OGH 4Ob90/01s

OGH4Ob90/01s10.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Martin Stossier und Dr. Hans Leitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Susanne S*****, vertreten durch DDr. Heinz Mück und andere Rechtsanwälte in Linz, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2001, GZ 3 R 226/00a-31, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. August 2000, GZ 32 Cg 8/99s-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

"Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei gegenüber der klagenden Partei schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, die Produktionszeichnungen sowie die Blas-, Zieh- und Spritzformen sowie Spezialwerkzeuge und Produktionsvorrichtungen des "Castello"-Niedervolt-Einstangen-Systems der klagenden Partei dazu zu verwenden, selbst oder im Wege über Dritte Bestandteile des "Castello"-Niedervolt-Einstangen-Systems herzustellen oder herstellen zu lassen, sei es in der ursprünglichen oder in einer geänderten Dimension, sowie Dritten gegenüber das "Castello"-Niedervolt-Einstangen-System oder Bestandteile davon zum Kauf anzubieten oder zu verkaufen, wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 223.353 S bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 23.850 S Barauslagen und 33.250,50 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine aus den persönlich haftenden Gesellschaftern Johann S***** und Manfred W***** bestehende offene Erwerbsgesellschaft, die sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Lampensystemen und allgemeiner Beleuchtung, insbesondere auch mit dem "Castello"-Niedervolt-Einstangen-System befasst. Die Beklagte ist Inhaberin der nicht protokollierten Firma M***** und Ehegattin von Ing. Harald S*****, der als Prokurist im Wesentlichen ihre Geschäfte führt. Johann S***** ist Geschäftsführer der Klägerin und hauptsächlich für den technischen Bereich und den Vertrieb im Ausland zuständig. Auf Vermittlung des Vaters von Manfred W***** kam es zu einer Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien. Ansprechpartner bei der Beklagten war Ing. Harald S*****. Manfred W***** war vor der Gründung der Klägerin bei der Firma M***** beschäftigt, wo es bereits ein Niedervolt-Einstangen-System namens "Concetto" gab.

Am 6. 2. 1995 schlossen die Streitteile folgenden von Ing. Harald S***** verfassten Vertrag, wobei die Klägerin als Fa. SW und die Beklagte als Fa. M bezeichnet wurde:

"I. Auftragserteilung

Die Vertragsteile kommen überein, dass die Fa. SW der Fa. M den Auftrag zur Entwicklung und Produktion eines eigenen Niedervolt-Einstangen-Systems für die Dauer dieses Vertrages, erteilt. Dabei wird zunächst ein Erstauftrag laut Preisliste (Anhang Bl: 3, 4, 5) erteilt.

II. Gewährleistungen

M verpflichtet sich, die Vertragsprodukte gemäß den bereitgestellten Mustern herzustellen, wobei eine Qualitätssteigerung durch fertigungstechnische Änderungen, bedingt durch die Serienproduktion gegeben ist.

III. Kosten für Entwicklung und Werkzeuge

Die Kosten für die Entwicklung und der, für die Produktion benötigten Werkzeuge, betragen ATS 643.000,--. Diese Kosten werden von M im Rahmen dieses Auftrages übernommen.

IV: Kundenschutz

M verpflichtet sich, seine NV-Produkte ausschließlich an die Fa. SW zu liefern. SW verpflichtet sich, diese Produkte ausschließlich bei M zu beziehen. Zur Absicherung dieser Verpflichtung wird eine Vertragsstrafe von ATS 5,000.000,-- (fünfmillionen) festgesetzt.

V. Lieferungen

Die Lieferungen erfolgen, falls nicht anders vereinbart, frei Fa. SW. Teillieferungen zu diesem Erstauftrag erfolgen im Rahmen des Bedarfes der Fa. SW. Die genaue Aufteilung und Stückzahlen der Einzellieferungen erfolgt auf dem Korrespondenzweg. Als Lieferbeginn ist der 24. 4. 1995 vorgesehen. Aus Gründen der wirtschaftlichen Produktion und vertretbaren Lagerhaltung sollte ein gleichmäßiger Abruf der Teillieferungen angestrebt werden.

VI. Preise

Die im Angebot vom 27. 1. 1995 enthaltenen Preise gelten für ein Jahr unverändert und werden infolge dem österreichischen Industrieindex angepasst. Für Neuentwicklungen, Zusatzkomponenten und Folgeaufträge gelten die selben Kalkulationsgrundsätze.

VII. Zahlungsbedingungen

Für beide Vertragsteile gilt als vereinbart, dass jede Lieferung für sich abgerechnet wird, mit einem Zahlungsziel von: 14 Tage -2%, oder 30 Tage netto ab Datum der Rechnungslegung, wobei die Rechnung frühestens am Tage der Lieferung ausgestellt werden kann.

Der Erstauftrag umfasst einen Wert von

ATS 20,000.000,-- (zwanzigmillionen) excl. Mwst. Die Fa. SW übergibt der Fa. M einen Wechsel über ATS 3,000.000,-- als Depotzahlung für diesen Erstauftrag; dieser Betrag bleibt bis zur Endabrechnung bestehen; Zinsen und Spesen für diesen Wechsel trägt die Fa. SW.

VIII. Vertragsdauer

Der Vertrag beginnt mit dem Tage der Unterzeichnung und wird zunächst für fünf Jahre abgeschlossen und verlängert sich um jeweils ein weiteres Jahr, wenn er nicht mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalenderjahres gekündigt wird. Beide Parteien sind berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzulösen, wenn ein Verstoß gegen Punkt IV. vorliegt."

Ing. Harald S***** erklärte, dass er auf Grund seiner Geschäftsbeziehungen mit Tschechien besonders günstig anbieten könne. Dem Vertrag wurden Preislisten beigelegt. Für das Niedervolt-Einstangen-System wurde der Name "Castello" ausgewählt. Am 23. 5. 1995 kam es zu folgendem "Anhang zur Vereinbarung vom 6. 2. 1995":

"Beide Vertragsteile kommen überein, dass die gesamten Vorlaufkosten zum erweiterten, gegenständlichen Produkt "Castello" in den Preislisten der Einzelkomponenten unberücksichtigt bleiben, und somit die gesamten Kosten für Projektierung, Ziehformen, Spritzgußformen, Vorrichtungen und Spezialwerkzeuge, sowie sämtliche Aufwendungen, aus welchen "M" Kosten erwachsen sind, mit einem Gesamtbetrag von

ATS 1,468.000,-- (einemillionvierhundertsechzigachttausend) excl. Mwst (Re.Nr: 057/95)

durch "SW" abgegolten werden.

"M" hat nun eine neue Preisliste erstellt (Blatt 7, 8, 9, 10 dieser Vereinbarung), in welcher oben angeführte Kosten anteilig in Abzug gebracht wurden, woraus die Preise auf Blatt 3, 4, 5 gegenstandslos sind.

VII. Zahlungsbedingungen

Beide Vertragsteile kommen überein, dass die in Punkt VII der Vereinbarung angeführte Depotzahlung auf ATS 2,000.000,-- reduziert wird.

Der Netto-Zinsertrag aus dem seit 10. 2. 1995 angelegten Depot von ATS 3,000.000,-- wird mit Abrechnung per 1. 8. 1995 der Fa. "SW" gutschrieben. (ATS 48.125)."

Die Beklagte erstellte eine mit 1. 6. 1995 datierte Rechnung über die im Anhang zur Vereinbarung vom 6. 2. 1995 genannten "Vorlaufkosten zur Erstellung der Produktion des Niedervolt-Stangen-Systems Castello lt beiliegender Aufstellung" über 1,468.000,-- S zuzüglich 20 % USt. In der Aufstellung waren verschiedene Materialien sowie die Position "Dienstreisen 12.358 km" (mit 274.000 S) angeführt.

Die Beklagte reduzierte danach ihre Preise für die Produkte. Die Klägerin beanstandete die Preise als zu hoch. Mit Schreiben vom 1. 11. 1998 erklärte Ing. Harald S***** namens der Beklagten, dass er sich gezwungen sehe, "wegen zu geringer Auslastung und Verstöße gegen die Punkte IV. des Grundvertrages und Missachtung der Zusatzvereinbarung vom 13. 01.1997 Punkt 3 und 6, abgerundet durch die Vorfälle in den letzten Wochen", die Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen aufzulösen.

Danach fragte Ing. S***** zumindest bei den Firmen B***** und R***** wegen des Vertriebs des Niedervolt-Einstangen-Systems an, wovon die Klägerin zufällig erfuhr. Die Beklagte wollte dieses System selbst weiter nutzen.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, die Produktionszeichnungen sowie die Blas-, Zieh- und Spritzformen sowie Spezialwerkzeuge und Produktionsvorrichtungen des "Castello" Niedervolt-Einstangen-Systems der Klägerin dazu zu verwenden, selbst oder im Wege über Dritte Bestandteile des "Castello"-Niedervolt-Einstangen-Systems herzustellen oder herstellen zu lassen, sei es in der ursprünglichen oder in einer geänderten Dimension sowie Dritten gegenüber das "Castello"-Niedervolt-Einstangen-System oder Bestandteile davon zum Kauf anzubieten oder zu verkaufen. Ihr Geschäftsführer S***** habe 1994/95 nach seiner eigenen Idee ein Niedervolt-Einstangen-System entworfen. Die Beklagte habe im Auftrag der Klägerin nur die Produktionszeichnungen angefertigt, das Material und die Lieferanten ausgesucht und dann Werkzeuge, Vorrichtungen, Formen udgl herstellen lassen. Die Fassungen, Transformatoren, Temperaturschalter und Stromautomaten hätte die Klägerin selbst besorgt. Nach den Vereinbarungen vom 6. 2. und 23. 5. 1995 habe die Klägerin der Beklagten sämtliche Aufwendungen mit einem Gesamtbetrag von 1,468.000 S ohne Mwst abgegolten. Der Beklagten stünden keine Rechte an den Plänen und Zeichnungen zu. Nach Auflösung des Vertrags habe die Klägerin die Beklagte auf Rückgabe der Werkzeuge, Vorrichtungen, Formen usw klageweise in Anspruch genommen und auch einen Teil der überhöhten Preise zurückverlangt, da die Beklagte die Klägerin über die Produktionskosten und den Deckungsbeitrag arglistig in Irrtum geführt habe. Nach Auflösung des Auftrags stünden die Parteien im Wettbewerbsverhältnis. Die Beklagte verfüge nicht nur über eine genaue Kenntnis der Besonderheiten des "Castello"-Niedervolt-Einstangen-Systems, sondern auch über die Möglichkeit, diese Produkte herstellen zu lassen und selbst zu vertreiben. Sie sei offenkundig dabei, Bestandteile des Beleuchtungssystems der Klägerin bei Dritten herstellen zu lassen und den Direktvertrieb zu deren Kunden aufzubauen. Sie nehme auf diese Weise bewusst eine schmarotzerische Ausbeutung und sittenwidrige Nachahmung der Produktionsgrundlagen (Ideen, Zeichnungen, Pläne, Entwürfe, Formen und Vorrichtungen) der Klägerin vor und verstoße damit gegen § 1 UWG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Idee für das "Castello"-Niedervolt-Einstangensystem stamme nicht von der Klägerin, sondern von Ing. Harald S*****. Die Klägerin habe lediglich ein ausschließlich von der Beklagten geschaffenes, entwickeltes, konstruiertes und hergestelltes Endprodukt gekauft. Im März 1995 habe die Klägerin die Beklagte um die Ausstellung einer Rechnung über 1,468.000 S exkl. USt unter dem Titel "Vorlaufkosten zur Erstellung des Niedervolt-Einstangen-Systems Castello" ersucht, um eine Jungunternehmerförderung zu enthalten. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, tatsächlich Entwicklungskosten udgl zu zahlen. Es sei vereinbart worden, dass die (bei Abschluss des ersten Vertrags) angeführten Preise im selben Ausmaß verringert würden. Die Klägerin sei nicht Eigentümerin der Formen und Spezialwerkzeuge. Sie habe von Anfang an Zahlungsschwierigkeiten gehabt und auch die vereinbarte Jahresumsatzmenge nicht erreicht und zudem unmittelbar bei den Lieferanten der Beklagten bezüglich der Herstellung angefragt, sodass die Beklagte die Vereinbarung am 1. 11. 1998 zu Recht aufgelöst habe. Die Beklagte verwende ihr eigenes Produkt. Sie verweise auf den Zeichnungen auf ihr Eigentumsrecht. Die von der Klägerin vorgelegten Zeichnungen seien erst nach dem 23. 5. 1997 angefertigt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte noch fest:

Der Nachteil des Systems namens "Concetto" bestand darin, dass es nicht in horizontaler und vertikaler Richtung biegsam war. Johann S***** wollte deshalb ein Niedervolt-Einstangen-System entwickeln, das sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung biegsam war. Dies wollte er dadurch erreichen, dass man die Schiene nicht zusammenklebt, sondern die Schienen "übereinander liegen hat". Er fertigte darüber eine Grundskizze - wenn auch schemenhaft - an. Johann S***** suchte auch im Frühjahr 1994 Rat bei Horst S*****, einem Kommentationselektroniker und technischen Leiter eines Geschäftspartnerbetriebes der Klägerin, der die Idee grundsätzlich für gut hielt, jedoch sich selbst aus Zeitgründen nicht um die Ausführung des Systems oder um das Design des Systems kümmern konnte, dafür aber beratend zur Seite stand. Er riet Johann S***** dann, dass er sich jemanden suchen solle, der ihm dieses System designmäßig gestaltet. S***** trat deshalb an den Architekten V***** heran und ersuchte ihn, bei der designmäßigen Umsetzung des Niedervolt-Einstangen-Systems zu helfen, weshalb V***** Skizzen anfertigte, bei denen das Design und nicht die spezielle Stromschiene im Vordergrund stand.

Die Klägerin war in der Folge auf der Suche nach einem Geschäftspartner, den sie mit der technischen Abwicklung betrauen konnte. Auf Vermittlung des Vaters von Manfred W***** stießen sie auf Ing. Harald S*****, mit dem diskutiert wurde, ob er die von der Klägerin kreierte Idee technisch umsetzen könne. Ing S***** bejahte das und wies darauf hin, dass er am günstigsten produzieren könne, weil er tschechische Geschäftspartner habe. S***** und V***** übergaben Ing. S***** vor dessen Erstellung des ersten Musters Handskizzen. Ing. S***** bekam auch Prospekte anderer Systeme, wo die problemlose Biegsamkeit sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung nicht bestand. Auf diesen Skizzen (Beil./II) ist das ursprüngliche Einstangen-System skizziert. V***** hat dann verschiedene Entwürfe der Lampen gemacht. Auch in den Skizzen sind die verschiedenen Stangen als Einstangen-Systeme in quadratischer Form dargestellt, teilweise durch drei, teilweise aber auch nur durch zwei Striche kenntlich gemacht. Architekt V***** machte die Skizzen Beilagen I und II vor dem ersten Zusammentreffen mit Ing. S*****. in der Folge gab es viele Gespräche zwischen Johann S*****, W*****, Ing. S*****, teilweise auch mit V***** und Horst S*****. Bei einer Besprechung nach Weihnachten hatte Ing. S***** bereits ein Muster mit. Dabei handelte es sich um eine U-Schiene - wobei die Schienen ineinanderliegend, aber noch zusammengeklebt waren - samt einer Abhängung und zwei Strahlern. Dieses Modell fand Gefallen bei der Klägerin. In der Folge bearbeitete Ing. S***** dieses Muster weiter. Die genauen technischen Detailarbeiten führte er gemeinsam mit Horst S***** durch, wobei Ing. S***** die fertigungstechnischen Belange und die Materialauswahl zu treffen hatte, Horst S***** die elektrotechnischen Details abklärte und auch verschiedene Änderungen vornahm. Die streitgegenständliche Schiene schaut nach der Bearbeitung optisch und technisch anders aus, dh in den jetzigen Ausführungen ist ein Kunststoffüberzug über den inneren Leiter geschoben und der Leiter wird in einer Nut gehalten, so dass ein Herausfallen unmöglich ist. Die neue Schiene zeigt beim äußeren U-Profil eigentlich ein C-Profil, damit die Kunststoffisolierung nicht herausfallen kann. Der innere Leiter hat in der Mitte Einkerbungen, wo ebenfalls die Kunststoffisolierung gehalten wird. Die Kunststoffisolierung wird in die Nut des inneren Leiters und in das C-Profil eingeschoben. Mit dieser Konstruktion kann die Schiene in beiden Richtungen - horizontal und vertikal - gebogen werden. Die Prinzipskizze (Beilage II oben) war dazu geeignet, dass in einer weiteren Entwicklungsarbeit die neue Schiene entwickelt werden konnte. Das wesentlich Neue daran ist, dass das Profil einen quadratischen Querschnitt hat und auf zwei Seiten - in horizontaler und vertikaler Richtung - biegbar ist.

Die Zusatzvereinbarung vom 23. 5. 1995 schlossen die Parteien, weil der Klägerin die Preise der Beklagten zu hoch waren und sie überhaupt für ihr Lampensystem die Vorlaufkosten übernehmen wollte. Ing. S***** ersuchte die Klägerin, die Konstruktionszeichnungen unter der Rubrik "Dienstreisen" zu verrechnen, weil dies für ihn steuerliche Vorteile hätte; die Klägerin war damit einverstanden. Sie benötigte diese Rechnung nicht, um eine Jungunternehmerförderung zu beantragen. Zur Begleichung der Rechnung wurde das Depot vereinbarungsgemäß von drei Millionen auf zwei Millionen verringert. Die rund 700.000 S wurden von der Klägerin gezahlt. Die Klägerin suchte nur um einen Bürgeskredit für eine Geschäftsausstattung an, der aber mit dieser Rechnung in keinem Zusammenhang steht. Die Preise wurden von Ing. S***** allein reduziert. Da der Klägerin die Preise zu hoch erschienen und sie auch von ihren Kunden darauf angesprochen wurde, fragte sie bei den Drehteilherstellern nach, wie es zu diesen hohen Preisen komme.

Rechtlich meinte das Erstgericht, dass derjenige, der Konstruktionszeichnungen, die er für einen anderen gegen Entgelt angefertigt hat, im eigenen Interesse zum Nachteil des Bestellers verwende, gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoße. Nach § 12 UWG sei die Verwertung anvertrauter Vorlagen unzulässig. Hier sei zumindest der Tatbestand des § 1 UWG erfüllt, zumal es sich bei dem Castello-Niedervolt-Einstangen-System um eine Grundidee der Klägerin handle, die selbstverständlich der technischen Bearbeitung und Entwicklung der Beklagten bedurft habe. Da die Beklagte die im Auftrag und auf Rechnung der Klägerin erstellten Konstruktionszeichnungen, Formen udgl im eigenen Interesse und zum Nachteil des Klägers habe verwerten und verwenden wollen, habe sie gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Mängel- und Beweisrügen der Beklagten seien nicht berechtigt. Soweit die Beklagte in der Rechtsrüge davon ausgehe, dass die Rechnung über 1,468.000 S fingiert sei, sei diese nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von den Feststellungen ausgehe. Entgegen der Meinung der Beklagten habe sie sehr wohl ein fremdes Arbeitsergebnis ausgenützt, weil die Klägerin nach dem klaren und keiner Auslegung bedürftigen Wortlaut der Nachtragsvereinbarung vom 23. 5. 1995 von der Beklagten die Rechte am Lampensystem und alle zu dessen Herstellung erforderlichen Gerätschaften erworben habe. Es sei daher unerheblich, wer welche Beiträge zur Entwicklung des Systems geleistet habe. Die Konstruktionszeichnungen ließen sich zwanglos dem Begriff "Projektierung" unterordnen. Das Lampensystem und alle zu dessen Herstellung notwendigen Pläne, Werkzeuge und sonstigen Gerätschaften seien damit ein für die Beklagte fremdes Arbeitsergebnis, dessen Übernahme und Verwertung durch sie gegen § 1 UWG verstoße. Einen vom Wortlaut der Nachtragsvereinbarung abweichenden übereinstimmenden Parteiwillen oder das Vorliegen eines Scheingeschäfts hätte die Beklagte beweisen müssen; das sei ihr aber nicht gelungen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist entgegen der Meinung der Klägerin zulässig und auch berechtigt:

Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig beurteilt, weil es eine "unmittelbare Leistungsübernahme" angenommen hat. Sittenwidrig handelt nach ständiger Rechtsprechung, wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher; ÖBl 1994, 58 - Makramee-Spitzen je mwN; ÖBl 2001, 22 - Jobservice mwN Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 § 1 dUWG Rz 498; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 67 f). Als Kennzeichen einer solchen "glatten Übernahme" wird vor allem gesehen, dass das Nachahmen mittels eines meist technischen Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparung eigener Kosten geschieht (Baumbach/Hefermehl aaO), das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird (Koppensteiner aaO § 33 Rz 68; ÖBl 1993, 156 - Loctite; ÖBl 1995, 116 - Schuldrucksorten; ÖBl 2001, 22 - Jobservice uva).

Dieser Tatbestand - auf den sich die Klägerin berufen hat (S. 4) - liegt auch dann nicht vor, wenn man davon ausgehen wollte, dass die Klägerin die gesamten Entwicklungskosten der Beklagten ersetzt hat. Die Produktionszeichnungen sowie die im Klagebegehren angeführten Formen und Werkzeuge sowie Vorrichtungen wurden - wenn auch auf Grund einer Idee und entsprechender Vorgaben der Klägerin - von der Beklagten hergestellt; sie sind für die Beklagte demnach kein "fremdes Arbeitsergebnis" (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher). Hier kann nicht davon gesprochen werden, die Beklagte hätte keinerlei eigene Leistung erbracht, selbst nichts geschaffen und habe nur ein fremdes Produkt kopiert. Selbst wenn man der in der Entscheidung ÖBl 1994, 68 - Elektrodenproduktionsautomat vertretenen Auffassung folgen wollte, dass ein Arbeitsergebnis für den Nachahmenden auch dann fremd ist, wenn es dieser auf Grund eines Auftrags- oder eines sonstigen Vertragsverhältnisses für einen anderen geschaffen und auf die vereinbarte Art und Weise abgegolten erhalten hat, wäre damit für die Klägerin nichts gewonnen, weil nach dieser Entscheidung dann, wenn beide Teile bei der Erbringung einer Leistung zusammenarbeiten, das zugrundeliegende Vertragsverhältnis auch gesellschaftsvertragliche Elemente enthält, soweit beide Teile einen gemeinsamen Zweck verfolgen und zur Erreichung dieses Zwecks Leistungen erbringen und daher das dabei zustandegebrachte Produkt für den "Nachahmer" kein fremdes Arbeitsergebnis ist. Die Beklagte hatte im vorliegenden Fall nach dem Vertrag (Pkt I) eigenständige Leistungen, nämlich die "Entwicklung" eines Systems zu erbringen, ohne die die Idee der Klägerin nicht verwirklicht worden wäre. Sie hat somit nicht ein fremdes Arbeitsergebnis verwendet.

Auch der vom Erstgericht ins Spiel gebrachte Tatbestand des Vorlagenmissbrauchs (§§ 12, 13 UWG) liegt nicht vor. Die Beklagte hat nicht ihr von der Klägerin anvertraute Vorlagen unbefugt verwertet oder anderen mitgeteilt, sondern selbst - im Auftrag der Klägerin - Konstruktionszeichnungen angefertigt (Koppensteiner aaO § 28 Rz 16; die Frage noch offenlassend: ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher). Aber auch ein die Sittenwidrigkeit im Sinn des § 1 UWG begründender Vertrauensbruch (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher) ist hier nicht zu erkennen:

Zwischen den Parteien bestand bis zur Auflösung im Herbst 1998 ein Vertragsverhältnis. Der Vertrag wurde zunächst für fünf Jahre ab der Vertragsunterfertigung (6. 2. 1995) abgeschlossen, um sich sodann mangels Kündigung (oder vorzeitiger Auflösung) um jeweils ein weiteres Jahr zu verlängern (Punkt VIII der Vereinbarung vom 6. 2. 1995). Weder in diesem Vertrag noch in dem Anhang dazu vom 23. 5. 1995 wurde festgehalten, dass die Beklagten nach Ablauf des Vertragsverhältnisses die dort behandelten Produkte nicht mehr erzeugen oder durch Dritte erzeugen lassen dürfte. Eine mündliche Vereinbarung in diesem Sinn wurde gleichfalls nicht behauptet. Selbst wenn eine solche Abmachung bestünde, wäre ein Verstoß dagegen noch nicht für sich allein sittenwidrig. Vertragliche (auch nachvertragliche) Verpflichtungen zu einer Leistung zwingen rechtlich zur Vertragserfüllung, die in der Regel gerichtlich erzwungen werden kann. Ein Verstoß gegen § 1 UWG ist hingegen eine unerlaubte (deliktische) Handlung, die die widerrechtliche Verletzung einer außervertraglichen, aus der Sozialordnung sich ergebenden allgemeinen Rechtspflicht voraussetzt (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 694); ein Vertragsbruch ist daher, auch wenn er einem Wettbewerbszweck dient, nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig, sondern erst dann, wenn im Einzelfall besondere unlauterkeitsbegründende Umstände hinzutreten, die den Verstoß nicht mehr als reine Vertragsverletzung erscheinen lassen (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 695; ÖBl 1993, 223 - Implantatteile; ÖBl 1994, 68 - Elektrodenproduktionsautomat; WBl 1996, 39 - Sportgeschäft je mwN; im gleichen Sinn Koppensteiner aaO § 28 Rz 16).

Die Klägerin hat nicht behauptet, dass die Beklagte mit dem (versuchten) Vertrieb der von ihr entwickelten Produkte gegen den Vertrag verstieße, geschweige denn, dass ein solcher Vertragsbruch aus bestimmten Gründen sittenwidrig wäre. Solche Umstände sind auch nicht zu erkennen:

Bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (8. 6. 2000) waren seit Abschluss des (mittlerweile aufgelösten) Vertrags schon mehr als fünf Jahre verstrichen. Für die Annahme, die Parteien hätten von Anfang an Produktion und Vertrieb der im Vertrag genannten NV-Produkte durch die Beklagte mit der Vertragszeit begrenzen oder etwa den in Punkt IV festgeschriebenen Kundenschutz über die Vertragszeit hinaus verewigen wollen, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Bedenkt man, dass nach ständiger Rechtsprechung das Nachahmen (sogar) eines fremden Produkts, das keinen Sonderschutz genießt, an sich nicht wettbewerbswidrig ist; ein Verstoß gegen § 1 UWG nur dann anzunehmen ist, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher; ÖBl 2001, 22 - Jobservice mwN), sodass also die Beklagte auch ein ohne ihre Beteiligung geschaffenes Produkt der Klägerin nachahmen könnte, sofern sie nur soweit Abstand hält, dass eine Herkunftstäuschung vermieden wird und sie es auch nicht bloß "kopiert", dann muss es der Beklagten umso eher gestattet sein, das von ihr selbst (mit-)entwickelte Produkt weiter herzustellen oder durch Dritte herstellen zu lassen. Hat aber die Beklagte - wie sie selbst behauptet und die Klägerin durchaus einräumt und in ihrem Unterlassungsbegehren auch berücksichtigt hat - die "NV-Produkte" mittlerweile weiterentwickelt und verändert, so kann überhaupt nicht von einer sittenwidrigen glatten Übernahme die Rede sein.

Da sohin schon auf Grund der unstrittigen Tatsachen und des Vorbringens der Klägerin das Klagebegehren verfehlt ist, braucht auf die Mängel- und Aktenwidrigkeitsrüge der Beklagten nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Revision war dahin Folge zu geben, dass das Klagebegehren in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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