European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0170OB00006.19K.0617.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Über das Vermögen der C***** GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) wurde mit Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 21. Oktober 2016 das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, das mit Beschluss vom 15. Februar 2017 in ein Konkursverfahren abgeändert wurde.
Die spätere Schuldnerin war Eigentümerin von drei Liegenschaften, die sie der Beklagten mit Kaufvertrag vom 17. Juli 2015 veräußerte.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 10. Mai 2017 gegründet und am 23. Mai 2017 in das Firmenbuch eingetragen. Sie meldete im Insolvenzverfahren keine Insolvenzforderung an.
Der Insolvenzverwalter schloss mit Zustimmung des Gläubigerausschusses am 17. Oktober 2017 mit der Klägerin einen Abtretungsvertrag folgenden Inhalts:
„ […] 1. Abtretungsgegenstand, Abtretung und Gegenleistung, Gebühr
1.1. Abtretungsgegenstand sind sämtliche bekannte und unbekannte Forderungen der [Schuldnerin] gegenüber [der Beklagten], insbesondere, aber nicht ausschließlich aus und im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaften [...] an [die Beklagte] mit Kaufvertrag vom 17. Juli 2015.
1.2. Der Zedent tritt hiermit die Forderungen gemäß Punkt 1.1 ab und der Zessionar nimmt hiermit die Abtretung an.
1.3. Der Abtretungspreis für die Forderungen wird angesichts der damit verbundenen Risiken (Einbringlichkeit, hohes Prozessrisiko, Prozess- und Betreibungskosten, Kosten der Rechtsberatung und anwaltlicher Vertretung, Aufwands- und Auslagenersatz und sonstige damit im Zusammenhang stehende Kosten) von den Parteien einvernehmlich mit 5.000 EUR bewertet.
[…]
2. Verfügungsberechtigung und Haftung
2.1. Der Zedent sichert zu, über die Forderungen frei verfügen zu dürfen sowie dass keine Abtretungsverbote oder Rechte Dritter bestehen. Sonst wird jegliche Haftung des Zedenten aus dieser Abtretung, insbesondere für die Durchsetzbarkeit der Forderungen, ausgeschlossen.
[...]
5. Materielle Berechtigung, Treuhandverpflichtung
5.1. Ein allfälliger Erlös aus der Forderungsbetreibung steht nur dem Zessionar zu.
5.2. Erhält der Zedent oder [die Schuldnerin] Gelder oder sonstiges Vermögen in Erfüllung der unter Punkt 1.1 genannten Forderungen, werden diese prompt an den Zessionar ausgefolgt. [...] “
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 20. Juli 2017 eingebrachten Klage die Zahlung von 471.745,27 EUR sA hilfsweise die Aufhebung des Kaufvertrags vom 17. Juli 2015 als nichtig und die Einwilligung der Beklagten in die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin an den drei Liegenschaften. Sie stützt ihr Klagebegehren insbesondere auf § 28 Z 3 iVm § 32 IO. Der Insolvenzverwalter habe die Anfechtungsansprüche zulässigerweise an sie zediert. Der im Kaufvertrag vom 17. Juli 2015 vereinbarte Kaufpreis liege um 774.000 EUR unter dem wahren Verkehrswert der Liegenschaften; der eingeklagte Betrag ergebe sich aufgrund von Einzelwertberichtigungen. Der Kaufvertrag sei zum Nachteil der übrigen Gläubiger abgeschlossen worden. Die Beklagte sei als Ehegattin des faktischen Geschäftsführers der Schuldnerin Teil der familia suspecta . Die Schuldnerin habe die Veräußerung in der Absicht vorgenommen, Gläubiger zu benachteiligen und dadurch ihr nahestehende Personen zu bereichern. Die Veräußerung der Liegenschaft sei damit rechtsunwirksam. Eine Rückabwicklung sei aufgrund der zwischenzeitig erfolgten hypothekarischen Verfügungen untunlich.
Die Beklagte bestreitet das Bestehen eines Anfechtungsanspruchs und wendet darüber hinaus insbesondere ein, dass der Klägerin die Aktivlegitimation fehle, weil eine Zession von insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüchen durch den Masseverwalter nicht zulässig sei. Dies gelte umso mehr angesichts der hier bestehenden Differenz zwischen behaupteter Forderung und Abtretungspreis. Abgesehen davon umfasse die Abtretungsvereinbarung schon ihrem Wortlaut nach Anfechtungsansprüche nicht. Außerdem fehle der Anfechtung die erforderliche Befriedigungstauglichkeit, weil die Klage ausschließlich der Bereicherung der Klägerin und nicht der Mehrung der Insolvenzmasse zum Zweck der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger dienen solle.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Abtretungsvereinbarung decke den geltend gemachten Anspruch durchaus. Allerdings sei eine Abtretung insolvenzrechtlicher Anfechtungsansprüche nicht zulässig; ausschließlich der Masseverwalter habe für die dem Insolvenzrecht immanente Gläubigergleichbehandlung Sorge zu tragen. Die eine Abtretbarkeit von Anfechtungsansprüchen bejahende jüngere deutsche Rechtsprechung sei auf die – von der deutschen abweichende – österreichische Rechtslage nicht übertragbar.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die ganz überwiegende österreichische Lehre gehe von der Unabtretbarkeit insolvenzrechtlicher Anfechtungsansprüche aus. Dem sei zu folgen. Bereits die Qualifikation des Abtretungsanspruchs als Forderungsanspruch eigener Natur spreche dagegen, den Anfechtungsanspruch als Gestaltungsrecht grundsätzlich als abtretbar anzusehen. Da der Anfechtungsanspruch vor der Leistung durch den Anfechtungsgegner gerade nicht Massebestandteil sei, lasse sich die Abtretung eines Anfechtungsanspruchs mit der selbständigen Abtretung eines Gestaltungsrechts vergleichen, die die Rechtsprechung jedoch nur in Ausnahmefällen zulasse. Ein von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse an einer selbständigen Übertragung des Anfechtungsanspruchs sei nicht zu erkennen, vielmehr spreche die Gesamtkonzeption des Anfechtungsrechts in der IO für eine Konzentration der Anfechtungsansprüche beim Insolvenzverwalter. Die Bejahung der Abtretbarkeit würde außerdem der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für jene Sonderfälle, in denen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch ein Anfechtungsanspruch geltend gemacht werden könne, vorgreifen. Das sich aus § 37 IO ergebende Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters spreche ebenfalls gegen eine Abtretbarkeit, werde dadurch doch das Anfechtungsrecht zu einem nach § 1393 ABGB gerade nicht abtretbaren „höchstpersönlichen“ Recht. Auch die Bestimmung des § 41 Abs 1 IO, wonach der Anfechtungsgegner die Zurückstellung seiner in der Insolvenzmasse noch unterscheidbar vorhandenen Gegenleistung verlangen könne, spreche ebenso wie § 39 Abs 1 IO, der den Vorrang der Naturalrestitution und die Verpflichtung zur Leistung „zur Insolvenzmasse“ normiere, gegen eine Abtretbarkeit. Die gegenteilige jüngere deutsche Rechtsprechung lasse sich mangels gänzlich vergleichbarer Rechtslage nicht auf Österreich übertragen. Außerdem verlangten alle eine Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs bejahenden Stimmen als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abtretung die Erbringung einer angemessenen Gegenleistung an die Masse. Selbst unter Berücksichtigung eines hohen Prozessrisikos und hoher potenzieller Verfahrenskosten könne die von der Klägerin erbrachte Gegenleistung von 5.000 EUR nicht als angemessen qualifiziert werden, weil sie in einem krassen, objektiv sofort in die Augen fallenden Missverhältnis zur Höhe des eingeklagten Anspruchs von über 470.000 EUR stehe. Über dieses evidente Missverhältnis könne auch mit dem Argument, dass die Masse durch die geringe Zahlung von 5.000 EUR dennoch besser gestellt sei als im Fall eines faktischen Verzichts des Insolvenzverwalters auf die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs, nicht hinweggesehen werden.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Abtretbarkeit eines insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruchs fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Zum Meinungsstand im österreichischen Schrifttum:
1.1. Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, steht das ganz überwiegende österreichische Schrifttum auf dem Standpunkt, eine Abtretung des Anfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter sei (generell) nicht möglich.
1.1.1. Menzel (Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach österreichischem Recht [1886] 301 f) bejahte zwar ein praktisches Bedürfnis an einer selbständigen Zession des Anfechtungsanspruchs im Konkurs, weil in diesem Fall das Insolvenzverfahren noch vor der Durchführung des Anfechtungsprozesses beendet werden könnte. Er hielt eine solche Zession allerdings insbesondere aufgrund des Wortlauts des § 44 des damals geltenden Anfechtungsgesetzes (RGBl 1884/36), wonach vor Konkurseröffnung entstandene Anfechtungsansprüche nach Beendigung des Konkursverfahrens nicht mehr geltend gemacht werden konnten, für ausgeschlossen.
1.1.2. Krasnopolski (Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach österreichischem Recht [1889] 109) meinte, gegen die Abtretbarkeit von Anfechtungsansprüchen spreche zwar weder der Umstand, dass der Anfechtungsanspruch in seiner Entstehung und in seinem Fortbestand akzessorischen Charakters sei, noch auch die Regelung über die ausschließliche Berechtigung des Konkursmasseverwalters zur Geltendmachung desselben oder über die Entstehung und Behandlung von Gegenansprüchen des Anfechtungsgegners. Dennoch sei eine Zession ausgeschlossen, und zwar sowohl durch den Zweck, zu dem allein der Anfechtungsanspruch geltend gemacht werden dürfe, als auch durch die Anordnung des § 24 AnfG, wonach in Ansehung des nach Durchführung des Konkurses etwa verbleibenden Restes eines im Anfechtungsprozess erstrittenen Vermögens die durch die anfechtbare Rechtshandlung zwischen dem (Gemein‑)Schuldner und dem Anfechtungsgegner begründeten Rechtsverhältnisse unberührt blieben und die Frage, welchem von beiden dieser Rest gebühre, nach den allgemeinen Bestimmungen des Zivilrechts zu entscheiden sei.
1.1.3. Ehrenzweig (Kommentar zur Anfechtungsordnung und zu den Anfechtungsnormen der Konkursordnung [1916] 344) argumentiert, das Anfechtungsrecht diene nur den Konkurszwecken und sei deshalb an die Gesamtheit der Gläubiger gebunden, weshalb der Masseverwalter es auch nicht abtreten könne, und zwar weder einem einzelnen Gläubiger noch dem (Gemein‑)Schuldner; er könne es jedoch – vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit nach § 81 Abs 3 (jetzt:) IO – durch die Unterlassung rechtzeitiger Ausübung und durch Verzicht in einer für alle Gläubiger bindenden Weise zum Erlöschen bringen.
1.1.4. Petschek/Reimer/Schiemer (Insolvenzrecht [1973] 379) führen aus, der Anfechtungsanspruch sei ein höchstpersönliches Recht der Konkursmasse, weil er ihren Umfang künstlich nur für die Dauer des Konkursverfahrens vermehre. Darum seien der Konkursmasse privatrechtliche Verfügungen über den Anfechtungsanspruch verwehrt und dieser bilde kein Vollstreckungsobjekt für die Massegläubiger.
1.1.5. Bartsch/Pollak (I3 159 f und 233) argumentieren, der Anfechtungsanspruch sei aktiv unübertragbar, weil er nur vom Masseverwalter im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger ausgeübt werden könne. Der Masseverwalter könne ihn deshalb nicht an einzelne Konkursgläubiger oder an Dritte abtreten.
1.1.6. Auch Koziol/Bollenberger (in Bartsch/Pollak/Buchegger4 § 27 Rz 56 und § 37 KO Rz 3) lehren, dass das Anfechtungsmonopol des Masseverwalters eine Abtretung ausschließe.
1.1.7. Rebernig (in Konecny/Schubert § 27 KO Rz 16) steht gleichfalls (unter Berufung auf Koziol/Bollenberger) auf dem Standpunkt, Verfügungen des Masseverwalters über den Anfechtungsanspruch, wie Verkauf, Abtretung oder Verpfändung, seien ebenso unzulässig wie die Abtretung des Anspruchs zur Prozessführung an Dritte. Zulässig seien lediglich Dispositionen des Masseverwalters über sein Anfechtungsrecht, wie Verzicht oder Vergleich etc.
1.1.8. Riel (in Konecny/Schubert § 119 KO Rz 46) meint unter Berufung auf Koziol/Bollenberger, dass der unübertragbare Anfechtungsanspruch nicht gemäß § 119 Abs 5 IO ausgeschieden werden könne.
1.1.9. König (Anfechtung5 Rz 15/37) gibt die herrschende Meinung wieder, die aus der Regelung des § 37 Abs 1 IO, wonach das Anfechtungsrecht vom Insolvenzverwalter ausgeübt wird, die Unabtretbarkeit und Unpfändbarkeit von Anfechtungsansprüchen ableite, und vertritt die Auffassung, dass die Unzulässigkeit der Abtretung wohl schon deshalb gerechtfertigt sei, weil die Lebensdauer des Anfechtungs‑(klage‑)anspruchs grundsätzlich mit der Dauer des Insolvenzverfahrens begrenzt sei und es allein dem Insolvenzgericht obliege, vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bei dann noch aktuellem Interesse der Insolvenzgläubiger das Erlöschen des Klagerechts zu verhindern und für die weitere Verfolgung zu sorgen; diese Entscheidung wäre durch die Abtretung präjudiziert.
1.1.10. Thöni (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1393 Rz 18) vertritt unter Bezugnahme auf König die Auffassung, dass der Anfechtungsanspruch als ein höchstpersönliches, allein durch den Insolvenzverwalter ausübbares und daher unabtretbares Recht gelte, das vom Zweck her auf die Massevermehrung zugunsten der Gläubigergemeinschaft ausgerichtet sei.
1.1.11. Lukas (in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1393 Rz 2) und G. Kodek (Insolvenzrecht Rz 338) geben ebenfalls die herrschende Ansicht wieder, dass die Abtretung von Anfechtungsansprüchen iSd §§ 27 ff IO unzulässig sei.
1.2.1. Demgegenüber verweisen U. Torggler/Trenker (Zur Organhaftung für Gläubigerbevorzugung gemäß § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG, § 84 Abs 3 Z 6 AktG, JBl 2013, 620 [622 f]) darauf, dass die in Österreich nach wie vor herrschende Ansicht, wonach ein Anfechtungsanspruch nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht und nicht zediert werden könne, in Deutschland spätestens mit Einführung der InsO als überholt anzusehen sei und in vielen Fällen wohl ein erhebliches praktisches Bedürfnis nach einer Abtretbarkeit bestehe, insbesondere bei Ansprüchen, deren Bestand von (beweisintensiven) Tatsachen abhänge. Das Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters schließe eine Zession nicht aus, weil es sich nur auf das Verhältnis zur Einzelanfechtung beziehe, um die par conditio creditorum sicherzustellen. Der Umstand, dass die Anfechtung ihre Berechtigung ausschließlich aus den Interessen der Gläubigergesamtheit ableite, stehe einer Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs gemäß § 39 IO durch einen Außenstehenden ebenfalls nicht entgegen, jedenfalls sofern dieser zuvor eine gleichwertige Gegenleistung an die Insolvenzmasse erbringe, weil dadurch die Durchsetzbarkeit der Anfechtung mittelbar wiederum primär im Interesse der Gläubiger liege. Das Erfordernis gerichtlicher Geltendmachung diene ebenfalls allein dem Interesse des Verkehrs nach Rechtssicherheit, nicht jedoch dem (Übereilungs‑)Schutz des Insolvenzverwalters. Für den Rechtsverkehr sei es aber unerheblich, ob durch die Klage des Insolvenzverwalters oder eines Dritten für klare Verhältnisse gesorgt werde.
1.2.2. Auch Nunner-Krautgasser (Zur Abtretung von Insolvenzanfechtungsansprüchen, JBl 2018, 277) bejaht – unter Zugrundelegung eines von ihr im vorliegenden Verfahren für die Klägerin erstatteten Rechtsgutachtens – eine Abtretbarkeit von Anfechtungsansprüchen. Der von der älteren Lehre erhobene Einwand der Akzessorietät des Anfechtungsanspruchs treffe nur für die Einzelanfechtung nach der AnfO zu, nicht aber auch für Anfechtungsansprüche nach der IO, weil entsprechend dem Charakter des Insolvenzverfahrens als Instrument zur kollektiven Rechtsdurchsetzung die Forthaftung von anfechtungsrelevanten Vermögenswerten losgelöst von den Forderungen der Gläubiger realisiert werde. Das Anfechtungsmonopol des § 37 Abs 1 IO habe nur den Zweck, die Anfechtungsbefugnis zu bündeln, nicht aber ein höchstpersönliches Recht des Insolvenzverwalters zu gestalten. Für den Insolvenzzweck sei es unerheblich, wie vorhandene Massebestandteile realisiert würden, sofern nur das optimale wirtschaftliche Ergebnis erwirtschaftet werde. Daher könne der Insolvenzverwalter insbesondere Verschaffungs‑ und Herausgabeansprüche gegen Dritte entweder durch Durchsetzung selbst oder aber bereits vorweg durch entgeltliche Zession des auf Erlangung der Sache gerichteten Anspruchs verwerten. Der Zweck der Anfechtung liege darin, haftungsvereitelnde Rechtshandlungen zum Zweck der Massemehrung rückgängig zu machen. Relevant sei dabei aber nicht der Massebestandteil als solcher, sondern nur der in diesem verkörperte Vermögenswert. Eine Abtretung könne die Insolvenzabwicklung unter Umständen sogar erheblich erleichtern, beschleunigen und verbilligen. Das Kriterium der Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung besage nur, dass die Beseitigung des Erfolgs der angefochtenen Rechtshandlung geeignet sein müsse, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu fördern. Das bedeute aber nicht, dass die der Masse wieder zufließenden Vermögenswerte unmittelbar aus der gerichtlichen Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter selbst resultieren müssten. Vielmehr komme es auch hier allein auf das wirtschaftliche Ergebnis– die Massemehrung – an. Durch die entgeltliche Abtretung könne der Insolvenzverwalter – und zwar sogar früher und sicherer – Vermögen für die Masse lukrieren.
2.1. In Deutschland bejaht der Bundesgerichtshof (BGH) seit seinem Urteil vom 17. Februar 2011 zu IX ZR 91/10 – in Abkehr von der früher herrschenden Rechtsprechung und der überwiegenden älteren Lehre – im Einklang mit der jüngeren deutschen Lehre die Abtretbarkeit von Anfechtungsansprüchen nach der dInsO. Der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch sei als schuldrechtlicher Anspruch auf Rückführung des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstands zur Insolvenzmasse ausgestaltet. Gemäß § 143 Abs 1 dInsO sei dasjenige, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben sei, zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Der Anfechtungsanspruch unterliege dem Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters (§ 80 dInsO); dieser könne den Anfechtungsgegner nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verzug setzen (§§ 286 ff BGB), die geschuldete Leistung als Erfüllung (§ 362 Abs 1 BGB) oder eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber (§ 364 BGB) entgegennehmen, einen Vergleich über den Anfechtungsanspruch schließen oder ihn erlassen (§ 397 BGB). Entgegen der älteren Rechtsprechung und Lehre sei die Abtretung des Anfechtungsanspruchs nicht gemäß § 399 Halbsatz 1 BGB ausgeschlossen, weil die Rückgewähr eines anfechtbar aus dem Vermögen des Schuldners weggegebenen Vermögensgegenstands durch dessen Übertragung an einen anderen Gläubiger als die Insolvenzmasse (§ 143 dInsO) ohne Veränderung des Anspruchsinhalts erfolgen könne. Die Rückgewähr des Vermögensgegenstands an einen Dritten widerspreche auch nicht dem Zweck des Anfechtungsrechts, der darin bestehe, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wiederherzustellen, dass bestimmte Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden. Dieser Zweck könne nämlich auch dann erreicht werden, wenn der Insolvenzverwalter den Rückgewähranspruch verwerte; Voraussetzung sei nur, dass eine gleichwertige Gegenleistung zur Masse gelange. Die dem Insolvenzverwalter obliegende Verwertung der Masse könne– etwa dann, wenn die Masse die Prozesskosten nicht aufbringen könne, die Gläubiger keinen Prozesskostenvorschuss leisten oder der Anfechtungsprozess schwierig und langwierig zu werden verspreche – durch die Abtretung des Anfechtungsanspruchs sogar erleichtert und beschleunigt werden. Das Reichsgericht habe die Abtretung (auch) deshalb für unzulässig gehalten, weil „die Valuta der Abtretung“, also die zur Masse zu zahlende Gegenleistung, regelmäßig hinter dem Wert des Anspruchs zurückbleiben müsse. Dieses Argument spreche jedoch nicht gegen eine Abtretung schlechthin, sondern nur gegen eine Abtretung ohne hinreichende Gegenleistung. Der Schutz der Masse könne insoweit durch die allgemeinen Regeln bewirkt werden. Eine Abtretung ohne Gegenleistung werde in der Regel insolvenzzweckwidrig und damit nichtig sein; eine „Verschleuderung“ zu einem in Anbetracht aller Umstände (Kosten der Rechtsverfolgung; Prozessrisiko) unangemessen niedrigen Preis eröffne den Anwendungsbereich des § 60 dInsO. Die Rechte des Anfechtungsschuldners würden durch die Abtretung nicht beeinträchtigt, weil er gemäß § 404 BGB dem neuen Gläubiger diejenigen Einwendungen entgegensetzen könne, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet gewesen seien. Seine Ansprüche aus § 144 dInsO blieben dem Anfechtungsgegner ebenfalls erhalten. Er könne sie auch nach der Abtretung gegen den Insolvenzverwalter geltend machen. Die Abtretung des Anfechtungsanspruchs stehe auch nicht im Widerspruch zu § 18 dAnfG, wonach Anfechtungsansprüche nach dem dAnfG nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens von den einzelnen Gläubigern geltend gemacht werden könnten. Während des Insolvenzverfahrens verdrängten die Rechte der Gläubigergesamtheit die Ansprüche einzelner Gläubiger nach dem AnfG, und der Insolvenzverwalter habe die Ansprüche gemäß §§ 129 ff, 143 dInsO durchzusetzen. Auf Ansprüche einzelner Gläubiger nach dem dAnfG, die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens von diesen geltend gemacht werden könnten, könne und dürfe er dabei keine Rücksicht nehmen. Mit der Rückgewähr des fraglichen Vermögensgegenstands zur Insolvenzmasse erlösche jeder Einzelanfechtungsanspruch. Der Insolvenzverwalter habe in diesem Fall über ein eigenes Recht der Masse verfügt, nicht über ein fremdes Recht des zur Einzelanfechtung berechtigten Gläubigers. Für die Abtretung der Ansprüche gelte nichts anderes als für ihre Einziehung. Auch durch sie könne der Wert des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstands zur Masse gezogen und für die Befriedigung der Gläubigergesamtheit verwendet werden.
2.2. In seiner (im selben Verfahren ergangenen) Entscheidung vom 10. Jänner 2013 zu IX ZR 172/11 präzisierte der BGH, dass Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Handlung des Insolvenzverwalters außer einer objektiven Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit sei, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen hätten müssen. Mit dem grundsätzlichen Rückgriff auf die Regeln zum Missbrauch der Vertretungsmacht könne den Interessen an einem hinreichenden Schutz der Masse einerseits und an dem gebotenen Vertrauensschutz des redlichen Geschäftspartners andererseits in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Erste Voraussetzung der Insolvenzzweckwidrigkeit sei jedenfalls der offensichtliche, ohne weiteres erkennbare Verstoß gegen die Aufgaben eines Insolvenzverwalters. Der Schutz des Rechtsverkehrs gebiete es, nicht jede für die Masse nachteilige Rechtshandlung des Verwalters als unwirksam anzusehen. Im vorliegenden Fall sei die Abtretung nicht im offensichtlichen Widerspruch zum Zweck des Insolvenzverfahrens gestanden, die Gläubiger der Schuldnerin gleichmäßig zu befriedigen.
2.3. In seinem Urteil vom 14. Juni 2018, IX ZR 232/17, hielt der BGH an seiner Rechtsprechung fest, dass der Insolvenzverwalter auf Insolvenzanfechtung gestützte Herausgabeansprüche abtreten könne. Das Insolvenzverfahren sei vom Ziel der bestmöglichen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung geprägt. Der Insolvenzverwalter solle nicht gezwungen sein, einen unter Umständen mit einem erheblichen Prozess- und Kostenrisiko verbundenen Rechtsstreit führen zu müssen.
3. Der Senat hat erwogen:
3.1. Vorauszuschicken ist, dass das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht mit der österreichischen Rechtslage insofern nicht gänzlich vergleichbar ist, als § 143 Abs 1 dInsO nach in Deutschland herrschender Ansicht den Anfechtungsanspruch nicht als Gestaltungsrecht, sondern als einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr charakterisiert (Borries/Hirte in Uhlenbruck, InsO15 [2019] § 129 Rz 6; Kayser in MünchKomm InsO3 [2013] § 129 Rz 194 je mwN; vgl auch König, Anfechtung5 Rz 17/25), während die österreichische Rechtsprechung den Anfechtungsanspruch nach der IO als Rechtsgestaltungsanspruch auf Unwirksamerklärung einer zunächst gültigen Rechtshandlung qualifiziert (
RS0064580 [T3]; König, Anfechtung5 Rz 2/10 und 17/25).
3.2. Anfechtungsanspruch als höchstpersönliches Recht iSd § 1393 ABGB?
3.2.1. Gemäß § 1393 ABGB sind grundsätzlich alle veräußerlichen Rechte Gegenstand der Abtretung. Nur Rechte, die „der Person ankleben, folglich mit ihr erlöschen“, können nicht abgetreten werden. Höchstpersönlich ist ein Anspruch nach der Rechtsprechung, wenn sein Inhalt durch die Person des Berechtigten bestimmt wird, sodass durch den Wechsel dieser Person auch der Leistungsinhalt selbst eine Veränderung erfahren würde, wie etwa bei Arbeitsverträgen und
Unterhaltsansprüchen. Dass der Anspruch mit dem Tod des Berechtigten oder bei Eintritt sonstiger Umstände erlischt, macht ihn noch nicht zu einem höchstpersönlichen (
3.2.2. Gesetzliche Abtretungsverbote beziehen sich etwa auf das Wiederkaufsrecht (§ 1070 ABGB), das Rückkaufsrecht (§ 1071 ABGB), das Vorkaufsrecht (§ 1074 ABGB), nach der EO unpfändbare und beschränkt pfändbare Forderungen (§ 293 Abs 2 iVm §§ 290 ff EO), also insbesondere die pfändungsfreien Teile des Arbeitseinkommens und gesetzlicher Unterhaltsleistungen (§ 293 Abs 2 iVm § 290a Abs 1 Z 1 und Z 10 EO), oder auch Rechte aus einem Erbvertrag vor Erbanfall (§ 1252 ABGB).
3.2.3. Gemäß § 37 Abs 1 IO wird das Anfechtungsrecht – außer im Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung (§ 189 IO: jeder Insolvenzgläubiger) – vom Insolvenzverwalter ausgeübt. Anfechtungsansprüche, die von Insolvenzgläubigern außerhalb des Insolvenzverfahrens erhoben worden sind, können nach § 37 Abs 2 IO während des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter verfolgt werden. Das sich daraus ergebende Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters (RS0112593) bedeutet für sich allein aber noch nicht, dass der Anfechtungsanspruch nicht abtretbar wäre. Da der Anfechtungsanspruch nach §§ 27 ff IO der Masse zusteht und vom Insolvenzverwalter deshalb für diese ausgeübt wird (5 Ob 575/81 SZ 54/153 = RS0064547), kann aus § 37 IO von vornherein kein höchstpersönliches Recht des Insolvenzverwalters abgeleitet werden; wäre doch die Annahme eines „höchstpersönlichen Rechts für Dritte“ ein Widerspruch in sich. Eine – für die Annahme eines Abtretungsverbots grundsätzlich erforderliche – unmissverständliche Regelung (vgl 8 Ob 162/83 SZ 57/64), wonach der Anfechtungsanspruch ein höchstpersönliches Recht der Insolvenzmasse wäre, ist dem Gesetz aber ebenso nicht zu entnehmen.
3.3. Insolvenzspezifische Gründe als Abtretungshindernis?
3.3.1. Prinzipiell wäre es denkbar, dass die Abtretung von Anfechtungsansprüchen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Normierung aus in den Besonderheiten des Insolvenzverfahrens gelegenen Gründen ausgeschlossen wäre. In diesem Sinn argumentieren die oben in Punkt 1.1.3. bis 1.1.5., 1.1.9. und 1.1.10. wiedergegebenen Lehrmeinungen.
3.3.2. Dass das Anfechtungsrecht vom Insolvenzverwalter im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger auszuüben ist, kann jedoch in Wahrheit kein Abtretungsverbot begründen:
Aufgrund des Anfechtungsmonopols des Insolvenzverwalters sind alle Insolvenzgläubiger an die Ausübung oder Nichtausübung des Anfechtungsrechts gebunden (8 Ob 140/99t SZ 72/177 mwN; RS0112593). Der Insolvenzverwalter kann also – im Rahmen seiner Verantwortlichkeit nach § 81 IO – über das Anfechtungsrecht disponieren, insbesondere durch Verzicht oder Vergleich (Rebernig in Konecny/Schubert § 27 KO Rz 16; König, Anfechtung5 Rz 17/6). Gerade in einem Fall von Massearmut wie hier kann es aber durchaus im wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegen, nicht (mangels ausreichender Mittel zur Führung des Anfechtungsprozesses) auf den Anfechtungsanspruch verzichten zu müssen, sondern durch den – hier mit Zustimmung des Gläubigerausschusses erfolgten – Abschluss einer Abtretungsvereinbarung immerhin einen gewissen Betrag für die Masse zu lukrieren.
3.3.3. Gemäß § 27 IO können vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene, das Vermögen des Schuldners betreffende Rechtshandlungen angefochten und den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden. Auch daraus lässt sich aber kein Argument gegen die Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs ableiten:
(a) Entscheidend ist, dass diese Unwirksamerklärung zu einem Anspruch der Masse gegen den Anfechtungsgegner führt (§ 39 Abs 1 IO). Wird – wie hier – auch dieser Anspruch abgetreten, so führt die erfolgreiche Anfechtung zu einem Leistungsanspruch des Zessionars aus abgetretenem Recht. Die Unwirksamerklärung wirkt daher zwar mittelbar auch für ihn. Grundsätzlich bleibt es aber auch in diesem Fall bei der in § 27 IO angeordneten Unwirksamerklärung gegenüber den Insolvenzgläubigern.
(b) Letzteres ist insbesondere deswegen von Bedeutung, weil auf der Rechtsgestaltung (Unwirksamerklärung) beruhende Ansprüche des Gegners nach § 41 IO schon nach allgemeinen Grundsätzen weiterhin gegen die Masse bestehen müssen: Die Abtretung des Anfechtungsanspruchs kann nicht dazu führen, dass der Gegner diese Ansprüche verliert oder gegen seinen Willen gegen eine andere Person (den Zessionar) geltend machen müsste. Inwiefern dies – zumal bei möglichen Aussonderungs- oder Bereicherungsansprüchen nach § 41 Abs 1 IO – einer Aufhebung des Insolvenzverfahrens entgegenstehen könnte, ist hier nicht zu prüfen, da im konkreten Fall nur die Anmeldung einer (bedingten) Insolvenzforderung iSd § 41 Abs 2 IO in Betracht gekommen wäre. Eine solche Anmeldung ist offenkundig nicht erfolgt; sie hätte angesichts des Umstands, dass nicht einmal die Masseforderungen vollständig befriedigt werden konnten, auch zu keiner sonst allenfalls erforderlichen Sicherstellung (§ 133 Abs 2 IO) geführt.
3.3.4. Das Argument von König (Anfechtung5 Rz 15/37), wonach die Lebensdauer des Anfechtungs‑(klage‑)anspruchs grundsätzlich mit der Dauer des Insolvenzverfahrens begrenzt sei und die allein dem (Insolvenz‑)Gericht obliegende Entscheidung, vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bei dann noch aktuellem Interesse der Insolvenzgläubiger das Erlöschen des Klagerechts zu verhindern und für die weitere Verfolgung zu sorgen, durch eine Abtretung präjudiziert wäre, kann im Ergebnis ebenfalls nicht überzeugen:
Hintergrund dieser Argumentation ist die Frage des Schicksals des Anfechtungsprozesses im Fall einer Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Diese Frage stellt sich hier ganz konkret, weil, wie sich aus der Ediktsdatei ergibt, das über die Schuldnerin eröffnete Konkursverfahren mit rechtskräftigem Beschluss des Insolvenzgerichts vom 3. Juli 2018 nach anteiliger Befriedigung (nur) der Massegläubiger aufgehoben wurde. Die Wirksamkeit einer Abtretung kann allerdings nur ex ante beurteilt werden; sie kann daher nicht davon abhängen, ob das Insolvenzverfahren früher oder später (und damit vor oder nach rechtskräftiger Beendigung des Anfechtungsprozesses) aufgehoben wird.
Entgegen der plakativen Formulierung von Petschek/Reimer/Schiemer (Insolvenzrecht 703), wonach Konkursanfechtungsprozesse mit Rechtskraft der Konkursaufhebung aufhören, können Insolvenzanfechtungsverfahren durchaus nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt werden, sofern der ehemalige Masseverwalter damit betraut wird (3 Ob 613/86 SZ 60/3; RS0064543); Gleiches wurde für den Fall ausgesprochen, dass im konkursgerichtlich bestätigten Zwangsausgleich [jetzt Sanierungsplan: § 275 Abs 1 Z 17 IO] die Bestellung des Masseverwalters zum Sachwalter [jetzt Treuhänder: § 275 Abs 1 Z 22 IO] der Gläubiger iSd § 157e KO [jetzt: § 157g IO] enthalten war und der Sachwalter im Konkursaufhebungsbeschluss ausdrücklich zur Fortführung des damals anhängigen Anfechtungsprozesses ermächtigt wurde (2 Ob 243/05g mwN = RS0064543 [T1]). Dass das Insolvenzverfahren vor rechtskräftiger Beendigung des Anfechtungsprozesses aufgehoben wurde, steht einer Fortführung dieses Verfahrens also nicht zwingend entgegen.
König knüpft in diesem Zusammenhang an die Befugnisse des Insolvenzverwalters an, deren Zweck der Schutz der Interessen der Masse (der Insolvenzgläubiger) und damit die Sicherstellung der Versilberung der Aktiva des Schuldners ist. Hat die Masse jedoch durch Abtretung des Anfechtungsanspruchs bereits einen Betrag lukriert, sind die Interessen der Gläubiger damit bereits abschließend berücksichtigt. Aus diesem Grund wird die Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs auch nicht dadurch gehindert, dass das Insolvenzgericht aufgrund der Zession keine Entscheidung mehr darüber treffen kann, ob im Fall der Insolvenzaufhebung der Prozess fortzusetzen ist: Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Entscheidungskompetenz des Insolvenzgerichts nur auf noch aktuelle Forderungen der Insolvenzmasse beziehen kann und nicht auf solche, die der Insolvenzverwalter bereits abgetreten oder über die er sich verglichen oder auf die er verzichtet hat, die also im Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören.
3.4. Auch wenn das Begehren der Anfechtungsklage nach der Rechtsprechung nicht zwingend auf eine Rechtsgestaltung gerichtet sein muss (RS0064373), ist doch unstrittig, dass der Anfechtungsanspruch als solcher ein Anspruch auf Rechtsgestaltung ist (König, Anfechtung5 Rz 15/1 ff mwN; RS0083645, RS0064580 [T1, T3]). Das steht einer Übertragung allerdings nicht entgegen.
3.4.1. Gestaltungsrechte, die mit einer anderen Rechtsposition verbunden sind, können zwar für sich allein nur ausnahmsweise übertragen werden, und zwar dann, wenn der Erwerber am Erhalt des Rechts bzw der Überträger an der Übertragung und Ausübung des Rechts durch den Erwerber ein von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse hat (6 Ob 639/88 SZ 61/238;
RS0032642; ausführlich P. Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten [1986] 32 ff). Gebilligt wird die Übertragung eines Gestaltungsrechts aber jedenfalls dann, wenn auch die aus dessen Ausübung folgenden Leistungsansprüche abgetreten werden (4 Ob 2341/96k [Wandlung]; 1 Ob 58/11b [Irrtumsanfechtung]; vgl auch 6 Ob 501/93 [„Anfechtung“ nach § 27 MRG]; Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1393 Rz 50 und 52 mwN; vgl auch P. Bydlinski, Übertragung 52, 155 [„ganz unzweifelhaft“]).
3.4.2. Ein solcher Fall liegt hier vor: Wie bereits ausgeführt, ist die Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und der Klägerin dahin auszulegen, dass nicht nur das Gestaltungsrecht, sondern auch und gerade der aus dessen Ausübung folgende Leistungsanspruch der Masse nach § 39 Abs 1 IO übertragen wurde. Eine isolierte Übertragung nur des Gestaltungsrechts lag daher nicht vor. Damit kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen auch die Übertragung eines reinen Gestaltungsrechts (etwa auf Unwirksamerklärung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots) möglich sein könnte.
3.5. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Berechtigung des Klagebegehrens auch nicht das Fehlen der – hier mangels entsprechender Feststellungen in Wahrheit gar nicht abschließend beurteilbaren – Angemessenheit des Abtretungspreises entgegen:
3.5.1. Als kausales Verfügungsgeschäft ist die
Abtretung nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht. Die Unwirksamkeit der
Abtretung und den daraus folgenden Mangel der Gläubigerstellung des Klägers kann der Beklagte als abgetretener Schuldner dem Kläger gegenüber einwenden (
3.5.2. Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar kann der abgetretene Schuldner jedoch nur so weit geltend machen, als damit die Gläubigerstellung des Zessionars in Frage gestellt wird und er damit nicht ein Recht des Zedenten ausübt. Der abgetretene Schuldner kann sich also (nur) mit Erfolg darauf berufen, dass das Zessionsgeschäft nichtig sei oder dass es der Zedent erfolgreich angefochten habe, nicht aber auf ein noch nicht ausgeübtes Rücktritts‑ oder Anfechtungsrecht (
RS0032781). Ist der Zedent nicht verfügungsberechtigt, etwa weil er nicht Eigentümer der Forderung ist, ist das Verfügungsgeschäft selbst dann unwirksam, wenn das Grundgeschäft zwischen Zedent und Zessionar wirksam ist (Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 1392 ABGB Rz 11 mwN). Ungültig (und damit unwirksam) ist die Forderungsabtretung auch dann, wenn sie eine gegen die guten Sitten verstoßende missbräuchliche Rechtsausübung darstellt (Thöni aaO § 1392 ABGB Rz 14 mwN).
So ist es sittenwidrig (rechtsmissbräuchlich), eine Forderung nur deshalb von einem Vermögenslosen einklagen zu lassen, um sich damit dem Kostenersatzrisiko zu entziehen (7 Ob 206/08g = RS0016540 [T1]).
Das Vorliegen solcher Umstände behauptet die Beklagte aber gar nicht. Sofern sie mit ihrem Hinweis auf das Stammkapital der Klägerin von nur 10.000 EUR meinen sollte, dass die Klägerin im Fall des Prozessverlusts allenfalls nicht dazu in der Lage sein könnte, ihr die Prozesskosten zu ersetzen, kommt diesem Einwand angesichts der unstrittigen Massearmut keine Bedeutung zu, weil ohne Zession gar nicht geklagt worden wäre, also feststeht, dass sich der Insolvenzverwalter durch die Abtretung nicht seiner Kostenersatzpflicht für den Fall seines Unterliegens im Anfechtungsprozess entziehen wollte.
3.5.3. Da auch eine Schenkung einen tauglichen Rechtsgrund für eine Forderungszession darstellt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Abtretungspreis in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der abgetretenen Forderung steht; ein entsprechender Einwand des Schuldners ist daher ohne Bedeutung.
3.5.4. Im Sonderfall eines Insolvenzanfechtungsanspruchs wird eine unentgeltliche Abtretung zwar wohl als insolvenzzweckwidrig und damit unwirksam anzusehen sein; darauf kommt es hier aber nicht an, weil die Abtretung ohnehin nicht unentgeltlich erfolgte. Darauf, dass der Abtretungspreis deutlich unter der nun eingeklagten Forderung liegt, kann sich die Beklagte jedenfalls nicht erfolgreich stützen. Es wäre nämlich – ganz abgesehen davon, dass mangels entsprechender Feststellungen die Angemessenheit der Preisgestaltung nicht beurteilt werden kann – nicht einzusehen, warum die Anfechtungsgegnerin von einem allenfalls zu niedrigen Abtretungspreis profitieren sollte.
3.5.5. Gegenteiliges ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des BGH: Während dieser in der Entscheidung zu IX ZR 91/10 noch eine „hinreichende“ Gegenleistung für die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs forderte, führte er in der Folgeentscheidung zu IX ZR 172/11 aus, dass (nur) solche Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters unwirksam seien, die dem Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger, klar und eindeutig zuwiderliefen. Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Handlung des Verwalters sei außer einer objektiven Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen müssten. Auch die Argumentation des BGH läuft daher im Ergebnis darauf hinaus, dass die Abtretung nicht rechtsmissbräuchlich erfolgen darf.
3.5.6. Daraus folgt, dass ein zu niedriger Abtretungspreis die Abtretung nur dann unwirksam machen könnte, wenn die Zession objektiv insolvenzzweckwidrig war und dieser Umstand – also der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Insolvenzverwalter – für den Zessionar auch evident war. Davon kann hier aber schon deshalb keine Rede sein, weil feststeht, dass der Insolvenzverwalter wegen der bestehenden Massearmut den Anfechtungsprozess nicht selbst führen hätte können, die Abtretung also für die Masse keinesfalls schädlich, sondern nur nützlich sein konnte.
3.5.7. Die Frage, ob der Insolvenzverwalter eine solche Abtretungsvereinbarung in analoger Anwendung des § 116 Abs 1 Z 3 IO nur nach vorheriger Mitteilung an das Insolvenzgericht schließen darf, ist hier nicht zu klären, weil auch Rechtsgeschäfte, die der Insolvenzverwalter entgegen § 116 IO ohne Mitteilungsverfahren abgeschlossen hat, grundsätzlich – außer im Sonderfall der Kollusion, für den hier aber keine Anhaltspunkte bestehen – gegenüber dem Dritten wirksam sind (König, Anfechtung5 Rz 17/9).
3.6. Der Einwand der Beklagten, die Anfechtung sei (jedenfalls soweit das Klagebegehren über den Abtretungspreis von 5.000 EUR hinausgeht) nicht befriedigungstauglich, weil die Insolvenzmasse auch im Fall des vollständigen Obsiegens der Klägerin nicht mehr erhielte als den bereits bezahlten Abtretungspreis, ist ebenfalls nicht berechtigt:
3.6.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Frage der Befriedigungstauglichkeit von jener der Wirksamkeit der Abtretung des Anfechtungsanspruchs zu trennen ist. Während für die Beurteilung der Abtretungsvereinbarung auf die Umstände im Zeitpunkt ihres Abschlusses abzustellen ist, kommt es für das Vorliegen der Befriedigungstauglichkeit auf die Situation bei Schluss der Verhandlung erster Instanz an.
3.6.2. Es trifft zwar zu, dass
nach ständiger Rechtsprechung jede Anfechtung befriedigungstauglich sein muss; die Beseitigung des Erfolgs der Rechtshandlung muss demnach geeignet sein, die Befriedigungsaussichten der Insolvenz- oder zumindest der Massegläubiger zu fördern, zumindest also die teilweise Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen oder doch zu erleichtern oder zu beschleunigen, somit die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf Vermögensstücke des Schuldners zu erweitern (RS0064354 [T5]). Der Beklagten ist auch zuzugestehen, dass die Masse aufgrund der konkreten Abtretungsvereinbarung– mangels Beteiligung am allfälligen Erfolg der Anfechtungsklage – auch bei vollem Obsiegen der Klägerin nicht mehr erhielte als den ursprünglich vereinbarten Abtretungspreis.
3.6.3. Der Umstand, dass aufgrund der Abtretung des Anfechtungsanspruchs ein Prozesserfolg der Zessionarin und nicht der Masse zugute käme, lässt die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung allerdings nicht entfallen.
(a) Das Erfordernis der Befriedigungstauglichkeit soll verhindern, dass eine Rechtshandlung für unwirksam erklärt wird, ohne dass sich dadurch die Lage der (materiell) Anfechtenden – also im Regelfall der Masse‑ und Insolvenzgläubiger – verbessert. Der Anfechtungsgegner muss auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Eingriff in seine durch die anfechtbare Rechtshandlung begründete Rechtsstellung nur hinnehmen, wenn dies tatsächlich im Interesse der materiell Anfechtenden liegt. Das trifft nicht zu, wenn die Anfechtung für den oder die Anfechtenden folgenlos bleibt und damit ihren Zweck verfehlt (Rebernig in Konecny/Schubert § 27 KO Rz 107; Koziol , Der Begriff des „nachteiligen Rechtsgeschäftes“ in § 31 Abs 1 Z 2 KO, JBl 1982, 57 [61]). In der Sache fehlt in einem solchen Fall das rechtliche Interesse an der Rechtsgestaltung.
(b) Die Abtretung des Anfechtungsanspruchs kann an diesem Erfordernis zwar nichts ändern: Eine Rechtsgestaltung, die folgenlos bliebe, wäre auch in diesem Fall unzulässig. Wegen des beschränkten Zwecks des Erfordernisses der Befriedigungstauglichkeit – Verhinderung einer folgenlosen und damit zweckverfehlenden Rechtsgestaltung – ist es für den Anfechtungsgegner aber irrelevant, bei wem die Folgen der Rechtsgestaltung eintreten, ob die Zahlung also der Masse oder dem Zessionar zufließt. Wird daher – wie hier – zugleich mit dem Gestaltungsrecht auch der auf der Rechtsgestaltung beruhende Leistungsanspruch (§ 39 Abs 1 IO) übertragen und auch geltend gemacht, besteht an der Befriedigungstauglichkeit kein Zweifel.
(c) Zur Klarstellung ist allerdings festzuhalten, dass sich die Rechtsstellung des Anfechtungsgegners nach allgemeinen Grundsätzen (§ 1396 ABGB) durch die Abtretung nicht verschlechtern darf. Daher wäre eine Befriedigungstauglichkeit, die sich erst durch die Abtretung ergäbe, irrelevant. Führte etwa die Anfechtung der Zahlung eines Dritten an einen Gläubiger des Insolvenzschuldners nur zu einem (neutralen) Gläubigerwechsel, wäre sie für die Masse nicht befriedigungstauglich (3 Ob 79/12g JBl 2012, 804 [ König ]). Eine Abtretung könnte in diesem Fall nicht dazu führen, dass eine aus (isolierter) Sicht des Zessionars gegebene Befriedigungstauglichkeit nun die Anfechtung ermöglichte.
(d) Hingegen ist für die Befriedigungstauglichkeit irrelevant, ob und welches Entgelt die Masse für die Abtretung bekommt: Weder begründet ein solches Entgelt eine sonst fehlende Befriedigungstauglichkeit, noch ließe ein fehlendes oder geringes Entgelt sie entfallen. Die Höhe des Entgelts ist vielmehr ausschließlich für die Beurteilung der Frage maßgebend, ob die Zession wegen Insolvenzzweckwidrigkeit unwirksam ist (oben 3.5.6.).
3.7. Zusammenfassend ist also festzuhalten:
Die (entgeltliche) Abtretung von Anfechtungsansprüchen nach der IO ist jedenfalls dann wirksam, wenn sie neben dem Anspruch auf Rechtsgestaltung (Unwirksamerklärung iSv § 27 IO) auch einen auf dieser Rechtsgestaltung beruhenden Leistungsanspruch (§ 39 IO) erfasst. Anderes gilt nur dann, wenn eine solche Abtretung rechtsmissbräuchlich oder offenbar insolvenzzweckwidrig erfolgt. Auf die Angemessenheit des Abtretungspreises kommt es dabei nicht an.
3.8. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher nach Durchführung des Beweisverfahrens Feststellungen zur Berechtigung des Anfechtungsanspruchs zu treffen haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)