OGH 9ObA104/18m

OGH9ObA104/18m17.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer und KR Karl Frint als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Hübel & Payer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 6.500,15 EUR brutto und 309,82 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 6.451,77 EUR brutto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. August 2018, GZ 12 Ra 46/18y‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00104.18M.1217.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ob zwischen den Parteien ein befristetes oder unbefristetes Dienstverhältnis vereinbart wurde, ist eine Frage der Vertragsauslegung und von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936), wovon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist.

Zwischen den Parteien wurde schriftlich festgehalten, dass das Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen wird und durch Zeitablauf spätestens am 10. 4. 2016 (unstrittig gemeint 2017) endet. Wenn die Vorinstanzen die Auffassung vertraten, dass sich dabei das „spätestens“ auf die zugleich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit bezieht und die Formulierung im Sinn des Pt 20 b des Kollektivvertrags für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe kalendermäßig und damit ausreichend bestimmt ist, ist dies nicht korrekturbedürftig.

Dass die Parteien übereinstimmend von einem anderen Verständnis der Vereinbarung ausgingen, wurde von der Beklagten in erster Instanz nicht behauptet und stellt daher eine unzulässige Neuerung da. Entgegen den Ausführungen in der Revision liegt diesbezüglich auch kein übereinstimmendes Parteivorbringen vor, vielmehr hat sich die Klägerin im Verfahren durchgehend (auch im Berufungsverfahren) auf das Vorliegen eines befristeten Arbeitsverhältnisses berufen.

2. Grundsätzlich schließt die Befristung eine Kündigung aus, doch können die Parteien auch für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer Kündigung zu einem früheren Termin vereinbaren (vgl RIS‑Justiz RS0028428). Die Dauer der Befristung und die Möglichkeit einer Kündigung müssen jedoch in einem angemessenen Verhältnis stehen (RIS‑Justiz RS0028428 [T1]). Allgemein ist davon auszugehen, dass eine Kündigung während der Dauer befristeter Dienstverhältnisse nur bei längerer Befristung zuzulassen ist, um die Vorteile der Bestandsfestigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine Kündigung zu gefährden (8 ObA 42/04s mwN).

In der Entscheidung 8 ObA 42/04s wurde weiters darauf verwiesen, dass sich aus verschiedenen Einzelregelungen die Einschätzung des Gesetzgebers ergebe, dass eine Befristung als regelmäßig nachteilig für den Arbeitnehmer angesehen werde. Dem stehe nun im Allgemeinen der Vorteil gegenüber, dass nach dem Gesetz eine Kündigung während dieser Befristung nicht vorgesehen sei. Eine davon abweichende Regelung könne unter Berücksichtigung der Gründe für die Befristung und der konkreten Ausgestaltung der Kündigungsmöglichkeiten mangels Angemessenheit ein grobes Missverhältnis zwischen dem Verletzten und den geförderten Interessen iSd § 879 ABGB herbeiführen.

Die Frage, ob ein solches Missverhältnis zwischen Befristung und Kündigungsmöglichkeit besteht oder eine sachliche Rechtfertigung für die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit vorliegt, ist ebenfalls eine solche des Einzelfalls (vgl 8 ObA 56/07d).

Als zulässig wurde etwa die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit mit 14‑tägiger Kündigungsfrist bei einem auf sechs Monate befristeten, vom AMS geförderten Arbeitsverhältnis angesehen (8 ObA 42/04s) oder eine 14‑tägige Kündigungsfrist bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag (9 ObA 43/03v); nicht dagegen eine 14‑tägige Kündigungsfrist bei einem auf neun Wochen befristeteten Praktikum (8 ObA 305/95).

3. Im vorliegenden Fall wurde das Arbeitsverhältnis auf ca 3,5 Monate (inkl 14 Tage Probezeit) befristet, wobei beiden Seiten eine Kündigungsmöglichkeit unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist von 14 Tagen eingeräumt wurde. Die Vorinstanzen gingen unter Zugrundelegung der dargestellten Judikatur bei diesem Sachverhalt von einem groben Missverhältnis und damit einer unwirksamen Kündigungsvereinbarung aus. Diese Rechtsauffassung ist nicht korrekturbedürftig.

Richtig ist, dass im Allgemeinen bei Saisonarbeitsverhältnissen eine Befristung als sachlich gerechtfertigt angesehen wird (vgl 8 ObA 42/04s mwN). Allerdings ist auch in diesen Fällen das angemessene Verhältnis zwischen Dauer der Befristung und Kündigungsmöglichkeit zu beachten. Gerade in der Revision zitierten Entscheidung 8 ObA 2206/96m wurde darauf hingewiesen, dass im Bereich der Saisonarbeit bei einer Kündigung gegen Saisonende das Risiko keinen anderen Arbeitsplatz zu finden, besonders hoch ist. Die konkrete Kündigungsvereinbarung wurde daher trotz Befristung mit nur 4 Monaten gerade deshalb für zulässig erachtet, weil sie eine Kündigung im letzten Monat des Dienstverhältnisses ausschloss. Einen derartigen Vorteil enthält die zwischen den Parteien vereinbarte Regelung gerade nicht.

Die Beklagte beruft sich vielmehr darauf, dass ihr eine Kündigung insbesondere möglich sein müsse, um damit auf einen Leistungsabfall der Arbeitnehmer reagieren zu können. Darauf, dass dies keine sachliche Rechtfertigung für die Einräumung einer zusätzlichen Kündigungsmöglichkeit darstellt, hat schon das Berufungsgericht verwiesen. Ein darüber hinausgehendes Interesse an einer Kündigung bei einer Befristung von nur 3,5 Monaten, wobei die ersten 14 Tage als Probezeit vereinbart wurden, wird auch in der Revision nicht behauptet.

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Stichworte