European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060NC00012.19W.0523.000
Spruch:
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Gmunden bestimmt.
Der Antrag der klagenden Partei auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der Antragsteller machte mit am 22. 9. 2017 eingebrachter Klage vor dem Bezirksgericht Gmunden zu AZ 14 C 627/17y gegen den in der Schweiz wohnhaften Beklagten T***** S***** einen Schadenersatzanspruch in der Höhe von 4.720 EUR geltend. Der Kläger habe im Vertrauen auf vom Beklagten ausgestellte unrichtige Prüfberichte Veranlagungen getätigt, wodurch er einen Vermögensschaden erlitten habe.
Das Bezirksgericht Gmunden verwarf die Einreden der fehlenden internationalen und der fehlenden sachlichen Zuständigkeit, wies die Klage aber wegen örtlicher Unzuständigkeit – im Rekursverfahren bestätigt – zurück. Ein vom Kläger gestellter Überweisungsantrag an das Bezirksgericht Salzburg wurde rechtskräftig zurückgewiesen.
Daraufhin begehrte der Kläger mit am 15. 3. 2019 eingebrachtem Antrag die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
Der Ordinationsantrag ist berechtigt.
1. Wurde im Hauptprozess nicht bloß die örtliche Zuständigkeit verneint, sondern auch die Klage zurückgewiesen, kann für diese rechtskräftig erledigte Rechtssache ein örtlich zuständiges Gericht nicht mehr bestimmt werden. In einem solchen Fall muss der Kläger die Klage nach einer über seinen Antrag erfolgten Ordination neu einbringen (RS0046568 [T2] = 10 Nd 502/98). Die bereits erfolgte Zurückweisung der Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit steht dem Ordinationsantrag daher nicht grundsätzlich entgegen (RS0046568 [T4] = 5 Nc 25/16w; 10 Nd 510/00; vgl 2 Ob 32/08g).
2. Die Ordination kann nur für einen bestimmten Anspruch, der im streitigen Verfahren durch Vorlage einer Klage entsprechend zu individualisieren ist, bewilligt werden (RS0046300 [T1]; RS0036093 [T1]). Der Kläger hat die einzubringende Klage bereits seinem ersten, verfrüht gestellten Ordinationsantrag (vgl 6 Nc 25/18f) angeschlossen, wodurch die erforderliche Individualisierung des Anspruchs gewährleistet ist.
3. Die Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN setzt voraus, dass die internationale Zuständigkeit Österreichs gegeben, ein österreichisches Gericht jedoch nicht örtlich zuständig ist (RS0118239).
Bei Prüfung der Voraussetzungen des § 28 Abs 1 Z 1 JN ist der Oberste Gerichtshof an eine über die internationale Zuständigkeit Österreichs ergangene rechtskräftige Entscheidung gebunden (RS0131873). Aus diesem Grund kann eine im Hauptverfahren übereinstimmend verneinte internationale Zuständigkeit im Ordinationsverfahren nicht nachgeprüft werden (6 Nc 2/19z; 9 Nc 6/18k; 3 Nc 3/18y). Umgekehrt ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 42 Abs 3 JN an die rechtskräftig entschiedene Bejahung der internationalen Zuständigkeit durch die im Hauptverfahren angerufenen Gerichte gebunden (2 Nc 17/12s).
Wird von einem österreichischen Gericht seine örtliche Zuständigkeit rechtskräftig verneint, ist der Oberste Gerichtshof insofern daran gebunden, als er als Ordinationsgericht einzuschreiten hat (RS0046568).
4. Die vom Bezirksgericht Gmunden rechtskräftig bejahte internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte für die geltend gemachten – deliktischen und vertraglichen – Schadenersatzansprüche unterliegt daher keiner Nachprüfung im Ordinationsverfahren.
Soweit die Klage auf vertragliche Ansprüche gestützt ist, ergibt sich die Notwendigkeit der Ordination bereits daraus, dass mangels Anwendbarkeit des Deliktsgerichtsstands des Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 (vgl 5 Ob 240/18g) eine von dieser Bestimmung mitgeregelte (RS0111094) örtliche Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts nicht gegeben ist.
Soweit die Klage auf deliktische Ansprüche gestützt ist, verneinte das Bezirksgericht Gmunden seine Zuständigkeit als Gericht am Ort des Erfolgseintritts iSd Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 (siehe 5 Ob 240/18g zur Ermittlung des Erfolgsorts in einem gleich gelagerten Fall). An diese rechtskräftige Verneinung der örtlichen Zuständigkeit ist der Oberste Gerichtshof insofern gebunden, als sich daraus die Notwendigkeit ergibt, im vorliegenden Fall als Ordinationsgericht einzuschreiten.
5. Welches Gericht ordiniert wird, bleibt dem Obersten Gerichtshof überlassen. Dabei sind Kriterien der Sach‑ und Parteinähe bzw der Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen (RS0046301 [T1]; vgl 2 Nc 17/12s). Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Gmunden. Darüber hinaus ist der dort tätig gewesene Richter bereits mit dem Akt vertraut. Es war daher dieses Gericht zu ordinieren.
6. Im einseitigen Ordinationsverfahren findet kein Kostenersatz statt (RS0114932).
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