European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00050.19B.0523.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortungskosten werden mit 1.647,18 EUR (darin enthalten 274,53 EUR an USt) als weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei bestimmt.
Begründung:
Dem Betreibenden wurde zur Sicherstellung einer Forderung von 27.000 EUR sA am 16. Februar 2017 ua die Pfändung des dem Verpflichteten gehörigen Geschäftsanteils an einer GmbH bewilligt, die damals zwei Gesellschafter hatte. Die Zustellung des Verfügungsverbots an den Verpflichteten erfolgte am 21. Februar 2017; jene des Zahlungsverbots an die GmbH als Drittschuldner am 22. Februar 2017. Nach Bewilligung der Umwandlung der Exekution zur Sicherstellung in eine Exekution zur Hereinbringung erteilte das Erstgericht dem Betreibenden die Ermächtigung nach § 333 EO.
Am 9. März 2018 beantragte der Betreibende die Einleitung des Verkaufsverfahrens nach § 332 EO. Nach Einholung eines Gutachtens zur Schätzung des Geschäftsanteils des Verpflichteten an der GmbH, das einen Liquidationswert von Null EUR zum 31. Dezember 2017 ergab, stellte der Verpflichtete den Antrag auf Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO. Der Betreibende begehrte dessen Abweisung, ua weil das Gutachten mangels sicherer und belastbarer Aussagen bzw Annahmen keine Grundlage für eine verlässliche Unternehmensbewertung darstelle, die eine Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO rechtfertigen würde.
Das Erstgericht stellte mit Beschluss vom 27. September 2018, zugestellt an beide Parteien am 2. Oktober 2018, die Exekution durch Pfändung und Verwertung des dem Verpflichteten gehörigen Geschäftsanteils an der GmbH unter Berufung auf das Gutachten antragsgemäß nach § 39 Abs 1 Z 8 EO ein, weil nicht zu erwarten sei, dass der Erlös bei Fortsetzung oder Durchführung der Exekution die Kosten derselben übersteigen werde.
Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 10. Oktober 2018 erwarb die Mitgesellschafterin die Geschäftsanteile des Verpflichteten an der GmbH (Firmenbuch).
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 29. Oktober 2018, AZ 15 S 97/18h, bekannt gemacht am selben Tag, wurde das Schuldenregulierungsverfahren über den Verpflichteten eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. In der Tagsatzung vom 17. April 2019 wurde der Sanierungsplan angenommen (Ediktsdatei).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betreibenden mit Beschluss vom 12. Dezember 2018 Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass der Einstellungsantrag des Verpflichteten abgewiesen und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens aufgetragen wurde. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es (vorerst) nicht zu.
Der Verpflichtete sei laut Firmenbuch zum 23. Oktober 2018 nicht mehr Gesellschafter der GmbH; deren Alleingesellschafterin sei nunmehr die (ursprünglich) zweite Gesellschafterin; während der Verpflichtete nur mehr deren (handelsrechtlicher) Geschäftsführer sei. Dies ändere im Ergebnis an der Beurteilung jedoch nichts, weil der Schuldner den gepfändeten Geschäftsanteil nur unbeschadet des Pfandrechts veräußern könne. Der Erwerber habe den exekutiven Zugriff auf den Anteil zu dulden, ohne dass er als Verpflichteter in das Exekutionsverfahren einzubeziehen wäre. Auch wenn hier ein Börsenpreis nicht bestehe, sei die Verwertung des GmbH-Geschäftsanteils (zunächst) im Rahmen eines Freihandverkaufs und erst subsidiär im Rahmen eines Versteigerungsverfahrens durchzuführen. Der vom Sachverständigen angegebene Wert könne nicht dahin interpretiert werden, dass sich in keinem Fall Käufer fänden. Einerseits seien Bootsformen, die wohl einen wesentlichen Wert des Unternehmens darstellten, in die Bewertung nicht einbezogen worden, andererseits habe der Betreibende durch Vorlage zahlreicher Urkunden zumindest glaubhaft gemacht, dass eine Geschäftstätigkeit des Unternehmens nach wie vor gegeben sei. Auch könnten das aktuelle finanzielle Engagement der zweiten Gesellschafterin (gemeint: die Übernahme der Geschäftsanteile vom Verpflichteten und das Angebot an der Betreibenden, für die Abtretung der betriebenen Forderung 15.000 EUR zu bezahlen) nur dahin interpretiert werden, dass eben nicht von einem völlig wertlosen Gesellschaftsanteil gesprochen werden könne.
Ausgehend von bisher im Verfahren aufgelaufen Kosten von rund 7.700 EUR sei daher trotz des Ergebnisses des Gutachtens nicht anzunehmen, dass eine Verwertung der Anteile zu einem die Kosten übersteigenden Betrag nicht möglich sei. Dem Betreibenden werde noch die Möglichkeit zu geben sein, allfällige Käufer für die Gesellschaftsanteile des Verpflichteten namhaft zu machen. Erst wenn sich trotz entsprechender Bemühungen des Erstgerichts bzw seitens des Betreibenden keinerlei Interessenten für die Übernahme der Geschäftsanteile zu einem zumindest die Kosten übersteigenden Preis finden lassen, könne mit einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO vorgegangen werden.
Über Abänderungsantrag des Verpflichteten ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu. Würde man die Ansicht vertreten, infolge Einstellung der Exekution durch das Erstgericht falle das Pfandrecht – schon vor Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses – weg, sodass die Pfandsache ohne Belastung veräußert werden könne, hätte der Betreibende wohl oft keinerlei Möglichkeit, bei – wenn auch nicht zu Recht – erfolgter Einstellung der Exekution durch das Erstgericht sein Pfandrecht durch Erhebung eines Rechtsmittels zu „retten“. Nur für Vollzugs-(Exekutiv-) Entscheidungen komme nämlich keine aufschiebende Wirkung eines Rekurses zum Tragen. Dann wären aber spezielle Bestimmungen der EO, auf die § 67 Abs 2 EO verweise, wie zB § 130 EO obsolet. Nachdem höchstgerichtliche Judikatur zu diesem Widerspruch fehle, sei der Zulässigkeitsausspruch abzuändern.
Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Verpflichtete die Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses an.
Die Rekursentscheidung sei wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs nichtig. Die Wirkungen der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über den Verpflichteten seien am 30. Oktober 2018 eingetreten. Seither bestehe eine Exekutionssperre nach § 10 IO, worauf § 39 Abs 1 Z 2 EO sinngemäß anzuwenden sei, was das Rekursgericht von Amts wegen wahrnehmen hätte müssen.
Es sei richtig, dass der Verpflichtete aktuell nicht mehr Gesellschafter der GmbH sei, das Rekursgericht habe aber insoweit Judikatur angewandt, die nicht einschlägig sei. Spätestens mit der Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses über die sofort wirksame Einstellung sei nämlich auch das exekutive Pfandrecht erloschen (§ 67 EO). Der Verpflichtete habe daher die Geschäftsanteile nicht während eines aufrechten Verfügungsverbots, sondern guten Gewissens unbelastet wirksam übertragen können. Dem Rekursgericht sei dies und der dadurch bedingte Wegfall der Beschwer des Rekurswerbers bei seiner Entscheidung am 12. Dezember 2018 bekannt gewesen.
Das Rekursgericht habe gegen das Neuerungsverbot verstoßen, weil es nicht einmal im Rekurs vorgetragene Behauptungen des Betreibenden zum aktuellen finanziellen Engagement der zweiten Gesellschafterin ohne Vorliegen jeglicher Beweise aufgegriffen und als gegeben hingenommen habe.
„In eventu“ macht der Verpflichtete als Verfahrensmangel geltend, das Rekursgericht habe entschieden, „obwohl die Beschwer des Rekurswerbers aufgrund der amtswegig festgestellten Übertragung der Geschäftsanteile wegfiel“ und entgegen § 10 IO „trotz Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über den Verpflichteten“.
Der Betreibende verneint in seiner Revisionsrekursbeantwortung die Zulässigkeit des Rechtsmittels und tritt ihm auch inhaltlich entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Wirkung einer noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Exekutionseinstellung auf ein davor erlangtes exekutives Pfandrecht zulässig, jedoch nicht berechtigt.
I. Die gerügte Nichtigkeit der Rekursentscheidung liegt nicht vor.
I.1. Da die mit der Aufnahme in die Insolvenzdatei eintretenden Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (hier am 30. Oktober 2018) eine gerichtsbekannte Tatsache bilden, ist die Exekutionssperre gegebenenfalls auch noch im Rechtsmittelverfahren – von Amts wegen – wahrzunehmen (3 Ob 178/13t mwN). Gemäß § 10 Abs 1 IO kann nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen einer Forderung gegen den Schuldner an den zur Insolvenzmasse gehörigen Sachen kein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erworben werden. Die Exekutionssperre des § 10 Abs 1 IO bildet eine absolute negative Exekutionsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen und nicht bloß auf Antrag des Verpflichteten wahrzunehmen ist (RS0004928, RS0063882).
I.2. Nachdem die (von ihm zugestandene) Abtretung der Geschäftsanteile des Verpflichteten am 23. Oktober 2018 im Firmenbuch ersichtlich war, musste sie vor der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens erfolgt sein. Der Verpflichtete nannte zwar den Zeitpunkt des für deren Wirksamkeit ausreichenden Abschlusses des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts (6 Ob 205/04x; Schopper in Gruber/Harrer GmbHG² § 76 Rz 4) nicht, eine Nachschau in der Urkundensammlung des Firmenbuchs ergab jedoch das Datum 10. Oktober 2018, welches nach der Zustellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses am 2. Oktober 2018 liegt. Wie die oben genannte erhebliche Rechtsfrage zu beantworten ist, kann an dieser Stelle aus folgenden Gründen (noch) dahin stehen:
Selbst wenn nämlich bei Abschluss das durch Zustellung des sogenannten Doppelverbots begründete Pfändungspfandrecht (vgl Oberhammer in Angst/Oberhammer³ § 331 EO Rz 6; Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner § 331 EO Rz 5) noch wirksam bestanden haben sollte, wäre die rechtsgeschäftliche Verfügung des Verpflichteten über den Geschäftsanteil trotz der Pfändung zulässig und wirksam, soweit sie die Rechte des betreibenden Gläubigers nicht beeinträchtigen, was zur Folge hat, dass diese Rechtshandlung (nur) dem betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam ist (3 Ob 223/11g = SZ 2012/18; Oberhammer in Angst/Oberhammer³ § 331 EO Rz 27; Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner § 331 EO Rz 45). Gegenüber dem Drittschuldner und anderen Dritten kommt der verbotswidrigen Verfügung allerdings volle Wirkung zu (vgl Oberhammer in Angst/Oberhammer³ § 294 EO Rz 29).
I.3. Die nur gegenüber dem Betreibenden unwirksame Abtretung der Geschäftsanteile durch den Verpflichteten vor der Insolvenzeröffnung führte daher dazu, dass diese nicht zur Insolvenzmasse gehörten. Denn nach § 2 Abs 2 IO wird (nur) das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört, dessen freier Verfügung entzogen.
Die Eröffnung des Schuldenregulierungs-verfahrens tangiert daher das vorliegende Exekutionsverfahren nicht, weshalb ihm weder die Exekutionssperre nach § 10 Abs 1 IO entgegen steht noch die Vertretungsbefugnis des Verpflichteten durch den Masseverwalter (vgl 3 Ob 120/12m; RS0110285; RS0002250) zu beachten ist.
II. Die referierte relative Unwirksamkeit einer verbotswidrigen Verfügung über den Geschäftsanteil kommt nur zum Tragen, wenn das wirksam begründete Pfändungspfandrecht im Zeitpunkt der Abtretung der Geschäftsanteile noch aufrecht bestand.
II.1. Der Verpflichtete steht unter Hinweis auf § 67 EO auf dem Standpunkt, im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts zur Abtretung sei das Pfändungspfandrecht wegen des sofort mit dessen Zustellung wirksam gewordenen Einstellungsbeschlusses bereits erloschen gewesen.
II.2. § 67 EO sieht vor, dass die gerichtlichen Beschlüsse im Exekutionsverfahren schon vor Ablauf der Rekursfrist in Vollzug gesetzt werden können, sofern die EO nichts anderes bestimmt (Abs 1); und dass dem Rekurs eine die Ausführung des angefochtenen Beschlusses hemmende Wirkung nur in den im Gesetz besonders bezeichneten Fällen zukommt (Abs 2). Im Exekutionsverfahren sind daher Beschlüsse grundsätzlich vom Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit, dh von ihrer Zustellung an, vollstreckbar, woran auch die Erhebung eines – grundsätzlich nicht aufschiebend wirkenden – Rekurses nichts ändert, sofern nicht gesetzliche Ausnahmen davon vorgesehen sind (vgl Jakusch in Angst/Oberhammer ³ § 67 EO Rz 1 ff; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner § 67 EO Rz 5).
Es bedarf also im Geltungsbereich der EO der gesetzlichen Anordnung, entweder dass der Eintritt von Rechtswirkungen eines Beschlusses vom Eintritt seiner Rechtskraft abhängig ist (seine Wirkungen also auch vorerst nicht eintreten), oder dass einem Rekurs hemmende Wirkung zukommt (seine Wirkungen also zwar sofort eintreten, aber durch die Erhebung des Rechtsmittels gehemmt werden), um die sofortige Vollstreckbarkeit exekutionsrechtlicher Beschlüsse zu vermeiden.
Solche gesetzlichen Regelungen enthält die EO an verschiedenen Stellen (vgl dazu Jakusch in Angst/Oberhammer³ § 67 EO Rz 2 f; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner § 67 EO Rz 6), darunter findet sich aber weder die Anordnung, dass die Wirkungen eines Einstellungsbeschlusses generell erst mit dessen Rechtskraft eintreten, noch dass einem Rekurs dagegen aufschiebende Wirkung zukommt.
II.3. Für den hier zu beurteilenden Einstellungsbeschluss gilt Folgendes:
II.3.1. Die Regelung des § 67 Abs 2 EO entspricht § 524 Abs 1 ZPO („Der Rekurs hat in Bezug auf die Ausführung des angefochtenen Beschlusses und den Eintritt der Vollstreckbarkeit desselben keine aufschiebende Wirkung. Eine Ausnahme tritt, soferne nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt, bei Strafverfügungen ein, welche im Instanzenzuge anfechtbar sind.“).
Im Zivilprozess schiebt der Rekurs zwar die Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses auf, er entbehrt jedoch ebenfalls gewöhnlich einer die Ausführung und den Eintritt der Vollstreckbarkeit des bekämpften Beschlusses aufschiebenden Wirkung (Zechner in Fasching/Konecny² § 524 ZPO Rz 1). Auch Beschlüsse können ihrem Inhalte nach auf Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung gerichtet sein; rechtsgestaltend ist ein Beschluss dann, wenn durch den Richterspruch selbst unmittelbar eine Änderung der Rechtslage durch Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen herbeigeführt wird (RS0106423). Unter „Ausführung des Beschlusses“ ist auch seine allenfalls vorliegende rechtsgestaltende Wirkung zu verstehen, die grundsätzlich mit der Zustellung an die Parteien eintritt (3 Ob 2359/96z [konstitutive Wirkung ab Zustellung des Beschlusses im Titelverfahren beseitigt den Titel vor dem Exekutionsantrag und lässt die vom Titelgericht angeordnete aufschiebende Wirkung des Rekurses ins Leere gehen] = SZ 69/244 = RS0106424).
II.3.2. Dass diese Grundsätze auch für einen Beschluss auf Einstellung der Exekution gelten, bedeutet Folgendes:
§ 39 Abs 1 EO sieht vor, dass die Exekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogener Exekutionsakte einzustellen ist. Die Einstellung stellt den contrarius actus zur Exekutionsbewilligung dar. Damit wird der mit der Exekutionsbewilligung verbundene Auftrag zum Vollzug der Exekution widerrufen und es werden nur solche Vollzugsakte aufgehoben, die im Zeitpunkt der Einstellung noch weiter wirksam sind. So entfallen die mit der Beschlagnahme einer Sache verknüpften Wirkungen (Entstrickung) und erlöschen noch bestehende exekutive Pfand- oder Befriedigungsrechte; der Verpflichtete erhält also wieder das volle Verfügungsrecht über die Exekutionsobjekte ( Jakusch in Angst/Oberhammer ³ § 39 EO Rz 88; Holzhammer Zwangsvollstreckungsrecht 4 123).
Dem Einstellungsbeschluss kommt somit rechtsgestaltende Wirkung zu (6 Ob 718/84). Tritt diese allerdings bereits mit dessen Zustellung ein, könnte ein rechtzeitig erhobener Rekurs nichts daran ändern, dass ein vom Betreibenden erworbenes exekutives Pfandrecht (hier an Geschäftsanteilen des Verpflichteten) im selben Zeitpunkt erloschen wäre, selbst wenn der Einstellungsbeschluss (wie hier) im Rechtsmittelweg beseitigt wird.
Ebenso wenig könnte ein mit dem Rekurs verbundener Antrag auf Zuerkennung einer seine Ausführung einstweilen hemmende Wirkung (§ 524 Abs 2 ZPO) Abhilfe schaffen, weil der Beschluss auf Aufschiebung der Ausführung des angefochtenen Beschlusses konstitutiv erst ab dem Bewilligungstag wirkt (RS0044058; 3 Ob 140/10z), sodass seine Erlassung gegen einen rechtsgestaltenden Beschluss ins Leere geht (RS0106424). Es bedarf daher weder der Klärung der strittigen Frage, ob § 524 Abs 2 ZPO im Exekutionsverfahren Anwendung finden kann (s dazu die Darstellung des Meinungsstandes bei Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner § 67 EO Rz 7 ff), noch einer Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der Betreibende einen solchen (hier jedenfalls nicht zielführenden) Antrag gar nicht stellte.
II.3.3. Die dargestellte Rechtslage bedeutet vielmehr, dass eine das Rechtsschutzinteresse des betreibenden Gläubigers massiv tangierende, mit staatlichen Zwangsmitteln gerichtlich angeordnete Sicherung des Vermögens seines Schuldners bereits durch die Zustellung auch eines – wie hier – unrichtigen Einstellungsbeschlusses verloren ginge, dem betreibenden Gläubiger aber vom Gesetz keine Möglichkeit eingeräumt wird, diesen Verlust zumindestens vorläufig bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses zu verhindern. Bedenkt man, dass der Gläubiger über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Staat auf Zwangsvollstreckung als Erscheinungsform des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs iSd Art 6 EMRK verfügt (vgl 3 Ob 285/97a; Neumayr/Nunner-Krautgasser Exekutionsrecht4 2; Rechberger/Oberhammer Exekutionsrecht5 Rz 6; Buchegger in Buchegger/Markowetz Exekutionsrecht² 9), kommt die Vernichtung der so erreichten Sicherung des betriebenen vollstreckbaren Anspruchs ohne Zustimmung des betreibenden Gläubigers (schon durch die Zustellung einer – allenfalls auch fehlerhaften – gerichtlichen Entscheidung vor deren Rechtskraft) dem Vorliegen einer Rechtsschutzlücke gleich.
Geschützt vor den negativen Wirkungen eines unrichtigen Einstellungsbeschlusses wäre ein betreibender Gläubiger (nur) durch die gesetzliche Anordnung, dass Einstellungsbeschlüsse, die mit der Entstrickung eines gerichtlich gesicherten Vermögens einhergehen, erst mit Eintritt ihrer Rechtskraft wirksam werden, oder dass exekutive Pfandrechte erst nach Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses erlöschen. Solche ausdrücklichen Anordnungen sind der EO aber – wie bereits dargelegt – in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen.
II.4. Freilich finden sich in der EO mehrere – im Bereich der Liegenschaftsexekution angesiedelte – Bestimmungen, die auf die Rechtskraft der Einstellung der Exekution abstellen und damit die Absicht des Gesetzgebers dokumentieren, deren Wirkungen nicht in allen Fällen sofort eintreten zu lassen.
Dabei handelt es sich ua um folgende Regelungen:
„Erst nach rechtskräftiger Enthebung des Kurators bzw nach rechtskräftiger Einstellung der Zwangsverwaltung sind die entsprechenden Daten in der Ediktsdatei zu löschen“ (§ 71a Abs 2 und 2a EO).
„Eine Einschränkung (als teilweise Einstellung) der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung nach § 96 Abs 1 EO darf erst mit Rechtskraft in Vollzug gesetzt werden“ (§ 96 Abs 3 EO).
„Bis zur Rechtskraft der Einstellung der Zwangsverwaltung darf auf die Erträgnisse der Liegenschaft nur im Wege der Zwangsverwaltung Exekution geführt werden (§ 103 Abs 1 EO); eine gesonderte (weitere) Zwangsverwaltung darf bis zur rechtskräftigen Einstellung der bereits bewilligten Zwangsverwaltung nicht mehr eingeleitet werden (§ 103 Abs 2 EO), weshalb es zum Beitritt kommt.
Erst mit Rechtskraft des Beschlusses über die Einstellung der Zwangsverwaltung ist dem Verpflichteten die Liegenschaft zu übergeben, die Anmerkung der Zwangsverwaltung zu löschen und jene Personen zu verständigen, die zur Zahlung an den Verwalter aufgefordert wurden“ (§ 130 EO; sog „Beendigung der Zwangsverwaltung“).
Nach Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens kann der Beitritt zu einem Zwangsversteigerungsverfahren bis zur – analog § 103 Abs 2 EO rechtskräftigen ( Angst in Angst/Oberhammer ³ § 139 EO Rz 5; Mini/Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner § 139 EO Rz 13) – Einstellung des „führenden“ Exekutionsverfahrens erfolgen.
„Die einstweilige Verwaltung in der Zwangsversteigerung endet (ua) mit rechtskräftiger Einstellung des Versteigerungsverfahrens; die Erträgnisse aus der Verwaltung fallen nach rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlags in die Verteilungsmasse“ (§ 159 Z 3 und 4 EO).
„Der einstweilige Verwalter ist erst nach Rechtskraft eines Einstellungsbeschlusses der Zwangsversteigerung zu verständigen“ (§ 205 EO).
„Erst 14 Tage nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses eines Versteigerungsverfahrens dürfen die bezüglichen Anmerkungen im Grundbuch gelöscht werden. Die Rechtskraft ist auch Voraussetzung dafür, dass die Pfandrechtseintragung im Rang der Einleitung des Versteigerungsverfahrens begehrt werden kann“ (§§ 207 f EO).
II.5. An anderer Stelle macht die EO das Erlöschen eines Pfandrechts ausdrücklich von der Rechtskraft einer im Exekutionsverfahren getroffenen Entscheidung abhängig:
Erst mit Eintritt der Rechtskraft eines Beschlusses nach § 146a EO (Entscheidung über die Zubehöreigenschaft im Rahmen einer Fahrnisexekution gepfändeter beweglicher körperlicher Sachen) erlischt das Pfandrecht an jenen beweglichen körperlichen Sachen, die Zubehör einer in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft sind.
II.6. In diesem Zusammenhang darf auch die Regelung des § 70 Abs 2 EO nicht unberücksichtigt bleiben, die ausdrücklich zwar nur für den Fall getroffen wurde, dass Bewilligungs- und Exekutionsgericht verschieden sind, jedoch sinngemäß auch dann gilt, wenn diese Gerichte zusammenfallen (3 Ob 104/87 = SZ 60/278; 3 Ob 48/90 = SZ 63/99). Sie normiert die Vorgangsweise nach Vorliegen der Entscheidung über einen Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung:
II.6.1. Es handelt sich bei dieser Bestimmung nicht um eine Einstellung bzw um einen Einstellungsgrund iSd § 39 EO mit den dort im Einleitungssatz des ersten Absatzes angeführten Rechtsfolgen. Diese treten vielmehr schon dadurch ein, dass die Exekutionsbewilligung mit der Rechtskraft der Rekursentscheidung endgültig beseitigt ist. Die rechtskräftig abweisende oder aufhebende Rekursentscheidung erzeugt daher schon selbst die gleichen Rechtswirkungen wie der rechtskräftige Einstellungsbeschluss nach § 39 Abs 1 EO (3 Ob 22/91 = RS0001121). Die der Einstellung der Exekution gleichzuhaltende Wirkung der Rekursentscheidung tritt aber erst mit ihrer Rechtskraft ein. Die Exekutionsbewilligung und allfällige, auf ihrer Grundlage bereits begründete Pfandrechte wirken daher bis zu diesem Zeitpunkt fort (3 Ob 104/87; RS0002140; Jakusch in Angst/Oberhammer³ § 70 EO Rz 7 f; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner § 70 EO Rz 7).
II.6.2. Wenn aber eine Exekutionsbewilligung trotz (rückwirkender) Beseitigung, die dem exekutiven Pfandrecht des betreibenden Gläubigers die Grundlage entzieht, und trotz Vorliegens der beseitigenden Rekursentscheidung vorläufig (bis zu deren Rechtskraft) fortwirkt, läge ein nicht zu rechtfertigender Wertungswiderspruch vor, wenn ein Einstellungsbeschluss, der die Exekutionsbewilligung gar nicht angreift, sondern als contrarius actus zu dieser zu verstehen ist und durch den Abbruch des Exekutionsverfahrens ebenso die Grundlage für den Fortbestand des Pfändungspfandrechts beseitigt, sofort wirksam wäre; dieses also nicht ebenso noch bis zum Eintritt seiner Rechtskraft fortwirken lassen würde. Bringt erst die rechtskräftige Beseitigung der Exekutionsbewilligung das darauf gegründete Pfändungspfandrecht zum Erlöschen, muss dies (wegen identer Wirkungen) auch für dessen Erlöschen infolge der Einstellung der Exekution gelten.
II.7. Der aufgezeigte, aus § 70 Abs 2 EO abzuleitende Wertungswiderspruch in Verbindung mit den angeführten Bestimmungen der EO, die die Absicht des Gesetzgebers dokumentieren, die Wirkungen einer Einstellung der Exekution nicht in allen Fällen sofort eintreten, also ein Pfändungspfandrecht nicht jedenfalls sofort erlöschen zu lassen, belegen das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Regelwerks (vgl RS0008866 ua). Es fehlt eine Anordnung, dass (auch) die rechtsgestaltende Wirkung eines Einstellungsbeschlusses, die zur Entstrickung und daher auch zum Erlöschen eines im Rahmen der Exekution erworbenen exekutiven Pfandrechts führt, erst mit Eintritt der formellen Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses zum Tragen kommt.
Diese Rechtsschutzlücke ist durch analoge Anwendung des § 70 Abs 2 EO zu schließen und das Erlöschen eines exekutiven Pfandrechts als Folge eines Einstellungsbeschlusses, der – wie hier – ohne Zustimmung des betreibenden Gläubigers ergangen ist, vom Eintritt dessen formeller Rechtskraft abhängig zu machen (so im Ergebnis schon 6 Ob 718/84).
II.8. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass – entgegen der Ansicht des Verpflichteten – das vom Betreibenden durch Zustellung des Doppelverbots im Februar 2017 erworbene Pfändungspfandrecht an den Geschäftsanteilen des Verpflichteten durch die Zustellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses unberührt blieb und infolge Beseitigung dieses Beschlusses durch das Rekursgericht nach wie vor aufrecht ist.
Die danach erfolgte Abtretung der Geschäftsanteile durch den Verpflichteten widersprach daher dem ihm gegenüber ausgesprochenen Verfügungsverbot und blieb deshalb nach der dargelegten Rechtslage gegenüber dem Betreibenden relativ unwirksam, sodass die Exekution ungeachtet der Abtretung weiter gegen den Verpflichteten fortzusetzen ist, ohne die (wenn auch allenfalls gutgläubige) Erwerberin in das Exekutionsverfahren einzubeziehen (3 Ob 186/94 = RS0087044).
III. Angesichts dieses Ergebnisses ist weder der Ansicht des Verpflichteten zu folgen, der Betreibende sei durch den erstgerichtlichen Beschluss nicht beschwert gewesen, noch jene des Betreibenden, der Verpflichtete werde durch die Rekursentscheidung nicht beschwert.
IV. Das Rekursgericht verneinte die Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 8 EO. Dem tritt der Revisionsrekurs inhaltlich nicht entgegen, sondern beschränkt sich auf den Vorwurf, das Rekursgericht habe dieser Beurteilung unzulässige Sachverhaltsannahmen zugrunde gelegt und damit gegen das Neuerungsverbot verstoßen. Dem widerspricht jedoch die Aktenlage:
Die Übernahme der Geschäftsanteile des Verpflichteten durch die (frühere) Mitgesellschafterin gesteht der Verpflichtete im Revisionsrekurs ausdrücklich zu, sodass diese Tatsache unstrittig ist. Der Betreibende stellte in seiner Äußerung zum Einstellungsantrag des Verpflichteten konkrete Behauptungen zur Gewährung von Gesellschafterdarlehen durch die (frühere) Mitgesellschafterin und deren Zessionsangebot an den Betreibenden auf und bot Beweise dazu an. Diese blieben in der Gegenäußerung des Verpflichteten ohne substantiierte Bestreitung, obwohl ihm diese leicht möglich gewesen wäre. Sie sind daher als zugestanden anzusehen (§ 78 EO iVm § 267 ZPO; RS0039927; 3 Ob 100/18d [P 4.3.]).
Mangels Kritik an der darauf aufbauenden rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts erübrigen sich weitere Überlegungen dazu.
V. Die Rekursentscheidung ist daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.
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