLE sowie auf einen Verstoß gegen das UWG hingewiesen und sie zur Unterlassung aufgefordert.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen, insbesondere auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG gestützten Unterlassungsbegehrens stellte die Klägerin den Antrag auf Erlassung der im Spruch ersichtlichen einstweiligen Verfügung. Das Stieleis Gelatelli DOUBLE der Erstbeklagten sei in Form, Stiel, Schichtaufbau und Auswahl der Geschmacksrichtungen mit dem Produkt der Klägerin ident. Auf den Verpackungen werde die Bezeichnung „DOUBLE“ ebenfalls in goldener Farbe in derselben Schriftart blickfangartig hervorgehoben; darin würden ebenfalls jeweils vier Stück Stieleis angeboten. Da der Durchschnittsverbraucher das Eis Gelatelli DOUBLE aufgrund der Gestaltung und Aufmachung ebenfalls der Klägerin zuordne, liege eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Außerdem nützten die Beklagten mit der absichtlichen Nachahmung von MAGNUM DOUBLE den Erfolg und die Bekanntheit des Produkts der Klägerin in schmarotzerischer Weise aus und ersparten sich dadurch einen Werbe- sowie einen Entwicklungsaufwand. Die Haftung der Zweitbeklagten ergebe sich aus deren Stellung als Gehilfin. Die Rechtswidrigkeit sei aufgrund der Produktaufmachung und der Verpackung offenkundig.

Die Erstbeklagte entgegnete, dass die Klägerin über keine registrierten Schutzrechte verfüge und auch keine Verkehrsgeltung beanspruchen könne. Die Produktgestaltung sei damit nicht monopolisierbar. Zudem sei aufgrund der Bezeichnung „Gelatelli“ eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Da sie das Produkt in Deutschland rechtmäßig in Verkehr bringe, verstoße ein Verbot gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art 34 AEUV.

Die Zweitbeklagte wendete ein, dass weder dem Produkt noch den Verpackungen der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zukomme. Sie selbst sei reine Produzentin, weshalb ihr kein eigenständiges unlauteres Verhalten vorgeworfen werden könne. Da eine Rechtsverletzung keineswegs offenkundig sei, hafte sie als Produzentin nicht.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren gegen die Erstbeklagte teilweise statt. In Ansehung der Zweitbeklagten wies es den Sicherungsantrag zur Gänze ab.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der Klägerin und der Erstbeklagten teilweise Folge und untersagte beiden Beklagten mittels einstweiliger Verfügung, im geschäftlichen Verkehr in Österreich

Speiseeis, insbesondere Stieleis, zu produzieren und/oder produzieren zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen sowie zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen,

‑ wenn das Speiseeis eine dem MAGNUM DOUBLE verwechslungsfähige Form hat, die durch einen ovalen Eiskörper, der von insgesamt drei Schichten ummantelt ist, nämlich einer kakaohaltigen Fettglasur, einer weichen Schichtfüllung, wie insbesondere in den Geschmacksrichtungen Himbeere, Kokos, Karamell oder Erdnuss, und einer Schicht Schokolade, gekennzeichnet ist,

‑ und die Bezeichnung „Gelatelli DOUBLE“ und/oder die Bezeichnung „DOUBLE“ in einer dem MAGNUM DOUBLE verwechslungsfähigen Schriftart und Schriftfarbe führt.

Das Mehrbegehren wies es ab. Die Nachahmung fremder Erzeugnisse, die keinen Sonderrechtsschutz genießen, sei zunächst bei einer glatten Leistungsübernahme bzw einer sklavischen Nachahmung lauterkeitswidrig. In sonstigen Fällen müssten besondere Umstände hinzutreten, wie eine vermeidbare Herkunftstäuschung, das systematische Nachahmen, um den Mitbewerber zu behindern, oder das Ausbeuten des guten Rufes eines fremden Erzeugnisses. Im Anlassfall habe sich die Erstbeklagte einen Entwicklungs- und Marketingaufwand erspart, indem sie für ihre Eissorte denselben Schichtaufbau und dieselben Geschmacksrichtungen gewählt habe. Außerdem habe sie die Bezeichnung „DOUBLE“ mit dem markanten, den mehrschichtigen Aufbau widerspiegelnden Schriftzug in goldener Farbe mit einer mehrfachen Linienführung übernommen. Diese Vorgangsweise sei dem Regime der glatten Leistungsübernahme gleichzustellen. Darüber hinaus seien der mehrschichtige Aufbau des Produkts und die Bezeichnung „DOUBLE“ gemeinsam geeignet, eine wettbewerbliche Eigenart im Sinn des § 1 UWG zu begründen, weshalb auch eine Herkunftstäuschung sowie eine Rufausbeutung vorliege. Die entsprechende Absicht der Erstbeklagten sei zu vermuten; eine Abgrenzung von den markanten Merkmalen des Erzeugnisses der Klägerin sei objektiv möglich und zumutbar. Der Zweitbeklagten hätte die Verwechslungsgefahr bewusst sein müssen, weshalb diese jedenfalls eine Prüfpflicht getroffen habe. Die Prüfpflicht habe sich auch auf die Frage bezogen, auf welchem Markt die Erstbeklagte das Produkt vertreiben wolle. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse sowohl der Erstbeklagten als auch der Zweitbeklagten, die auf eine gänzliche Abweisung des Sicherungsantrags abzielen.

Mit ihren – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsrekursbeantwortungen beantragt die Klägerin, die Rechtsmittel der beiden Beklagten zurückzuweisen, in eventu, diesen den Erfolg zu versagen.

Die Revisionsrekurse beider Beklagten sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts – zulässig, weil das Rekursgericht von den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen zum ergänzenden lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz gegen Nachahmung sowie auch zur Gehilfenhaftung abgewichen ist. Dementsprechend sind die Revisionsrekurse berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zu den geltend gemachten Verfahrens- und Feststellungsmängeln:

1. Die von beiden Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel und sekundären Feststellungsmängel sowie die behaupteten Aktenwidrigkeiten liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor. Das Rekursgericht ist nicht vom bescheinigten Sachverhalt abgewichen, sondern hat zulässigerweise den Inhalt unstrittiger Urkunden verwertet (RIS‑Justiz RS0121557). Die weiteren von den Beklagten im gegebenen Zusammenhang beanstandeten Passagen aus der Entscheidung des Rekursgerichts betreffen in erster Linie die Rechtsfrage.

II. Zum lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz gegen Nachahmung:

2. Dazu führen die Beklagten aus, dass die Klägerin keinen Sonderrechtsschutz beanspruchen könne, weshalb das beanstandete Nachahmen erlaubt sei. Auch die Kombination verschiedener Gestaltungselemente könne nur dann untersagt werden, wenn aufgrund dieser Kombination ein Schutzrecht, beispielsweise ein Marken- oder Designrecht, bestehe. Von einer wettbewerblichen Eigenart sei nicht auszugehen; zwischen den zu beurteilenden Verpackungen bestehe auch keine Ähnlichkeit. Die Verbraucher hätten keine Veranlassung, die Warenform oder das beschreibende Wort „DOUBLE“ als Herkunftshinweis zugunsten der Klägerin zu betrachten, weil sie sich ohnedies an der MAGNUM‑Marke orientieren könnten. Die Erstbeklagte vertritt dazu schließlich noch die Ansicht, dass ein Unterlassungsgebot gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art 34 AEUV verstoße und kein Rechtfertigungsgrund nach Art 36 AEUV ersichtlich sei.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

3. Im Interesse der Wettbewerbsfreiheit ist vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit auszugehen. Für Produkte, die keinen Sonderrechtsschutz für sich in Anspruch nehmen können, besteht daher grundsätzlich Nachahmungsfreiheit (4 Ob 88/93; BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen 37 § 4 UWG Rz 4.209). In der Rechtsprechung (vgl zur Systematisierung der Fallgruppen des lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutzes zuletzt Rauch, Leistungsschutz im Lauterkeitsrecht 57 ff) ist allerdings anerkannt, dass bei Hinzutreten besonderer lauterkeitsrelevanter Begleitumstände die Nachahmung gewerblicher Erzeugnisse nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG unlauter sein kann (RS0078188; RS0078138; RS0114533). Dementsprechend kann das Anbieten einer Nachahmung lauterkeitswidrig sein, wenn besondere Begleitumstände in Form eines unlauteren Verhaltens des Mitbewerbers hinzutreten, wie etwa eine sklavische Nachahmung bzw eine glatte Leistungsübernahme (RS0078341), eine vermeidbare Herkunftstäuschung (RS0078156) oder eine unangemessene Ausnützung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (RS0078130).

Für eine Nachahmung muss das beanstandete Erzeugnis oder ein Teil davon mit dem Originalprodukt übereinstimmen oder ihm zumindest so ähnlich sein, dass es sich nach dem jeweiligen Gesamteindruck in ihm wiedererkennen lässt (vgl BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79; I ZR 197/15 = GRUR 2017, 734). Die Nachahmung muss nach der Rechtsprechung bewusst erfolgen (RS0078297).

4.1 Eine glatte Leistungsübernahme liegt vor, wenn der Verletzer ohne jede eigene Leistung bzw ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen. In einem solchen Fall macht sich der Verletzer in jedem Fall einer schmarotzerischen Ausbeutung einer fremder Leistung schuldig, die gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG verstößt (RS0078341). Das Kennzeichen einer glatten Leistungsübernahme besteht in der Regel darin, dass das Nachahmen mittels eines zumeist technischen Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparnis eigener Kosten geschieht, das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird (4 Ob 90/01s; 4 Ob 90/07z; 4 Ob 12/11k; 4 Ob 13/16i). Entscheidend ist, dass die Anwendung des Vervielfältigungsmittels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewirkt, dass der Schöpfer des Originals in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird (RS0106925; 4 Ob 198/06f) und sich der Übernehmer durch Ersparnis eigener Aufwendungen einen Vorteil verschafft (4 Ob 23/00m).

Dies ist dann der Fall, wenn der Nachahmer das nachgeahmte Produkt im Hinblick auf seine Kostenersparnis preisgünstiger abgeben kann, sodass er dem Erzeuger des Originals schmerzlich Konkurrenz macht (RS0106925; RS0078743; vgl auch 4 Ob 198/06f).

4.2 Von einer glatten Leistungsübernahme geht auch das Rekursgericht nicht aus. Für seine Annahme, aufgrund der Vielzahl der vom Erzeugnis der Klägerin übernommenen Elemente sei eine bewusste Nachahmung indiziert, weshalb der Anlassfall dem Regime der glatten Leistungsübernahme gleichgestellt sei, fehlt die Grundlage. Die Zweitbeklagte hat die Produktion des beanstandeten Stieleises durch eigene Experimente entwickelt und kein Vervielfältigungsverfahren angewandt. Die ovale Eisform ist produktionsbedingt und die mehrfache Glasur als Gebrauchseigenschaft des Produkts nicht monopolisierbar (vgl zum Markenrecht EuGH C-48/09 , Lego, Rn 43; C‑30/15 P , Simba Toys, Rn 39). Außerdem hat die Klägerin eine schmerzliche Konkurrenz etwa durch einen spürbaren Umsatzrückgang gar nicht behauptet.

5.1 Der weitere lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz bei einer vermeidbaren Herkunftstäuschung setzt voraus, dass das Erzeugnis des Verletzten einen Herkunftshinweis zu seinem Unternehmen schafft. Dafür ist entscheidend, ob dem klägerischen Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl RS0078169). Um eine Herkunftsvorstellung auszulösen, wird im Allgemeinen die Schaffung eines Erinnerungsbildes beim Publikum verlangt (4 Ob 141/09b; 4 Ob 110/10w). Dabei kommt es auf die Gesamtheit der wesentlichen Gestaltungselemente an (RS0078331; RS0078643). Die Annahme einer solchen Nachahmung setzt voraus, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses begründen (RS0078633). Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses kann durch seine tatsächliche hohe Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (vgl RS0078169; RS0078394; BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79). Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme und den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Begleitumstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen (vgl RS0078676 [T2]; 4 Ob 141/09b; BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79). Eine wettbewerbliche Eigenart ist zu verneinen, wenn das Publikum die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht oder nicht mehr einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (vgl BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79). Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr (RS0078259) kommt es auf den Gesamteindruck an; eine zergliedernde Betrachtung in schutzfähige und nicht schutzfähige Bestandteile ist unzulässig (RS0078643; 4 Ob 239/04g; 4 Ob 140/16s).

5.2 Nach dem bescheinigten Sachverhalt kommt der ovalen Form und auch dem mehrschichtigen Aufbau des Stieleises der Klägerin keine wettbewerbliche Eigenart zu. Das Gleiche gilt für die Bezeichnung „DOUBLE“, die lediglich beschreibend ist und gegenüber der deutlich sichtbaren Marke „MAGNUM“ in den Hintergrund tritt. Die rechteckige Form der Vorratspackung ist auf dem österreichischen Eismarkt üblich; eine Verkehrsbekanntheit der Aufmachung des Erzeugnisses der Klägerin ist nicht bescheinigt. Damit verbleiben keine relevanten übernommenen Gestaltungselemente, denen eine wettbewerbliche Eigenart zukommt. Die Begründung des Rekursgerichts, dass der Aufbau und die Bezeichnung des Produkts der Klägerin „gemeinsam“ geeignet seien, eine wettbewerbliche Eigenart zu begründen, steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht im Einklang. Wenn die wesentlichen Gestaltungselemente eines Erzeugnisses nicht geeignet sind, dem Verkehr die Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft zu ermöglichen, gilt dies im Allgemeinen auch für die Kombination dieser Elemente. Selbst bei Annahme einer– in diesem Fall aber nur geringen – wettbewerblichen Eigenart wäre zu berücksichtigen, dass schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen können (RS0078676 [T2]; 4 Ob 141/09b). Überdies kann eine Herkunftstäuschung durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise diese einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich – wie hier – beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren (vgl BGH I ZR 197/15 = GRUR 2017, 734). Beim beanstandeten Erzeugnis der Erstbeklagten ist die Markenbezeichnung „Gelatelli“ deutlich sichtbar, weshalb auch aus diesem Grund keine Verwechslungsgefahr besteht (vgl 4 Ob 94/13x).

5.3 Zu dem von den Beklagten angesprochenen Verhältnis zwischen den Tatbeständen einer Nachahmung mit einer vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 1 Abs 1 Z 1 UWG) und Imitationsmarketing (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG) geht der überwiegende Teil der Literatur von einer vollen Konkurrenz aus (Wiebe in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 636; Bornkamm, Die Schnittstellen zwischen gewerblichem Rechtsschutz und UWG‑Grenzen des lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsschutzes, GRUR 2011, 1 [7]; Plasser, Immaterialgüterrechtlicher Schutz von Warenformen, ÖBl 2013, 4 [5]; aA Horak, Imitationsmarketing zum Schutz nicht registrierter Kennzeichen, ÖBl 2012, 159). Diese Ansicht ist jedenfalls dann zutreffend, wenn sich die Nachahmung – wie hier – nicht auf die Vermarktung des Produkts, also auf seine Aufmachung im Rahmen der Werbepräsentation beschränkt (vgl 4 Ob 227/12d). § 2 Abs 3 Z 1 UWG betrifft im gegebenen Zusammenhang nur Produktaufmachungen, weil diese vom Verkehr so wie Unternehmenskennzeichen verstanden werden (vgl 4 Ob 152/17g).

6.1 Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz bei einer schmarotzerischen Rufausbeutung kann auch ohne Herkunftstäuschung der Verkehrskreise auf einer unlauteren Anlehnung an die fremde Leistung beruhen (vgl 4 Ob 110/10w). Dafür ist eine Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Erzeugnisse erforderlich. Für die Beurteilung kommt es auf den Grad der Anlehnung und die Stärke des Rufes des nachgeahmten Erzeugnisses an (vgl BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79). Demnach kann bei gleichen oder ähnlichen Erzeugnissen eine unlautere Ausbeutung vorliegen, wenn sich der Beklagte in die Sogwirkung des Erzeugnisses begibt, um dessen Auffälligkeitswert oder besondere Wertschätzung als Trittbrettfahrer in schmarotzerischer Weise für sein eigenes Erzeugnis auszunützen (RS0118990; 4 Ob 212/11x; EuGH C‑323/09 , Interflora, Rn 74; vgl auch Wiebe in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 727). Für eine Rufausbeutung reicht es aber nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Erzeugnis erweckt werden (vgl BGH I ZR 58/14 = GRUR 2017, 79).

6.2 Das Rekursgericht bejaht zwar auch eine unlautere Rufausbeutung durch die Erstbeklagte, ohne diese Beurteilung aber näher zu begründen. Aufgrund des dargelegten Abstands der Aufmachung des Produkts der Erstbeklagten kann nicht von einer schmarotzerischen Annäherung an das verkehrsbekannte Erzeugnis der Klägerin ausgegangen werden. Zudem kann die Übernahme von Merkmalen, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, in der Regel, außer bei einer (hier nicht vorliegenden) nahezu identischen Nachahmung, nicht zu einer unlauteren Rufausbeutung führen (vgl BGH I ZR 197/15 = GRUR 2017, 734). Zum Ruf des Produkts der Klägerin wurden auch keine Feststellungen getroffen.

7. Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung kann damit nicht auf einen ergänzenden lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz gegen Nachahmung gestützt werden. Der Sicherungsantrag ist daher abzuweisen.

III. Zur Gehilfenhaftung der Zweitbeklagten:

8. Da es schon an einer Lauterkeitswidrigkeit des von der Klägerin beanstandeten Verhaltens der Erstbeklagten mangelt, verbleibt für eine Gehilfenhaftung der Zweitbeklagten kein Raum.

Soweit die Zweitbeklagte in ihrem Revisionsrekurs (zusätzlich) ausführt, dass sie mit Bezug auf den österreichischen Markt keinen Tatbeitrag gesetzt habe, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Produktion des beanstandeten Erzeugnisses in Deutschland keine Ansprüche gegen den Hersteller als unmittelbaren Täter rechtfertigen würde, weil die Erzeugnisse für den österreichischen Markt bestimmt waren (vgl Wiebe in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 670; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen 37 § 4 UWG Rz 3.19). Eine Gehilfenhaftung der Zweitbeklagten (Beitrag zum Vertrieb in Österreich) würde auch daran scheitern, dass die vom Rekursgericht argumentierte Prüfpflicht (in Bezug auf eine bewusste Förderung des unmittelbaren Täters) auf grobe und auffallende Verstöße beschränkt ist (RS0078656; 4 Ob 117/12b) und für den Hersteller grundsätzlich – ohne Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte – keine Verpflichtung besteht, Nachforschungen darüber anzustellen, wo die erzeugten Produkte bzw Verpackungen eingesetzt werden sollen und wer im jeweiligen Bestimmungsland über welche Rechte in Bezug auf die Erzeugnisse verfügt (vgl 17 Ob 34/08m).

IV. Ergebnis:

10. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Revisionsrekurse beider Beklagten berechtigt sind, was zur gänzlichen Abweisung des Sicherungsantrags führt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO und orientiert sich an der Kostenentscheidung des Rekursgerichts. Die Erstbeklagte hat ihre Kosten mehrfach überhöht verzeichnet; insbesondere ist sie im Rechtsmittelverfahren von einer überhöhten Bemessungsgrundlage ausgegangen. Der verzeichnete Streitgenossenzuschlag steht den gesondert vertretenen Beklagten nicht zu, weil ihren Vertretern nur eine Partei gegenübergestanden ist. Die Zweitbeklagte hat keine Umsatzsteuer verzeichnet (vgl § 3a Abs 6 UStG).

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