OGH 8ObA23/19v

OGH8ObA23/19v24.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. 

Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. 

Stefula als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** B*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Norbert Huber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 4.474,52 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. März 2019, GZ 13 Ra 6/19h‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00023.19V.0524.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO

zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin war bei der Beklagten, die ein als Saisonbetrieb geführtes Sporthotel betreibt, in der Wintersaison 2017/2018 als Masseurin auf Vollzeitbasis beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe Anwendung. Nach dem Arbeitsvertrag war das Beschäftigungsverhältnis, welches am 22. 12. 2017 begann, mit dem Saisonende am 31. 3. 2018 befristet. Neben einer 14‑tägigen Probezeit wurde im Arbeitsvertrag vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bis einen Monat vor Zeitablauf unter Einhaltung einer 14-tägigen Kündigungsfrist aufgelöst werden kann. Das Arbeitsverhältnis endete durch Dienstgeberkündigung zum 7. 2. 2018. Punkt 20 des Kollektivvertrags sieht vor, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in den ersten 14 – als Probezeit geltenden – Tagen ohne vorherige Kündigung, danach nur nach vorheriger 14-tägiger Kündigung gelöst werden kann.

Das Berufungsgericht nahm ein Missverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeit und der vorgesehenen Dauer des Dienstverhältnisses an, qualifizierte aus diesem Grund die Kündigungsvereinbarung als unwirksam und gab der auf Kündigungsentschädigung gerichteten Klage – soweit die vom Erstgericht vorgenommene Klagsabweisung nicht unbekämpft in Rechtskraft erwachsen war – statt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision

zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf und ist deshalb nicht zulässig.

1. Allein nach dem Gesetz erfolgt bei befristet abgeschlossenen Arbeitsverträgen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur durch Ablauf der Befristung und besteht keine Kündigungsmöglichkeit (8 ObA 42/04s; vgl auch RIS‑Justiz RS0028431; Brenn in Reissner, AngG3 § 19 Rz 9, 30). Die Parteien können gleichwohl auch für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer

Kündigung vereinbaren. Die Dauer des befristeten Dienstverhältnisses und die Möglichkeit der

Kündigung müssen – bei sonstiger Unwirksamkeit im Sinne des § 879 ABGB – aber in einem angemessenen Verhältnis stehen (RS0129581; RS0028428 [T1]; Friedrich, Flexibilisierung durch Befristungen und Bedingungen in Vertragsklauseln und Betriebsvereinbarungen, ZAS 2011/20, 109 [113 f]; Brenn aaO Rz 34). Das Erfordernis eines angemessenen Verhältnisses zwischen der Dauer der Befristung und der Kündigungsmöglichkeit gilt auch für Saisonarbeitsverhältnisse (9 ObA 104/18m;

RS0106029). Die Frage, ob ein solches Missverhältnis zwischen Befristung und Kündigungsmöglichkeit besteht, ist eine solche des Einzelfalls (RS0028428 [T7]).

2. Allgemein ist davon auszugehen, dass eine

Kündigung während der Dauer befristeter Dienstverhältnisse nur bei längerer Befristung zuzulassen ist, um die Vorteile der Bestandsfestigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine Kündigung zu gefährden (9 ObA 88/94 = ZAS 1995/22 [Reissner]; 8 ObA 42/04s; 8 ObA 3/14w; 9 ObA 104/18m ua). Als zulässig wurde etwa die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist bei einem auf sechs Monate befristeten, vom AMS geförderten Arbeitsverhältnis angesehen (8 ObA 42/04s) oder eine 14‑tägige Kündigungsfrist bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag (9 ObA 43/03v); nicht dagegen eine 14-tägige Kündigungsfrist bei einem auf neun Wochen befristeten Praktikum (8 ObA 305/95).

In 8 ObA 2206/96m wurde die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist bei einem auf vier Monate und vier Tage unter Vereinbarung einer 14-tägigen Probezeit abgeschlossenen Dienstverhältnis für zulässig erklärt. Die Kündigungsfrist entsprach der des einschlägigen Kollektivvertrags bei Arbeitsverhältnissen auf unbestimmte Zeit, sodass sie nicht als unangemessen kurz angesehen werden konnte. Zudem führte der Oberste Gerichtshof damals ins Treffen, dass nach der Vereinbarung im letzten Monat kein Kündigungsrecht bestand, sodass die Vertragsbestimmung „den Arbeitnehmer mehr [schützt], als wenn nur die kollektivvertragsrechtlichen Kündigungsregeln anzuwenden wären; sie bewahren ihn nämlich davor, knapp vor Saisonsende, also zu einer Zeit, wo er kaum noch einen anderen Arbeitsplatz für die Restzeit finden kann, gekündigt zu werden“.

In 9 ObA 43/03v wurde unter Bezugnahme auf die Entscheidung 8 ObA 2206/96m ausgesprochen, dass „von der Rechtsprechung […] – bei Saisonarbeitsverhältnissen – unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Befristungen bis zu vier Monaten eine Kündigungsmöglichkeit als unbedenklich angesehen wurde und in der Lehre Kündigungsklauseln bei Vertragsbefristungen auf mindestens fünf Monate für unbedenklich angesehen wurden“.

In 9 ObA 104/18m wurde jüngst die Bejahung eines groben Missverhältnisses einer Vereinbarung, das auf „ca 3,5 Monate“ (inkl 14 Tage Probezeit) befristete Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist von 14 Tagen kündigen zu können, durch die Vorinstanzen als nicht korrekturbedürftig beurteilt. Dabei wies der 9. Senat auch auf das Fehlen eines Vorteils wie jenen in der Entscheidung 8 ObA 2206/96m hin, wo im letzten Monat des Dienstverhältnisses eine Kündigung ausgeschlossen war.

3. Im vorliegenden Fall enthält die Kündigungsvereinbarung zwar einen Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit für den letzten Monat des Dienstverhältnisses, die im Dienstvertrag vorgesehene Dauer des Dienstverhältnisses liegt jedoch deutlich unter jener der Fälle, in welchen der Oberste Gerichtshof bislang eine Kündigungsvereinbarung als zulässig betrachtete. Wenn das Berufungsgericht unter Hinweis gerade hierauf die Verhältnismäßigkeit verneint,

so hält es sich im Rahmen der Rechtsprechung.

Folglich macht aber auch ein allfälliges Spannungsverhältnis zwischen der angefochtenen Entscheidung und jener eines anderen Berufungsgerichts den Revisionsrekurs nicht zulässig (vgl

RS0116241; RS0007133 [T1]).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

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